Von Jürgen Fritz, Sa. 19. Jun 2021, Titelbild: REPORT MAINZ-Screenshot
„Seit mehr als fünf Jahrzehnten existiert in der Türkei eine ultranationalistische, rassistische und gewalttätige Bewegung, deren Traditionen weit in die Geschichte zurückreichen“, schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Grauen Wölfe sind seit Jahrzehnten auch bei uns. Mit mehr als 18.000 Mitgliedern gelten sie als die stärkste rechtsextreme Organisation in Deutschland. Und längst versuchen sie, deutsche Parteien zu unterwandern.
Graue Wölfe – Wer oder was ist das?
Graue Wölfe (türkisch Bozkurtlar oder Bozkurtçular) ist die Bezeichnung für türkische Rechtsextremisten, wie Mitglieder der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) oder der Partei der Großen Einheit (BBP). Die ideologische und historische Basis des türkischen Rechtsextremismus – und damit auch der Grauen Wölfe – bilden der türkische Nationalismus und Turanismus, der bereits im Osmanischen Reich des 19. Jahrhunderts entstand.
Die Ideologie des Panturkismus und Turanismus geht von einer rassischen, historischen und moralischen Einheit und Überlegenheit aller Turkvölker aus, von Afghanistan/China bis zum Südostzipfel des Balkans. Das angestrebte Ziel ist die Vereinigung dieser Völker in einem großtürkischen Reich unter türkischer Vorherrschaft. Jede Gleichberechtigung der verschiedenen Nationalitäten und Religionen wird von der turanistischen respektive panturkistischen Ideologie von vornherein ausgeschlossen.
Historische Wurzeln
In der Schlussphase des Osmanischen Reiches (von ca. 1299 bis 1922) hatte die sogenannte jungtürkische Regierung den Panturkismus und Turanismus sogar zur Staatsdoktrin erhoben. Diese versuchte, freilich erfolglos, den bereits zerfallenden Vielvölkerstaat auf rein türkisch-nationalistischer und islamischer Grundlage wieder aufzubauen. Dies schlug sich unter anderem in entfesselter Gewalt gegen die armenische Bevölkerungsgruppe und schließlich dem Völkermord von 1915/16. Bei diesem Genozid kamen als die Hälfte der 1,5 bis 2 Millionen osmanischen Armenier Kleinasiens ums Leben.
Im Laufe des Zweiten Weltkrieges erstarkten auch in der Türkei faschistische Bewegungen. Schon kurz nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 an die Macht gekommen waren, begann eine neue Phase der deutsch-türkischen Beziehungen. Die Nazis betrachteten die Türkei, den Iran und die arabischen Länder, die sie eng an sich zu binden suchten, zum einen als reiche Rohstoffquellen, zum anderen aber auch als ideologische Verbündete. Die gemeinsamen Gegner waren die Westmächte und das bolschewistische Russland unter Stalin.
Unter dem Reichsbotschafter in der Türkei Franz von Papen förderten die Nationalsozialisten faschistische türkische Bewegungen. Die Nazis zeigten großes Interesse an den turanistischen Kreisen, die ihrerseits von der NS-Ideologie begeistert waren. Man verstand sich. Ziel der Zusammenarbeit mit turanistischen Kreisen war, die Türkei in der Balkan- und Nahost-Politik an die Seite Hitler-Deutschlands zu bringen. Mit Unterstützung von NS-Deutschlands blühte ab den 1930er Jahren der Turanismus erneut auf. Schon 1934, ein Jahr nachdem Hitler zum Reichskanzler ernannt worden war, kam es in der Türkei zu Pogromen gegen Juden.
Alparslan Türkeş gründet die Grauen Wölfe
Bereits während des Zweiten Weltkrieges tauchte erstmals Alparslan Türkeş (Jahrgang 1917), der spätere Anführer der Grauen Wölfe, auf der politischen Bühne auf. Obschon zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung, spielte der Hitler-Sympathisant in der turanistischen Bewegung bereits eine führende Rolle. 1944, als sich der Sieg der Alliierten über Hitler-Deutschland immer mehr abzeichnete, ließ die türkische Regierung 23 führende politische Persönlichkeiten des Turkismus und Turanismus verhaften und verurteilen, unter ihnen der knapp 27-jährige Alparslan Türkeş.
