Von Jürgen Fritz, Sa. 03. Aug 2019, Titelbild: Screenshot aus Good Will Hunting
Indem wir argumentieren statt zu manipulieren, um uns und andere von etwas zu überzeugen, nehmen wir den anderen als denkendes, selbstbestimmtes, urteilendes Wesen ernst, achten wir seine Würde (Selbstbestimmung), sprechen wir seine höheren Seelenteile an, mithin das, was ihn überhaupt erst zum Menschen macht, und nicht das Niedere, Tierische in ihm. Indem wir argumentieren, bedienen wir uns der Logik. Was aber genau ist Logik und was ist ihre Aufgabe?
Aufgabe der Logik ist es herauszufinden, welche Schlüsse, welche Argumente gültig sind
Menschen sind argumentierende Wesen. Das heißt, sie sind fähig, Begründungen für ihre Überzeugungen vorzutragen. Dabei müssen die Gründe offensichtlich in einem ganz bestimmten Verhältnis zu dem zu Begründenden stehen, damit sie uns selbst und andere überzeugen können. Das zu Begründende muss aus den vorgetragenen Gründen geschlossen werden können, es muss sich aus ihnen ergeben, denn ansonsten hätte es ja gar keinen Sinn, einen Satz mit anderen zu begründen, wenn dieser sich nicht aus jenen ergäbe.
Aufgabe der Logik als grundlegender Teildisziplin der Philosophie, als Strukturwissenschaft, ist es nun, herauszufinden welche Schlüsse gültig, welche Argumente also zwingend oder zumindest sehr gute solche sind. Was aber ist ein logisch gültiger Schluss mithin ein überzeugendes oder gar zwingendes Argument? Ein gültiger oder zwingender Schluss ist allein auf Grund seiner Form unabhängig vom Inhaltlichen gültig. Was heißt das? Das heißt, wenn alle Prämissen, alle Gründe wahr sind (unabhängig davon, ob sie tatsächlich wahr sind, aber wenn), dann muss allein auf Grund der Form des Argumentes auch die Konklusion, das zu Begründende wahr sein.
Ein logisch gültiges Argument garantiert also die Wahrheitsübertragung von den Prämissen (Gründen) auf die Konklusion (das zu Begründende). Sprich wenn alle Prämissen wahr sind, dann wird dieser Wahrheitswert auf die Konklusion übertragen. Es ist mithin kein Fall denkbar, dass alle Gründe wahr, das zu Begründende aber falsch ist. Eine gültige Schluss- oder Argumentform empfinden wir meist sofort als überzeugend. Das heißt, unser Geist hat ein natürliches Empfinden für Logik, welches natürlich durch Übung entsprechend geschult und verfeinert werden kann.
Logische Wahrheiten gelten anders als faktische Wahrheiten in allen möglichen Welten
Beispiel: Wenn gilt, alle x sind y (Prämisse 1), und zugleich alle y sind z (Prämisse 2), dann gilt auch: alle x sind z (Konklusion). Oder umgekehrt: Alle x sind z (zu Begründendes), weil alle x y sind (Grund 1) und alle y z sind (Grund 2). Egal was wir für x, y und z einsetzen, es gibt offensichtlich kein Gegenbeispiel, dass beide Prämissen (Gründe) wahr sind, die Konklusion (das zu Begründende) aber falsch. Das ist offenbar denklogisch nicht möglich oder wie Logiker sagen, solch logische Wahrheiten gelten in allen möglichen Welten. Was ist damit gemeint?
Die Naturgesetze könnten in einer anderen Welt durchaus auch anders sein. Es wäre ein zweites, ein drittes Universum denkbar usw, in denen zum Beispiel die Gravitationskonstante einen anderen Wert hat oder in der gänzlich andere Naturgesetze herrschen. Das kann man sich vorstellen und das wäre nicht absurd, es wäre möglich. Wir können das nicht ausschließen.
Dass bestimmte Fakten auch anders sein könnten, dass zum Beispiel Roger Federer das Wimbledonfinale 2019 gewonnen hätte und nicht Novak Djokovic, wäre ohnehin möglich. Das hätte passieren können; ist es zwar nicht, aber das war sicherlich nicht völlig ausgeschlossen (ihm fehlte ja beim 8:7 und 40:15 im fünften Satz nur ein Punkt). Dass Djokovic 2019 in Wimbledon das Herreneinzel gewann, ist also eine faktische Wahrheit, aber keine logische. Logische Wahrheiten, beispielsweise dass alle x z sind, wenn alle x y und alle y z sind, würden offensichtlich auch in einer anderen möglichen Welt gelten. Das kann im Gegensatz zu faktischen Wahrheiten, gar nicht anders sein.
Die Logik untersucht, wie wir denken sollen, wenn wir gut und richtig denken wollen
Das Entscheidende bei einem logisch wahren Satz oder bei einem gültigen Schluss, einem zwingenden Argument ist also in seiner logischen Form begründet. Und die Aufgabe der Logik ist es, die gültigen Schlüsse von den ungültigen zu unterscheiden, sprich die Muster der Argumente zu untersuchen und zu bewerten. Damit ist die Logik nicht wie die Psychologie eine deskriptive (beschreibende), sondern eine normative Theorie, nämlich eine normative Theorie gültiger Schlüsse, eine normative Theorie guter Argumentation, weil sie untersucht und herausfindet, welches gute, welches weniger gute und welches schlechte, weil fehlerhafte (Schein-)Argumente sind.
Die Logik untersucht also nicht einfach wie die Psychologie das Faktische, wie Wesen mit Kognition tatsächlich denken (oft ja auch fehlerhaft), sondern sie untersucht, wie wir denken sollen, wenn wir gut und richtig denken wollen.
Literaturempfehlungen
- Axel Bühler: Einführung in die Logik – Argumentation und Folgerung, Alber Kolleg Philosophie, 1. Aufl. 2000, EUR 24,00; eine der didaktisch besten Einführungen, wenn nicht die beste überhaupt. Sehr verständlich und weniger formal als andere.
- Wolfgang Detel: Grundkurs Philosophie, Band 1: Logik, Reclam, 4. Aufl. 2014, EUR 6,00; sehr knappe, eher formale und preisgünstige, aber dennoch gute, anspruchsvollere und empfehlenswerte Einführung.
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