Ist dies der wahre Grund für die Forderung nach Frauenquoten?

Von Jürgen Fritz, Di. 12. Mrz 2019

Die Forderung von Grünen, Linken und SPD-lern nach einer 50 Prozent-Frauenquote in sämtlichen deutschen Parlamenten wird immer lauter. Meist wird dies damit begründet, dass Frauen nicht nur gleichberechtigt, sondern auch gleichgestellt sein müssten. Und darunter versteht man dann eben, dass die Hälfte der Parlamentarier weiblich sein müssten, weil ja Frauen auch etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Nun ist aber der Frauenanteil in allen sieben im Bundestag vertretenen Parteien weit geringer als 50 Prozent. Er liegt nämlich je nach Partei nur bei 17 bis 40 Prozent, so dass sich hier bereits die Frage einer systematischen Wettbewerbsverzerrung stellt. Was steckt also in Wahrheit hinter dieser Forderung? Womöglich alles andere als ein edles Motiv?

Grüne haben den höchsten Frauenanteil, AfD hat den höchsten Männeranteil

Betrachten wir den Männer- und Frauenanteil sämtlicher im Bundestag vertretener Parteien zum 31.12.2017, so kommen wir zu folgenden Zahlen:

  1. Grüne: 60,2 %39,8 %
  2. Die Linke: 63,5 %36,5 %
  3. SPD: 67,5 %32,5 %
  4. CDU: 73,8 %26,2 %
  5. FDP: 78,1 %21,9 %
  6. CSU: 79,5 %20,5 %
  7. AfD: 83 %17 %

Hier fällt sofort auf, dass just die Parteien ein Paritätsgesetz mit einer 50 Prozent-Frauenquote der Mandate fordern, die selbst den höchsten Frauenanteil aufweisen, nämlich 32,5 bis ca. 40 Prozent. Wie kommt das? Hängt das damit zusammen, dass diese drei Parteien hohe Frauenanteile in der Politik besonders gut finden und daher, eben weil sie das als gerecht und auch gut finden für die Gesellschaft, wollen sie, dass sich dies auch in allen Parlamenten abbildet? Oder könnten hier auch rein egoistische, ja sogar gegen das Gebot der Fairness und Gerechtigkeit gerichtete Motive eine starke Rolle spielen?

Nun kann man sich relativ schnell klar machen, dass dies strategisch natürlich insofern ein raffinierter Schachzug dieser drei Parteien ist, weil dadurch die anderen, insbesondere die FDP, die CSU und vor allem die AfD enorm geschwächt werden können. Weshalb? Weil diese noch viel weniger Frauen zur Auswahl haben, so dass hier quasi Personen aus der zweiten, dritten, vierten Reihe ganz nach vorne müssten, aus einem schieren Mangel an Masse heraus.

Auf ein AfD-Mitglied kommen 2,5 Grünen- und 14,6 SPD-Mitglieder

Machen wir uns das an konkreten Zahlen deutlich und betrachten dazu zunächst einmal die Größe der Parteien bezogen auf ihre Mitgliederzahlen. Die Grünen haben vor kurzem verkündet, dass 2018 die Zahl ihrer Parteimitglieder auf  75.000 gestiegen sei.  Damit liegen sie klar auf Platz vier im Parteienranking der Mitgliederzahlen. Hier die Zahlen zum 31.12.2018, soweit schon bekannt (in Klammern die Veränderung zum Vorjahr), ansonsten die neuesten zur Verfügung stehenden Werte:

  1. SPD: 437.754 (ca. – 5.400 bzw. – 1,2 % zum Vorjahr)
  2. CDU: 417.547 (Sept. 2018, ca. – 9.600 bzw. – 2,3 %)
  3. CSU: 138.800 (ca. – 2.200 bzw. – 1,6 %)
  4. Grüne: 75.311 (+ 10.246 bzw. + 1,6 %)
  5. FDP zum Stand 31.12.2017: 63.050
  6. Die Linke zum Stand 31.12.2017: 62.182
  7. AfD zum Stand Mai 2018: 30.000

Das heißt, auf ein AfD-Mitglied kommen ca. 2,1 Linke-, 2,1 FDP-, 2,5 Grünen-, 4,6 CSU-, 13,9 CDU- und 14,6 SPD-Mitglieder.

