Gaucks beginnendes Abrücken vom Multikulturalismus

Von Jürgen Fritz

Solche Worte und Töne von einem der bis vor kurzem noch höchsten, ja dem höchsten Vertreter des Staates! Wer hätte das für möglich gehalten? Beginnt die Einsicht ins Sein sich nun langsam einzustellen? Ich bin gewillt, diese Rede so zu deuten und sie zugleich als Markstein anzusehen im Kampf um die Rückgewinnung der Realität. Wird nun einer nach dem anderen unserer Gegner kippen? Ja, sage ich, wenn wir beharrlich weiter daran arbeiten. Denn nichts ist auf Dauer stärker als die Wirklichkeit.

Besonders bemerkenswerte Aussagen aus Gaucks Rede in der Kurzzusammenfassung

Ein Nationalstaat dürfe sich nicht überfordern, so Joachim Gauck kürzlich bei einer Rede in der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Wer meine, er könne als imaginierter Weltbürger alle Grenzen des Nationalstaates einfach so hinweg nehmen, der überfordere Staat und Bürger in vielfältiger Weise. Wohin das Konzept des Multikulturalismus geführt hat, habe ihn doch erschreckt. Und es sei beschämend, wie viele die Augen verschließen vor Unterdrückung von Frauen und vor Antisemitismus in islamischen Ländern, aber auch bei uns. Beschwichtiger, die berechtigte Islamkritik als Rassismus verunglimpen und abblocken, machten sich mitschuldig und zu Verbündeten von Islamisten. Die Rücksichtnahme auf andere Kulturen dürfe nicht über den Grund- und Menschenrechten stehen, so der ehemalige Bundespräsident.

Ausschnitte aus Gaucks Rede im Original

„Zunächst: Heine! Er hat mich begleitet, seit ich in literarischen Texten Inspiration und Orientierung suchte. Getröstet hat er mich nur selten. Aber eine eigene Haltung zu finden, dabei hat er mich bestärkt. Und oft habe ich Konstellationen oder Menschen besser verstanden durch das, was Heine dachte und schrieb. Ganz besonders gilt das für ‚die Deutschen‘, über die Heine schrieb – zum Beispiel über ihr besonderes Verhältnis zu dem, wonach ich mich immer sehnte: Freiheit. „Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. Er besitzt sie, und wenn er sie auch nicht mit absonderlicher Zärtlichkeit behandelt, so weiß er sie doch im Notfall wie ein Mann zu verteidigen. Der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er wirft sich zu ihren Füßen mit den überspanntesten Beteuerungen. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben. Er begeht für sie tausenderlei Torheiten. Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter.“ (…)

Lassen Sie uns einen Blick auf die Rolle werfen, die dem Fremden im Kontext der Nationalstaaten zugewiesen worden ist. Angesichts des destruktiven Potenzials im Umgang mit der Fremdheit sollten wir die Zivilität umso höher schätzen, um die sich die Menschheit immer wieder bemüht hat. Wir wissen, dass es ohne Affektkontrolle keine Zivilität geben kann. Affektkontrolle aber, die durch reine Repression erreicht wird, löst den zugrundeliegenden Konflikt genauso wenig wie ein Krieg. Gewaltfreie Veränderungen hingegen setzen voraus, dass wir die Fremden „entfeinden“ und das Eigene entidealisieren.

Wir kennen die Folgen einer Entwurzelung aus den Geschichten vieler Emigranten. ‚Ich war ein Mensch, der nicht mehr ,wir‘ sagen konnte‘, hat Jean Améry geschrieben, nachdem das NS-Regime ihn wegen seiner jüdischen Herkunft außer Landes getrieben hatte. Abgeschnitten von dem ‚Wir‘ wurde ihm schmerzhaft bewusst, wie sehr der Mensch Heimat braucht, ‚um sie nicht nötig zu haben‘.

Ein Nationalstaat darf sich nicht überfordern. Wer sich vorstellt, quasi als imaginierter Vertreter eines Weltbürgertums alle Grenzen des Nationalstaates hinwegzunehmen, überfordert nicht nur die materiellen, territorialen und sozialen Möglichkeiten eines jeden Staates, sondern auch die psychischen Möglichkeiten seiner Bürger. Sogar der weltoffene Mensch gerät an seine Grenzen, wenn sich Entwicklungen vor allem kultureller Art zu schnell und zu umfassend vollziehen.