In erster Instanz wurden Türkeş und seine Gesinnungsfreunde im sogenannten „Rassismus-Turanismus-Verfahren“ zu unterschiedlich langen Freiheitsstrafen verurteilt. Er selbst wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, später aber im Zuge des beginnenden Kalten Krieges freigesprochen, durfte anschließend in die Armee zurückkehren, schloss 1949 die Kriegsakademie ab und 1959 zum Oberst befördert. Aus Sorge vor einem wachsenden Einfluss der Sowjetunion und des Kommunismus wandte sich die Türkei ab der zweiten Hälfte der vierziger Jahre mehr und mehr dem Westen zu. Linke und Kommunisten wurden nun stärker verfolgt als Turkisten und Ultranationalisten. So begann der türkische Rechtsextremismus sich neu zu formieren.
1960 gehörte Türkeş zu den 38 Offizieren, die Adnan Menderes, den erste aus freien Wahlen hervorgegangenen Ministerpräsident der Türkei, der seit 1950 regierte, stürzten, der dann später zum Tode verurteilt wurde. Nachdem Türkeş sich mit dem Komitee der Nationalen Einheit überworfen hatte, wurde er nach Indien ins Exil geschickt, kehrte aber bereits 1963 in die Türkei zurück und trat der Republikanischen Bauern-Volkspartei (CKMP) bei. 1965 übernahm er, deren Vorsitz. 1969 ließ er die CKMP umbenennen in: Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP). Türkeş war von 1975 bis 1978 an drei Koalitionsregierungen der Türkei beteiligt, unter Süleyman Demirel und Bülent Ecevit war er dreimal Staatsminister und stellvertretender Ministerpräsident der Türkei. Zur dieser Zeit, in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre, gründete er die paramilitärische Organisation Graue Wölfe.
Das Symbol der Bewegung
Symbol der Bewegung wird der Graue Wolf. Dies ist eine Anlehnung an einen Mythos: Der Legende nach soll ein Wolf in vor-islamischer Zeit die vom Aussterben bedrohten türkischen Stämme aus den Altay-Gebirgen in Zentralasien geführt und gerettet haben. Der graue Wolf gilt als mächtiger Jäger, der frei und unabhängig durch das Land streift. Da er vom Jagen lebt, wird er andere allerdings nie als frei und unabhängig anerkennen. Diesem Bild folgt die Bewegung der Grauen Wölfe: Alle nicht-türkischen Bevölkerungsteile, insbesondere Minoritäten im eigenen Land, werden verfolgt. Der mythische Wolf ist dabei Anführer seines Rudels. Daher bezeichnete sich Alparslan Türkes auch gerne als „Oberwolf“. Ihr Symbol, der Graue Wolf, dient bis heute als Erkennungszeichen: Anhänger grüßen sich weltweit mit dem Wolfsgruß.
Der „Wolfsgruß“ ist die Grußform der Grauen Wölfe, die einen Wolf darstellt. Laut dem deutschen Verfassungsschutz soll Alparslan Türkeş auf die Frage nach der Bedeutung mal geantwortet haben:
„Schau her, der kleine Finger symbolisiert den Türken, der Zeigefinger den Islam. Der beim Wolfsgruß entstehende Ring symbolisiert die Welt. Der Punkt, an dem sich die restlichen drei Finger verbinden ist ein Stempel. Das bedeutet: Wir werden den Türkisch-Islamischen Stempel der Welt aufdrücken.“
Die Mordanschläge der Grauen Wölfe, deren Kampftruppen nach dem Vorbild von SA und SS aufgebaut wurden
Und diese Grauen Wölfe und ihre Vorläufer verübten bereits in den 1960er, dann in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren in der Türkei zahlreiche, teils paramilitärische Mordanschläge gegen Sozialisten, Gewerkschafter, Studentenanführer, fortschrittliche Lehrkräfte und Wissenschaftler, Journalisten und kurdische Politiker sowie regelrechte Pogrome gegen Aleviten, die zweitgrößte Religionsgruppe der Türkei, die dem schiitischen Islam nahe steht, aber doch etwas Eigenständiges hat.
