Psychologie der Massen

Von Jürgen Fritz

Der Anteil des Unbewußten in unseren Handlungen sei ungeheuer, der Anteil der Vernunft sehr klein, notierte gegen Ende des 19. Jahrhunderts Gustav Le Bon, der Begründer der Massenpsychologie. Haben wir hier bereits den Grund genannt, warum Aufklärung letztlich immer zum Scheitern verurteilt ist?

Gustave Le Bon: Psychologie der Massen

Gustave Le Bon (1841-1931) war ein französischer Sozialpsychologe. Mit seinem Werk von 1895 „Die Psychologie der Massen“ gilt er als Begründer der Massenpsychologie. Seine Wirkung auf die Nachwelt, wissenschaftlich vor allem auf Sigmund Freud und Max Weber, politisch insbesondere auf den Nationalsozialismus und seine Protagonisten, war immens. Seine Gedanken werden bis heute in der Sozialpsychologie diskutiert. Le Bon war ausgesprochen skeptisch, was das kognitive Vermögen und die Wahrheitsliebe der Massen anbelangt. Seine Skepsis kommt in folgendem Zitat besonders prägnant zum Ausdruck:

Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen mißfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.“ 

Haben wir hier im Grunde schon die Ursachen genannt, warum jede Aufklärung bei uns Menschen, so wie wir nun einmal sind, zum Scheitern verurteilt ist?

Edward Bernays: Der Mensch ist ein irrationales, triebgesteuertes Wesen

Edward Bernays (1891-1995) war 50 Jahre jünger als Le Bon. Er war ein Neffe Sigmund Freuds und ein Pionier in der Anwendung von Forschungsergebnissen der noch jungen Psychologie und Sozialwissenschaften in der angewandten Öffentlichkeitsarbeit. Seine Erfolge im frühen 20. Jahrhundert in diesem Bereich halfen, die Psychoanalyse Freuds in den Vereinigten Staaten von Amerika zu popularisieren. Das Freud’sche Menschenbild ist grundlegend für Bernays Wirken und Argumentation. Es basiert auf folgender Annahme:

Der Mensch ist ein irrationales, von unbewussten Triebimpulsen motiviertes Wesen, das notwendig kultureller Bändigung und Steuerung bedarf. Dies gilt insbesondere für die Psychologie der Masse. Auf dieser Grundlage entwickelte Edward Bernay Kampagnen zur Meinungsbeeinflussung auf Basis damals aktueller Erkenntnisse der Massenpsychologie. Bernays argumentierte wie folgt:

„Wenn wir den Mechanismus und die Motive des Gruppendenkens verstehen, wird es möglich sein, die Massen, ohne deren Wissen, nach unserem Willen zu kontrollieren und zu steuern.“ 

Die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Technik der Meinungsformung bezeichnete er als: engineering of consent (sinngemäß: Technik zur Herstellung von Zustimmung und Konsens).

Propaganda

Bernays wohl bekanntestes Buch „Propaganda“ beginnt mit dem Kapitel „Organising Chaos“:

„Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gebildet, unsere Ideen größtenteils von Männern suggeriert, von denen wir nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist.

Große Menschenzahlen müssen auf diese Weise kooperieren, wenn sie in einer ausgeglichen funktionierenden Gesellschaft zusammenleben sollen. In beinahe jeder Handlung unseres Lebens, ob in der Sphäre der Politik oder bei Geschäften, in unserem sozialen Verhalten und unserem ethischen Denken werden wir durch eine relativ geringe Zahl an Personen dominiert, welche die mentalen Prozesse und Verhaltensmuster der Massen verstehen. Sie sind es, die die Fäden ziehen, welche das öffentliche Denken kontrollieren.“

Eine seiner bevorzugten Techniken zur Manipulation der öffentlichen Meinung war die indirekte Nutzung prominenter Dritter:

„Wenn man die Führer beeinflussen kann, entweder mit oder ohne deren bewusste Zusammenarbeit, beeinflusst man automatisch deren Gruppe“.

Von der Propaganda zur Public Relations

Bernays unterstützte die amerikanische Regierung unter Wilson im Ersten Weltkrieg im Committee on Public Information bei ihrem Bemühen, Zustimmung der Öffentlichkeit für einen Kriegseintritt der USA zu erzielen. Seine Kampagne im Kriegsjahr 1917 stellte er unter den Slogan: „Make the world safe for democracy.“

In den Nachkriegsjahren versuchte er, die Wirksamkeit von Propaganda als Steuerungsmittel des Kaufverhaltens und politischer Meinungsbildung einer Massendemokratie auch in Friedenszeiten nutzbar zu machen. Um den belasteten Begriff Propaganda zu vermeiden, nannte er sein Vorgehen Public Relations.

