Perth macht es vor: Ein Corona-Fall, sofort Lockdown

Von Jürgen Fritz, Di. 02. Feb 2021, Titelbild: The Straits Times-Screenshot

Am Freitag staunte die Welt noch über Tausende Zuschauer beim Tennis-Einladungsturnier in Adelaide. Bei den am Montag beginnenden Australian Open sind sogar 30.000 Zuschauer pro Tag geplant. Wie schaffen die Australier das nur? Indem sie die Inzidenz nahe Null halten. In Perth wurde nun nach der ersten Neuinfektion in Westaustralien seit zehn Monaten sofort ein Lockdown für fünf Tage für die gesamte Stadt und angrenzende Regionen verhängt.

Lockdown für fünf Tage nach einem einzigen Coronafall

Seit zehn Monaten wurde keine einziger Coronafall im Bundesstaat Western Australia mit der Hauptstadt Perth registriert. Perth liegt an der Westküste Australiens und hat zwei Millionen Einwohner, mehr als München und Hamburg. Doch nun wurde letzte Woche die erste Neuinfektion registriert. Nach Angaben der Behörden wurde Samstagnacht ein Wachmann in einem Quarantäne-Hotel positiv getestet. Vermutlich steckte er sich bei einem Reiserückkehrer mit der besonders ansteckenderen SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 an.

Sofort reagierte man und verhängte einen Lockdown für fünf Tage. Seit Sonntagabend müssen alle zwei Millionen Einwohner von Perth zu Hause bleiben. Raus darf man nur noch zum Arzt, zum Einkaufen oder zur Arbeit, wenn dort kein Home-Office möglich ist. Die Schulen sind zu. Die Kneipen sind geschlossen. Alle Hochzeiten wurden abgesagt respektive verschoben. Die Spielplätze wurden dicht gemacht. Und es besteht eine generelle Maskenpflicht. Sport treiben darf man zwar, aber nur mit maximal einer weiteren Person zusammen und ausschließlich im Freien.

Neben den Einwohnern von Perth sind auch die südlichen Regionen von Perth Peel mit einer Bevölkerung von etwa 110.000 Menschen und South West mit ca. 166.000 Einwohnervom Lockdown betroffen.

Australien: 30 Prozent der Einwohner Deutschlands, aber nur 1,5 Prozent so viele Corona-Tote

„Unser Modell ist, sehr, sehr schnell und scharf damit umzugehen“, sagte der Regierungschef von Western Australia, Mark McGowan. Australien ist mit seinen 25 Millionen Einwohnern bislang sehr gut durch die Coronakrise gekommen, vor allem eben auch wegen seiner strengen Auflagen. Vor drei Wochen war schon in der Stadt Brisbane an der Ostküste nach einem einzigen Ansteckungsfall ein kurzer Lockdown verhängt worden.

Bislang verzeichneten die australischen Behörden gerade einmal 28.800 Infektionen und 909 COVID-19-Todesfälle. Zum Vergleich: Deutschland mit ca. 3,3 mal so vielen Einwohnern verzeichnet über 2,23 Millionen Infektionen (77 bis 78 mal so viel) und über 58.600 Todesfälle infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2 (64 bis 65 mal so viel). Selbst wenn man dies auf die Bevölkerungsgröße umrechnet sind das bei uns fast 20 mal so viele Todesfälle wie in Australien.

Tägliche COVID-19-Todesfälle pro Einw. Dt.-Australien

Deutschland: 8,41 COVID-19-Todesfälle pro Tag im 7-Tage-Schnitt pro Mio. Einwohner, Australien: 0,00 – Our World in Data

Covid Performance Index: Australien auf Rang 8, Deutschland auf 55, USA auf 94

Das Lowy Institute (Sydney) bescheinigt Australien den weltweit achtbesten Umgang mit der Pandemie. Noch besser als Australien wurden im Umgang mit der Pandemie vom Lowy Institute Neuseeland auf Position 1 und Vietnam auf 2 eingestuft. Deutschland rangiert auf Platz 55 von 98 untersuchten Ländern, die USA auf Platz 94 und Brasilien ganz am Ende:

  1. Neuseeland
  2. Vietnam
  3. Taiwan
  4. Thailand
  5. Zypern
  6. Ruanda
  7. Island
  8. Australien
  9. Lettland
10. Sri Lanka

