Gut für mich – Moral – Ethik – Metaethik

Von Jürgen Fritz, 15. Mai 2018, Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons

Das Giftige nicht zu essen, stattdessen das Wohlschmeckende, das einem gut tut und Energie verleiht, ist bereits eine Bewertung: Dieses ist gut für mich, jenes nicht. Ohne Bewertung, keine Ausrichtung des Lebens. Doch das ist erst der Anfang des Bewertenerlernens. Mit der Weitung des geistigen Horizontes entwickeln sich neue Dimensionen von gut, aber auch Kräfte, die just diese Horizontweitungen bis aufs Blut bekämpfen und zu unterdrücken suchen.

Vom gut für mich über die Moral zur Ethik

Ohne Bewertung, keine Ausrichtung des Lebens. Wir können also gar nicht anders als Dinge zu bewerten, wenn wir leben wollen, denn jeder Entscheidung, jedem Auswählen liegt eine Bewertung zu Grunde. Das Bewerten ist selbst gleichsam ein Lebensprinzip, das Wort gut ein Grundbegriff, den wir daher irgendwie immer auch schon verstehen, wenngleich die Bedeutung des Wortes sich mit zunehmender Entwicklung des je eigenen subjektives Geistes verändert, sich weiterentwickelt, umfassender wird respektive sich weitet.

Das moralisch gut geht über das tut mir gut hinaus. Jetzt kommt der Andere in die Abwägung mit hinein, dann die Anderen, dann irgendwann die Allgemeinheit. Das erfordert mehr Horizont. Tiere und kleine Kinder in den ersten Lebensjahren haben diesen Horizont (noch) nicht. Sie kennen maximal: tut mir gut.

Die historisch bedingten Wert-, inklusive der Moralvorstellungen einer Gesellschaft oder aller Gesellschaften zu reflektieren, zu hinterfragen, zu prüfen, erfordert wiederum mehr Horizont. Das historisch Bedingte wird jetzt quasi von außen respektive von oben betrachtet. Während im ersten Schritt eine Loslösung, eine Abstrahierung von der Fixierung auf das Ich stattfindet, kommt es jetzt im zweiten Schritt zu einer Loslösung von der Fixierung auf die erlernte Moral der eigenen Gesellschaft, in die man ohne sein Zutun hineingeworfen wurde und in der man aufwuchs. Auf die Transzendierung des Ichs folgt eine Transzendierung des spezifischen Wir.

Damit sind wir im Bereich der (philosophischen) Ethik = Nachdenken über Moral. Eine typische Frage der Ethik lautet: Wozu moralisch sein? Oder: Welche Moral ist die bessere, A oder B? Oder: Warum soll man versuchen, gegebene Versprechen zu halten? Jetzt werden also moralische Regeln, die zunächst einfach als richtig hingedonnert wurden, hinterfragt und es werden ganze Moralen, also Normen- und Werturteilssysteme, miteinander verglichen und bewertet.

Moral-Ethik

Selbstreflektierende und sich gegen Kritik immunisierende Systeme

Während also die Moral einer Gesellschaft den kleinen Kindern einfach erstmal reingestopft wird – anders geht es am Anfang nicht -, lernen Jugendliche und Erwachsene ab einer gewissen geistigen Stufe, das, was man ihnen vorher reinstopfte, zu reflektieren, kritisch zu prüfen. Manche lernen das natürlich nie und es gibt Gesellschaften und Moralen, die just diese Reflexion ihrer selbst sanktionieren.

Der Horizont soll hier gerade nicht geweitet, soll eng bleiben, weil die eigene Moral geschützt, weil sie nicht weiterentwickelt, weil sie festgezurrt und gegen Kritik immunisiert werden soll. Die Mitglieder solcher Gesellschaften bleiben mithin fast alle auf der Stufe der Moral stehen. Der Übergang zur Ethik findet in solchen sich gegen Kritik immunisierenden, ethische Reflexionen sanktionierenden Gesellschaften nur bei ganz wenigen ethisch besonders Begabten und Mutigen statt.

Die eigene Moral zu reflektieren und damit Raum zu schaffen für Entwicklung, entspricht einer typisch europäischen Denkweise, die ein gewisses geistiges Level voraussetzt. Das beginnt übrigens bereits mit Sokrates (469-399 v. Chr.), meines Erachtens der geistige Vater Europas.

Von der Ethik zur Metaethik

Eine andere ethische Frage wäre zum Beispiel: Welche Bedeutungen hat das Wort gut? Mit der Frage sind wir bereits im Bereich der Metaethik = das Nachdenken über Ethik (das Nachdenken über das Nachdenken über Moral). Dies erfordert noch mehr Horizont. Jetzt beobachtet man quasi wie wir über Ethik nachdenken. Auch hier findet man schon Anklänge bei Sokrates, der das Wort gut hinsichtlich seiner Bedeutung bereits thematisierte, und bei Platon (427-347 v. Chr.), der dies in seinen berühmten Dialogen aufgriff.

Eine andere metaethische Frage wäre: Gibt es moralische Wahrheiten oder kann es so etwas nicht geben, weil Wahrheit bedeutet: die Vorstellung von X repräsentiert das real existierende X richtig, ein real existierendes X gibt es aber im Bereich der Moral gar nicht, es gibt nur Vorstellungen von moralisch gut, aber kein reales moralisch gut selbst (die seit einigen Jahrzehnten dominierende Vorstellung bei Laien). Daraus ergeben sich dann unterschiedliche ethische Positionen.