All diese Techniken der Manipulation und Steuerung der Massen sind immer die gleichen. Auch Goebbels, der Bernays Buch „Propaganda“ gelesen hat, nutzte diese und auch die heutigen Machthaber und die M-Medien tun dies. Merkel hat Berater, die sie dementsprechend schulen und beraten. Die ARD hat gerade 120.000 Euro an das ominöse Berkeley International Framing Institute der noch ominöseren Elisabeth Wehling gezahlt für eine Anleitung, wie die Rezipienten über entsprechende Sprache noch besser subtil gelenkt werden können. Die Prinzipien sind immer die gleichen.

Fazit

Über die Ratio (im platonischen Seelenmodell dem Logos entsprechend, im Gehirn im Neocortex materiell verankert) sind die meisten Menschen kaum und sind Massen quasi gar nicht beeinflussbar. Genau das versuchte aber die Aufklärung und versuchen Aufklärer bis heute. Sind sie daher letztlich immer zum Scheitern verurteilt?

Meine These: Die Massen der westlichen Welt profitieren ungemein von den Errungenschaften der Aufklärer, der Philosophen, der Wissenschaftler etc., aber sie verstehen sie nicht, was zu einem Unbehagen in der Kultur führt, weil viele sich damit einfach überfordert fühlen. Vielleicht auch daher der Selbsthass vieler auf Deutschland und Europa und die Offenheit für fremde, primitive, nicht aufgeklärte Kulturen (mehr limbisches System und Reptiliengehirn bzw. mehr Thymos und Eros).

Ist das Problem also der Mensch selbst, dessen Rationalität (Logos) bei den meisten einfach nicht stark genug entwickelt ist und der mit Mündigkeit und Emanzipation in seiner Mehrheit zumindest oftmals einfach maßlos überfordert ist? Sind für Aufklärung im Grunde immer nur einige wenige wirklich offen und dafür geeignet? Wenn ja, was machen wir mit dieser Erkenntnis?

Claudia Simone Dorchain: Propaganda

Wer das Thema ein wenig vertiefen möchte, dem seien ganz besonders die folgenden Videos der Philosophin Dr. Claudia Simone Dorchain empfohlen, die insbesondere die Arbeiten von Edward Bernays wunderbar zusammenfasst, erklärt und reflektiert:

1. Propaganda

2. Edward Bernays über Propaganda: Massenpsychologie

3. Edward Bernays über Propaganda: Emotionalisierung

4. Edward Bernays über Propaganda: Gewohnheiten schaffen

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Titelbild: Amazon-Screenshot

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19 Antworten auf „Psychologie der Massen

  1. Tanzender Berg

    Das wuerde dann heissen, dass der Mensch unentrinnbar zum Unglueck verdammt ist, und zwar nicht nur zu dem von der Natur vorgegebenen (Krebs, Erdbeben), sondern auch zu dem selbst produzierten (Diktatur, Gewalt, grausame Tyrannen etc.). Ich fuerchte, Sie haben recht. Beweisen kann man das allerdings nicht, denn es koennte irgendwann eine Zeit kommen, wo dieses Verhaengnis ueberwunden wird.

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  2. Tanzender Berg

    Ihre Ausfuehrungen wuerden auch bedeuten, dass die allermeisten Menschen zu Irrtum und Illusion in grundlegenden Fragen des Lebens verdammt sind. Das ficht die Menschen allerdings nicht an, weil sie zwar nach den verschiedensten materiellen und immateriellen Dingen streben, nicht jedoch nach zweckfreier Erkenntnis als solcher. Das tun nur diejenigen, die ich als Philosophen bezeichne (oder philosophisch interessierte, unabhaengig von formalen Qualifikationen). Interessant ist nun die Frage, ob es einer kleinen Anzahl von „Philosophen“ oder „Weisen“ moglich ist, diesen Irrtuemern und Ilusionen zu entrinnen. Manche glauben das ja von sich. Ich bin da eher skeptisch. Wahrscheinlich laesst sich auch das nie klaeren, denn immer, wenn man glaubt, alle Illusionen ueberwunden zu haben, kann gerade dies wieder eine besonders tueckische Illusion sein.

