Von Jürgen Fritz, Mi. 04. Dez 2024, Titelbild: ARD-, ZDF-, phoenix-, phoenix-Screenshots,
In der Rückschau sei klar, warum nur Olaf Scholz Kanzlerkandidat der SPD werden konnte, schreibt Christoph de Vries, CDU. „Ein derart unanständiger Wahlkampf wäre persönlich wie politisch mit Boris Pistorius nicht möglich gewesen.“ Aber am Ende sei auch klar, „jede Kanzlerschaft der SPD in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland endete vorzeitig und unserem Land ging es nach dem Scheitern schlechter.“
Bei den historischen Weichenstellungen stand die SPD immer auf der falschen Seite
Und unrühmliche Tradition der SPD sei auch, so der Hamburger Bundestagsabgeordnete weiter, dass sie bei den historischen Weichenstellungen wie
- Westintegration,
- Wiederbewaffnung der Bundeswehr,
- NATO-Doppelbeschluss und
- Wiedervereinigung
anders als CDU und CSU immer auf der falschen Seite stand. Daraus habe die SPD leider nichts gelernt, so Christoph de Vries.
Tatsächlich war die SPD gegen die Westintegration der jungen Bundesrepublik, war gegen die Wiederbewaffnung der Bundeswehr, stellte sich gegen ihren eigenen Kanzler Helmut Schmidt beim NATO-Doppelbeschluss und war äußerst skeptisch, als es im die Wiedervereinigung ging. Jedes Mal, bei jeder wichtigen historischen Weichenstellung zeigte sich im Nachhinein, dass die Position der SPD die falsche war. Und jede ihrer vier Kanzlerschaft endete tatsächlich vorzeitig, niemals regulär bei der nächsten Bundestagswahl. Niemals schaffte ihr Kanzler es bis dorthin. Betrachten wir das etwas genauer.
Nach nur viereinhalb Jahren Kanzlerschaft lässt die SPD Willy Brandt fallen
Willy Brandt trat im Mai 1974 nach nur viereinhalb Jahren Kanzlerschaft zurück, weniger wegen der sogenannten Guillaume-Spionage-Affäre, wie nach außen dargestellt wurde, sondern weil Brandt von der eigenen Partei nicht mehr unterstützt wurde. Vor allem der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und Partei-Vize Herbert Wehner spielte hierbei eine Schlüsselrolle. Auf dem Rückflug von Moskau sagte Wehner über Brandt: „Der Herr badet gern lau – so in einem Schaumbad.“
Wehner und Schmidt betrieben zudem innerparteilichen Intrigen, behaupteten Brandt, dem zahlreiche Affären mit Frauen und Alkoholprobleme nachgesagt wurden, leide unter Depressionen, was die Position von Brandt in der eigenen Partei schwächte. In der SPD-Spitze vor allem von Seiten Wehners war man daher der Auffassung, den Kampagnen der politischen Gegner werde Brandt im bevorstehenden Wahlkampf kaum standhalten hätte. Dies führte dazu, dass man Brandt innerhalb der SPD fallen ließ. Dies spürte Willy Brandt, den man leicht davon abhalten hätte können, seinen Rücktritt zu erklären, der nur auf ein Wort wartete, er möge das nicht tun. Doch dieses Wort kam nicht. Brandt erklärte später, Herbert Wehner sei an seinem Rücktritt mitschuldig gewesen.
Helmut Schmidt wird per Misstrauensvotum abgewählt und die SPD lässt seine Sicherheitspolitik komplett fallen
Auch die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt endete vorzeitig. Nach etwas mehr als acht Jahren wurde dieser am 1. Oktober 1982 durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgewählt und Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzlers gewählt. Die von Schmidt geführte sozialliberale Koalition zerbrach im September 1982 an Differenzen zwischen SPD und FDP in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Zuvor schon war Schmidts Position in der eigenen Partei enorm geschwächt. Bereits 1977 wies Schmidt als erster westlicher Staatsmann auf die Gefahren für das Rüstungsgleichgewicht durch die neuen SS-20 Mittelstreckenraketen der Sowjetunion hin. Schmidt befürchtete, die Fähigkeit der Sowjetunion, Westeuropa atomar angreifen zu können, ohne dabei seine Schutzmacht USA in Mitleidenschaft zu ziehen, könnte auf Dauer zu einer Entkoppelung der amerikanischen von den europäischen Sicherheitsinteressen führen. Es war Helmut Schmidt, der deshalb auf den NATO-Doppelbeschluss drängte, der die Aufstellung von Mittelstreckenraketen in Westeuropa vorsah, dies aber mit einem Verhandlungsangebot an die Sowjetunion verband, beiderseits auf diese Waffensysteme zu verzichten.