Alle Parteien schrumpfen seit Jahrzehnten massiv außer den Grünen (und der neugegründeten AfD)

Dabei ist die Negativentwicklung der SPD, der CDU und CSU kein kurzfristiger Trend, sondern lässt sich seit Jahrzehnten beobachten. Mitte der 1970er Jahre hatte die SPD noch über eine Million Mitglieder (1.022.000), jetzt sind es nicht einmal mehr 438.000. Ein Minus von über 57 Prozent. Eine ähnlicher Trend ist auch bei den anderen Parteien zu beobachten. Betrachten wir die Entwicklung der Parteien seit 1990 bis zum Jahr 2017 bzw., sofern schon verfügbar, 2018 – auf hundert gerundet -, so ergibt sich folgendes Bild (in Klammern die Veränderung von 1990 zu heute):

Mitgliederzahlen: 1990 – 2017/18

  • SPD: 943.400 – 437.800 (– 54 %)
  • CDU: 789.600 – 417.500 (– 47 %)
  • CSU: 186.200 – 138.800 (– 25 %)
  • Grüne: 41.300 – 75.300 (+ 82 %)
  • FDP: 168.200 – 63.050 (– 63 %)
  • Linke: 280.900 – 62.200 (– 78 %)
  • AfD: erst 2013 gegründet, ca. 30.000 (Mai 2018)

Angesichts der Größe der SPD und auch ihrer immensen Medienmacht sind ihre Wahl- und Umfrageergebnisse der letzten Jahre und Monate kaum anders als erbärmlich zu bezeichnen. In der aktuellen EU-Wahl-Umfrage liegt sie gerade noch bei 16 Prozent. Eine Partei, die über 150 Jahre alt ist und fast 15 mal so viele Mitglieder hat, liegt nur noch ein paar Pünktchen vor einer anderen, die gerade mal sechs Jahre alt ist und nicht mal sieben Prozent so viele Parteimitglieder hat. Auf ein AfD-Mitglied kommen, wie erwähnt, 14,6 SPD-Mitglieder, auf ein weibliches AfD-Mitglied aber 28 weibliche SPD-Mitglieder und sechs weibliche Grünen-Mitglieder.

Warum eine Geschlechterquote zu einer Qualitätsminderung führt

Ein Paritätsgesetz, welches alle Parteien zwingt, 50 Prozent der Mandate an Frauen zu vergeben, würde zu einer großen Qualitätseinbuße führen, aber auch zu einer enormen Wettbewerbsverzerrung. Warum Qualitätseinbuße? Stellen Sie sich einfach vor, Sie haben eine Gruppe von hundert Personen, die unterschiedlich gut für eine bestimmte Aufgabe geeignet sind. Jetzt teilen wir die Gruppe je nach Eignung, also nach Qualität in Bezug auf die Aufgabe in zehn Untergruppen zu jeweils zehn Personen. Wenn sie nun zehn Personen aus den hundert für just jene Aufgabe frei wählen dürfen, dann nehmen sie natürlich einfach das oberste Zehntel.

Nehmen wir nun an, in der Gesamtgruppe P1 gibt es 60 Personen des Geschlechtes A und 40 Personen des Geschlechtes B, und nehmen wir weiter an, für die Erfüllung der fraglichen Aufgabe spiele das Geschlecht keinerlei Rolle. Geschlecht A und B seien also hierfür exakt gleich gut geeignet und die Verteilung sei in jedem Zehntel ebenfalls immer sechs zu vier. Wir hätten dann also zehnmal das Verhältnis A zu B gleich sechs zu vier, insgesamt also 60:40.

Bei einer freien Wahl von zehn optimal geeigneten Personen hätten wir dann also ebenfalls das Verhältnis sechsmal das Geschlecht A und viermal das Geschlecht B, denn wir könnten einfach das oberste Zehntel, die Top-Ten von P1 nehmen. Was passiert nun aber, wenn eine Geschlechterquote von 50:50 eingeführt wird, wenn also erzwungen wird, dass die zehn Personen, die aus den hundert ausgesucht werden sollen, zur Hälfte aus dem Geschlecht A und zur anderen Hälfte aus dem Geschlecht B stammen muss?