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    1. Jürgen Fritz

      1. Bildung, Bildung, Bildung. 2. Modifikation des Wahlrechts in ein Zehnklassenwahlrecht, eingeteilt nach a) Mündigkeit und b) ob man dem Gemeinwohl dient oder von anderen mitversorgt wird oder diesem sogar aktiv schadet: Null Mündigkeit und null Nutzen für das Gemeinwohl: 1e Stimme. Mit steigender Bildung und Mündigkeit bis zu 5 zusätzliche Stimmen und mit steigendem Dienen für das Gemeinwohl nochmals bis zu 4 Zusatzstimmen. Somit hätten wir eine Gewichtung der Stimmen, was zu besseren Entscheidungen und zugleich zu anderen Politikern führen dürfte (Intelligenz, Sachverstand, Kompetenz statt Verkäufertypen). Zusätzlich wäre dies ein Anreiz für Bildung und für Gemeinwohlorientierung.

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  3. Werner N.

    Erstaunlich! Bislang wurde die `Aufklärung` auf diesem Blog eisern verklärt und Kommentare, die dem widersprachen, gelöscht. Immerhin, man soll auch kleine Fortschritte des Verstandes begrüßen.

    Die einst bedeutsame Epoche der `Aufklärung` ist nach 250 Jahren nicht nur gescheitert, sondern verursacht weiterhin enorme Folge–Probleme und –Kosten, die nur in Jahrzehnten mit schmerzlichen Einbußen zu sanieren sind. So ist es kaum mehr fassbar, wie sehr „Aufgeklärte“ z.Bsp. in der EU auf Logik, Mathematik und Naturgesetze pfeifen. Nicht zu reden von der Verhunzung des präzisen Begriffsgebrauchs u.A.m. Man kann hier nicht in wenigen Sätzen klären, was das intellektuelle Establishment ein halbes Jahrhundert versäumte. Es sei lediglich verwiesen auf die weitsichtige Kritik von Horkheimer, Adorno, Marcuse u.A. an der `Aufklärung` und Kant`s doppeldeutigen Begriffen (1960iger Jahre). Sie und P. Sloterdijk (1984) stellten eher eine „Verdunkelung“ als deren Folge fest. Naturwissenschaftlich aufschlussreich ist auch die des Physikers Ilya Prigogine (1981).

    Aufklärungskritik bzw. die Frage nach einer Alternative stehen erst am Anfang. Stark vereinfacht gesagt, machte Kant`s „Sapere aude!“ die Massen nicht „mündig“, sondern führte zu eindimensionalen, mechanistischen Macht- und Denkgewohnheiten, die a-priori reflexartige Ausblendungen erfordern, mit der Folge von Fehleinschätzungen der komplexen Realität. Zwei Ersatzmodelle werden angesprochen: „Geläuterte“ `Aufklärung` oder „Gegenaufklärung“. Jedenfalls muss eine Lösung in die Gegenrichtung „Holismus“ als (Leit-) Kultur gehen. Dieser ist am Weitesten von Eindimensionalität entfernt. Nur so lässt sich der eliminative Reduktionismus und Atomismus überwinden. Das bedeutet nicht Irrationalismus; vielmehr muss das intellektuelle Establishment lernen, mindestens von 1-3 zu zählen (im übertragenen Sinne) statt sich bloß an Giga–Bytes zu ergötzen. Der Verstand benötigt dafür Zeit und noch einige Bankrotte als Prä–Fakten, bevor er seine „Festplatten“ neu programmiert. (http://www.litde.com).

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    1. Jürgen Fritz

      Sie scheinen mir ein Paradebeispiel der Krankheit zu sein, Werner N. Kann sein, dass ich mich täusche, aber mein Eindruck ist, dass Sie das Wesen der Aufklärung wie der Vernunft wie die ganzen geistigen Kinder von Horkheimer, Adorno, Habermas und Co. eben gerade nicht erfasst haben. Genau diese Denkweise wird in den nächsten Totalitarismus führen, der fürchterlicher werden könnte als alles bisher Dagewesene. Aber ich hoffe, ich habe Sie nicht völlig falsch verstanden.

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      1. Werner N.

