Bei dieser „Klimaforschung“ ist was faul

Von Annette Heinisch und Klaus-Dieter Döhler, Mo. 10. Feb 2020, Titelbild: YouTube-Screenshot von Stefan Rahmstorf

Über 30 Erstunterzeichner und inzwischen über 33.000 wahlberechtigte Unterstützer haben den Abgeordneten des Deutschen Bundestages 16 Klimafragen vorgelegt, die das gängige Narrativ kritisch hinterfragen. Stefan Rahmstorf, Klima- und Meeresforscher, einer der Hauptantreiber der Klimahysterie, hat daraufhin im SPIEGEL einen Artikel veröffentlicht, in dem er viel redet, aber keine einzige der 16 Fragen beantwortet. Können oder wollen Sie nicht, Herr Rahmstorf, fragen Annette Heinisch und Prof. Dr. Klaus-Dieter Döhler.

Was uns antreibt: die leise Hoffnung, dass Intelligenz und Vernunft in unserem Land noch nicht völlig ausgestorben sind

Sehr geehrter Herr Rahmstorf, zunächst möchten wir unser tiefes Bedauern darüber ausdrücken, dass wir Sie offensichtlich fürchterlich nerven. Wie Sie in Ihrem lustigen Beitrag im Spiegel „Bei diesen Fragen ist was faul“ aus der Rubrik „Hass und Hetze“ ausführen, haben Sie schon alle Hände voll damit zu tun, sich widerspenstigen Wissenschaftlern zu widmen, die einfach so dreist sind, Ihren Ansichten (Ihrem Glauben) nicht zu folgen. Aber das haben Sie ja recht fein im Griff, den von Ihnen zitierten Prof. Vahrenholt hat seine wissenschaftliche Kritik am Umgang mit dem Klimawandel den Job gekostet.

Als hätten Sie nicht schon damit genug zu tun, kommen einfach so ein paar Leute daher stellen 16 „unschuldig anmutende Fragen“, ob man mit dem Klimawandel nicht auch anders umgehen könne. Wie kommen die überhaupt dazu, fragen Sie. Schließlich haben die Initiatoren und Unterzeichner keinen persönlichen Vorteil davon, sie müssen nicht ein Institut am Leben halten oder sich wie Politiker als „action heros“ gebären, warum also „verschwenden“ sie ihre Zeit, Kraft und Geld daran, die „Große Transformation“ des Landes zu hinterfragen?

Ob Sie es glauben oder nicht, aber diese Frage stellen wir uns manchmal auch. Warum tun wir uns dies an? Nur um auch einmal ordentlich diffamiert zu werden? Vielleicht treibt uns die leise Hoffnung an, dass Intelligenz und Vernunft in unserem Land noch nicht völlig ausgestorben sind.

Wir hatten unterstellt, Wissenschaftler und Journalisten könnten sinnentnehmend lesen und beherrschen die Grundlagen der Logik

Dann aber kommen wieder Zweifel hoch, insbesondere wenn man Beiträge wie den Ihren liest und feststellt, dass die einflussreichen Experten, auf deren Aussage hin wir unser Land umbauen sollen, offenbar nicht einmal sinnentnehmend lesen können. So steht für jedermann erkennbar folgender Satz am Anfang der Fragen:

Ausgehend von der Annahme, eine menschengemachte Klimaerwärmung sei erwiesen und menschliches Reaktionshandeln darauf geboten, muss – vernunftgeleitet – erörtert werden: Welche Folgen ergeben sich aus dieser Erkenntnis und mit welchen möglichen Maßnahmen kann einer schädlichen Klimaerwärmung mit Aussicht auf Erfolg entgegengewirkt werden?“

Die Tatsache, dass der Klimawandel als solcher unterstellt wird, erschließt sich zudem daraus, dass wir explizit nach möglichen positiven Effekten des Wandels fragen. Das setzt – na, was? Richtig, das setzt einen Wandel voraus.

Tatsächlich hatten wir erwartet, dass Wissenschaftler und auch Journalisten sowohl sinnentnehmend lesen können wie auch grundlegende logische Zusammenhänge verstehen. Wenn dem nicht so ist, dann …Nein, diesen Gedanken wollen wir gar nicht zu Ende denken. Das Problem ist: So geht es in ihrem Beitrag weiter.