Ethische Positionen

1. Der ethische Objektivismus: Dieser geht davon aus, dass es moralische Wahrheiten gibt und wir als moralisch begabte Wesen diese auch erkennen können. Dies glauben die meisten modernen Moralphilosophen. Hier gibt es dann zwei Untergruppen:

a) Ethischer Realismus: Ethische Realisten gehen davon aus, dass es moralische Wahrheiten unabhängig von uns tatsächlich gibt und dass diese von uns kraft unserer moralischen Begabung, sei es durch einen speziellen moralischen Sinn oder durch die Ratio entdeckt werden können, dass diese moralischen Wahrheiten also schon vor uns da sind und wir sie finden können, nicht erfinden (dies ist meine ethische Position).

b) Die Anhänger des ethischen Konstruktivismus (z.B. Jürgen Habermas) sehen es ein wenig anders. Sie meinen, moralische Wahrheiten seien zwar nicht schon vor uns da, aber wir könnten sie nach objektiven Kriterien konstruieren, nach objektiven Methoden erschaffen, also erst in die Welt bringen. Ohne uns gäbe es diese moralische Wahrheiten nicht, so die Auffassung der ethischen Konstruktivisten, seit unserer Existenz aber schon. Wir sind in dieser Sicht die Schöpfer oder Erschaffer moralischer Wahrheiten, nicht die Entdecker, weil diese Wahrheiten ja erst durch uns erzeugt werden, das aber nach objektiv nachvollziehbaren und schlüssigen Regeln und Verfahren.

2. Der ethische Skeptizismus: Ethische Skeptizisten bestreiten, dass es moralische Wahrheiten überhaupt gibt oder sie behaupten, es könne zwar sein, dass es solche tatsächlich gibt, wir könnten diese aber niemals erkennen, überhaupt nicht, keine einzige. Auch hier gibt es zwei Untergruppen:

a) Ethischer Relativismus: Hier geht man davon aus, dass moralische Werturteile lediglich kollektive Gepflogenheiten ausdrücken, mehr nicht. Und in dem einen Kollektiv, in der einen Gesellschaft haben sich halt diese moralischen Wertvorstellungen gebildet, in anderen Gesellschaften auf Grund der anderen Tradition andere moralische Wertvorstellungen. Die eine seien nicht richtiger oder besser als die anderen, schon gar nicht wahrer, weil es ja dieser Position zufolge gar keine moralische Wahrheiten gibt.

b) Ethischer Subjektivismus: Subjektivisten gehen noch einen Schritt weiter und behaupten, alle moralischen Werturteile seien letztlich nichts anderes als der Ausdruck höchst individueller Einstellungen, denn die Werturteile selbst innerhalb einer Gesellschaft würden ja differieren und auch da gäbe es keinerlei objektiven Maßstab, um zu beurteilen, ob die eine moralische Wertvorstellung objektiv besser oder schlechter sei als die andere.

Ethische Skeptizisten, die meist nicht wirklich zu Ende denken, was sie da behaupten, sind also der Auffassung, einem Baby aus Wut über die Mutter den Kopf abzuschneiden sei nicht objektiv schlecht, einige würden das nur so empfinden, andere würden das aber als gut und richtig empfinden und diese moralische Empfindung sei genauso berechtigt, weil es ja keinen objektiven Maßstab gäbe. Gleiches gelte für Versprechen abgeben, in der Absicht, sie nicht zu halten, für jemanden im Stich lassen, der einem zuvor geholfen hat, für das Unterdrücken von Kritik aus Angst um die eigene Macht usw. usf. All das sei nicht objektiv falsch, sondern immer nur relativ oder rein subjektiv, so die ethischen Skeptizisten.

In der Metaethik blickt mal also von oben auf die verschiedenen ethischen Positionen, die wiederum auf verschiedene Moralen blicken, und ordnet die Positionen. Auf dieser Ebene nimmt man also selbst keine Bewertungen mehr vor, sondern bringt einfach Ordnung in das Ganze, während auf der Ebene der Moral und der Ethik durchaus gewertet wird, einmal ohne, einmal mit fundierter Begründung und das auf unterschiedlichen Ebenen. Moral bewertet Handlungen, schreibt einige vor, verbietet andere (Du sollst nicht morden, lügen, stehlen …), während Ethik Moralen, also Handlungsbewertungen bewertet (Die Handlungsanweisung „Beschneide alle kleinen Mädchen“ ist ethisch nicht haltbar, weil … – und dann folgt eine rationale Begründung.

Gut für mich – Moral – Ethik – Metaethik

Fassen wir das Ganze, also die verschiedenen ethischen Positionen, die in der Metaethik unterschieden und geordnet werden, in einem Bild zusammen:

Ethische Positionen

(c) JFB

Weiter ist der menschliche Geist noch nicht. Eine Metametaethik gibt es meines Wissens noch nicht.  Aber ich vermute, das hat weniger mit dem menschlichen Gehirn und seinem je subjektiven Geist zu tun als vielmehr mit der Sache selbst. Wahrscheinlich würde kein Vernunftwesen, auch nicht mit einem anderen Gehirn respektive einem anderen subjektiven Geist, noch eine weitere Ebene benötigen. Diese vier dürften ausreichen, um alle Fragen abzudecken und einordnen zu können:

