Ramelow zockt während Corona-Gipfel Candy Crush, nennt die Kanzlerin „das Merkelchen“

Von Jürgen Fritz, Mo. 25. Jan 2021, Titelbild: WELT-Screenshot

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) protzt damit, dass er während der Corona-Gipfel mit der Kanzlerin und den 15 anderen Länderregierungschefs auf seinem Handy „Candy Crush“ spielt und es dabei während der Beratungen bis Level 10 schafft. Die Kanzlerin nannte er „das Merkelchen“. Wie passt das zu den rekordverdächtigen thüringischen Neuinfektionszahlen und mickrigen Impffortschritten?

Ramelow spielt während Corona-Sitzungen Candy Crush und nannte die Kanzlerin „das Merkelchen“

Während der Corona-Gipfel mit der Bundeskanzlerin und den 15 anderen Ministerpräsidenten spiele er auf seinem Smartphone öfters Candy Crush, plauderte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) in lockerer Runde auf Clubhouse aus, was er während der oft viele Stunden langen Sitzungen so treibe. Er schaffe es bei den Treffen bis zu Level zehn protzte der 64-Jährige.

Organisiert hatte die Clubhouse-Runde, in die sich Ramelow dann einklinkte, die 19 Jahre alte Politikerin (SPD) und politische Influencerin Lilly Blaudszun aus Mecklenburg-Vorpommern. Zunächst bestand die Runde aus ihr und fünf Freunden. Es ging um Promis, Klatsch und Tratsch, wie sie anschließend berichtete. „Dann kam auf einmal Bodo Ramelow dazu, völlig ungeplant.“

Als er und andere Politiker am späten Freitagabend bis in die Nacht hinein dabei waren, sei grundsätzlich gesagt worden, dass dies kein Raum sei, um über politische Inhalte zu diskutieren. Es sei von Anfang an als „Trash Talk“ bezeichnet worden und sollte auch auf der Ebene bleiben. Und dann fing Ramelow an zu plaudern. Dabei nannte dann die Kanzlerin auch „das Merkelchen“.

Auch über die COVID-19-Toten habe sich Ramelow salopp geäußert. Sein Land habe gerade „zu viele Tote“, als dass er derzeit in Debatten Punkte machen könne. „Wenngleich die Worte in lockerer Atmosphäre fielen, war offensichtlich, dass Ramelow sie ernst meinte“, schreibt die Welt am Sonntag.

Welt am Sonntag-Chefredakteur bringt den Vorfall ans Tageslicht

In der virtuellen Gesprächsrunde waren mehr als tausend Zuhörer dabei, zeitweise wohl sogar mehrere tausend, darunter auch: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und BILD-Vize-Chefredakteur Paul Ronzheimer, der Ramelow die entscheidende Frage nach dem Hergang bei einer solchen Corona-Gipfel-Schalte gestellt hatte.

Als erstes hatte dann Welt am Sonntag-Chefredakteur Johannes Boie in einem Kommentar über Ramelows Äußerungen berichtet. Wenngleich die Nutzungsregeln der Clubhouse-App eigentlich verbieten, ohne die Einwilligung des Betreffenden mitzuschreiben, was dort so geredet wird, berief sich Boie in diesem Fall auf das hohe öffentliche Interesse. Über Ramelows Verhalten in der Pandemie zu schreiben, sei in diesem Fall „journalistische Pflicht“.

Hätte ein konservativer Politiker sich so geäußert, schreibt Boie weiter, wäre seine weitere Karriere womöglich in Frage gestellt. „Während die Jusos, sonst selten verlegen, Sexismus auch in Details zu erkennen und zu stoppen, den Ministerpräsidenten reden ließen, versuchte seine Amtskollegin Schwesig sanft, ihn zu bremsen.“

Ramelow entschuldigt sich nur für „das Merkelchen“, nicht aber für seine Arbeitsauffassung, die findet er völlig okay

Bezüglich des Candy Chrush-Spielens sagte Ramelow anschließend gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa): Das Spielen sei für ihn eine Entspannungsmethode und das wäre ja auch gar kein Geheimnis. „Die einen spielen Sudoku, die anderen spielen auf ihren Handys Schach oder Scrabble, und ich spiele Candy Crush.“

Für seine Äußerung über die Kanzlerin entschuldigte sich der vor Arroganz und Selbstüberschätzung meist nur so strotzende Linken-Politiker, der seinen verbalen Ausfall nun plötzlich auf die Geschlechterebene hob, statt einfach mal bei sich zu bleiben: Just in der App habe ihn „eine kluge Frau“ auf seinen eigentlichen Fauxpas hingewiesen, twitterte der Thüringer Ministerpräsident am Abend.

Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen wäre „ein Akt männlicher Ignoranz“ gewesen, als ob sein Charakter etwas mit seinem Geschlecht zu tun habe und als ob es besser gewesen wäre, wenn er einen männlichen Kanzler oder einen Bäcker derart tituliert hätte, beleidigt er nun auch noch das gesamte männliche Geschlecht, anstatt nur von sich und seiner ihm eigenen Respektlosigkeit anderen gegenüber zu reden. „Dafür meine ehrliche Bitte um Entschuldigung“, schrieb Ramelow, nachdem sein Fauxpas aufgeflogen war.

Heftige Kritik aus anderen Parteien

Der Bundestagsabgeordnete und thüringische CDU-Chef Christian Hirte warf Ramelow Respektlosigkeit und Verantwortungslosigkeit vor. »Entweder ist es Ausdruck von Arroganz der Macht oder Amtsmüdigkeit. In jedem Fall ist es respekt- und verantwortungslos!«, schreibt Hirte auf Twitter.

»Bei der Pandemie-Bekämpfung geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod, um Millionen Existenzen und die Zukunft einer ganzen Schüler-Generation. Wer sein Amt als Ministerpräsident so versteht, verspielt das Vertrauen der Bürger«, so Thüringens CDU-Chef.

Christian Hirte

Die Thüringer FDP-Fraktion bezeichnete Ramelows Agieren in der Corona-Pandemie als chaotisch. »Ramelow verbringt in den entscheidenden Beratungen seine Zeit lieber mit Daddeln«, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer FDP-Fraktion, Robert-Martin Montag.

Lehrerverband und Deutscher Hotel- und Gaststättenverband sind schockiert

Aber nicht nur vonseiten anderer Politiker hagelt es Negativkritik. Hans-Peter Meidiger, 2004 bis 2017 Bundesvorsitzender des Deutschen Philologenverbandes und seit 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes fehlt jedes Verständnis für das Verhalten von Ramelow. Die Auswirkungen des Lockdowns treffen vor allem Familien mit schulpflichtigen Kindern. „Zu Hause kämpfen die Eltern darum, dass die Kinder am Computer lernen und nicht gamen. Und Herr Ramelow macht das Gegenteil: Statt Politik für die Interessen der Kinder zu machen, vergnügt er sich mit Handygames“, so Meidiger gegenüber der BILD.

Auch die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Ingrid Hartges, zeigt sich schockiert: „Ich erwarte von allen Teilnehmern dieser Runden maximalen Einsatz beim Ringen um die besten Lösungen zur Pandemiebekämpfung, bei uns stehen zigtausende Existenzen und Hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel. Candy Crash-Zocken hat dort nichts zu suchen.“

Kritik kommt auch vom Koalitionspartner SPD

Selbst der eigene Koalitonspartner der Linkspartei zeigt sich sichtlich irritiert vom thüringischen Ministerpräsidenten und seinem Arbeitsverständnis. Georg Maier, Landesvorsitzender der SPD Thüringen und designierter SPD-Spitzenkandidat für die thüringische Landtagswahl sowie Innenminister des Freistaats Thüringen unter Ramelow, äußerste sich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland wie folgt: „Wenn sich bewahrheitet, dass Bodo Ramelow während der Ministerpräsidentenkonferenz Handyspiele spielt, dann sollte er sein Verhalten überprüfen. Dazu ist die Situation zu ernst.“

Auch der Fraktionsvorsitzende der CDU im thüringischen Landtag, Mario Voigt, fürchtet um das Vertrauen in die Politik: „Die Bürger fiebern doch Woche für Woche bei den Verhandlungen mit. Wenn nur der Eindruck entsteht, man nehme das nicht ernst – und dann auch noch in der Berliner Elite-Bubble Scherze über Handyspiele macht – kostet das Vertrauen, das für die Umsetzung der Pandemie-Maßnahmen so wichtig ist.“

Und Voigt weiter: „Thüringen hat die höchsten Werte und die niedrigste Impfquote. Während es den Leuten dreckig geht, sein Bildungsminister bis Ostern die Schulen zumacht, vergnügt sich Ministerpräsident Ramelow mit ,Candy Crush‘ beim Corona-Gipfel.“

Thüringen hat deutschlandweit die zweithöchste COVID-19-Inizidenz und ist beim Impfen unterdurchschnittlich

Thüringen hat in der Tat mit 203,6 die zweithöchste Inzidenz unter allen 16 Bundesländern. Nur Sachsen-Anhalt (204,3) und Thüringen liegen über 200, während sechs Länder schon unter 100 sind, Bremen unter 75.

2021-01-24

Thüringen hat derzeit also die zweitschlechtesten Neuninfektionswerte aller 16 Bundesländer, liegt fast gleichauf mit dem schlechtesten Bundesland.

Bei den Impffortschritten liegt Thüringen ebenfalls unter dem bundesweiten Durchschnitt von 19,6 Impfungen pro tausend Einwohner. Dieser Wert liegt ohnehin schon 88 Prozent unter dem Soll, aber Thüringen schafft nicht einmal den deutschlandweiten, viel zu niedrigen Schnitt, sondern liegt nur bei 18,2. Das Soll wäre 160,6, also das Neunfache.

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