Nein, wir haben nicht falsch zitiert, nicht falsch übersetzt und auch nicht falsch interpretiert

Sie behaupten, wir hätten den IPCC mit den Worten „In Sachen Klimaforschung und -modellierung sollten wir anerkennen, dass es sich dabei um ein gekoppeltes, nicht-lineares, chaotisches System handelt. Deshalb sind längerfristige Vorhersagen über die Klimaentwicklung nicht möglich“ falsch zitiert hätten.

Das habe er nicht gesagt, das wäre falsch übersetzt. Außerdem habe er das, was er nicht sagte, so auch nicht gemeint, es handle sich um eine Fehlinterpretation. Im Übrigen habe sich der IPCC um die Probleme der „Restunschärfe“ der Modelle oder auch die „verbleibenden Unsicherheiten“ gekümmert. Ja was denn nun? Hat er es so nicht gesagt, weil falsch übersetzt oder nicht gemeint? Wenn er es nicht sagte und nicht meinte, welche „Unsicherheiten“ und „Unschärfen“ gibt es dann überhaupt? Geschrieben hat der IPCC folgendes:

„In climate research and modelling we should recognize, that we are dealing with a coupled non linear chaotic system and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible.” (IPCC, Third Assessment Report, 2001, Section 14.2.2.2, S. 774).

Also wurde der IPCC wortwörtlich richtig zitiert. Im Folgesatz schreibt Klimafragen.org:

„Tatsächlich wohnt Prognosen der klimatischen Entwicklung, die über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren hinausgreifen, keinerlei Vorhersagekraft mehr inne. Die Klimaforschung behilft sich daher mit Szenarien, die zwar plausibel und in sich widerspruchsfrei sind, denen aber aufgrund ihrer Konstruktion keine Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können.“

Im englischen Original heißt der Satz: „The most we can expect to achieve is the prediction of the probability distribution of the system’s future possible states by the generation of ensembles of model solutions. This reduces climate change to the discernment of significant differences in the statistics of such ensembles.”

Wörtlich ins Deutsche übersetzt: “Das Höchste, was wir erwarten können, ist die Vorhersage der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zukünftigen möglichen Zustände des Systems durch die Generierung von Ensembles von Modelllösungen. Dies reduziert den Klimawandel auf die Feststellung signifikanter Unterschiede in der Statistik solcher Ensembles.“

Nochmal: „… die Vorhersage der Wahrscheinlichkeitsverteilung… reduziert den Klimawandel auf die Feststellung signifikanter Unterschiede in der Statistik solcher Ensembles“.

Genau das hat Klimafragen.org sinngemäß ausgedrückt und spricht von „keinerlei Vorhersagekraft“. Ergo: richtige Übersetzung und richtige Interpretation!

Es gibt eine erhebliche Diskrepanz zwischen simulierter und gemessener globaler Durchschnittserwärmung

Ihr Einwand, dass der IPCC versucht hat, mit Simulationen, die auf unterschiedlichen Modellen auf der Grundlage unterschiedlicher Anfangsdaten beruhen, „die Unschärfe zu beschreiben“ stimmt. Und was ist das Ergebnis? Auf S. 62 des Technical Summary – Sie wissen schon, der Teil, den weder Politik noch Presse lesen – steht zum Thema:

Model Response Error: The discrepancy between simulated and observed GMST trends during 1998–2012 could be explained in part by a tendency for some CMIP5 models to simulate stronger warming in response to increases in greenhouse-gas concentration than is consistent with observations. …. Another possible source of model error is the poor representation of water vapour in the upper atmosphere.”

Das heißt, es gibt eine erhebliche Diskrepanz zwischen simulierter und gemessener globaler Durchschnittserwärmung (Global Mean Surface Warming -GMST), welche zum Teil durch die Tendenz einiger CMIP5-Modelle erklärt werden könnte, eine stärkere Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen zu simulieren als sie den Beobachtungen entspricht. Also ist das mit der „Beschreibung der Unschärfe“ zwar sehr hübsch gelungen, nur beseitigt wurde sie nicht.