Einen großen Einfluss in der Integrationspolitik hat lange Zeit die Konzeption des Multikulturalismus gehabt: Was sich auch immer hinter den einzelnen Kulturen verborgen hat – Vielfalt galt als Wert an sich. Die Kulturen der Verschiedenen sollten gleichberechtigt nebeneinander existieren, für alle verbindliche westlich-liberale Wertvorstellungen wurden abgelehnt. Ich verstehe, dass es auf den ersten Blick tolerant und weltoffen anmuten mag, wenn Vielfalt derart akzeptiert und honoriert wird. Wohin ein solcher Multikulturalismus aber tatsächlich geführt hat, das hat mich doch erschreckt.

So finde ich es beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen. Wenn Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt wird. Oder wenn Kritik am Islam sofort unter den Verdacht gerät, aus Rassismus und einem Hass auf Muslime zu erwachsen. Sehe ich es richtig, dass in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten? (…)

Beschwichtiger … die kritikwürdige Verhaltensweisen von einzelnen Migranten unter den Teppich kehren, um Rassismus keinen Vorschub zu leisten, bestätigen Rassisten nur in ihrem Verdacht, die Meinungsfreiheit in unserem Land sei eingeschränkt. Und sie machen sich zum Verbündeten von Islamisten, die jegliche, auch berechtigte Kritik an Muslimen abblocken, indem sie sie als rassistisch verunglimpfen.

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Titelbild: YouTube-Scrennshot

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24 Antworten auf „Gaucks beginnendes Abrücken vom Multikulturalismus

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  2. desmolenz

    Alle Achtung !!!
    Der Mann ist sicherlich nicht ganz oben in meiner Gunst.

    Aber , nun nach seiner „merkelverhaftung “ kann er sich plötzlich an solche Dinge erinnern.

    VIELE Wandlungen gestandener Politiker wenden sich von den Verbrechen gegen unser Volk ab.

    Aber keiner revoltiert ….
    Schade..

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  3. bibinka

    Fällt es irgendeinem auf, dass nur die, die sich schon in Rente befinden, den Mund aufmachen? Siehe Bosbach , Stoiber usw.
    Wer von der Blutraute nicht mehr wegebissen werden kann macht den Mund auf!
    Ich sage, dass ist nicht genug. Wenn er wirklich etwas bewegen will, muss er auf irgendeiner Demo auftreten. Na Herr Gauck, wie wäre es am 4 März bei der Demo gegen Gewalt in Bottrop?
    Hätten Sie wirklich Eier, dann würden Sie dort auftreten!
    Das wäre ein Zeichen!

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    1. Jürg Rückert

      Kennedy über die Deutschen: Die Deutschen seien wie die Gänse auf dem Kapitol. Allerdings schnatterten sie immer erst los, wenn der Feind bereits in den Mauern sei.

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    1. Heidi Preiss

      Treffend gesagt. Gauck ist ein Wendehals, ehe ich ihm ein Wort abkaufe, muss noch etliches an Wahrnehmungen folgen.

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  5. Gabriele Kremmel

    Lieber spät als nie, doch von Personen mit Einfluss und in so hohen Ämtern erwarte ich keine späten Einsichten sondern Vernunft und Verstand während der Amtszeit. Keine hehren Vorstellungen eines gedachten und ersehnten Rosarotebrille-Multikulturalimus. Jeder Mensch, der abends den Fernseher einschaltet weiß um die Unterschiede der Menschen, der Kulturen, der Religionen und der Völker.

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  6. anvo1059

    Dem glaub ich kein Wort ! Nach dem er in der DDR Jahrzehnte lang den Systemkonformen gemimt hat und dann plötzlich zum „Systemkritiker“ und „Wiederständler“ wurde, als der Zusammenbruch des SED Staates abzusehen war. Nach dem er als s.g. „StaSi-Unterlagen.Beauftragter“ kräftig mitgeholfen hat, kompomittierende Akten zu vernichten. Nach dem er als Merkels Bundeskasper das Volk als „Dunkeldeutsche“ tituliert hat und noch mehr Immigranten ins Land holen wollte ? Nee , das nimmt dem Keiner mehr ab ! Der versucht wieder mal sein Mäntelchen in den Winmd zu hängen wo er merkt, das das Volk rebellisch wird und sich die Gräultaten seiner Willkommensgäste nicht mehr totschweigen lassen !

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  7. Furor teutonicus

    ach, ich nenne solche Menschen Heuchler. Wie sagte er doch. Die Eliten sind nicht das Problem, die Bevölkerung ist es . Der Bundesgaukler soll froh sein, dass wir nur noch eine Bevölkerung haben und kein stolzes deutsches Volk, er wäre mit der Klobürste aus den Amt vertrieben worden.

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  9. Paul

    Was ist insgesamt oder jeweils glaubwürdig zu nennen, wenn man als verantwortlicher Politiker das eine spricht und dann als nichtverantwortlicher Privatmann das andere sagt?

