16-Jährige attackiert obdachlosen Gehbehinderten mit 16 Tritten gegen Körper und Kopf

Von Jürgen Fritz, So. 27. Dez 2020, Titelbild: Wiki05, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0&gt;, via Wikimedia Commons

Von Weihnachten hatte der 48-jährige Obdachlose wahrscheinlich ohnehin nicht viel erhofft. Aber dass es so kommen würde, hatte auch er sicher nicht erwartet. Am Morgen des 25. Dezember hatte sich der Gehbehinderte im Westtunnel des Essener Bahnhofs neben seinen Rollstuhl auf den Boden gelegt. Videokameras zeichneten auf, was dann geschah. Zwei Mädchen nähern sich dem Schlafenden. Dann geht eine der beiden ohne ersichtlichen Grund auf ihn los.

16 Fußtritte in den Körper und gegen den Kopf

Die beiden Mädchen sind 16 und 14 Jahre alt, wie wir inzwischen wissen. Und es ist die ältere der beiden, die nun völlig unvermittelt auf den schlafenden Obdachlosen los geht. Durch die Videoaufzeichnung ist die Tat gut dokumentiert. Darauf ist zu sehen, wie die 16-Jährige den Gehbehinderten jäh aus seinen Träumen reißt. 16 mal tritt sie insgesamt zu. Übersät den am Boden liegenden, völlig wehrlosen Mann mit Fußtritten. Dabei tritt sie ihm nicht nur in den Körper hinein, sondern auch an den Kopf. Und das wohl mehrfach.

Doch dies ist – aus welchen Gründen auch immer, denn der Mann hatte dem Mädchen ja gar nichts getan – kein kurzer Wutausbruch, dergestalt die Jugendliche kurz ausflippte und ihre Tat sofort danach bereute. Nein, das Ganze zieht sich über mehrere Minuten hin. Zuerst versetzt sie ihm ihre Fußtritte, lässt dann von ihm ab, aber nur um nach mehreren Minuten erneut auf ihn los zu gehen. 16 Tritte verpasst sie dem Mann insgesamt.

14-jährige Begleiterin der Täterin schaut minutenlang teilnahmslos zu

Und was machte ihre 14-jährige Begleiterin? Hat sie versucht, ihre Freundin oder Bekannte von dieser brutalen, menschenverachtenden Tag abzuhalten? Ging sie dazwischen und hat sich schützend vor den Wehrlosen gestellt? Oder hat sie wenigstens versucht, auf die 16-Jährige einzureden, sie zu beruhigen oder ihr das auszureden? Nichts von alledem. Sie machte gar nichts. Minutenlang. Teilnahmslos stand sie daneben und hat sich den Gewaltausbruch in aller Ruhe angeschaut.

Schließlich soll die 16-jährige aus Essen den gehbehinderten Mann dann sogar mit einem Messer bedroht und eine Stichbewegung gegen den Bauch angedeutet haben. Wahrscheinlich kann der 48-Jährige sogar noch froh sein, mit dem Leben davongekommen zu sein.

Rettungskräfte bringen den Attackierten später ins Krankenhaus

Erst als der Behinderte blutend wimmert, lässt die Jugendliche endlich von ihm ab. Trotz allem geistesgegenwärtig versucht der schwer verletzte Mann, sich dann schnell aus der Gefahrenzone zu entfernen. Unter Schmerzen kämpft er sich zurück in seinen Rollstuhl und begibt sich so schnell er kann in eine S-Bahn, um weiteren Misshandlungen und Angriffen, womöglich noch viel Schlimmerem zu entgehen. Wer weiß, vielleicht hat ihm dies das Leben gerettet.

Etwa zwei Stunden später wurden dann Bahnmitarbeiter auf den im Gesicht blutenden Mann aufmerksam, der über Schmerzen am gesamten Körper klagte. Rettungskräfte brachten den Mann nun in ein Krankenhaus.

Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung wurden aufgenommen

Doch woher weiß die Bundespolizei wie alt die Gewalttäterin und ihre Begleiterin sind? Nun, die beiden seien den Einsatzkräften aus zahlreichen Straftaten am Essener Hauptbahnhof bestens bekannt, erklärte die Bundespolizei. In den kommenden Tagen sollen sie von den Behörden befragt werden. Man ermittle wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung nach § 224 StGB, da hier offensichtlich von einer gesteigerte Gefahr für die körperliche Unversehrtheit des Opfers ausging.

Als zusätzliche qualifizierende Tatbestandsmerkmale zur einfachen Körperverletzung nach § 223 StGB kämen hier wohl diese beiden in Betracht: „hinterlistiger Überfall“ und/oder „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“. Bei Fußtritten gegen den Kopf kann in manchen Fälle, je nachdem mit welcher Heftigkeit diese ausgeführt werden, grundsätzlich auch ein versuchtes Tötungsdelikt (Mord oder Totschlag) in Betracht kommen. Dies scheinen Polizei und Staatsanwaltschaft bislang noch nicht in Betracht zu ziehen.