1981 verübte der Graue Wolf Mehmet Ali Ağca auf dem Petersplatz in Rom das Attentat auf Papst Johannes Paul II., mit dem Ziel, dass in der Türkei ein Bürgerkriegszustand entstehen solle, der den Ruf nach dem „starken Mann“ laut werden lassen und die Partei der Nationalistischen Bewegung , die MHP an die Macht bringen sollte.
Das wichtigste Element der Partei ist die Jugendorganisation, die sogenannte Ülkücü-Jugend. Schon seit 1965 gründet die Partei in der Türkei zahlreiche Jugendorganisationen. Hinter dem harmlosen Ausdruck verbergen sich paramilitärisch ausgebildete Kampftruppen, die die Ideologie und die Ziele der Partei durch Propaganda und auch mit Gewalt durchsetzen wollen. Zur Ausbildung der Jugendlichen werden paramilitärische Trainingscamps errichtet. Schon 1969 gibt es 34 Kommandolager, in denen 100.000 junge Graue Wölfe ausgebildet werden.
„Ab Ende der 60er Jahre ging das los: Diese Paramilitärs, diese Todesschwadronen und Schlägertrupps, die übrigens absichtlich nach dem Vorbild von SA und SS aufgebaut wurden, lieferten sich in der Türkei wilde Kämpfe mit politischen Gegnern. Was heißt wilde Kämpfe, sie haben gezielte Überfälle auf politische Gegner begangen“, erklärt der Historiker Nikolaus Brauns. „In der Phase zwischen 1975 und dem Militärputsch 1980 gab es ungefähr 5.000 Tote bei bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Mehrzahl dieser Toten waren Sozialdemokraten, Sozialisten, Gewerkschafter oder Angehörige ethnischer, religiöser Minderheiten wie Aleviten und Kurden.“
„Der Oberwolf“ ruft seine Anhänger in Deutschland dazu auf, in die CDU einzutreten
1981 mussten sich Türkes und 587 MHP-Funktionäre vor dem Militärgericht wegen staats- und demokratiefeindlicher Bestrebungen verantworten. Die Anklage lautet: Anstachelung zum Bürgerkrieg und Anstiftung zum Mord in über 600 Fällen. Türkeş wurde erhielt eine Haftstrafe von 4,5 Jahren, von der er die meiste Zeit im Militärhospital verbrachte. Die MHP und auch andere Parteien wurden verboten. Doch nach der Aufhebung des Verbots ging Türkeş 1991 ein Wahlbündnis mit der Wohlfahrtspartei ein und errang mit der Partei der Nationalistischen Arbeit erneut ein Abgeordnetenmandat. 1992 durfte die Partei ihren alten Namen wieder führen.
Bei einer Jahreshauptversammlung seiner Anhänger in Deutschland, in der Essener Grugahalle, rief Türkeş diese dazu auf, in die CDU einzutreten.
1997 starb „der Oberwolf“ Türkeş an den Folgen eines Herzinfarkts. An seinem Begräbnis sollen 500.000 Personen teilgenommen haben. Eines seiner fünf Kinder ist Yıldırım Tuğrul Türkeş, der Gründer und ehemalige Vorsitzende der Partei der Erleuchteten Türkei (Aydınlık Türkiye Partisi, ATP), mit der er sich von der MHP abspaltete.

Alparslan Türkeş, YouTube-Screenshot
Bereits 1978 wird in Frankfurt am Main die Türk Federasyon (ADÜTDF), die Auslandsabteilung der MHP, gegründet. Und das mit Unterstützung der deutschen Politik. Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) und der Schwalbacher CDU-Stadtverordnete und Türkei-Experte des BND Hans-Eckhardt Kannapin sollen bei der Etablierung des Vereins geholfen haben.