  • Gut für mich: Die Unterscheidung und Bewertung, was tut mir persönlich gut und was nicht (Stufe des Egoismus, sofern hier keinerlei Du und Wir vorkommt respektive diese nur als Objekte zur Erfüllung des gut für mich angesehen werden).
  • Moral: das Transzendieren des eigenen Ich und das Miteinbeziehen zunächst des Du, dann des Wir, wobei dieses Wir immer weitere Kreise ziehen, mithin immer mehr Lebewesen und Entitäten mit einbeziehen kann. Der Begriff „gut“ bekommt hier also einer Erweiterung, wird nicht mehr nur auf das „für mich“, also das Ich bezogen (Egoismus). Damit wird der Bewertungsmaßstab verändert, indem dieser erweitert wird. Hierbei gibt es mehrere Stufen der Erweiterung: gut für mich – gut für mich und meine Familie – gut für unseren Clan – gut für unseren Stamm – gut für unsere Land – gut für unseren Kultur – gut für die Menschheit – gut für alle höhere, empfindungsfähigen Lebewesen … – gut in einem absoluten Sinne, ohne ein „für“. In der Logikanalyse: aus dem zweistelligen Prädikator „a ist gut für b“, wird hier nicht nur das b verändert, sondern es fällt ganz weg. Aus „a ist gut für b“ wird ein einstelliger Prädikator „a ist gut“. Dies könnte zum Beispiel für das Werturteil gelten: „Seine Versprechen einzuhalten, sofern dies möglich ist, ist gut“ oder für das Werturteil: „Einem anderen dankbar sein, der einem das Leben gerettet hat, ist gut.“
  • Ethik: das Transzendieren der eigenen, zunächst antrainierten und anerzogenen Moral, mithin der Vorstellung von gut, indem diese vorgegebene Moral, die Vorstellung von gut, kritisch reflektiert und auf ihre Wahrheit oder Gültigkeit oder Schlüssigkeit und Plausibilität hin überprüft und bewertet wird. Hier drückt sich die Würde des Menschen aus, der sich selbst aus seiner Objekthaftigkeit, dem von anderen gemachten Ich, befreien, mithin vom Objektmenschen zum Subjektmenschen werden kann, indem er diese Erziehungs- und Beeinflussungs-Prozesse kritisch reflektiert, nicht um dann auf die Stufe des gut für mich (Nietzsche, Max Stirner, Versuch der Rehabilitierung des Egoismus) zurückzufallen, sondern um sich selbst eine Moral zu geben und zwar eine ethisch reflektierte und geprüfte solche, aus Sicht des ethischen Realisten im Idealfall eine solche, die sich an der moralischen Wahrheit orientiert, was natürlich eine hohe Wahrheitsliebe voraussetzt, die über das egoistische Motiv – gut für mich – gestellt wird, welches immer in uns agiert.
  • Metaethik: das Reflektieren dessen, was man überhaupt tut, wenn man ethisch über Moral reflektiert, welche Begriffe man dabei benutzt, was diese bedeuten, welch unterschiedliche Bedeutungen insbesondere das Wort „gut“ annehmen kann und welche ethische Positionen es gibt, wie diese sich logisch zueinander verhalten usw. Auf dieser Stufe wird also anders als auf den drei Stufen zuvor nicht mehr selbst bewertet, sondern nur analysiert, wie man überhaupt bewerten kann, wie dabei vorgegangen wird, also Dinge im Zusammenhang mit Bewertungen herausgearbeitet, ohne dass diese als gut oder schlecht rubriziert werden.

Philosophische Ethik

Sowohl die Ebene drei, die Ethik, wie auch die Ebene vier, die Metaethik, gehören zur Moralphilosophie, zur philosophischen Ethik als wissenschaftliche Disziplin, die in all unseren Schulen, von der Grundschule oder sogar der Vorschule bis zur Hochschule Pflichtfach und neben Deutsch und Mathematik durchgängiges Hauptfach sein sollte, denn hier geht es genau um das, auf dem unser gesamtes Grundgesetz als zentralem Wert und als Dreh- und Angelpunkt aufbaut: um die Würde des Menschen, seine Fähigkeit zur Subjekthaftigkeit, die nicht nur ein zu Schützendes, sondern auch ein zu Entwickelendes ist.

Literaturempfehlungen

Abitur-Wissen Philosophische Ethik von Gebauer, Kres, Moisel, Stark Verlag 2017, 212 Seiten, EUR 14,95 ==> sehr gut für den ersten Einstieg geeignet

Dietmar Hübner, Einführung in die philosophische Ethik, Vandenhoeck & Ruprecht, 3. Aufl. 2021, 283 Seiten, EUR 21,00 ==> die beste Einführung auf Hochschulniveau, die ich kenne; Hübner ist ein brillant scharfsinniger Analytiker und Didaktiker, der auch exzellente Vorlesungen hält, die auf YouTube verfolgt werden können.