Jugendliche werden selten zu Freiheitsstrafen verurteilt

Doch selbst bei einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung hat die Täterin hier mit einer schweren Strafe nicht zu rechnen. Weshalb nicht? Weil sie erst 16 Jahre alt ist und damit nicht nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden kann. Das ist völlig ausgeschlossen. Egal welchen geistig und sittlichen Reifegrad sie besitzt. Das wird bei allen Straftätern unter 18 Jahre niemals geprüft. Wer mindestens 14, aber unter 18 Jahre alt ist, gilt ausnahmslos als Jugendlicher. Und für Jugendliche gilt das Jugendstrafrecht.

Dieses sieht vor, dass sich die Wahl der Rechtsfolge danach richten muss, welche nach der Persönlichkeit des Täters den besten Erfolg für seine Resozialisierung verspricht. Es geht also nicht primär um Strafe, sondern um Resozialisierung. Und versprechen mehrere Maßregeln den gleichen Erfolg, muss diejenige gewählt werden, die den geringsten Eingriff in die Rechte des jugendlichen Straftäter respektive Verbrechers darstellt.

So werden jugendliche Straftäter nur selten zu Freiheitsstrafen verurteilt. Vergleichsweise oft wird lediglich die Ableistung von unentgeltlichen Arbeitsstunden, beispielsweise in gemeinnützigen Einrichtungen, verhängt. Und in einem Strafverfahren, das sich ausschließlich gegen einen oder mehrere Jugendliche richtet, ist die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen.

Bei gefährlicher Körperverletzung drohen maximal 5 Jahre, die aber fast nie verhängt, geschweige denn abgesessen werden

Im Falle einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB können jugendliche Straftäter nicht wie Erwachsene mit bis zu 10 Jahre Freiheitsentzug bestraft werden, sondern maximal 5 Jahre. Der maximale Strafrahmen wird von Richtern, zumal von Jugendrichtern aber fast nie ausgeschöpft. Wahrscheinlicher sind, selbst bei etlichen Vorstrafen, wohl eher 2 bis 3 Jahre, wenn überhaupt.

Und das Strafmaß, welches das Gericht ausspricht, steht zunächst mal auf dem Papier. Die volle Strafe, zu der Straftäter verurteilt werden, werden eher selten abgesessen. Oftmals wird, nachdem die Hälfte oder nachdem zwei Drittel der Haftstrafe verbüßt sind, die Reststrafe dann zur Bewährung ausgesetzt. Das heißt, der verurteilte Straftäter kommt lange bevor er die Haftzeit, zu der er verurteilt wurde, tatsächlich verbüßt hat, wieder frei.

All das ist seit Jahrzehnten typisch sozialdemokratische und inzwischen natürlich auch typische grüne und typische Linkspartei-Politik.

18- bis Unter-21-Jährige sind seit den 1970ern volljährig und dürfen wählen, werden bei Verbrechen aber fast nie als Erwachsene bestraft

Das Jugendstrafrecht wird übrigens nicht nur bei Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahre angewendet, sondern oftmals auch bei jungen Erwachsenen, sogenannten „Heranwachsenden“ von 18 bis unter 21 Jahre.

Bis zum 31. Dezember 1974 war das bundesdeutsche Jugendgerichtsgesetz auf die 18- bis unter-21-Jährigen Heranwachsenden nur ausnahmsweise bei einer Reifeverzögerung anwendbar, obschon sie nach damaligem Recht noch nicht volljährig waren. Das heißt, früher waren 18 oder 20-Jährige noch nicht volljährig, wurden aber, wenn sie Straftaten begingen, in der Regel als Erwachsene, nicht als Jugendliche behandelt. Das änderte sich in den 1970er Jahren grundlegend. Vor 1972 waren 18- bis unter 21-Jährige auch noch nicht wahlberechtigt. All das änderte die von 1969 bis 1982 amtierende und von der SPD geführte rot-gelbe Bundesregierung. Seit 1972 durften jetzt auch schon 18-Jährige den Bundestag wählen, ab 1975 wurde das Volljährigkeitsalter von 21 auf 18 herabgesetzt. Damit sind 18-Jährige seit mehr als 45 Jahren voll geschäftsfähig.