Weder der Abfall der Globaltemperatur zwischen 1945 und 1975  noch die zehnjährige „Hiatuspause“ konnte vorher rechnerisch dargestellt werden

In dem Beitrag findet sich der bemerkenswerter Satz: „Und es ist offensichtlicher Unsinn, allein schon weil die Klimamodelle seit fünfzig Jahren die globale Erwärmung korrekt vorhergesagt haben – übrigens sogar die Firma Exxon im Jahr 1982.“ Damit wird die uneingeschränkte Tauglichkeit von Computermodellen für die Prognose zukünftiger Klimaentwicklungen behauptet – und dies nicht nur für den gegenwärtigen, vergleichsweise fortgeschrittenen Stand der Modellierung, sondern sogar für das vergangene halbe Jahrhundert.

Tatsächlich konnte weder der Abfall der Globaltemperatur zwischen 1945 und 1975 (der übrigens damals führende Klimatologen zur Prophezeiung einer neuen Eiszeit veranlasste) noch die zehnjährige „Hiatuspause“ vorher rechnerisch dargestellt werden. Und im Bericht des IPCC von 2007 hieß es noch: „Die Gletscher im Himalaja sind mit hoher Wahrscheinlichkeit bis 2035 oder vielleicht schon früher verschwunden.“ Nach lebhafter Kritik an dieser Aussage brauchte der Weltklimarat drei Jahre, um sie zu revidieren.

Von „korrekter Vohersage“ kann keine Rede sein

Zur Kennzeichnung der gegenwärtigen Situation soll hier eine Grafik wiedergegeben werden, deren Urheber ein Klimatologe von unbestrittener Weltgeltung ist. Sie wurde dem Protokoll der Anhörung von John R. Christy, vor dem Ausschuss für Wissenschaft, Weltraum & Technologie der Vereinigten Staaten am 29. März 2017 entnommen. John R. Christy ist Klimatologe des Staates Alabama und Professor für Atmosphärenwissenschaft sowie Direktor des Instituts für Wissenschaft des Erdsystems an der Alabama Universität in Huntsville, Leitautor und Peer-Reviewer von Veröffentlichungen des IPCC.

Die Grafik 1 zeigt die Ergebnisse von 32 Computermodellen des IPCC für Temperaturverläufe in den Tropen. Die dicke rote Kurve ist deren Mittelwert. Im Vergleich dazu wurden in der dicken grünen Kurve die realen, durch Ballonmessungen gewonnen Daten eingetragen. Nicht nur die Unterschiede zwischen den Rechenergebnissen verschiedener Institute sondern vor allem die erhebliche Abweichung zwischen deren Mittelwert und dem realen Verlauf zeigen überdeutlich, dass von „korrekter Vorhersage“ keine Rede sein kann.

Grafik 1

Grafik 1, Quelle: J. R. Christy, Alabama Universität

Der IPCC hat seine Vorstellungen plötzlich um mehr als 100 Prozent geändert

Das Anhörungsprotokoll enthält noch ein weiteres hochinteressantes Ergebnis: Temperaturprofile in den Tropen wurden vom IPCC zum einen unter Berücksichtigung des Treibhauseffektes modelliert und zum anderen ohne diesen Effekt. Während die ersteren keine Übereinstimmung mit den gemessenen Werten aufweisen, liegen die Messungen vollständig im Bereich der Modelle ohne Treibhauseffekt (Grafik 2).

Grafik 2

Grafik 2; Quelle: J. R. Christy, Alabama Universität

Wie volatil die Prognosen des IPCC tatsächlich sind, zeigt auch ein SPIEGEL-Interview vom 5. Oktober 2018 mit einem der Leitautoren des letzten Sachstandsberichtes des IPCC, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, Professor Jochem Marotzke. Er erklärt darin:

Unser verbleibendes CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel ist wohl mindestens doppelt so groß wie gedacht, fast tausend Gigatonnen. … Offenbar verbleibt ein kleinerer Teil der ausgestoßenen Treibhausgase in der Atmosphäre, weil Wälder und Ozeane mehr davon schlucken als gedacht.“

Das ist eine plötzliche Änderung der bis dahin vom IPCC vertretenen Vorstellungen um mehr als 100 Prozent. Ein anderer Auszug aus dem Interview ist ebenfalls bemerkenswert:

SPIEGEL: „Warum wurde die Grenze für die Temperaturerhöhung von 2 Grad auf 1,5 Grad abgesenkt?“
Marotzke: „Das kam auch für uns Klimaforscher überraschend.“
SPIEGEL: „Haben wir es also eher mit politischen Grenzwerten zu tun, nicht mit wissenschaftlich begründeten?“
Marotzke: „Ja, aber die Größenordnung ist physikalisch durchaus vernünftig.“

„Die Vorhersage der globalen Erwärmung ist so unpräzise wie eh und je“, jede Prognose erscheint letztlich „wie bloße Kaffeesatzleserei“

Und schließlich konterkariert auch eine weitere lesenswerte Darstellung der Probleme von Klimamodellierung durch einen ausgewiesenen Experten die Behauptung von der „exakten Vorhersage“.  Sie findet sich in der SPIEGEL-Ausgabe vom 22. März 2019 und hat den Titel: „Prognosen zur Erderwärmung – Warum Wolken der Fluch aller Klimaforscher sind“. Darin schildert der seit 20 Jahren am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie auf dem Feld der Klimamodellierung forschende Prof. Bjorn Stevens die Schwierigkeiten einer Modellierung des Wolkenphänomens; einige seiner Aussagen lauten:

  • „Die Rechenleistung der Computer ist auf das Vielmillionenfache gestiegen, aber die Vorhersage der globalen Erwärmung ist so unpräzise wie eh und je …
  • Es ist nicht leicht, dieses Versagen der Öffentlichkeit zu vermitteln…
  • Die Temperaturen in der Arktis zum Beispiel klaffen in den verschiedenen Modellen um teilweise mehr als zehn Grad auseinander. Das lässt jede Prognose der Eisbedeckung wie bloße Kaffeesatzleserei erscheinen.“

Können oder wollen Sie die Fragen nicht beantworten, Herr Rahmstorf?

Das könnte nun daran liegen, dass das Weltklima nicht nur ein chaotisches, sondern sogar ein komplexes System ist, das sich mit Differentialgleichungen und anderen mathematischen Modellierungsverfahren gar nicht modellieren lässt. Daher können Klimamodelle bestenfalls die Vergangenheit erklären, aber nichts prädizieren, wie der IPCC zutreffend festgestellt hat.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Entweder man sagt, der IPCC hat Unsinn erzählt und natürlich kann man komplexe Systeme exakt modellieren, alles gar kein Problem. Hier also die Frage an Sie, Herr Rahmstorf: Wollen Sie das behaupten?
  2. Oder man erkennt an, dass der IPCC die Schwierigkeiten bezüglich der Vorhersagbarkeit zutreffend dargestellt hat. Dann allerdings muss unsere Frage 1 mit der Feststellung beantwortet werden, dass man die Einhaltung von Klimazielen nicht sicherstellen kann. Das aber wäre peinlich, oder?

Dann wird es richtig interessant: Der Jahrhundertsommer 2003 habe 70.000 Todesopfer gekostet, alles unmittelbare Folge des Klimawandels. Beweis einer Kausalität? Fehlanzeige. Und der naheliegende Gedanke an den ebenso einfachen wie lebensrettenden Einsatz von Klimaanlagen, der ohne große Transformation möglich wäre, ebenso Fehlanzeige. Der Krieg in Syrien – klarer Fall, auch Klimawandel. Bei allem Respekt, aber so geht es nicht

Fazit: Sie haben viel geschrieben, aber nicht eine einzige Frage beantwortet. Können oder wollen Sie nicht, Herr Rahmstorf?

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Zu den Autoren: Annette Heinisch studierte in Hamburg Rechtswissenschaften, mit dem Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht sowie Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 ist sie als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig. Prof. Dr. Klaus-Dieter Döhler (Endokrinologe), Studium der Biologie, Chemie, Psychologie in USA (B.A., M.A.) und Deutschland (Dr. rer. nat), 12 Jahre medizinische Forschung mit Schwerpunkt Hormonforschung, Max-Planck-Institut Biophysik. Chemie Göttingen, Medizinische Hochschule Hannover, University of California Los Angeles, 110 wissenschaftliche Veröffentlichungen, 1 Monographie, seit 1984 Arzneimittelentwicklung und -zulassung, seit 1989 Industriemanagement als Geschäftsführer verschiedener pharmazeutischer Start-up Unternehmen. Gründer und Geschäftsführer der Curatis Pharma GmbH (seit 1999).

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