Die USA gehören nicht mehr zum Westen

Von Jürgen Fritz, Di. 25.02.2025, Titelbild: Abstimmungsergebnis der UN-Resolution

Es ist kaum zu fassen, aber es ist wohl tatsächlich so: Die USA haben die Seiten gewechselt. Sie gehören nicht mehr zum normativen aufgeklärten modernen Westen. Mehr und mehr Zeichen verdichten sich dahingehend. Ist dies der Beginn eines neuen Zeitalters?

Die USA setzen die Ukraine unter Druck, ihre Resolution zurückzuziehen, diese weigert sich

Am dritten Jahrestags des russischen Überfalls auf die Ukraine hat gestern, am 24.02.2025, die UNO über drei Ukraine-Resolutionen abgestimmt. Zunächst befasste sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN-Vollversammlung) mit zwei wichtigen Resolutionen. Die eine wurde von der EU und der Ukraine gemeinsam in die Vollversammlung eingebracht. Darin wird Russland als Aggressor benannt, und es wird der Rückzug der russischen Truppen von ukrainischem Staatsgebiet gefordert. Für die EU-/Ukraine-Resolution stimmten in New York 93 der 193 Mitgliedsstaaten. Es gab 65 Enthaltungen und 18 Nein-Stimmen, darunter

  • Russland,
  • Belarus,
  • Nordkorea,
  • Ungarn und
  • die USA,
  • außerdem Israel, das vermutlich von der Trump-Administration unter Druck gesetzt wurde.

Die USA hatten auch die Ukraine unter Druck zu setzen versucht, ihren Resolutionsentwurf zurückzuziehen. Kiew weigerte sich jedoch und wurde von nahezu ganz Europa unterstützt, Ausnahme: Ungarn. Die stellvertretende Außenministerin der Ukraine, Mariana Betsa, erklärte, ihr Land mache von seinem „angeborenen Recht auf Selbstverteidigung“ Gebrauch. „Anlässlich des dritten Jahrestags dieser Verwüstung – der vollständigen Invasion Russlands in die Ukraine – rufen wir alle Nationen auf, standhaft zu bleiben und sich auf die Seite der Charta, der Menschlichkeit und des gerechten und dauerhaften Friedens zu stellen, des Friedens durch Stärke“, erklärte Mariana Betsa.

Nachdem die Europäer den US-Resolutionstext modifizierten und Russland als Aggressor nennen, stimmen die USA ihrem eigenen Entwurf nicht mehr zu

Eine ursprünglich von den USA eingebrachte konkurrierende Vorlage wurde ebenfalls angenommen: Auch hier votierten 93 Staaten dafür und es gab acht Nein-Stimmen. Der ursprünglich moskaufreundliche Text der USA war allerdings auf Antrag der EU-Staaten in drei wesentlichen Punkten geändert worden,

  1. dahingehend dass auch hier Russland als Aggressor ausdrücklich genannt wird, Russland sei in die Ukraine einmarschiert, wird explizit formuliert,
  2. wird die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine gefordert und
  3. war nun von einem „dauerhaften und umfassenden Frieden zwischen der Ukraine und Russland im Einklang mit der UN-Charta“ die Rede.

Das war ein Affront gegen die USA, die sich daraufhin in der Abstimmung zu ihrem eigenen, nun aber modifizierten Antrag enthielten.

Dann bringen die USA eine russlandfreundliche Resolution ohne Textänderungen in den Sicherheitsrat ein und bringen sie dort durch

Nur Stunden später haben die USA dann aber im UN-Sicherheitsrat  -mit den fünf ständigen Mitgliedern: USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien, sowie zehn nicht-ständigen Mitgliedern – eine weitere Resolution eingebracht und in diesem Text wird

  1. Russland nicht als Aggressor benannt und es wird
  2. kein russischer Rückzug angemahnt, sondern bloß „ein rasches Ende des Krieges“.

Im Sicherheitsrat erhielt die US-Resolution ohne die europäischen inhaltlichen Änderungen eine Mehrheit. Sie wurde mit zehn Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen angenommen. Die europäischen Mitglieder Frankreich, Großbritannien, Dänemark, Griechenland und Slowenien enthielten sich. Zu den zehn Ländern, die zustimmten, gehörten insbesondere Russland, China und die USA.

Die USA haben alles daran gesetzt, die Ukrainer und die EU vor dem Rest der Welt zu schwächen, die Allianzen verschieben sich

Resolutionen des Sicherheitsrats sind anders als die der Vollversammlung völkerrechtlich bindend. Praktisch hat dies zunächst mal keine große Auswirkung. Gleichwohl resümierte der UN-Experte Richard Gowan von der Denkfabrik Crisis:

„Aber symbolisch gesehen waren die heutigen Abstimmungen von großer Bedeutung. Die USA haben alles daran gesetzt, die Ukrainer und die EU vor dem Rest der Welt zu schwächen. Die Tatsache, dass der Text die territoriale Integrität der Ukraine nicht erwähnt, ist für Kiew äußerst beunruhigend.“

Die ZDF-Korrespondentin Claudia Bates berichtet von einer „tiefe Kluft zwischen Trump und Europa“, die sich bei der Abstimmung widerspiegele. Die USA stimmten mit Russland gegen die territoriale Integrität der Ukraine. Bei der Vorgänger-Regierung wäre das „völlig undenkbar gewesen“, so Claudia Bates. „Die USA haben für eine Resolution geworben, in der sich keinerlei Kritik an Russland findet.“ Das zeige, „wie sich die Allianzen verschoben haben.“

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