Ohne Schubladen kein Denken, ohne Denken kein Erkennen, ohne Erkennen kein Wissen

Von Jürgen Fritz

Schubladendenken gilt als verpönt. Dies sei etwas für intellektuell sehr einfach gestrickte Zeitgenossen, die ihre Schubladen (Vorurteile) benötigen, um sich orientieren zu können. Durch diese Art zu denken, würden sie sich aber selbst im Wege stehen, sich einen adäquaten Zugang zur Wirklichkeit gerade verbauen. So etwa lautet das gängige Vorurteil gegenüber dem Denken in Schubladen, welches zum einen gar nicht erfasst, was Denken überhaupt ist und wie es funktioniert, zum anderen am Wesentlichen an der Sache völlig vorbeigeht.

Schubladen (Begriffe) sind etwas essenziell Notwendiges, denn Denken ist nichts anderes als ein Operieren mit Begriffen

Schubladen sind entgegen der weitläufigen Meinungen (der Schwätzer respektive Nichtdenker) etwas sehr Gutes. Wo sollte man sonst all die Sachen ablegen? Sie lägen ja sonst überall in der Wohnung herum, womöglich auf dem Boden, wie die nicht weggeräumten Kinderspielsachen, so dass man ständig darüber stolpern würde, bis man sich eines Tages womöglich das Genick bräche oder vielleicht auch nur das Ärmchen.

Entscheidend ist die Anzahl der Schubladen (Differenziertheit des Denkens) und ob richtig oder falsch einsortiert wird

Das Entscheidende bei den Schubladen ist

  • wie viele einem davon zur Verfügung stehen und
  • ob sie mit System, vor allem aber ob sie richtig oder falsch eingeordnet wurden, was wiederum die Kunst der Diskrimination (Unterscheidung) voraussetzt.

Wenn jemand nur zwei Schubladen hat (unzureichende Differenzierung), zum Beispiel rechts (böse) und links (gut, oder auch umgekehrt), dann landet eben die Unterwäsche womöglich mit dem Besteck zusammen in ein und derselben. Und wer Probleme beim Einordnen hat, der legt den Schraubendreher zu den Messern und wundert sich dann, wenn er sein Schnitzel nicht klein kriegt.

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Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons

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12 Antworten auf „Ohne Schubladen kein Denken, ohne Denken kein Erkennen, ohne Erkennen kein Wissen

  1. Bloggich

    Ähnlich wie Schwarz und Weißdenken. Aber letztlich darf man sich dank seiner gesammelten Argumente und Positionen, positionieren. Dann wenn es um die eigene Existenz geht ist sowieso höchste Not.

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  2. Pingback: Ohne Schubladen kein Denken, ohne Denken kein Erkennen, ohne Erkennen kein Wissen – Leserbriefe

  3. Benjamin Goldstein

    Unser gesamtes Denken beruht auf Verallgemeinerungen. Theoretisch könnte die Sonne morgen nicht aufgehen, praktisch wird sie es aber.

    Wir leben auch mit Pi-mal-Daumen-Einschätzungen. Zwei interessante Aspekte:
    1) Linke glauben, alles menschliche Verhalten sei statistisch gleichverteilt in allen Gruppen.
    2) Die vermeintlichen Denkregeln werden nur selektiv angewand. Linke verallgemeinern auch über Polen, über Evangelikale, über Palästinenser, über Rechte usw. Es wird nur herrisch ein Denkver- oder gebot ausgesprochen, wenn das Gegenüber ohne argumentative Substanz ausgehebelt werden soll.

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  4. RBPascal

    Das Problem ist, dass die These des Beitrags in der heutigen Zeit ein Tabu oder eine Provokation zu sein scheint.
    In der Sozialwissenschaft ist das aber Stoff im ersten Semester. Was passiert hier ?

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  5. Realistischer

    Es geht nie um Vorurteilsfreiheit. Vorurteilsfreiheit ist nur der Vorwand um bestehende Vorurteile zu verdrängen und durch andere zu ersetzen.

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  6. rechts ODER links?

    als Kind hatte ich vielleicht nur eine Schublade (bin in ziemlicher Einschränkung aufgewachsen) , und alles war in Ordnung? Durcheinander kein Problem.
    im breiten Mittelteil nahm das Schubladensortieren -nach kurzer „Schlagseite“ – zu. Habe mich stets an den Riemen gerissen, um alles immer fein säuberlich einzutüten.
    jetzt im „jungen“ Alter läuft alles aus dem Ruder. Zu viel von dem ganzen Zeug, dem mitgeschleppten Ballast!

    (fühlte mich unangenehm erwischt, etwa beim Nachlass eines Helmut Schm…= meterhohe Bücherwände…wer wollte das alles verwalten? Da hat es der alte Apotheker doch einfacher…)

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  7. Siegfried Vocasek

    Finde es gut, das mal aufzugreifen.
    Und stimme zu: Ohne „Schubladen“ können wir gar nicht.
    (Es sei denn, jemand hält sich für Superman).
    Das Gute daran: Wir müssen das gar nicht.
    Aber vielleicht – bei gegebenem Anlass – mal darüber nachdenken, Stimmt das so noch?
    Sogar bereit sein, bei heraufdrängender Einsicht auch umzusortieren?
    Über all das entscheide ICH. Wer sonst?
    Aber – das ist für mich die alles entscheidende Frage – was ist d a b e i meine Orientierung?
    Die ich nicht selbst gemacht habe, die nicht einfach ein „Bauchgefühl“ ist, mir evtl. gar nicht schmeckt????

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