Von Jürgen Fritz, So. 24. Feb 2019, Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons
„Wer in der Demokratie die Wahrheit sagt, wird von der Masse getötet.“ – Platon „Lieber ein Hofnarr – als Narren hofieren.“ – Simplicissimus
Warum der Hofnarr so wichtig war
Ab dem hohen Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert hinein (frühe Neuzeit) gab es an beinahe allen europäischen Fürstenhöfen Hofnarren. Diesen kam eine eminent wichtige Funktion zu. Sie waren die Einzigen, die den Fürsten oder den König, also den Souverän, kritisieren durften. Oft war der Hofnarr klüger als der Herrscher und der ganze Hofstaat, was ein weiser Herrscher zwar nicht aussprach, aber nicht selten durchaus in seine Entscheidungen einfließen ließ.
Ein weiser Herrscher wusste, dass es wichtig war, in seinem nächsten Umfeld jemanden zu haben, der ungeschminkt die Wahrheit sagte, weil dessen Leben und dessen Karriere nicht von dem abhing, was er sagte oder tat. Die Herrscher bezahlten in der Figur des Hofnarren eine Institution, die dem Zeitgeist und dessen Interessen diametral entgegen stand.
Aufgaben und Rechte des Hofnarren
Aufgabe des Hofnarren war es, dem Herrscher nicht nach dem Mund zu reden, sondern ehrlich zu sagen, was er dachte. Der Hofnarr konnte für seine Taten und Äußerungen nicht verantwortlich gemacht werden. So konnte er Dinge aussprechen, die für alle anderen Mitglieder der Hofgesellschaft Kerker oder gar den Galgen bedeuten konnten.
Trotz der einschnürenden Etikette bei Hof, heute würden wir von ‚political correctness‘ sprechen, durfte der Hofnarr den Herrscher duzen, durfte ihm ins Wort fallen und sogar dessen Handeln kritisieren. Damit stellte er ein enorm wichtiges Korrektiv dar, welches gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Der neue König, der keine Kritik an sich duldet: das Volk
Heute haben wir keine Könige und Fürsten mehr, die man nicht kritisieren darf, und unsere Regierungschefs darf jeder kritisieren, ja auch beschimpfen, wie er möchte. Das ist keine große Kunst und dazu bedarf es keinerlei Mut. Im Gegenteil, damit ist man immer auf der sicheren Seite und der Beifall ist einem meist gewiss. Denn der Souverän ist heute in demokratisch verfassten Staaten jemand anders: das Volk, der Populus.
Und innerhalb des Populus gibt es bestimmte Gruppen, die wiederum einen Sonderstatus einnehmen, die quasi über allem stehen: inbesondere Frauen und der Fremde. Der Fremde dann wiederum ganz besonders, wenn er einer ganz bestimmten religiös-weltanschaulichen Gruppe angehört oder wenn seine Hautfarbe deutlich dunkler ist als die des durchschnittlichen Deutschen und Mittel- oder Nordeuropäers. Wer aber darf diesen Souverän, wer darf insbesondere diese Gruppen auch nur ansatzweise kritisieren? Wer würde das überleben?
Der Kluge kann an seinem Narren einen Narren fressen
Die Fürsten und Könige des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren meist klug genug, sich einen Hofnarren zu halten und auf diesen zu hören, weil sie um sich, um ihn und um die Wichtigkeit dieses Verhältnisses wussten. Wie klug ist der heutige Souverän, der Populus? Würde dieser einen modernen Hofnarren dulden, der ihm den Spiegel vorhält? Das können Sie übrigens ganz einfach testen, indem sie zum Beispiel das einfache Volk im öffentlichen Raum oder auf einer elektronischen Kommunikationsplattform auch nur ganz zart, auch nur ganz vorsichtig kritisieren.
Übrigens, die Fürsten mochten ihre Narren nicht selten ganz besonders und bauten zu ihnen bisweilen eine besonders liebevolle, innige Beziehung auf, was sich in solchen Redewendungen zeigt wie: „Narrenfreiheit genießen“, „jemanden zum Narren halten“ oder am aller schönsten in: „an jemandem einen Narren gefressen haben“. Wenn man weiß, dass jemand immer ehrlich zu einem ist, nicht ständig taktiert und abwägt, sondern sagt, was er denkt und was vielleicht sogar der Fall ist, dann kann dies nämlich mit der Zeit eine ganz besondere innere Beziehung entstehen lassen, die ohne jede Verstellung auskommt.
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