Dieter Birnbacher: Analytische Einführung in die Ethik, De Gruyter, 3. Aufl. 2013, 480 Seiten, EUR 24,95 ==> sehr umfangreiche und sehr gute, anspruchsvolle analytische Einführung

William K. Frankena: Ethik – Eine analytische Einführung, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 6. Aufl. 2016, 124 Seiten, EUR 27,99 ==> ein absoluter moderner Klassiker der analytischen Philosophie zum Thema Ethik, inzwischen leider viel zu teuer für das kleine Büchlein (124 Seiten)

Michael Quante: Einführung in die Allgemeine Ethik, 6. Aufl. 2017, WBG, 191 Seiten, EUR 22,00 ==> sehr gute, aber anspruchsvolle Einführung mit einem Schwerpunkt auf der Metaethik

Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 7. Aufl. 2017, UTB, 302 Seiten, EUR 19,99 ==> umfangreiche, klassische Einführung, erschien erstmals 1985 und wurde immer wieder aktualisiert

Texte zur Ethik, Herausgegeben von Dieter Birnbacher und Norbert Hoerster, dtv wissenschaft, 352 Seiten, leider nur noch gebraucht erhältlich ==> exzellente Textsammlung wichtiger Originaltexte, die von Birnbacher und Hoerster in jedem der 10 Kapitel jeweils sehr gut eingeleitet werden

Abitur-Wissen Ethik Philosophische Ethik          Dietmer Hübner - Einführung in die philosophische Ethik - 3. Auflage          Analytische Einführung in die Ethik als Buch (kartoniert)

         Einführung in die Allgemeine Ethik          Einführung in die Ethik

Texte Zur Ethik: Birnbacher, Dieter And Norbert Hoerster (eds.)

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18 Antworten auf „Gut für mich – Moral – Ethik – Metaethik

  1. Pingback: Gut für mich – Moral – Ethik – Metaethik – Leserbriefe

  2. Der Beurteiler

    „Gut für mich – Moral – Ethik – Metaethik“
    Für viele Politiker des Merkel-Regimes zählt nur „GUT FÜR MICH“, alles andere ist unwichtig! Und so sagen sich viele Bürger, mir geht es gut wegen der Merkel und wählen diese immer wieder. Ohne zu realisieren, was wirklich gut für sie ist oder schlecht!

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  3. Reinhard Wehpunkt

    Diese „Ebenen“ sind Modelle, die uns Hirnmenschen helfen, die Komplexität von Strukturen zu erfassen und zu beschreiben. Es sind Definitionen, die Kommunikation ermöglichen, da man sich auf einen Nenner geeinigt hat.

    Man kann so leichter über die Wirklichkeit sprechen und sich mit anderen Menschen darüber auseinandersetzen. Es sind aber keine Weisheiten, welche die Welt allumfassend erklären. Ohne gesunden Menschenverstand ist man mit noch so vielen klugen Ebenen rettungslos in der Realität verloren.

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  4. truckeropa66

    Es gibt da ein Zitat, das ein unserer deutschen Großindustriellen zugeschrieben wird. Leider bin ich mir nicht Sicher welcher es war. Es lautet in etwa so, „Es geht mir nur solange gut, wie es meinen Arbeitern gut geht“.
    Dies ist in meinen Augen das Grundgesetz einer gut funktionierenden palamentarischen Demokratie! Aber dieses wird in unserem Staat, nur noch mit Füßen getreten, denn unser Selbsternanter Geld- und (sich Selbst so sehender)Inteligenz Adel, kennt nur noch gut für mich, und das „Dummvolk“ wird per Werbung darauf eingestellt, um das gut zu finden und nicht zu hinterfragen. Aussagen wie Geiz ist geil, oder Status durch Autogröße und viel mehr anderer Schwachsinn wird als das große „Selbstbildniss“ der Bürger unseres Staates herausgestellt.

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  5. F. Jungeleit

    Interessanter Artikel! Die Achillesferse des ethischen Konstruktivismus ist – zu nennen ist hier John Rawls „Kantian Constructivism in Moral Philosophy“ -, er baut auf den ethischen Objektivismus auf; er „missbraucht“ ihn als Grundfundament und negiert ihn gleichzeitig. Der Konstruktivismus nimmt den ethischen Objektivismus als Basis für sein konstruiertes Vertragswerk, das nach mehr Gerechtigkeit und Gleichheit strebt. Doch wie gerecht dieses Streben nach Verfahrensgerechtigkeit ist, erleben wir zurzeit in unserer Gesellschaft. Die Freiheit des Einzelnen soll zwar unangetastet bleiben, doch das Streben nach Gleichheit driftet ab ins Kollektiv, wo das Individuum ziemlich unethisch langsam verschwindet.

    Auch Ideologien verfahren nach dem Konstruktivismus, auf Basis objektiver Ethik kommt das „Aber“ ins Spiel. Sehr gutes Beispiel ist die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“. An den Universellen Menschenrechten kommen auch Religionen nicht vorbei, weshalb man die natürliche Ethik in einem Vertragswerk verschnürt. Beispiel Artikel 2:

    Objektive Ethik: Konstruierte Ethik:
    Du sollst nicht tötet … … außer wenn es die Scharia verlangt.
    Recht auf körperliche Unversehrtheit … außer wenn die Scharia es verlangt.

    Wichtig bei jedem Ethikkonstrukt ist der Kampf gegen das Individuum, nur im Kollektiv lässt sich die natürliche Ethik vergewaltigen, weshalb bspw. in der islamischen Tradition das individuelle Selbstbestimmungsrecht in Fragen von Religion, Glaube, Weltanschauung nie vorhanden war. Aber das Herdenprinzip finden wir auch bei anderen Religionen.

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  6. Marianne Streuer

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Ihren Blog finde ich grundsätzlich gut. –

    Ich gehöre zu denen, die selbstständig denken können

    und da die Info-Flut kaum zu bewältigen ist, bitte ich Sie,

    meine Adresse aus Ihrem Verteiler zu löschen.