Zugleich wurde die strafrechtliche Heranwachsenden-Regelung nun immer häufiger zugunsten der 18- bis Unter-21-Jährigen Straftäter ausgelegt. Aus der Ausnahme-Regelung wegen einer vereinzelten Reifeverzögerung wurde der Regelfall. In dieser Grafik aus einer Ausarbeitung von Ineke Pruin, Institut für Strafrecht und Kriminologie, Universität Bern, sieht man, wie sich in Deutschland der Anteil der 18- bis Unter-21-Jährigen seit 1954 verändert hat, die trotz ihrer Volljährigkeit und trotz ihrer Wahlberechtigung, sobald sie Straftaten, insbesondere Verbrechen begehen, dann plötzlich von den Gerichten doch nur als Jugendliche angesehen werden:

Bei gefährlicher Körperverletzung, Totschlag, Raub und Mord werden junge Erwachsene zu 90 bis 100 Prozent als Jugendliche bestraft

Im Jahr 1954 war es tatsächlich noch die Ausnahme, dass ein 18-, 19-, 20- oder fast 21-jähriger Straftäter als Jugendlicher verurteilt wurde. In vier von fünf Fällen wurden diese junge Erwachsenen vor Gericht auch wie Erwachsene behandelt und nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt. Dies änderte sich jedoch zunächst allmählich, dann ab Mitte der 1970er Jahre (jetzt regierte erstmals die SPD auf Bundesebene) drastisch. Nun wurden regelmäßig über 60 Prozent, oft zwei Drittel aller junger Erwachsener, sobald sie Straftaten begingen, plötzlich als Jugendliche angesehen, um ihnen ein wenig härtere Strafen zu ersparen. Wirklich harte Strafen gibt es in Deutschland selbst bei brutalsten Schwerverbrechen ja ohnehin nicht.

Noch dramatischer ist der Befund, wenn man sich anschaut, bei welchen Delikten junge erwachsene Straftäter vor Gericht nur als Jugendliche angesehen werden:

Man sieht hier deutlich, zu mehr als 50 Prozent als Erwachsene behandelt werden junge erwachsene Straftäter nur bei eher harmloseren Delikten, wie Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, Erschleichung von Leistungen und Straftaten im Straßenverkehr. Bei allen schwereren Delikten, wie gefährliche Körperverletzung, Totschlag, Raub und Mord, werden junge Erwachsene von 18 bis unter 21 Jahre dagegen fast immer (zu 90 bis 100 Prozent) als Jugendliche behandelt und verurteilt.

Die doppelten Standards der Roten, Grünen und Dunkelroten

Kommen wir also auf unsere 16-jährige Straftäterin aus Essen zurück, die den gehbehinderten Mann mit 16 Fußtritten gegen Körper und Kopf ins Krankenhaus trat. Diese hat, wie gesagt, keine sonderlich harte Strafe zu erwarten. Und sollte sie in vier Jahren, dann als 20-Jährige eine ähnlich brutale Gewalttat begehen, wird sie wohl mit 90- bis 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit wieder als Jugendliche verurteilt werden, obschon sie dann schon seit über zwei Jahren auch bei Bundestagswahlen wahlberechtigt ist.

SPD, Grüne und Linkspartei wollen übrigens das Wahlalter noch weiter absenken, von 18 auf 16 Jahre. Vielleicht könnte man ja im Gegenzug die Regelung, dass auch junge Erwachsene, wenn sie Straftaten und Gewaltverbrechen begehen, auch bis 25 oder 30 nur als Jugendliche behandelt werden. Man sieht hier übrigens ein durchgängiges Prinzip bei Neomarxisten: Es gibt immer mehrere Maßstäbe, die man sich immer zurecht legt, wie man es gerade braucht, nie nur einen, der konsequent und gerecht an alle gleichermaßen angelegt wird.

Entweder jemand ist erwachsen, mit allen Rechten und Pflichten und persönlicher Verantwortung für das, was er tut, oder nicht

Um es deutlich zu sagen: Der humane Strafvollzug ist eine große Errungenschaft, an der keinesfalls gerüttelt werden soll. Auch Straftäter, selbst Schwerstverbrecher haben eine Würde, die es zu achten und zu schützen gilt. Auch sind Güte und Wohlwollen selbst den Schlimmsten gegenüber große Tugenden. Aber die originärste Aufgabe der Staatsgewalt überhaupt ist es, seine Bürger vor Verbrechen und Gewalt zu schützen. Und der Gleichheitsgrundsatz gilt immer. Entweder jemand ist mit allen Konsequenzen ein Erwachsener oder er ist es noch nicht.

Wenn es um Rechte geht, sollen sogar 16-Jährige schon die Reife haben, nicht nur ihre eigenen unmittelbaren Handlungen und deren Folgen zu überblicken, sondern sogar die weit komplexeren Folgen von politischen Entscheidungen, die gesamte Gesellschaft betreffend. Wenn es aber um Pflichten und persönliche Verantwortung geht, dann sollen sogar fast 21-Jährige fast nie die geistig-sittliche Reife besitzen, auch nur zu überblicken, was sie selbst tun und anderen Menschen unmittelbar vor ihnen antun.

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