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  10. Clemens Bernhard Bartholdy

    Wie Herr Goldstein schon treffend sagte:
    „Too little, too late…“

    Gauck will doch hoffentlich niemandem weißmachen, dass er jetzt erst merkt, dass da was schief läuft. Das hat der schon während seiner Amtszeit als Bundesgrüßaugust genauestens gewusst.
    Der hat nur jetzt keine Pfründe mehr zu verlieren. Das ist alles.

    So einen Weichmeyer und Wendehals möchte ich nicht mal geschenkt haben. Bei der nächstbesten Gelegenheit fällt der ja doch wieder um.

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  11. Chris Benthe

    Aus der Weihnachts“predigt“ Gaucks von 2012: „„Sorge bereitet uns auch die Gewalt: in U-Bahnhöfen oder auf Straßen, wo Menschen auch deshalb angegriffen werden, weil sie schwarze Haare und eine dunkle Haut haben.“
    Ohne Not salbaderte er diesen Unsinn. Was in den Jahren danach folgte, war das exakte Gegenteil. Wenn der höchste Staatsrepräsentant nicht in der Lage oder willens ist, die wahren Gegebenheiten im Land zu erkennen und zu benennen, dann ist er ein Versager und scnadet den Interessen des Landes. J e t z t mit einigen Erkenntnissen herauszurücken, pseudointellektuell schick verbrämt, die sich geradezu jedem dahergelaufenen Deppen geradezu aufdrängen, ist der Gipfel der Unverschämtheit. Er hat jeglichen moralischen Kredit verspielt. Mutig wäre es gewesen, noch im A M T deutliche Worte zu sagen.
    Aus der Ansprache von 2016: „Gerade in Zeiten der Unsicherheit wissen wir das zuverlässige Wirken von so vielen Menschen zu schätzen. Nicht weil sie etwas Außergewöhnliches tun, sondern weil sie das Gewöhnliche außergewöhnlich gut tun. So können wir uns zu Hause fühlen in unserem Land. […] Und dann die vielen Ehrenamtlichen, die etwa Flüchtlingen helfen und damit zeigen, dass man das Fremde nicht ablehnen und abweisen muss, um das Eigene zu bewahren und zu leben.“
    Noch einmal, frei nach diesem Gauckler : Wir können uns zuhause fühlen in unserem Land und das Eigene bewahren, weil es Realitätsverweigerer gibt, die genau für die Umsetzung des Gegenteils arbeiten. Bravo. Da gefriert einem das bittere Lachen auf den Lippen.

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  12. Hanna

    … und ich glaube, da versucht nur einer seinen Kopf noch rechtzeitig aus der Schlinge zu bekommen. Ich glaube nicht an einen echten Gesinneswechsel. Politiker sind doch einfach alles taktisch versierte Rhetoriker, die gerade das von sich geben, was von der übergeordneten Agenda befohlen ist. Bewegen tun die nichts, gar nichts! Da können noch so viele Pseudowechsel für uns Schlafschafe auf dieser gigantischen, globalen Polit-Theaterbühne stattfinden.

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    1. Unwichtig

      Das kann sein. Vielleicht hat er Angst vor einer Revolution und der Wut des Volkes. Aber jetzt riskiert er erst einmal einen Besuch der Antifa.

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  13. Öko-Theosoph

    Die AfD hat wesentlichen Anteil daran, dass immer mehr Menschen den Mut haben, die Wahrheit zu sagen.
    Wir brauchen aber nicht nur eine konservative Politik, sondern auch eine ökologische Politik. Deshalb muss die ÖDP gefördert werden.

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  14. Werner N.

    Herr Gauck ist ein unehrlicher Schwätzer. Bei seiner Indien–Reise warb er noch als BP: ..“Kommt nach Deutschland, wir sind ein reiches Land“..(sic).

    Da er – entgegen der Kanzlerin – kein Domizil in Paraguay besitzt, merkt er jetzt wohl, dass ihm seine einstigen Sprüche ein ungemütliches Pensionsleben bereiten könnten. (PS: Das Bundeskanzleramt wich meiner Anfrage wegen des Erwerbs einer 15 ha großen Hazienda durch Herrn Sauter aus, bestritt dies mit keinem Wort).

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  15. Mensch

    Es ist mir vollkommen unverständlich, wie jemand auf so eine Schmierenkomödie noch hereinfallen kann. Das ist schlicht und einfach der Versuch dieser Entität, sich vom gegenwärtigen Regime abzusetzen. Sicherlich ist das positiv zu bewerten, ist es doch ein klares Indiz dafür, daß dieses Regime am Ende ist, denn, und das soll natürlich nur metaphorisch verstanden sein, die Ratten sind jene, welche das sinkende Schiff zuerst verlassen.

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