    Danke für Ihre Mühe

    Beste Grüße

    Marianne Streuer

    _____

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  8. greypanter

    Es ist sehr erfreulich, dass sich Jürgen Fritz in diesem Beitrag den Grundprinzipien von „Gut für mich“ und „Schlecht für mich“ öffnet. Mit dieser Unterscheidung öffnet sich die kindliche Erkenntnis auch für Gut und Böse, für Richtig oder Falsch. Damit wird das Prinzip der Ethik im Menschen verankert, weil die kindliche Lebenserfahrung sehr bald über Essen und Trinken hinausgeht, weil das Spiel mit Eltern und anderen Bezugspersonen Freude bereitet und weil bei einegermaßen sinnvoller Erziehung das Kind bestrebt sein wird, diese Bezugspersonen zu einem freundlichen Umgang mit ihm selbst zu veranlassen. Diese Interaktion wird im obigen Beitrag außer Acht gelassen, dabei ist sie am besten geeignet, eine ethische Grundeinstellung des freundlichen Umgangs mit seinen Mitmenschen im kindlichen Benehmen zu verankern.

    Ich erinnere mich an den ersten Wutausbruch meines Kindes, welches mit dem Fuß auf den Boden stampfte und plärrte. Es hatte bis dahin noch nie mit Liebesentzug Bekanntschaft gemacht. Doch nun sagte ich: „So ein garstiges Kind wollen deine Mama und ich nicht sehen. Gehe auf dein Zimmer und komme erst wieder zu uns, wenn du dich wieder anständig benimmst.“ Das Kind war über meine drohende Gebärde so erschrocken, dass es unverzüglich auf sein Zimmer ging. Zunächst war eine Viertelstunde Stille, dann setzte ein so erbärmliches Schluchzen ein, dass meine Frau zu ihm ging. um es zu trösten und in seinem Vorsatz zu bestärken, nie wieder so böse zu sein. Damit war das Erziehungsproblem ‚Wutausbrüche‘ ein für alle Mal abgehakt.

    Dies ist nur ein kleines Mosaiksteinchen für eine gelungene Erziehungsarbeit. Dazu gehört auch ein großer kindlicher Freiraum und das verständlich machen, warum Grenzen nötig sind und eingehalten werden müssen.

    Diese konsequente Erziehung wird leider von sehr vielen Eltern versäumt. Dabei ist sie unerlässlich für ein gutes Zusammenleben in der Familie und später in größeren Gemeinschaften. Allerdings muss zu dieser positiven Beeinflussung auch die Erziehung zur angemessenen Vergeltung kommen: „Schlage zurück, wenn du geschlagen wirst.“ Ohne Selbstbehauptung in einer feindlichen Umwelt und ohne einen Freundeskreis, der zu einem hält, wird das Überleben sehr schwierig und unangenehm.

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    1. RBPascal

      Moralerziehung basiert auf der Akzeptanz und Übernahme von Werten von Bezugspersonen. Sie kann emotional gut internalisiert werden, wenn eine Beziehung da ist.
      Ethik versucht, diese subjektiven Ansätze zu objektivieren, d.h. universell gültige Entscheidungsgrundlagen zu finden. Ethische Entscheidungen umzusetzen bedeutet oft, gegen geerbte oder gelernte Handlungsmuster zu agieren und der Vernunft zu folgen. Wie in einer guten Ehe sollten sich Vernunft und Gefühl nicht für längere Zeit ausschließen. Die Frage ist also: wie können wir Freude am Richtigen empfinden, obwohl unsere gelernte Moral noch das Falsche will ?

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    2. Jürgen Fritz

      Was Sie beschreiben, greypanter, ist eine Teilantwort auf eine andere Fragestellung als die, um die es diesem Artikel geht. Sie antworten auf die Frage: Wie bekomme ich ein kleines Kind dazu, ein moralisches (nicht ethisches, das wäre die nächste Stufe: die Reflexion der zuvor erlernten Moral) Bewusstsein zu entwickeln und auch demgemäß zu handeln. Das sind lernpsychologische und pädaogigsche Fragestellungen, die natürlich wichtig sind.

      Hier in diesem Artikel, der viel grundlegender ist, wenn Sie so wollen Grundlagenforschung, geht es um die Frage, wie die Bedeutung des Wortes „gut“ sich mit der geistig-moralischen Entwicklung verändert. Es wird gleichsam das gesamte Gebiet der Moral und Ethik abgesteckt, um überhaupt zu wissen, wovon wir reden und wo wir uns jeweils bewegen, wenn wir über Moral sprechen.

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      1. greypanter

        Ich treffe zwischen den Begriffen ‚Ethik‘ und ‚Moral‘ eine andere Unterscheidung als Sie, Herr Jürgen Fritz: Für mich ist ‚Moral‘ das Regelwerk, welches aus eigener Erfahrung als Richtschur des Handelns akzeptiert und überwiegend befolgt wird. Die moralische Prägung des Menschen erfolgt schon beim Kleinkind und in der Grundschule. Dagegen ist ‚Ethik‘ eine von autoritären Instanzen definierte und im Einzelfall geforderte Handlungsweise, die nicht unmittelbar als richtig oder falsch erkannt wird, sondern auf Grund von Dressur und Repression befolgt wird. Meistens getraut sich der Mensch nicht, die Richtlinien der ihm aufgezwungenen Ethik auf ihre logische Qualität zu hinterfragen, sondern befolgt sie als unreflektierte Anpassung an seine Lebensgemeinschaft. So gesehen ist auch der Islam eine festgefügte Ethik, welche unreflektiert in islamischen Gesellschaften befolgt wird.

