Von Jürgen Fritz, Fr. 04. Mrz 2022, Titelbild: euronews-Screenshot
Die russischen Streitkräfte haben in der Nacht auf Freitag Europas größtes Kernkraftwerk bei Saporischschja mit schweren Geschützen attackiert. In Folge der Bombenangriffen ist ein Brand auf dem Gelände des AKW ausgebrochen. Es soll aber keine radioaktive Strahlung ausgetreten sein.
Russen beschießen Europas größtes Kernkraftwerk mit schwerem Geschütz
Die russischen Angriffe auf die Ukraine werden immer brutaler und hemmungsloser. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag kam es zu fortgesetzten Angriffen auf die Großstädte Charkiw, Mariupol und Kiew. Nun scheinen die Russen die Stromversorgung des Landes zu attackieren. Örtliche Behörden meldeten am frühen Freitagmorgen schwere Gefechte mit russischen Soldaten nahe Europas größtem Kernkraftwerk Saporischschja. Von dort bezieht die Ukraine rund ein Viertel ihrer Energie.
Das AKW werde mit schweren Geschützen beschossen, berichteten lokale Behördenvertreter. Ein Reaktor des Kraftwerks sei getroffen worden. Dort gebe es einen Brand, sagte der Sprecher der Anlage, Andriy Tuz in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Zum Glück werde der getroffene Reaktor gerade renoviert und sei nicht in Betrieb, aber es befände sich Kernbrennstoff in dem Block.
Feuerwehrleute wollten sich dem Brand nähern, wurden dann aber ebenfalls beschossen. „Wir fordern, dass sie (die russischen Truppen) den Beschuss mit schweren Waffen einstellen“, sagte Tuz. „Es besteht eine reale Gefahr für das größte Atomkraftwerk in Europa.“
Keine radioaktive Strahlung entwichen
Es soll aber bislang keine radioaktive Strahlung entwichen sein. Die Atomaufsicht der Ukraine habe mitgeteilt, dass „keine Änderung der Strahlungswerte“ am Standort des Kernkraftwerks Saporischschja gemeldet worden sei, berichtete die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am frühen Freitagmorgen auf Twitter. Am Donnerstag hatte die IAEA noch ihre große Besorgnis darüber geäußert, dass die Russen bei ihren Angriffen einen der 15 ukrainischen Atomreaktoren versehentlich beschädigen könnten.
Die Reaktoren des AKK bei Saporischschja werden nun, nach Angaben von US-Energieministerin Jenniver Granholm, sicher heruntergefahren werden. „Es gibt keine erhöhten Strahlenwerte in der Nähe der Anlage“, schrieb Granholm auf Twitter. Die Reaktoren seien durch eine robuste Schutzhülle gesichert.
Ukrainischer Energieminister forderet die NATO zum Eingreifen auf
Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko forderte die NATO zum Eingreifen auf. Angesichts des Angriffs auf das Kernkraftwerk fordere man „nicht nur eine professionelle Einschätzung der Geschehnisse, sondern ein echtes Eingreifen mit den härtesten Maßnahmen, auch durch die NATO und die Länder, die Atomwaffen besitzen“, schrieb Haluschtschenko auf Facebook.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte auf Twitter den sofortigen Stopp der Angriffe: „Wenn es explodiert, wird das zehnmal größer sein als Tschernobyl! Russen müssen sofort das Feuer einstellen.“
Der Brand im AKW Saporischschja soll am Freitagmorgen gelöscht worden sein.
Reaktionen auf den russischen Angriff auf das AKW in Saporischschja
US-Präsident Joe Biden forderte Russland nach einem Telefonat mit Selenskyj auf, seine Angriffe in dem Gebiet um das AKW einzustellen. Die russische Armee müsse Feuerwehrleuten und Rettungskräften den Zugang zu dem Gelände ermöglichen, so Biden.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat dem Putin vorgeworfen, durch die Kämpfe nahe dem ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja den ganzen Kontinent in Gefahr zu bringen. Die „rücksichtslosen Aktionen“ von Putin „könnten nun die Sicherheit ganz Europas direkt gefährden“, so Johnson bei einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Laut einer Mitteilung seines Amtssitzes sagte der Premier, dass er „in den kommenden Stunden“ eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zur Lage in dem Atomkraftwerk erreichen wolle.
Norbert Röttgen, Außenpolitik-Experte der CDU: »Wir haben heute Nacht erlebt, wie brutal gefährlich dieser Krieg für ganz Europa werden kann. Putin braucht keine Atomwaffen einzusetzen – es „reicht“, die ukrainischen AKWs anzugreifen. Wir dürfen das nicht weiter mit Öl & Gas finanzieren. Punkt!«
Jürgen Joost, Bundesvorsitzender LKR: »Der Beschuss des Atomkraftwerk Saporischschja zeigt, dass Russland nicht nur von einem skrupellosen, eiskalten Killer, sondern von einem Psychopaten regiert wird.«
Die IAEA-Resolution beruhe auf Lügen, behauptete der russische Botschafter Michail Uljanow, der Russland bei den internationalen Organisationen in Wien vertritt, gegenüber Journalisten. Russische Kräfte hätten bei Atomanlagen nie Gewalt angewendet, sondern würden diese nur schützen. „Sie greifen nicht in den Betrieb der Nuklearanlagen ein“, so der russische Botschafter.
*
Aktive Unterstützung: Jürgen Fritz Blog (JFB) ist vollkommen unabhängig und kostenfrei (keine Bezahlschranke). Es kostet allerdings Geld, Zeit und viel Arbeit, Artikel auf diesem Niveau regelmäßig und dauerhaft anbieten zu können. Wenn Sie meine Arbeit entsprechend würdigen wollen, so können Sie dies tun per klassischer Überweisung auf:
Jürgen Fritz, IBAN: DE44 5001 0060 0170 9226 04, BIC: PBNKDEFF, Verwendungszweck: JFB und ggf. welcher Artikel Sie besonders überzeugte. Oder über PayPal – 3 EUR – 5 EUR – 10 EUR – 20 EUR – 50 EUR – 100 EUR