In der Zeit, als die MHP in der Türkei verboten ist (1981 bis 1987) werden in Deutschland zwei weitere Organisationen der Grauen Wölfe gegründet: Die ATIB in Köln und die ATB in Frankfurt am Main. Die drei Dachorganisationen Türk Federasyon, ATIB und ATB unterhalten heute bundesweit rund 303 Vereine mit mindestens 18.500 Mitgliedern und sind damit die größte rechtsextreme und verfassungsfeindliche Organisation in Deutschland.
Die Ideologie der Grauen Wölfe
Graue Wölfe bezeichnen sich selbst als „Idealisten“ (Ülkücüler). Die Ideologie ist der türkische Rechtsextremismus. Als Feindbilder sehen die Grauen Wölfe die kurdische Arbeiterpartei PKK, welche auf einschlägigen Webseiten als „Babymörder“ bezeichnet wird, und jegliche Kurden, welche eine „Gefahr“ für die Türkei darstellen. Als Feindbilder gelten ferner: Juden, Christen, Armenier, Griechen, Kommunisten, Freimaurer, Israel bzw. „Zionisten“, die EU, der Vatikan und die Vereinigten Staaten.
Türkeş definiert den Nationalismus in seinem Buch Millî Doktrin (Istanbul 1973, S. 42) folgendermaßen:
„Unser Verständnis von Nationalismus hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit anthropologischem Rassismus und einem aggressiven Rassenbegriff, der andere Völker herabsetzt. […] Jeder, der sich selbst von Herzen als Türke fühlt und sich dem Türkentum verschreibt, ist ein Türke.“
Weiter schreibt Türkeş in seinem Buch Milli Doktrin den Türken „unbegrenzte wissenschaftliche, kulturelle, technische sowie organisatorische und staatsgründerische Fähigkeiten“ zu. Die Türken seien derart hochstehend, dass sie mit keiner anderen Nation zu vergleichen seien.
Weitere Zitate von Alparslan Türkeş:
- Der Islam ist unsere Seele, das Türkentum unser Körper. Ein Körper ohne Seele ist eine Leiche. (Quelle Originalzitat: Homepage der MHP)
- Den Islam zu nehmen und das Türkentum zu leugnen, ist Verrat. Das Gegenteil ist gleichermaßen Unachtsamkeit und Verrat. (ebd.)
Necdet Sevinç, ein Vordenker der MHP, charakterisierte in „Notizen an einen Idealisten“ (Ülkücüye Notlar) den Ülkücü folgendermaßen:
„Ein Idealist (Ülkücü) ist in der Regel kein Mann des Denkens, sondern immer ein Mann der Tat […] Alle Denkweisen, Handlungen und Meinungen, die von Handlungs- und Denkweise der Idealisten abweichen, sind ungültig.“
Ziel der Grauen Wölfe ist eine sich vom Balkan über Zentralasien bis ins chinesische Autonome Gebiet Xinjiang erstreckende Nation, die alle Turkvölker vereinen soll. Diese Ideologie wird auch als Panturkismus bezeichnet. Zentrum der von ihr beanspruchten Gemeinschaft aller Turkvölker soll eine starke, unabhängige und selbstbewusste Türkei sein.