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  9. Jürg Rückert

    In meinem Beichtspiegel von 1960 fand sich die Gewissensfrage: „Hast du an heiligen Dingen gezweifelt?“
    Eine Kinderpsychiaterin pflegte den Kindern vor der Testung zu sagen: „Ich bin hier der Bestimmer!“ Was heilig ist, bestimmt die Kirche. Zusammen mit den Tugenden Gehorsam und Demut zementierte die katholische Kirche ihre weltliche Herrschaft. Die Verleihung von Rechten, Würden und Ämtern, von Ehrentiteln und Orden durch die jeweilige Obrigkeit, ist identisch mit den Praktiken eines antiken Kaiserreichs. Es gibt sie tatsächlich, die 1000-jährigen Reiche. Also zumindest eines.
    Nicht so schlimm wie im Islam, aber schlimm genug stand die „Ethik der Unterwerfung“ in der Mitte des Christentums.

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  10. monalisa527

    Hier mal für die anderen zum mit Hören

    Erkenntnistheorie von Platon, Sokrates, Aristoteles / Dr. Christian Weilmeier Philosoph

    dann

    Der Unterschied zwischen Moral und Ethik / von Philosoph Dr. Christian Weilmeier

    und

    Normative Ethik, deskriptive Ethik und Metaethik in unter 5 Minuten | Fast Forward Science 2016

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  11. jheinke

    Es ist immer viel einfacher, an Gedanken anderer Menschen etwas auszusetzen als sie zu loben.
    Deshalb vorweg mein großes Lob und Dankeschön für den Artikel, auch wenn jetzt Kritikpunkte kommen.

    „Das moralisch gut geht über das tut mir gut hinaus. Jetzt kommt der Andere in die Abwägung mit hinein, dann die Anderen, dann irgendwann die Allgemeinheit. Tiere und kleine Kinder in den ersten Lebensjahren haben diesen Horizont (noch) nicht. Sie kennen maximal: tut mir gut.”
    Nun, für Tiere trifft das nicht zu: eine Katzenmutter, die ihre Jungen auf das Äußerste verteidigt, macht das nicht, weil ihr das gut tut. Ein Hund, der todesmutig einen Angreifer seines Frauchens an die Gurgel geht, macht das auch nicht, weil ihm selber das gut tut, sondern weil er an sein Frauchen liebt. Hier handeln Tiere altruistisch, ebenso wie junge Pavian-Männchen, die einem der Gruppe hinterherschleichenden Leoparden auflauern und sich vom Baum auf ihn fallen lassen, um ihn anzugreifen – wobei viele dieser Jungmännchen umkommen. Sie haben die Herde geschützt, aber ihnen selber hat das keineswegs gut getan.

    “Während also die Moral einer Gesellschaft den kleinen Kindern einfach erstmal reingestopft wird …”
    Nein, den Kindern wird keine „Moral“ eingetrichtert, sondern ganz einfach Ge- und Verbote, die sie befolgen sollen. Ein Hund, der solange hungrig vor seinem vollen Fressnapf sitzt, bis sein Herrchen „Friss!“ ruft, befolgt einfach nur Regeln, die man ihm beigebracht hat – auch hier käme niemand auf die Idee, von Moral zu sprechen.

    Moral kann meines Erachtens erst entstehen, wenn man aus eigener Überzeugung dem Mitgeschöpf – ob Tier oder Mensch – Respekt entgegen bringt: Wenn man anerkennt und empfindet, dass auch der Mitmensch, das Mitgeschöpf ein Anrecht auf ein friedliches Leben hat, ja sogar dasselbe Anrecht wie man selber.
    Man billigt dann dem Anderen automatisch, ganz ohne Zwang, dieselben Rechte zu, die man selber beansprucht.
    Man an-/erkennt, dass das Mitgeschöpf emfindungs- und leidensfähig ist wie man selbst, dass es dasselbe Anrecht auf Leben, Freiheit. Sicherheit hat wie man selber.
    Von da ab handelt man moralisch – man kann letztlich gar nicht mehr anders.
    Und man benötigt keinerlei Leitfaden wie etwa den Regelkanon einer Religion
    Wie schon Menken sagt:
    „Moral ist, das zu tun, was richtig ist,
    egal, was einem gesagt wird.
    Religion ist, das zu tun, was einem gesagt wird,
    egal was richtig ist.“
    Und zum Schluss, obwohl es ganz nach oben gehört:
    Ein moralischer Mensch anerkennt auch bei seinem Mitgeschöpf, dem Tier, dass es leiden, lieben, empfinden kann – genau wie der Mensch.
    Ein wirklich moralischer Mensch ist Vegetarier. Ohne jeden Zweifel.

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  12. Jürgen Fritz

    1. Nehmen Katzen, Hunde und Affen tatsächliche moralische Abwägungen vor oder agieren sie einfach, wie es ihren inneren Impulsen entspricht, die sich so entwickelt haben, dass sie für das Überleben der Gruppe vorteilhaft sind? Könnte eine Katze zur anderen sagen, dass sie deren Agieren gut oder schlecht fand, womöglich inklusive Begründung, und die andere könnte dann ihr eigenes Verhalten reflektieren und negieren, oder laufen da einfach innere Programme ab, die so sind, wie sie eben sind.

