Von Jürgen Fritz, Mo. 24.02.2025, Titelbild: ntv-Screenshot
BSW erwägt, juristisch gegen das Wahlergebnis vorzugehen, weil viele Auslandsdeutsche nicht wählen konnten. BSW kam bei der gestrigen Bundestagswahl auf 4,97 Prozent der gültigen Zweitstimmen und scheiterte damit an der Fünf-Prozent-Hürde. Könnten die Auslandsdeutschen, die wählen wollten, aber nicht konnten, das BSW auf 5,00 Prozent bringen?
49.642.087 Wähler gaben eine gültige Zweitstimme ab, 2.468.670 wählten BSW
Laut Bundeswahlleiterin hatten sich insgesamt über 213.000 Deutsche im Ausland ins Wählerverzeichnis eingetragen. Es gebe jedoch „Beschwerden von im Ausland lebenden Deutschen, bei denen die rechtzeitige Zustellung der Wahlbriefe bei dieser unter verkürzten Fristen stattfindenden Bundestagswahl kritisch oder unmöglich ist“, hieß es der Pressemitteilung der Bundeswahlleiterin vom 21.02.2025. Dabei gehe es „um Tausende, wenn nicht Zehntausende“, sagte der Verfassungsrechtler Ulrich Battis im Gespräch mit der Tagesschau. Betrachten wir die Zahlen etwas genauer.
49.927.315 Deutsche haben laut den offiziellen Angaben der Bundeswahlleiterin gestern gewählt. 49.642.087 (99,4%) haben eine gültige Zweitstimme abgegeben. Das Bündnis Sahra Wagenknecht BSW erhielt 2.468.670 Stimmen = 4,97%.
Wenn 213.000 Auslandsdeutsche nicht wählen konnten, müssten diese zu 11,3 Prozent BSW wählen, damit BSW insgesamt auf 5,00 Prozent kommt
Angenommen, a) alle 213.000 Auslandsdeutsche, die ins Wählerverzeichnis eingetragen waren, hätten tatsächlich an der Wahl teilnehmen wollen und alle 213.000 hätten keine Gelegenheit gehabt. Nehmen wir ferner b) an, alle 213.000 hätten gültig gewählt, also kein Einziger hätte ungültig gewählt. Dann würde sich die Zahl der gültigen Zweitstimmen erhöhen von 49.642.087 um zusätzlich 213.000 auf 49.855.087. Dies wäre dann die neue Zahl der gültigen Zweitstimmen, der neue Bezugswert. Das wären dann 100 Prozent und nicht mehr die 49.642.087.
Von diesen 49.855.087 gültigen Zweitstimmen müsste das BSW also mindestens 5,00% holen, um in den Bundestag einziehen zu können. 5 Prozent von 49.855.087 = 2.492.755.
Das BSW hatte gestern 2.468.670 Stimmen geholt. Bis zu 2.492.755 würden dem BSW somit 2.492.755 – 2.468.670 = 24.085 Stimmen fehlen. 24.085 Stimmen von 213.000 Stimmen = 11,3%.
Während also bei den 49,642 Millionen Wählern, die gestern eine gültige Zweitstimme abgegeben haben, nur 4,97% für BSW gestimmt haben, müssten jetzt bei den 213.000 Auslandsdeutschen 11,3% für BSW stimmen, um insgesamt auf 5,00% zu kommen. Und dabei haben wir vorausgesetzt, dass kein Einziger der 213.000 Auslandsdeutschen, die wählen wollten, auch wählen konnte. Kein Einziger. Dass also alle diese Stimmen fehlen würden. Oder anders erklärt:
BSW müsste ja bei den neuen dazukommenden Wählern mind. 5 Prozent holen und zusätzlich die bereits fehlenden 13.435 Stimmen kompensieren
1. Dem BSW haben bezogen auf die Wähler, die gestern gewählt haben, exakt 13.435 Stimmen gefehlt. Hätte das Bündnis Sahra Wagenknecht gestern 13.435 Stimmen mehr bekommen, so wäre es exakt bei 5,00% gelandet.
2. BSW sagt nun, es haben ja ca. 213.000 Auslandsdeutsche zum Teil gar nicht wählen können. Wenn wir nun annehmen, diese 213.000 Stimmen würden komplett fehlen (wenig realistisch, aber nehmen wir das zugunsten von BSW an), dann muss BSW
- a) zuerst mal die 13.435 Stimmen aufholen, die gestern gefehlt haben, und zusätzlich
- b) auch bei den 213.000 neuen Wählern wiederum mindestens 5,00% der Stimmen holen = 10.650.
Somit müsste BSW bei diesen 213.000 zusätzlichen Wählern 13.435 + 10.650 = 24.085 Stimmen holen, um insgesamt auf 5,00 Prozent zu kommen. Und 24.085 von 213.000 = 11,3 Prozent.
Wenn 20.000 Auslandsdeutsche nicht wählen konnten, dann müsste BSW bei diesen 72,2 Prozent holen, um insgesamt auf 5,00 Prozent zu springen
Je geringer die Zahl der Auslandsdeutschen ist, die wählen wollten, aber nicht konnten, desto höher muss entsprechend der Anteil sein, der unter diesen BSW wählt, weil ja immer zusätzlich zu den 5,00% bezogen auf diese neuen zusätzlichen Wähler noch zusätzlich die 13.435 fehlenden Stimmen von gestern kompensiert werden müssen. Und je kleiner die Gruppe, desto schwieriger wird es natürlich, die fehlenden 13.435 Stimmen zu kompensieren.
Nehmen wir zum Beispiel, was wesentlich realistischer sein dürfte, an, es seien 20.000 Auslandsdeutsche, die wählen wollten, aber nicht konnten.
Dann müsste BSW 5,00 Prozent von diesen 20.000 Stimmen holen = 1.000 Stimmen plus die 13.435, die gestern fehlten. Das ergäbe zusammen 14.435. Und 14.435 von 20.000 zusätzlichen Wählern entspräche 72,2 Prozent.
Warum sollten Auslandsdeutsche so extrem viel öfter BSW wählen als die Inlandsdeutschen?
Das Ganze zeigt: Es ist bei einigen tausend oder auch einigen zigtausend fehlenden Stimmen unmöglich, von 4,97 auf 5,00 Prozent zu kommen. Selbst bei 213.000 zusätzlichen Wählern müsste BSW sein Wahlergebnis bei diesen zusätzlichen 213.000 Wählern von 4,97 Prozent auf 11,3 Prozent steigern. Aber warum sollten die Auslandsdeutschen so viel öfter BSW wählen? Das wäre selbst bei 213.000 fehlenden Wählern überhaupt nicht plausibel. Bei einigen zigtausend fehlenden Wählern ist es völlig ausgeschlossen. Kurzum, was BSW hier vorträgt, ist wohl eher eine Nebelkerze.
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