Offensichtlich müssen dann fünf mit dem Geschlecht A und fünf aus dem Geschlecht B ausgesucht werden. In der Top-Ten-Gruppe von P1 gibt es aber nur vier mit dem Geschlecht B. Also muss eine Person aus dem zweiten Zehntel (11 bis 20) hinzugenommen werden, während eine Person aus dem Top-Ten mit dem Geschlecht A leer ausgehen wird. Somit kommt es zu einer leichten Qualitätsverschlechterung.

Wettbewerbsverzerrung durch Quoten

Hierbei haben wir bislang angenommen, dass das Geschlecht keinerlei Rolle in Bezug auf die Eignung für die fragliche Aufgabe spielt. Käme noch hinzu, dass das Geschlecht A für diese Aufgabe im Durchschnitt ein bisschen oder sogar deutlich besser geeignet wäre, würde sich die Qualitätsverschlechterung natürlich nochmals verstärken. Wie sieht es aber aus, wenn das Geschlechterverhältnis in der Gesamtgruppe nicht 60:40, sondern 80:20 beträgt?

Nehmen wir wiederum an, das Geschlecht hätte keinerlei Auswirkungen auf die Qualität in Bezug auf die fragliche Aufgabe und die Verteilung wäre in Gruppe P2 wieder in jedem Zehntel vom obersten bis zum untersten immer 8:2, insgesamt also 80:20. Wenn ein Geschlechteranteil von 5:5 erzwungen, also von außen vorgeschrieben wird, dann können die fünf Gesuchten mit dem Geschlecht A alle aus den Top-Ten ausgewählt werden, wobei drei von den acht dann sogar leer ausgehen. Beim Geschlecht B muss dagegen auf das zweite und sogar auf das dritte Zehntel zurückgegriffen werden, um die fünf Gesuchten zusammenzubekommen. Das heißt, die Qualitätsverschlechterung wird nun bei dieser Gruppe P2 schon deutlich größer sein als in der Gruppe P1 mit der Geschlechterverteilung 60:40.

Treten nun die Gruppen P1 und P2 gegeneinander an und beide können frei wählen, wen sie aufstellen, dann ist keine der beiden Gruppen benachteiligt. Gibt es aber eine 50:50-Quote, wäre das ein klarer Nachteil für die Gruppe P2, die drei ihrer Top-Leute wegen des „falschen Geschlechtes“ gar nicht aufstellen kann, dagegen zwei Personen aus der zweiten und sogar eine Person aus der dritten Reihe nominieren muss, während die Gruppe P1 nur auf eine Person aus der zweiten Reihe zurückgreifen muss. Die Qualitätseinbuße beträfe zwar alle, aber sie beträfe P1 sehr viel weniger als P2. Also wird natürlich P1 diese Verzerrung eher begrüßen als P2. Für P2 wären statt einer 50:50 eine 90:10-Quote von Vorteil, weil das P1 sehr viel mehr schwächen würde als P2. Es kommt aber noch etwas hinzu, was die Wettbewerbsverzerrung sogar noch verstärkt.

Kleine Parteien werden durch Quoten besonders benachteiligt

Wenn nämlich die Gruppe P2 auch noch deutlich kleiner ist als die Gruppe P1, zum Beispiel nur halb so groß oder sogar nur ein Drittel oder noch kleiner, dann schlägt die Qualitätsminderung viel mehr zu Buche als in einer großen Gruppe. Stellen wir uns vor, die Gruppe P1 besteht nicht aus hundert, sondern aus 200 (oder 300) Personen und sie muss zehn auswählen. Bei 200 können wir wieder zehn Untergruppen mit je 20 Personen bilden. In jeder Untergruppe hätten dann zwölf das Geschlecht A und acht das Geschlecht B.

P1:  (12+8) + (12+8) + (12+8) + … + (12+8), insgesamt zehnmal.
P2: (8+2) + (8+2) + (8+2) + … (8+2), insgesamt zehnmal.