Dieser Beschluss war sowohl in der Bevölkerung und vor allem in der SPD sehr umstritten. Aus der Protestbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss, die sich mit der wachsenden Zahl von Umweltschützern verband, ging am Ende von Schmidts Regierungszeit (1980) die neue Partei der Grünen hervor. Nach dem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Schmidt verlor dieser in der SPD fast jede Unterstützung für seine Sicherheitspolitik. Auf dem Kölner Parteitag der SPD vom 18. und 19. November 1983 stimmten von rund 400 Delegierten zusammen mit Schmidt selbst gerade mal 15 (ca. 3,75 Prozent) für den NATO-Doppelbeschluss.
Schmidt Sicherheitspolitik wurde dann von der Union unter Helmut Kohl weitergeführt. Ab Dezember 1983 wurden die neuen Atomwaffen aufgestellt. Unter Gorbatschow bot die Sowjetunion dann im Oktober 1985 eine weitreichende atomare Abrüstung an, die ab 1987 durchgeführt wurde. Die von Helmut Schmidt initiierte und dann von Kohl und der Union weiter geführte Sicherheitspolitik erwies sich also schon sehr schnell als richtig. In der SPD (und bei den neu gegründeten Grünen) war sie auf heftigen Widerstand gestoßen und wurde von beiden Parteien völlig abgelehnt.
Schröder ist nach sieben Jahren endgültig am Ende und wechselt sofort zur Nord Stream AG, die zu 51 Prozent der russischen Gazprom gehört
Auch der dritte SPD-Kanzler wurde vorzeitig abgelöst. Gerhard Schröders Kanzlerschaft war eigentlich schon nach vier Jahren fast gescheitert, doch kurz vor der Bundestagswahl rettete vor allem wohl die Flutkatastrophe, die im Spätsommer 2002 kurz vor der Wahl Ostdeutschland an der Elbe und ihren Nebenflüssen heimgesucht hatte, die SPD nochmals ganz knapp über die Ziellinie. Gut zweieinhalb Jahre später war dann aber die Zustimmung in der Bevölkerung auf einem weiteren Tiefpunkt angekommen. Die Zahl der Arbeitslosen war auf fast fünf Millionen angestiegen (ca. 13 Prozent). Nach der NRW-Wahl im Mail 2005, als die SPD erstmals nach 39 Jahren die Mehrheit an die CDU verloren hatte, sah Schröder die Grundlage für seine Politik in Frage gestellt und stellte im Bundestag am 1. Juli 2005 die Vertrauensfrage, um so Neuwahlen herbeizuführen, da er sich auf diesem Wege eine neue demokratische Legitimation verschaffen wollte. Doch dies misslang, Schröder und die SPD verloren die Wahl und Angela Merkel wurde im November 2005 die erst weibliche Bundeskanzlerin.
Nach der Wahl Merkels zur Kanzlerin legte Schröder sein Bundestagsmandat am 24. November sofort nieder und erklärte seinen Rückzug aus der Politik. Er war der erste Bundeskanzler, der direkt nach der Beendigung seines Amtes aus dem Bundestag ausschied. Nur wenige Tage später wurde bekannt, dass Schröder den Aufsichtsratsvorsitz bei der Nord Stream AG übernehmen würde (Jahresgehalt für den Teilzeitjob: 250.000 Euro), die zu 51 Prozent der russischen Gazprom gehörte. Dies gab der Gazprom-Vorstandsvorsitzende und enge Putin-Vertraute Alexej Miller am 9. Dezember 2005 bekannt. Am 29. September 2017 wurde Schröder auf Vorschlag der russischen Regierung, die die Aktienmehrheit am Energiekonzern Rosneft hält, zum Chef des Aufsichtsrats gewählt (Jahresgehalt für diesen Teilzeitjob: 600.000 Euro).
Die Scholz-Regierung zerbricht schon nach drei Jahren
Und nun also Olaf Scholz, der vierte SPD-Kanzler, dessen Regierung sogar schon nach drei Jahren zu Ende ist. Die Scholz-Regierung wird von vielen als die schlechteste Bundesregierung angesehen, die Deutschland seit 1949 jemals hatte, Olaf Scholz als der schlechteste Bundeskanzler seit Bestehen der Bundesrepublik. Auch die Art und Weise, wie die Ampel endete (Wutrede gegen den eigenen Finanzminister), wurde von sehr vielen als einer Bundesregierung und ganz besonders eines Kanzlers völlig unwürdig angesehen.
Insgesamt ist ein klares Muster erkennbar. In 75 Jahren Bundesrepublik Deutschland hat es kein SPD-Kanzler jemals geschafft, zwei volle Legislaturperioden im Amt zu bleiben (Adenauer aus Altersgründen „nur“ 3,5 Legislaturperioden, Kohl 4, Merkel 4). Und: Jede SPD-Kanzlerschaft endete vorzeitig.
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