Guck mal, Trump: So geht Präsident!

Ein Gastbeitrag von Michael Klonovsky

Der Berliner Kurier bildete auf seiner Titelseite vor einiger Zeit groß Frank-Walter Steinmeier und klein daneben den amerikanischen Scheitan ab und schlagzeilte ganzseitig: „Guck mal, Trump: So geht Präsident!“. Diese Titelseite des Boulevardblattes versetze mich wieder einmal in einen jener dem konsequenteren Leser von „Acta diurna“ bereits geläufigen Tagwachträume, in welchem ich mich mit meinem russischen Freund Boris unterhielt.

Hat dieser Herr Steinmeier schon mal eine Wahl gewonnen?

Boris: „Wer ist denn dieser Herr Steinmeier?“
Ich: „Das ist der neue Bundespräsident.“
Boris: „Aber ihr habt doch schon eine Kanzlerin.“
Ich: „Der Bundespräsident ist ein eher repräsentatives Amt.“
Boris: „Was bedeutet das? Besitzt er Macht?“
Ich: „Theoretisch schon, denn er muss wichtige Gesetze unterschreiben. Praktisch aber unterschreibt er sie ohnehin, und ansonsten hält er vor allem Reden.“
Boris: „Hat Herr Steinmeier schon irgendeinen Satz gesagt, an den die Menschen sich erinnern?“
Ich: „Nicht dass ich wüsste.“
Boris: „Hat er schon mal eine Wahl gewonnen?“
Ich: „Er ist 2008 von seiner Partei mit über 95 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt worden.“
Boris: „Ich meine: Hat er schon mal eine Wahl gewonnen, in der das Volk entschieden hat?“
Ich:  „Er hat 2009 als SPD-Kanzlerkandidat 23 Prozent der Stimmen bekommen.“
Boris: „Hat er die Wahl damit gewonnen?“
Ich: „Nein, es war das schlechteste Wahlergebnis, das die SPD bis dahin jemals erreicht hat. Sie verlor damals ein Drittel ihrer Mandate.“

Welche Verdienste hat denn Herr Steinmeier?

Boris: „Und warum vergleicht diese Zeitung ihn dann mit Trump?“
Ich: „Sie will wahrscheinlich damit zum Ausdruck bringen, dass sie Steinmeier für einen moralisch edleren Menschen hält als Trump.“
Boris: „Aufgrund welcher Verdienste?“
Ich: „Das weiß ich nicht. Er hat 2006 dafür gesorgt, dass die EU-Sanktionen gegen Usbekistan gelockert werden. Zumindest war er dafür.“
Boris: „Und sonst?“
Ich: „Das weiß ich nicht.“
Boris: „Aber aus welchem Grund wählen die Deutschen ihn dann zum Präsidenten?“
Ich: „Sie wählen ihn doch gar nicht.“
Boris: „Nein? Aber wer wählt ihn denn?“
Ich: „Die Parteien stellen Kandidaten auf. Gewählt wird der Präsident von der Bundesversammlung, die aus Mitgliedern des Bundestages und der Landesparlamente sowie einigen sogenannten ‚Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens‘ besteht.“
Boris: „Das heißt, dort gibt es ungefähr dieselben Mehrheiten wie im Parlament?“
Ich: „Ja.“
Boris: „Dann ist doch von vornherein klar, dass nur ein Kandidat gewählt wird, den die Regierungsparteien unterstützen?“
Ich: „Ja.“

Gegen wie viele Kandidaten hat Steinmeier sich durchsetzen müssen?

Boris: „Und gibt es wenigstens davor ein richtiges demokratisches Hauen und Stechen? Stehen verschiedene Positionen zur Wahl? Finden große öffentliche Debatten unter den Kandidaten um die Probleme des Landes statt?“
Ich: „Nein.“
Boris: „Gegen wie viele Kandidaten hat sich Steinmeier durchsetzen müssen?“
Ich: „Gegen keinen. Er ist nach Absprache der Führer der beiden Regierungsparteien nominiert worden, und ob die AfD oder die Linke Gegenkandidaten aufstellen, ist völlig egal, weil die sowieso nicht gewählt werden.“
Boris: „Und was ist, wenn die Bevölkerung einen dieser kleinen Kandidaten toll findet?“
Ich: „Die Bevölkerung erfährt doch gar nicht erst, dass diese Leute überhaupt antreten.“

Es gibt Medien, die diese Marionette als demokratisches Vorbild für den von 60 Millionen Bürgern gewählten US-Präsidenten hinstellen?