    2. Ge- und Verbote sind genau das, was eine Moral ausmacht. Unter Moral versteht man a) ein Normensystem (Werturteilssystem) – bestehend aus Ge- und Verboten -, welches sich b) auf menschliches Handeln bezieht (genauer: auf vernunftbegabte Wesen) und welches c) im Gegensatz zu rein subjektiven Geschmacksurteilen, Konventionen (z.B. Tischsitten) und Bräuchen (Konventionen mit längerer Tradition) einen kategorischen Anspruch auf unbedingte Gültigkeit erhebt. Siehe hier: https://juergenfritz.com/2018/05/06/ethischer-objektivismus/

    3. Sie vermischen die Begriffe „Moral“ und „moralisch gut“ sein, woran die deutsche Sprache etwas mitschuldig ist, weil sie diese Unterscheidung zwischen rein deskriptiver Beschreibung und normativer Bewertung nicht immer deutlich macht. „Sich moralisch verhalten“ meint oft: „sich moralisch gut verhalten“. Das „gut“ wird weggelassen, so dass das Wort „moralisch“ als Wertung gemeint ist, während das Wort „Moral“ ganz neutral einfach ein Normensystem bezeichnet, welches die Kriterien in 2 erfüllt. Auch die Mafia hat eine Moral, eben ihre Mafia-Moral, ihre Mafia-Regeln, an die sich die Mitglieder halten sollen. Aus ethischer Perspektive kämen wir aber zu dem Schluss, dass diese Mafia- (oder auch die NS-Moral) aber keine gute, keine „moralische“ Moral ist, weil sie dem Verallgemeinerungsanspruch nicht genügen. Es werden Regeln erstellt, die nur für die eigenen Mitglieder gelten, nicht für alle, so dass diese Moralen ethisch nicht legitimiert werden können, sprich schlechte Moralen sind. Moral ist also zunächst ein neutraler, deskriptiver Begriff, der beschreibt, dass jemand Wertungen vornimmt, Ge- und Verbote erlässt, ohne diese schon gleich zu bewerten. Wenn wir eine Moral reflektieren, kritisch prüfen und bewerten, dann befinden wir uns eine Ebene höher im Bereich der normativen Ethik.

    4. Ja, zu einer ethisch legitimierten Moral gehört sicherlich, alle leidensfähigen Wesen mit einzubeziehen. Ob sich daraus die moralische Pflicht ergibt, keine Tiere zu essen, sei dahingestellt. Das bezweifle ich. Aber Tiere müssen einbezogen werden, weil jede unnötige Verursachung von Leid rational nicht legitimiert werden kann. Dies fehlt übrigens in den allermeisten Religionen (Ausnahme dürfte unter den ganz großen Religionen der Buddhismus sein) vollkommen!

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  13. Realistischer

    Wenn ich einer dieser Fachtheoretiker wäre, würde ich vorschlagen, anstatt dem Abdriften in völlig berwertungsfreie weil völlig abstrakte Gedankenwelten, doch den evolutionären Erfolg von Moralien, Ethiken usw. zu analysieren. Das Ergebnis wäre eine Relativierung dahin gehend dass es von den Umständen abhängt, welche Verhaltensweisen sich wie auswirken. Aber eine Relativierung der Art, dass alles egal ist, die würde als unter allen Umständen un-fit erkannt werden. Wobei man per bösem Vorurteil gegenüber dem guten Nihilismus schneller zum gleichen Ergebnis gelangen würde: der Nihilismus ist wirklich nur zum Sterben gut.

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  14. jheinke

    Zitat Jürgen Fritz:
    2. „Unter Moral versteht man a) ein Normensystem, welches Anspruch auf unbedingte Gültigkeit erhebt.“
    3. „Sie vermischen die Begriffe „Moral“ und „moralisch gut“ sein. Auch die Mafia hat eine Moral, eben ihre Mafia-Moral.“

    Jetzt sind wir erneut an einem Punkt angelangt, bei dem sich Philosophen und normale Bürger missverstehen: Die Philosophen (und solche, die es studiert haben) haben in verschiedenen Fällen Definitionen für bestehenden Begriffe festgelegt, die der Normalbürger so nicht kennt und nicht verwendet. Da geschätzt wohl nur ein Mensch von Tausend Philosophie studiert hat, sollten sich auch Philosophen in der öffentlichen Diskussion der Begriffsdefinition bedienen, wie sie in der Gesellschaft Verwendung finden – im Diskurs untereinander bleibt ihnen die Verwendung der abgesprochenen Begriffsdeutung unbenommen, die sich für eine gedeihliche Diskussion offenbar bewährt hat.
    Konkret: Für jeden normalen Bürger ist „Moral“ nicht irgend ein Wertesystem, sondern nur dasjenige, das „gutes“ moralisches – menschliches, ethisches – Verhalten beschreibt.
    Dass es in verschiedenen islamischen Kulturen und Familien zum (moralischen??) Wertesystem gehört, dass unbotmäßig scheinende eigene Töchter von ihrem Bruder ermordet werden, dürfte – außer Philosophen – kein einziger der Biodeutschen als moralisch ansehen oder irgendwie mit dem Begriff Moral in Verbindung bringen – ein schlimmeres Beispiel für Unmoral ließe sich für einen Deutschen wohl kaum finden.
    Das, was man allgemein als Moral versteht, braucht überhaut kein Regelsystem: Niemand muss moralische Verhaltensweisen und Regeln es exakt festlegen und aufschreiben. Moralisch ist ein Verhalten, wenn es die Menschenrechte des Anderen berücksichtig, und die sind schnell aufgezählt. Jeder kann damit in jeder Situation sofort selber beurteilen, ob seine (geplante) Handlung moralisch ist oder unmoralisch – ganz ohne Regelkanon.
    Was aber voraussetzt, dass der Handelnde die Menschrechte höher bewertet als mögliche Glaubensvorschriften, die diese Rechte einschränken.
    Zitat: Jürgen Fritz:
    1. „Agieren Katzen, Hunde und Affen einfach, wie es ihren inneren Impulsen entspricht, die sich so entwickelt haben, dass sie für das Überleben der Gruppe vorteilhaft sind? Könnte eine Katze zur anderen sagen, dass sie deren Agieren gut oder schlecht fand, womöglich inklusive Begründung, und die andere könnte dann ihr eigenes Verhalten reflektieren und negieren?“

