Das große Ziel: die Herrschaft erwünschter Illusionen

Von Michael Klonovsky, Mo. 18. Feb 2019

„Teuflisch ist, wer das Reich der Lüge aufrichtet und andere Menschen zwingt, in ihm zu leben. (…) Der Teufel ist nicht der Töter, er ist Diabolos, der Verleumder, ist der Gott, in dem die Lüge nicht Feigheit ist, wie im Menschen, sondern Herrschaft. Er verschüttet den letzten Ausweg der Verzweiflung, die Erkenntnis, er stiftet das Reich der Verrücktheit, denn es ist Wahnsinn, sich in der Lüge einzurichten.“ – Arnold Gehlen

Die Illusion der Gleichheit und der Horror vor der Unterschiedlichkeit

Ein enger Verwandter ist seit einem halben Jahr mit einer Zentralafrikanerin liiert, und vor kurzem verbrachte er seinen ersten längeren Urlaub im Lande der Liebsten. Nach der Heimkehr berichtete er, was so ziemlich alle Afrika-Reisenden zu berichten pflegen: Er schwärmte von der Großartigkeit der Landschaften, von der Natur überhaupt, von der Herzlichkeit und habituellen Grundfröhlichkeit der Menschen, aber zugleich beteuerte er, dass man diesen Kontinent wohl nicht zu unrecht den verlorenen nenne; nichts funktioniere dort richtig, von der simpelsten häuslichen Technik bis zur Infrastruktur, doch niemand nehme daran Anstoß, geschweige dass sich jemand zur Beseitigung der Miseren und Kalamitäten aufraffte; die Sicherheitslage sei vielerorts prekär, so etwas wie eine res publica existiere nicht, die Vorstellungen von Recht und Eigentum, die Einstellung zur Arbeit, der herrschende Glaube an Voodoo, Hexerei usw., all das sei mit der europäischen Lebensweise wenig kompatibel. Die Eingeborenen dächten und empfänden in Familien oder Clans, Loyalitäten darüber hinaus seien eher unbekannt, das Verhältnis zu Terminen und Absprachen sei überaus elastisch, kurzum: man lebe dort einfach grundlegend anders als hierzulande.

Dergleichen aus empirischen Beobachtungen gewonnene Schlüsse sind weder repräsentativ noch falsifizierbar. Was den Blickwinkel des konkreten Beobachters betrifft, sind sie wahr, und je mehr konkrete Beobachter dieses „Narrativ“ bestätigen, desto wahrer wird es. Die Feststellung, dass Afrikaner anders sind als Europäer, ist eine Binse.

Anders ist nun aber bekanntlich das neue schlimm, weshalb jeder Hinweis darauf, dass menschliche Großkollektive sich voneinander unterscheiden, womöglich sogar auf eine unvereinbare Art und Weise, von den Agenten des Globalismus als rassistisch weggebügelt wird. Tatsächliche Verschiedenheit  wollen unsere Buntheitsevangelisten partout nicht akzeptieren. Die Propagandisten eines radikal universalistischen Menschenbilds wollen jedes Individuum nur noch als Tabula rasa gelten lassen, als ein folgenlos umtopf- oder vermischbares Wesen ohne kulturelle Prägungen, ohne Traditionen, ohne ethnische oder – horribile dictu – genetische Unterschiede, das schließlich als gleichartiger und gleichberechtigter globaler Marktteilnehmer konfliktfrei mit anderen Gleichartigen aufeinandertrifft. Jeder weiß, dass es sich bei diesem Modell, wohlwollend formuliert, um eine Illusion handelt. Das Motto der gutmeinenden Nivellierer lautet deshalb: Friss es – oder sei Rassist.

Verbreitung „kolonialer Stereotypen“ mit „rassistischen Untertönen“

Der „Fachverband Afrikanistik e.V.“, ein Hochschulwissenschaftlerverein, hat die Bundeskanzlerin in einem offenen Brief aufgefordert, den Afrika-Beauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, zu entlassen. Der CDU-Politiker, heißt es darin, habe sich mit „kolonialen Stereotypen und rassistischen Untertönen“ für diesen Job unmöglich gemacht – Sie merken, geneigter Leser, das Deutsch der Kläger stammt vom Grabbeltisch, aber es sind ja auch Afrikanisten. (Nookes Äußerungen werden in den Acta-Notaten vom 25. und 30. Oktober 2018 traktiert.)

Die Welt berichtet:

„Am Mittwoch kam es im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin zur Aussprache zwischen Nooke und den Afrikanisten. In der für Journalisten zugänglichen zweistündigen Debatte, die nicht immer frei war vom Anschein eines Tribunals und von gereizten Reaktionen, wollte Kramer wissen, ob Nooke weiterhin zu seinen Interviewaussagen stehe. 

Für ‚erheblichen Unmut’ – so steht es im Brief an Merkel – hatte der einstige DDR-Bürgerrechtler mit Hinweisen darauf gesorgt, dass die Gesellschaften in Afrika ‚anders funktionieren’, dass es ‚Clanstrukturen’ gebe und, auch wegen hoher Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, ‚die Arbeitsproduktivität auf dem Bau eine andere ist als hier’. Nooke weiter: ‚In Niger bekommen die Frauen im Schnitt 7,3 Kinder, die Männer hätten gern elf!’“

Wir haben einen anderen Faktenbegriff als Sie

Eine Professorin monierte zudem, Nooke habe ins Gästebuch im Opernhaus von Mali einen Satz geschrieben, den sie zwar nicht genau kenne, der aber „irgendwie so in der Art“ lautete: „Afrika, so nah und doch so fern.“ Mit dieser Bemerkung habe Nooke das Stereotyp verbreitet, Afrika sei „anders“. Also ein Stereotyp, das durch jede Afrika-Reise, jeden Dokumentarfilm von dort und neuerdings auch die Ausbreitung bizarrer afrikanischer Riten in Europa bezeugt wird. Manche Afrikanisten erblicken darin wohl eine Hintansetzung ihrer Klientel, was ich, wenn man mich früge, für latent rassistisch erklären würde, sofern ich mir diesen Plapperbegriff nicht generell verböte. Ich schweife ab – .