        @Jürgen Fritz – Verstehe ich jetzt nicht, welche „Krankheit“ ich da haben soll? Sie erklärten doch die `Aufklärung` für „gescheitert“ und wiesen richtig auf das triebgesteuerte Wesen des Menschen, was seine „Mündigkeit“ mittels Verstand offenbar vereitelt(e). Mein Kommentar ergänzte lediglich einige Aspekte, mit denen das Denken der `Aufklärung` selbst zu seinem „Scheitern“ beitrug. Ihr Aufsatz blendete das aus und verfehlt somit wichtige Punkte der Problematik. Aus Ihrem Fazit wiederum könnte man schließen, dass Sie die traditionelle `Aufklärung` dennoch (durch verstärkte Aufklärung) beibehalten wollen. Man müsste also zunächst klären, ob sie nun gescheitert ist oder nicht? Dann wäre zu diskutieren, ob und wie sie zu reformieren oder durch eine „Gegenaufklärung“ zu ersetzen wäre. Ihre philosophischen Aufsätze haben eben m.E. das Manko, dass sie nach der Methode „religiöser Atheist“ oder „verheirateter Junggeselle“ vorgehen und deshalb teilweise unklar und ambivalent sind.

        Die Ignoranz der Aufklärungskritik von Horkheimer, Adorno, Marcuse, Fromm u.A. gehört in der Nachkriegszeit zu den verhängnisvollen wissenschaftlichen Fehlleistungen des intellektuellen Establishments. Das Dilemma der Frankfurter Schule lag woanders: Sie sah die `Aufklärung` als eine bürgerliche Errungenschaft, wollte nicht wahrhaben, dass der Marxismus mit seinem eindimensionalen Materialismus, Rationalismus und Atheismus ebenfalls darauf fußt. Erst Habermas und die 68iger wandten sich mit dem „geläuterten“ oder „erweiterten“ Neo–Marxismus gegen die „Kritische Theorie“. Wie auch immer – mit oder ohne Marxismus – die Ideale der `Aufklärung` gelten bis heute als Basis der sog. „westlichen Werte“ und `Moderne`. Letzte jedoch befindet sich fraglos in der Krise. Nicht wenige Wissenschaftler machen mittlerweile hauptsächlich die Prämissen der `Aufklärung` dafür verantwortlich, sehen ihr Denken als „selbstzerstörerisch“. Ihre Ziele der universalen Gleichheit und Grenzenlosigkeit etwa schufen den Kollaps des Sozialismus 1989 mit. In Missachtung der Zusammenhänge und Folgen streben Kirche, Politik und Wirtschaft heute unverdrossen nach der universalen „Eine Welt“–Utopie und schaffen mit Kriegen und Rassenvermischung mörderische und finanzielle Probleme. Ein neuer Zeitgeist ist buchstäblich not–wendig.

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  4. hmh.

    Sehr interessanter Artikel. Die Aussage von Gustave Le Bon zu den Massen erinnert mich an ein eindrucksvolles Portrait mit Interview von Jeanne Hersch ca. Ende der 1970er im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt. (ARD oder BR 3. Scheint leider nirgends im Netz zu sein.) Vermutlich kannte sie Le Bon in- und auswendig.

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  8. Stefan Wehmeier

    We made the mountains shake with laughter
    As we played hiding in our corner of the world
    Then we did the demon dance and rushed to nevermore
    Threw away the key and locked the door

    Oh they say that it’s over
    And it just had to be
    Yes they say that it’s over
    We’re lost children of the sea

    (Black Sabbath, 1980)

    Schon seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert ist die ganze halbwegs zivilisierte Menschheit bewusstseinsmäßig invertiert, d. h. je höher die „gesellschaftliche Position“, desto geringer wird das Begriffsvermögen für die Basis allen menschlichen Zusammenlebens (Makroökonomie) und die grundlegendste zwischenmenschliche Beziehung (Geld). Mit anderen Worten: Alle „Verantwortlichen“ sind für nichts verantwortlich:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2017/06/die-invertierte-gesellschaft.html

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    1. Jürgen Fritz

      Haha! 😀 Ich fürchte, da ist viel Wahres dran. Hinzu kommt die Verzweiflung an seinen Mitmenschen. Sehr schön beschrieben in der Person des Carl Friedrich Gauß, dem wahrscheinlich größten Mathematiker aller Zeiten, in dem Roman „Die Vermessung der Welt“.