Wenn jeweils fünf auszuwählen sind, so kann die Partei P1 alle zehn Personen aus ihren Top-Ten auswählen, während die kleine Partei P2 bei den Frauen sogar bis ins dritte Zehntel ausweichen muss. Das heißt, wir sehen hier nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil der Parteien, deren Mitgliederstruktur weiter von 50:50 in Bezug auf das Geschlecht abweicht, wir sehen vor allem auch eine zusätzlich Benachteiligung kleiner Parteien, die auf Grund ihrer viel geringeren Auswahl an Mitgliedern gar nicht die Möglichkeit haben, dies aufzufangen.

Und nun nehmen sie zwei Gruppen, deren Größenunterschied riesig, zum Beispiel 15:1 ist, eine Gruppe P1 mit 1.500 Personen und eine Gruppe P2 mit nur 100. Wir bilden jetzt wieder zehn Untergruppen je nach Eignung für eine bestimmte Aufgabe und erhalten in P1 zehnmal 150 Personen, davon 90 männlich und 60 weiblich, in P2 aber zehnmal 10 Personen mit je 8 Männern und 2 Frauen:

P1:  (90+60) + (90+60) + (90+60) + … + (90+60), insgesamt zehnmal.
P2: (8+2) + (8+2) + (8+2) + … (8+2), insgesamt zehnmal.

Wenn P1 nun fünf Frauen und fünf Männer auswählen muss, so kann das nicht nur aus vollständig aus dem ersten Zehntel erfolgen, sondern sogar aus dem obersten Hundertstel, auch in Bezug auf die Frauen. P2 muss dagegen wieder bis ins dritte Zehntel gehen, um fünf Frauen zusammenzubekommen.

Frauenquoten treffen die AfD gleich doppelt

Wir sehen also, Frauenquoten Dies betrifft natürlich doppelt die AfD – geringste Frauenquote in der Partei und sehr viel weniger Mitglieder als alle anderen -, es betrifft dagegen sehr viel weniger die SPD, die zwar mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen in der ihrer Partei hat, aber so groß ist, dass sie nicht sehr weit nach unten ausweichen muss, um Mandatsträgerinnen zu rekrutieren.

Die AfD hat zum Beispiel in ganz Deutschland nur ca. 5.000 weibliche Mitglieder (gegenüber ca. 25.000 Männern), Die Grünen haben dagegen ca. 30.500 Frauen, also sechsmal so viele zur Auswahl, die SPD mit über 142.000 sogar 28 mal so viele. Eine solche Paritätsregelung hätte also insbesondere den tieferen Sinn, die wahren Verhältnisse völlig zu verzerren und die Wettbewerber FDP, CSU und AfD deutlich zu schwächen. Dazu gleich mehr.

Fazit

Insgesamt erinnert die Forderung der Grünen, der SPD und der Linkspartei nach Frauenquoten etwas an die Szene in dem Film Braveheart, als der englische König befiehlt, dass die Bogenschützen auf die miteinander kämpfenden Soldaten auf dem Schlachtfeld schießen sollen. Auf den Einwand, dass dann aber doch auch die eigenen Soldaten getroffen werden, entgegnet er: „Aber auch die des Gegners. Wir haben Reserven, der Feind nicht“. Das heißt, er nimmt die Schwächung der eigenen Armee bewusst in Kauf, darum wissend, dass diese Maßnahme dem Gegner noch deutlich mehr schaden wird als den eigenen Truppen, deren Opferung er billigend in Kauf nimmt.

So ähnlich ist es wohl hier. Man nimmt auf Seiten der Grünen, der SPD und der Linkspartei in Kauf, sich selbst nur ein klein wenig, der Gesellschaft insgesamt aber deutlich mehr zu schaden, indem man die Regeln des Spiels im Verlauf desselben so ändert, dass dem Gegner noch mehr geschadet wird als der eigenen Partei, zum einen sicherlich aus ideologischer Verblendung heraus, aber auch um sich so nochmals einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen im Kampf um die Wählergunst respektive um dem Gegner größtmöglich zu schaden und den Wettbewerb noch mehr zu verzerren, als es ohnehin schon der Fall ist.

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Titelbild: YouTube-Screenshot aus extra 3

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