Die Ülkücü-Bewegung, ihre Kampfmoral und ihre Anschläge
In den meisten „Idealistenvereinen“ (Ülkü ocakları) wird ein Eid geschworen, der „Schwur der Idealisten“ (Ülkücü yemini):
„Bei Allah, dem Koran, dem Vaterland, der Fahne wird geschworen. Meine Märtyrer, meine Frontkämpfer [Veteranen] sollen sicher sein. Wir, die idealistische türkische Jugend, werden unseren Kampf gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art von Imperialismus fortführen. Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten Atemzug, bis zum letzten Tropfen Blut. Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis Turan erreicht ist. Wir, die idealistische türkische Jugend, werden nicht zurückschrecken, nicht wanken [zusammenbrechen], (sondern wir werden unsere Ziele) erreichen, erreichen, erreichen [bestehen bzw. Erfolg haben]. Möge Allah die Türken schützen und erhöhen. Amen.“
Der Schwur weist sowohl islamische als auch patriotische Komponenten auf und ist eine Art Fahneneid und Treueschwur, der bei gleichzeitiger Präsentation der Nationalflagge geleistet wird. In diesem Eid, in dem vor allem eine ungebrochene Kampfbereitschaft zum Ausdruck kommt, erkennt man, dass es mit knappen Formulierungen um die Bekämpfung einer Reihe gegnerischer, politischer oder wirtschaftlicher „Systeme“ geht. Dabei fällt auf, dass die im Eid genannten Feindbild-Elemente „Faschismus“ (antidemokratische, antiliberale und antikommunistische Haltung) und „Imperialismus“ (expansive Bestrebung nach Vereinigung aller Turkvölker) ja gerade Bestandteile der eigenen Ideologie darstellen. Bekämpft werden soll der Faschismus und Imperialismus nicht an sich, sondern der der anderen.
Die Formulierung „Idealistische Jugend“ vermittelt den jungen Anhängern zusätzlich noch die Überzeugung, sich für eine positive Sache einzusetzen. Besonders bei solchen Fällen, bei denen die Sozialisierung (vor allem männlicher) türkischer Jugendlicher in der Gesellschaft nicht gelingt, besteht die Gefahr, dass durch die Mitgliedschaft in einem „Idealistenverein“ die sozialen Defizite weiter verstärkt werden.
Der „Schwur der Idealisten“ legt die Schlussfolgerung nahe, dass aus der Sicht der „Idealisten“ die Bekämpfung der angeführten Feindbilder auch außerhalb der Türkei zu erfolgen hat. Die „Idealisten“ sind in der Bekämpfung ihrer Feinde gleichermaßen konsequent wie auch oft skrupellos. Nach Angaben der türkischen Behörden begingen die Grauen Wölfe allein zwischen 1974 und 1980 insgesamt 694 Morde.
Auch der Pogrom von Kahramanmaraş 1978 und der Pogrom von Çorum 1980, bei denen hunderte türkische Aleviten ums Leben kamen, wurde von den Grauen Wölfen durchgeführt. Außerdem führten sie zusammen mit dem türkischen Geheimdienst den Bombenanschlag auf das Alfortville-Völkermordmahnmal 1984 durch.
Mehmet Ali Ağca, der spätere Papst-Attentäter, ermordete 1979 auch Abdi İpekçi, den Chefredakteur der Zeitung Milliyet, der sich für Frieden mit Griechenland einsetzte. Ein weiteres Mitglied soll 1984 ein Attentat auf den Frauenladen TIO in Berlin-Kreuzberg ausgeführt haben, bei dem die türkisch-kurdische Jurastudentin Seyran Ateş lebensgefährlich verletzt wurde.
Die chinesische Regierung verbindet des Weiteren die Grauen Wölfe sowie die türkische Regierung mit den Rebellengruppen und terroristischen Vereinigungen der Uiguren in Xinjiang, die ein islamisches „Ost-Turkestan“ errichten wollen und wirft ihnen Geschichtsfälschung, Propaganda und Lügen vor. Der Bombenanschlag in Bangkok 2015 wurde vermutlich von Mitgliedern der Grauen Wölfe begangen.
Der Umgang der führenden deutschen Parteien mit den Grauen Wölfen
Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung empfahl 2006 CDU-Politikern, „aus politstrategischen Gesichtspunkten“ im Einzelfall abzuwägen, „inwieweit eine zielgerichtete Zusammenarbeit“ mit den Grauen Wölfen möglich sei.