Was denn an seinen Aussagen falsch sei, begehrte Nooke von den Dementoren einer ähnlichkeitsbasierten Afrikanistik zu wissen. „Wir als Geisteswissenschaftler haben vielleicht einen anderen Faktenbegriff als Sie“, ließ sich der Hamburger Professor Jürgen Zimmerer mit der Replik nicht lumpen. Ob diese Version des soeben noch geschmähten Andersseins womöglich mit seinem Forschungsgegenstand zu tun hat? Dass die meisten aktuellen westlichen Geisteswissenschaftler in ihrem konstruktivistischen Rausch Fakten nicht mehr von Thesen, Hypothesen, Paranthesen und Ansichten unterscheiden können, bezeugt bereits die Rede vom „Faktenbegriff“. O glücklich, wer noch hoffen kann, aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!

Nooke, Jahrgang 1959, wie gesagt ein Ostdeutscher und als solcher im Einknicken, Distanzieren und Zerknirschungsheucheln noch immer von zonaler Ungeschmeidigkeit, nahm seine „umstrittenen“ Äußerungen übrigens nicht zurück. Er ist wahrscheinlich einfach nicht in der BRD angekommen.

Das große Ziel: die Herrschaft erwünschter Illusionen

Eine Handvoll mittelmäßiger Akademiker verlangt also von der Regierungschefin die Entlassung eines Politikers, weil der ausspricht, was jeder weiß und jeder sieht. Diese sinistren Figuren fühlen sich dazu bemüßigt, weil sie den Zeitgeist hinter sich wissen, wenn sie die totalitäre Doktrin des sogenannten Antirassismus gegen einen ehemaligen DDR-Bürgerrechtler wenden. Nooke seinerseits wird sich darüber im Klaren befinden, dass er es bloß mit der aktuellen Maske des Marxismus zu tun bekommt, nachdem er beim Herunterreißen der realsozialistischen Vorgängerin eine gewisse Rolle gespielt hat.

Die Denunziation Nookes ist Bestandteil einer Strategie, die ich an dieser Stelle schon mehrfach thematisiert habe und deren Ziel die Herrschaft erwünschter Illusionen ist. Die neuen Tabula-rasa-Menschen sollen nicht länger an die Unterschiede glauben, die sie sehen und erleben, sondern diese Differenzen ignorieren, bestreiten, leugnen, egal welchen Preis sie dafür zahlen müssen. Sie sollen sich im Reich der Lüge einrichten, weil es dort angenehmer ist als in der Wirklichkeit, wo man sie Rassisten nennen, ächten und strafverfolgen wird, wenn sie sagen, was sie gesehen und erlebt haben.

Das Reich der Lüge ist natürlich nur ein Zwischenreich, ein Purgatorium, das so lange währt, bis die Völker abgeschafft sind, bis die Wölfe neben den Schafen weiden, bis die ökologisch-soziale Weltregierung und die Weltökumene errichtet sind. (Ein anderer, hier ebenfalls oft belegter Bestandteil dieser Gauner-Masche ist die immer wieder gegenüber Medienschaffenden erhobene Forderung, die Ethnie oder Nationalität von Straftätern oder die Kosten der Migration nicht mehr zu erwähnen.) Aber, mit Gehlens  wahrscheinlich ewiggültigen Worten:

„Teuflisch ist, wer das Reich der Lüge aufrichtet und andere Menschen zwingt, in ihm zu leben. (…) Der Teufel ist nicht der Töter, er ist Diabolos, der Verleumder, ist der Gott, in dem die Lüge nicht Feigheit ist, wie im Menschen, sondern Herrschaft. Er verschüttet den letzten Ausweg der Verzweiflung, die Erkenntnis, er stiftet das Reich der Verrücktheit, denn es ist Wahnsinn, sich in der Lüge einzurichten.“

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Dieser Text erschien zuerst auf dem sehr empfehlenswerten Blog von Michael Klonovsky. Er erscheint hier mit freundlicher Genehmigung des geschätzten Autors und Blogbetreibers.

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Zum Autor: Michael Klonovsky, 1962 im Erzgebirge geboren, ist Romanautor und Publizist. Aufgewachsen in Ostberlin. Maurerlehre. Abitur. Seit 1990 Journalist. “Wächterpreis der Tagespresse” für die „Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen durch die DDR-Justiz und den Staatssicherheitsdienst“. 1992: Wechsel zum Focus, zunächst als Redakteur, später als Chef vom Dienst bzw. Textchef, Leiter des Debattenressorts, sodann als Autor. Am 31. Mai 2016 endete die Ehe mit Focus, die Partner hatten sich auseinandergelebt. Von Juni 2016 bis Anfang 2017 war er parteiloser Berater von Frauke Petry, von Juni bis November 2017 Sprecher der von Jörg Meuthen geführten Landtagsfraktion der AfD Baden-Württemberg. Michael Klonovsky ist Autor mehrerer Bücher.

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Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons

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