    Intelligente Tiere können selbstverständlich das Verhalten anderer Tiere ihre Art kritisieren – wenngleich das meist nicht mit Worten geschieht, sondern durch Gesten (Fell aufstellen, knurren, bellen etc.) oder durch Taten (dem Nachbarhund, über den man sich ärgert, beißen, und zwar genau so stark, wie es der Situation entspricht, der anderen Katze eins drüberwischen etc.) Und natürlich reagiert (reflektiert) die angegriffene Katze und ändert zukünftig ihr Verhalten. Sonst wäre ja eine Erziehung bei Tieren ganz unmöglich – und Tiere lernen genau so schnell wie Menschen.
    Und es gibt genügend Tiere, die sich sprachlich mitteilen können (Affen am Bildschirm, Raben, Papageien auch mit direkter menschlicher (!) Sprache, die sogar Syntax und Zeiten – Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft – einschließt). Den IQ von 65, wie er als Mittelwert in Uganda anzutreffen ist, dürften viele dieser Tiere erreichen.
    Und das Verhalten eines jungen Soldaten, der freiwillig an die Front geht und sein Leben aufs Spiel setzt, weil er überzeugt ist, dass er einem bösartigen Aggressor hindern muss, sein Land und auch seine Verwandten zu töten, ist völlig identisch mit dem Verhalten eines jungen, hoch intelligenten Pavian-Männchens, das sich auf einen Leoparden stürzt: natürlich weiß der Pavian, das er sein Leben aufs Spiel setzt, sonst würde er den Leoparden ja gar nicht als tödliche Bedrohung wahrnehmen, natürlich hat er Angst, die man ihm auch deutlich ansieht, Todesangst, die er überwinden muss, genau wie der junge Freiwillige.
    Natürlich trauern (intelligente) Tiere genau so um tote Angehörige wie wir Menschen, manche magern ab, werden depressiv. Elefantenmütter, die ihr Baby tot auffinden, treten sogar – genau wie bei uns Menschen – die Tränen in die Augen.

    Zitat: Jürgen Fritz:
    4. „Ob sich daraus die moralische Pflicht ergibt, keine Tiere zu essen, sei dahingestellt. Das bezweifle ich.
    Ich formuliere einmal krasser: „Ob es die moralische Pflicht gibt, Neger nicht zu versklaven, sei dahin gestellt. Das bezweifle ich.“

    Die Gegner der Sklaverei fragten: „Mit welchem Recht unterscheiden wir zwischen Weißen und Negern, wieso werden ihnen nicht dieselben Menschrechte zugebilligt? Nur wegen ihrer Hautfarbe?“
    Und es war ein harter Kampf und langer Überzeugungsprozesse, bis sich die Gegner der Sklaverei durchsetzten.
    Die Frauenrechtlerinnen des 19. Jahrhunderts fragten: „Wieso werden uns entscheidende Menschrechte vorenthalten? Nur wegen unseres Geschlechtes?“
    Und es war ein harter Kampf und langer Überzeugungsprozesse, bis sich die Sufragetten durchsetzten – in der Schweiz wurde das allgemeine Frauenwahlrecht erst 1971 beschlossen, tatsächlich aber in einigen Kantonen erst am 29. April 1990 eingeführt!
    Und dass Sie dem Tier das Recht, den Anspruch auf Leben nicht zubilligen mögen, dass Sie diesen moralischen Widerspruch nicht erkennen, kann ich mir nur mit christlicher Prägung erklären – durch das besondere, herausgehobene Bild des Menschen in der Bibel (mache dir die Erde Untertan), die das Tier vom Mitgeschöpf zum Objekt degradiert.
    Diese unmoralische, letztlich unmenschliche Einstellung ist nicht nur dem Buddhismus fremd, auch der Hinduismus mit seiner Milliarde Anhänger und der Jainismus fordern das vegetarische Leben. Dass der tibetische Buddhismus davon abweicht, zeigt nur, dass es sich bei ihm überhaupt nicht um Buddhismus handelt, sondern um einen archaischen, animistischen Vielgötter- Glauben im fremden Gewand.
    Nur der Mensch kann Anderen Rechte zubilligen, ohne dass er selber davon einen unmittelbaren Vorteil hat – nur ein („guter“) moralischer Mensch bringt, ohne zu zögern, ein volles Portemonnaie, das er gefunden hat, seinem Besitzer zurück.
    Wer nicht akzeptieren will, dass wir auch Tieren gegenüber (gut) moralisch handeln müssen, stellt sich auf die Stufe eines Raubtieres – er gibt damit das Wichtigste, ja nahezu das Einzige auf, was den Menschen vom Tier unterscheidet.

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