In einer Antwort zu einer Kleinen Anfrage in Bezug zu den Grauen Wölfen schrieb die Bundesregierung 2015:
„Der Ideologie der Ülkücü-Bewegung liegt eine Überhöhung der türkischen Ethnie, Sprache, Kultur und Nation zugrunde. Besonders ethnische Minderheiten in der Türkei werden als spaltende Kraft der Einheit der Türkei gesehen und deshalb abgelehnt. Die Ideologie der Ülkücü ist wesentlich von Feindbildern und Verschwörungstheorien geprägt. Das Spektrum der ‚inneren‘ und ‚äußeren‘ Feinde reicht dabei von den Kurden, Griechen und Armeniern bis zu den Juden, von den Europäern über die Chinesen bis zu den USA und dem Vatikan. Je nach aktueller politischer Lage wird ein Feindbild besonders in den Fokus genommen. Diese Überhöhung der eigenen Ethnie bei gleichzeitiger Herabsetzung anderer Ethnien widerspricht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.“
Nach der Präsidenten- und Parlamentswahl in der Türkei 2018 besteht der Eindruck, dass die Türkei versucht, die Extremistengruppe Graue Wölfe in Deutschland hoffähig zu machen. Cemal Çetin, Vorsitzender des Dachverbandes der Grauen Wölfe in Europa und frisch gewählter Abgeordneter der MHP, gehörte der türkischen Delegation beim NATO-Gipfel im Juli 2018 an und wurde mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen fotografiert.
Der ehemalige Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warnt: „Unterbelichtet in der ganzen Debatte ist auch der Versuch der Grauen Wölfe, demokratische Parteien zu unterwandern. Manchmal lässt man dies aus Naivität zu, manchmal nimmt man es bewusst in Kauf, um darüber Stimmen zu generieren“, so Özdemir. Mittlerweile würden sie auch versuchen, in Organisationen vorzudringen, die man nicht sofort mit ihnen in Zusammenhang bringe. Mitunter seien es Sport- oder Kulturvereine, hinter denen sich die Grauen Wölfe versteckten, manchmal auch Kommunalpolitiker.

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„Der Integrationsrat ist ein Hort der Grauen Wölfe“
2001 ist Zafer Toprak in die CDU eingetreten. Toprak saß für die CDU in Hamm im Integrationsrat. Als bekannt wurde, dass es sich bei Toprak um einen aktiven Grauen Wolf handelt, wurde er 2015, nach 14 Jahren Mitgliedschaft, aus der CDU ausgeschlossen.
2011 sprach sich die „Allianz der Essener Türken“ gegen eine Resolution zu den Grauen Wölfen aus. Der in der Türkei geborene und als Dreijähriger nach Deutschland gekommene, promovierte Politikwissenschaftler, Türkei-Experte, Integrations- und Migrationsforscher Burak Çopur zeigte sich fassungslos, denn auch der Vorsitzende des Integrationsrates Muhammet Balaban und sein Stellvertreter Mehmet Kekec stimmten gegen die Resolution:
„Das Abstimmungsverhalten zeigt, dass der Integrationsrat unterwandert ist, er ist ein Hort der Grauen Wölfe“,
so Burak Copur.
Von einer Unterwanderung des Integrationsrates durch türkische Rechtsextremisten mochte die SPD-Ratsfrau Karla Brennecke-Roos dagegen nicht sprechen. Mit Balaban, dem Vorsitzenden des Rates, und seinen Mitstreitern müsse man Gespräche führen, meinte Brennecke-Roos. „Zumal drei von denen Sozialdemokraten sind.“
Rechtsradikale Türkeistämminge – Wie die Grauen Wölfe in NRW Parteien unterwandern
Quellen
- Bundeszentrale für politische Bildung: Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland
- ZDF: Wölfe im Schafspelz – Türkische Ultranationalisten in Deutschland
- Wikipedia: Graue Wölfe
- Berliner Zeitung: Neue Studie: Die Grauen Wölfe sind eine der gefährlichsten rechtsradikalen Bewegungen
- DER WESTEN: „Integrationsrat ist ein Hort der Grauen Wölfe“
- REPORT MAINZ: Rechtsradikale Türkeistämminge – Wie die Grauen Wölfe in NRW Parteien unterwandern
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