Von Jürgen Fritz, Fr. 28.02.2025, Titelbild: ZEIT-Screenshot
Unglaubliche Szenen spielten sich heute im Oval Office ab. Vor laufenden Kameras haben US-Präsident Trump und Vizepräsident Vance ihren Gast, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, auf eine Art und Weise behandelt, wie man das auf diplomatischem Parkett wohl noch niemals gesehen hat. Anschließend wurde das Treffen abgebrochen.
Beispielloser Eklat im Weißen Haus
Eigentlich sollte es um einen Deal für eine Rohstoffpartnerschaft gehen, der heute unterzeichnet werden sollte. Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Weißen Haus war mit Spannung erwartet worden. Es begann zunächst auch friedlich. Circa 40 Minuten beantworteten Selenskyj und Trump vor Beginn ihres Gesprächs hinter verschlossenen Türen Fragen der Presse im Oval Office. Dann aber geriet die Zusammenkunft immer mehr aus dem Ruder.
US-Vizepräsident JD Vance griff Selenskyj schroff an: „Herr Präsident, Herr Präsident, bei allem Respekt. Ich finde es respektlos von Ihnen, ins Oval Office zu kommen und zu versuchen, vor den amerikanischen Medien zu verhandeln. Gerade jetzt, wo Sie herumlaufen und Wehrpflichtige an die Front zwingen, weil Sie Personalprobleme haben, sollten Sie Präsident (Trump) dafür danken, dass er versucht, die Situation zu verbessern.“
Trump verlangte von Selenskyj, seine Haltung zu ändern. Er unterbrach ihn immer wieder lautstark, sobald der ukrainische Präsident auf die Fragen, mit den ihn Vance bombardiert hatte, antwortete. Da Selenskyj nicht klein beigab, griff ihn Trump immer heftiger an, drohte ihm unverblümt: „Sie setzen das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel. Sie riskieren einen Dritten Weltkrieg.“ Es sei respektlos von Selenskyj, auf Sicherheitszusagen der USA zu drängen. Er sei „überhaupt nicht dankbar“, warf Trump Selenskyj vor. „Es wird schwer sein, auf diese Weise ins Geschäft zu kommen.“ Trump drohte, die Ukraine im Kampf gegen Russland im Stich zu lassen, sollte es nicht zu einer Einigung mit Kremlchef Wladimir Putin kommen. „Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus“, so Trump.
Und so ging es immer weiter: „Ihr Land steckt in großen Schwierigkeiten. Ich weiß, dass Sie nicht gewinnen werden. Sie werden das hier nicht gewinnen. Sie haben eine verdammt gute Chance, da heil rauszukommen, wegen uns“, sagte Trump aufgebracht, der immer wieder signalisierte, dass Selenskyj in keiner guten Verhandlungsposition sei, er habe schlechte Karten. Trump signalisierte überdeutlich, dass die Ukraine von den USA abhängig sei und nutzte seine Machtposition gnadenlos aus.
„Wenn Sie unsere Militärausrüstung nicht hätten, wäre der Krieg nach zwei Wochen zu Ende gewesen“, sagte Trump. „Sie haben dankbar zu sein.“ Dabei betonte Selenskyj immer wieder, dass er für all die Hilfe dankbar sei. Trump beendete das Gespräch schließlich mit den Worten „Ich denke, wir haben genug gesehen“ und, mit Blick auf die anwesende Presse im Raum: „Das wird großartiges Fernsehen sein, das kann ich Ihnen sagen.“
Was bedeutet das für Europa?
Trump und Vance passen charakterlich wohl sehr gut zu Putin. Es hatte sich schon länger abgezeichnet, aber was allerspätestens heute definitiv deutlich wurde: Die USA gehören, solange sie von dieser Regierung geführt werden, nicht mehr zum normativen, aufgeklärten, modernen, zivilisierten Westen. Europa muss schnellstmöglichst möglichst unabhängig werden von den USA. Dazu braucht es politische Führung. Es ist gut, dass Merz Scholz bald ablöst, der dieser Aufgabe nicht gewachsen war. Merz sollte so schnell wie möglich zum Kanzler gewählt werden, damit wir eine voll handlungsfähige Regierung haben.
Europa muss jetzt geeint sein, so geeint wie nur möglich. Denn auf diese Typen, Trump, Vance und Co., ist keinerlei Verlass. Sie werden alles und jeden verraten, wenn es ihnen nützt. Und nochmals meine Warnung: Der radikale Sozialismus ist furchtbar, ja. Aber Rechtsradikalismus und die Putins und Trumps dieser Welt sind noch viel furchtbarer! Wir dürfen nicht auch dahin abgleiten. Was den AfD-lern nicht klar ist: Putin, Trump, Vance, Musk, die die AfD im Moment alle protegieren, werden mit ihnen genauso umspringen, sobald sie nicht mehr hundertprozentig spuren und nicht genau machen, was die wollen. Und diese Interessenskonflikte würden früher oder später unwillkürlich kommen. Aber so weit können die AfD-ler nicht denken.
Europa muss nun endlich aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. Wenn nicht alle mitziehen wollen, dann sollten sich die Länder, die den Ernst der Lage verstanden haben und bereit sind, entsprechend zu handeln, sich zu einem Bündnis, einer Allianz zusammenschließen: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Spanien, Schweden, Dänemark, Finnland, Niederlande, Belgien, Estland, Litauen, Lettland… Wir müssen jetzt unbedingt geeint sein. Die USA sind ganz offensichtlich kein Partner mehr, sondern ein Player, der nach seinen völlig eigenen Regeln spielt. Damit sind wir alle, außer Frankreich und Großbritannien, ohne atomaren Schutzschirm und müssen militärisch so schnell wie nur möglich verteidigungsfähig werden. Das wiederum setzt eine starke Wirtschaft voraus, um das finanzieren zu können.
Nochmals, Europa muss jetzt so schnell wie möglich geeint und so stark wie nur möglich als eigenständiger Player auftreten. Ansonsten werden uns Russland, USA und China vollkommen an die Wand drücken oder gar in die Mangel nehmen, so wie hier Trump und Vance diesen unglaublich tapferen und ehrenwerten ukrainischen Präsidenten, der sich übrigens auch hier in dieser wahnsinnig schwierigen Situation absolut souverän schlägt, der ukrainische Präsident, der so unendlich viel getan hat für sein Volk und für Europa. Aber das ist Trump und Vance offensichtlich vollkommen egal. SIE haben keinerlei Respekt vor kleineren Ländern und nutzen ihre Machtposition in einer Brutalität und Rücksichtslosigkeit aus, wie ich das auf politischer Bühne noch niemals gesehen habe.
Das Ganze erinnert sehr an Mafiamethoden. Und damit schließt sich der Kreis, siehe den ersten Satz: Trump und Vance passen charakterlich wohl sehr gut zu Putin. Ich hätte das niemals für möglich gehalten: Die Welt ist in die Hand von Mafia-Typen geraten und wir sind mittendrin. Wir müssen jetzt schnellstmöglich lernen, uns zu behaupten. Europa muss erwachsen werden.
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