55. Deutschland

94. USA
95. Iran
96. Kolumbien
97. Mexiko
98. Brasilien

„Jeder von uns muss alles tun, um die Ausbreitung in der Gemeinschaft zu stoppen“

Die Maßnahmen wirken für viele in Deutschland auf den ersten Blick ziemlich rigoros, doch die Regierung Western Australiens sieht keine Alternative. „Dies ist eine sehr ernste Situation und jeder von uns muss alles tun, um die Ausbreitung in der Gemeinschaft zu stoppen, sagt der Premierminister Mark McGovan: „Westaustralier haben sich so lange so gut geschlagen, aber diese Woche ist es absolut entscheidend, dass wir zu Hause bleiben, körperliche Distanz wahren und uns testen lassen, wenn wir Symptome haben.“

Und die australische Bevölkerung zieht mit, wie auch schon im letzten Jahr. Anfang 2020 hatte die Regierung das komplette Land heruntergefahren. Man ging den radikalen Weg der Zero-Covid-Strategie mit der Zielsetzung die Fallzahlen pro 100.000 Einwohner nicht so schnell wie möglich unter 50 pro Woche zu bekommen, sondern auf Null. Die Außengrenzen wurden geschossen, selbst innerhalb eines Bundesstaates durfte man sich nicht mehr frei bewegen. Einzelne Regionen schotteten sich sogar komplett ab. Das Quarantäneprogramm für Rückkehrer war streng. Schulen, Kitas, Büros, Betriebe … alles wurde geschlossen. Nur für lebensnotwendige Maßnahmen durften die Australier das Haus verlassen.

Zugleich appellierte die Regierung an die Gemeinschaft, schaffte Anreize, dass es sich lohnt, den radikalen Weg zu gehen. So führte man seit April in Down Under sogenannte „Donut-Tage“ ein mit null Neuinfektionen. Die leckeren Krapfen verwendete das Analysezentrum „Covid Life“ in seinen Grafiken. Die Bevölkerung konnte mit fiebern, bis wann ihre Region die Null erreicht hatte. Und die Menschen machten mit. Die Maßnahmen stellten sich als Erfolg heraus. Der gesamte Kontinent kam gut durch die Wintermonate, das normale Leben konnte wieder weitestgehend seinen normalen Lauf nehmen.

Premier: „Sie erfüllen Ihre Bürgerpflicht als Westaustralier, dafür danke ich Ihnen“

Beim Tennisturnier in Adelaide letzten Freitag waren tausende Zuschauer auf den Rängen. Die nächste Woche beginnenden  Australian Open sollen das größte Sportereignis der Welt seit vielen Monaten werden mit bis zu 30.000 Zuschauern jeden Tag über zwei Wochen hinweg, insgesamt also bis zu 420.000 Zuschauer. Dafür wurden aber ALLE Einreisenden ganz konsequent strengen und knallharten Test- und Quarantänemaßnahmen unterzogen. Wer auch nur im gleichen Flugzeug war, in dem ein positiv Getesteter festgestellt wurde, selbst wenn er keinerlei direkten Kontakt mit ihm hatte, musste zwei Wochen in Quarantäne, durfte sein Hotelzimmer nicht verlassen, nicht einmal zum alleine Spazierengehen oder Trainieren.

Natürlich ist Australien durch seine Insellage und die große Entfernung zu anderen Kontinenten im Vorteil. Auch die Größe des Landes und dünne Besiedlung haben den Vorzug, dass die meisten Millionenstädte tausende Kilometer voneinander entfernt liegen. Zwischen Adeleide und Perth liegen etwa 2.700 Kilometer. Doch das ist es nicht alleine. Es ist auch die klare Strategie, die Australien von Anfang an fuhr und konsequent durchhielt, die für die Bevölkerung offensichtlich auch nachvollziehbar war, so dass fast alle mitmachten.

Die große Mehrheit der australischen Bevölkerung trägt die Maßnahmen sogar mit erstaunlicher Gelassenheit. Daher ist Premierminister McGovan auch zufrieden: „Die Leute haben weitgehend auf die Anweisungen gehört. Wir müssen so weitermachen, zumindest bis zum Ende der Woche. Sie erfüllen Ihre Bürgerpflicht als Westaustralier, dafür danke ich Ihnen.“

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