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  10. Benjamin Goldstein

    Ich stoße erst jetzt durch Zufall auf diesen wunderbaren Text. Eigentlich hatte ich Google angeworfen, um zu sehen, welche Gedanken Sie zu Habermas und die Frankfurter Schule geäußert haben.

    Mir gefällt er natürlich, weil er über Strategie spricht, zum Brainstorming einlädt. Zum Zeitpunkt des Erscheinens hatte der Blog noch nicht genug Leser, um viel Feedback zu generieren. Er trifft aber das Problem ins Herz.

    Ich kannte vorher Le Bon nicht, aber seine Gedanken kamen zu mir über andere Wege. Ann Coulter ging mit der Massenmanipulation um, indem sie die Linken humoristisch aufs Korn nahm und demaskierte. Ihr Buchtitel lautete: „Demonic – How The Liberal Mob is Endangering America“. Damit ist eine Strategie schon angesprochen: Das Blosstellen.

    Das ist ungefährlich, weil der Feind in Wahrheit nichts lernt. Man muss nicht einmal heimlich agieren. In Wahrheit kann man einen Linken jeder Zeit fragen, ob er bereit wäre, jedes beliebige demokratische Prinzip aufzugeben und er wird es sehr schnell, sehr direkt zugeben. Man kann ihm seine Denkmuster vorkauen und er wird ihnen dennoch folgen. Man kann ihm sagen, dass er aggressiver und beleidigender ist als die Leute, die er beschuldigt, und er wird „Arschloch“ schreien. Coulter hat erkannt, dass man mit offenem Visier kämpfen kann. („Fish learn, birds learn, dogs learn, but Liberals just don’t learn“).

    Natürlich sah ich Coulter Interviews zu „Demonic“ und erinnerte mich an einen franz. Namen. Gerade hab ich Le Bon geprüft und er war tatsächlich ihre inspiration. Ein anderer Satz von Ann blieb bei mir hängen, wo auch immer ich ihn gehört habe. „Many people believe to be leaders, but are in fact followers“ und bei einer anderen Gelegenheit sprach sie von sich selbst als „leader“.

    Das hat eine Reihe von Beobachtungen bei mir ausgelöst. Leader/Vordenker sind nicht besser als Folger. Der Folger hat die Autonomie zur Wahl seiner geistigen Führer. Leader sind durch die Bank erst einmal Außenseiter. Wer nicht schon als Jugendlicher für total merkwürdig gehalten wird, ist garantiert kein Leader. Leader sind immer Anfeindungen ausgesetzt. Ich beobachte, dass beide Kategorien, Leader und Follower, sehr stabil sind, ähnlich wie die sexuelle Orientierung. Ich spreche hier von der psychologischen Dimension. Funktional kann ein Follower auch Leader sein. Ursula von der Leyen ist ein tragisches Beispiel. Donald Trump ein neutrales. Ronald Reagan ist ein positives Beispiel. Und ähnlich wie bei der sexuellen Orientierung gibt es nur wenige Menschen, die wirklich dazwischen liegen, zwischen Leader und Follower.

    Maggie Thatcher war überzeugt, dass Leadership-Charakteristiken gelernt werden können. Sie bekam von ihrem Vater das Motto zu hören, „Tu nie etwas, nur weil es andere tun!“ Sie selbst prägte den Satz, „Folge niemals der Menge, veranlasse die Menge, dir zu folgen“.

    Folger haben Qualtitäten, die Leader nicht haben. Ein Folger kann besser die Meinung anderer entschlüsseln und sich aneignen. Gerade das macht sie oft funktionale Leader. Ich denke Alice Schwarzer ist so ein Beispiel. Sie begriff Sartre und Foucault und brachte deren Denken nach Deutschland, wo die Ideen funktional originär wirkten.

    Ich hab Menschen gesehen, die so oft ihre geistigen Führer wechselten, dass ihre Gedankenmodelle fast originär wirkten.

    Als Leser Ihres Blogs wage ich mir kein Urteil über Ihre Kategorie. Aber vielleicht denken Sie darüber nach, ob sie das eine oder das andere sind, oder eine von den wenigen, die scheinbar von beidem etwas haben. Wenn Sie nicht versuchen etwas anderes zu sein als was Sie sind, können Sie strategische Konsequenzen ziehen. Follower können bessere Netzwerke zusammenführen. Leader können überraschende Beobachtungen und Analysen in die Runde werfen (wie z.B. Thilo Sarrazin).

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