Boris: „Also ich fasse mal zusammen: Ein Mann mit einer reinen Funktionärskarriere, der das einzige demokratische Votum, dem er sich je stellte, mit Pauken und Trompeten verloren hat, wird am Volk und an den Oppositionsparteien vorbei …“
Ich: „… Oppositionspartei. Wir haben nur eine…“
Boris: „… zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert, weil das die beiden Vorsitzenden der Regierungsparteien so abgesprochen haben, und er steht von diesem Augenblick an als Amtsinhaber fest, weil ihn die sogenannte Bundesversammlung sowieso wählen wird? Und es gibt Medien, die diese, ich darf wohl sagen: Marionette, als demokratisches Vorbild für den neuen US-Präsidenten hinstellen, für den aus dem Nichts 60 Millionen Amerikaner gestimmt haben?“
Ich: „So ist es.“
Boris: „Ich wundere mich nun zumindest nicht mehr, dass der Herr Steinmeier die Sanktionen gegen Usbekistan gelockert hat. Dort wird der Präsident ähnlich gewählt.“

*

Dieser Text erschien zuerst auf dem sehr empfehlenswerten Blog von Michael Klonovsky Acta diurna, der nur so vor Gedanken, Ein- und Quersichten sprüht. Sollten Sie sich unbedingt öfters ansehen. Er erscheint hier mit freundlicher Genehmigung des geschätzten Autors.

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Zum Autor: Michael Klonovsky, 1962 im Erzgebirge geboren, ist Romanautor und PublizistAufgewachsen in Ostberlin. Maurerlehre. Abitur. Seit 1990 Journalist. “Wächterpreis der Tagespresse” für die „Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen durch die DDR-Justiz und den Staatssicherheitsdienst“. 1992: Wechsel zum Focus, zunächst als Redakteur, später als Chef vom Dienst bzw. Textchef, Leiter des Debattenressorts, sodann als Autor. Am 31. Mai 2016 endete die Ehe mit Focus, die Partner hatten sich auseinandergelebt. Von Juni 2016 bis Anfang 2017 war er parteiloser Berater von Frauke Petry, von Juni bis November 2017 Sprecher der von Jörg Meuthen geführten Landtagsfraktion der AfD Baden-Württemberg. Michael Klonovsky ist Autor mehrerer Bücher.

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Titelbild: Youtube-Screenshot

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11 Antworten auf „Guck mal, Trump: So geht Präsident!

  1. Chrisamar

    Hat dies auf chrisamar rebloggt und kommentierte:
    Die hunderte Milliarden Zwangsabgaben der Deutschen Sklaven sind doch nur die Beute der Beamtenpolitiker. Das hat doch wohl inzwischen jeder begriffen. Oder?

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    1. truckeropa66

      Deshalb sollte sich auch keiner dieser Personen ins Ausland absetzen können. Sondern vor ein ordentliches deutsches Gericht gestellt werden, und soweit möglich persönlich haftbar gemacht werden für den angerichteten Schaden!

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  2. oldman_2

    „Berlins ehrliche Boulevardzeitung“ (so sieht sich dieses Qualitätserzeugnis) demonstriert in dem einem Satz : „Guck mal, Trump : So geht Präsident !“ ihre überragende intellektuelle Qualität .
    Der mächtigste Mann der Welt, demokratisch gewählt von 60 Millionen US-Bürgern, soll sich an einem im Hinterzimmer ausgeklüngelten, durch die auf ihn entfallenen lediglich 23% Wählerstimmen von der Macht abgehaltenen (2009) Funktionär mit rein repräsentativer Aufgabe, der bisher nur durch Sprechblasen aufgefallen ist, ein Beispiel nehmen ?

    Postfaktisch. Wie derzeit fast alles in unserem Land.

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  3. truckeropa66

    Steinmeier war die größte Parse , direkt nach Gauck für diese Stelle. Er ist kein Vertreter des deutschen Volkes sondern mehr ein Verräter, und das erkennt man daran das er den zur Zeit laufenden Komplott Merkel/Schulz unterstützt.
    Hört man von dieser Person etwas in Sachen der Gewaltdelikte, oder gegen andere Fehlleistungen der Politik gegen das Volk?

    Hier ein Vergleich zu Trumph aufzustellen ist eine Fehlleistung unserer Nanypresse. Egal wie man zu Trumph steht, er schafft es zumindest seiner selbst in den Schlagzeilen aufzutauchen.

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  4. maddin67

    Absolut cooler Text, läßt einen schmunzeln, um dann plötzlich verzweifelt zurückgelassen zu sein.

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  5. Pingback: Guck mal, Trump: So geht Präsident! – Leserbriefe

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