D-Day-Skandal: Anti-FDP-Kampagne, um vom Versagen von Rot-Grün abzulenken?

Von Jürgen Fritz, Sa. 30. Nov 2024, Titelbild: phoenix-Screenshot

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann haben gestern ihre Rücktritte angekündigt. Insbesondere Rot-Grün, ihre Anhänger und die ihnen nahestehenden M-Medien veranstalten derzeit eine regelrechte Anti-FDP-Kampagne. Um was geht es dabei wirklich?

DIE ZEIT tritt eine Kampagne gegen die FDP los

Die FDP hat den Ausstieg aus der Ampel schon länger geplant. Das war klar. Am 15. November veröffentliche dann die Linksaußen-Wochenzeitung DIE ZEIT einen Artikel unter dem Titel „Das liberale Drehbuch für den Regierungssturz“ und schrieb:

„Geheime Sitzungen, Präsentationen, Strategiepapiere: Recherchen der ZEIT zeigen, wie die FDP den Bruch der Ampel wochenlang vorbereitete. Der Name der Operation: ‚D-Day'“. 

Am 29. September 2024 sei es in der Villa Erlenkamp in Potsdam zur entscheidenden FDP-Sitzung gekommen. Da habe die Parteiführung über den Bruch der Ampelregierung beraten und dann den „D-Day“ geplant, um die Regierung zu stürzen. Nach intensiven Diskussionen und geheimen Strategien habe die FDP beschlossen, aus der Scholz-Regierung auszusteigen. Christian Lindner würde alles auf eine Karte setzen und habe den Bruch der Koalition provoziert. Soweit die Darstellung durch DIE ZEIT.

Die Vorgeschichte zu dem Krisengespräch am 6. November 2024

Zu den Fakten: Fest steht, am 6. November 2024 trafen sich Scholz, Lindner und Habeck zu einem Krisengespräch, um über die lange andauernden Differenzen in der Ampelkoalition zu beraten. Darin legte Scholz sein eigenes Finanz- und Wirtschaftskonzept mit dem Titel Agenda für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze vor. Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) am 23. Oktober  ein Konzept mit dem Titel „Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda“ veröffentlicht. In diesem forderte Habeck erneut eine Aussetzung der Schuldenbremse und einen mehrere Hundert Milliarden Euro schweren „Deutschland-Fonds“, um Unternehmen zu subventionieren. Habecks Papier war mit den Koalitionspartnern SPD und FDP nicht abgestimmt.

Anfang November wurde dann ein 18-seitiges FDP-Konzeptpapier mit dem Titel „Wirtschaftswende Deutschland – Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit“ publik. Das Grundsatzpapier zur „Wirtschaftswende Deutschland“ forderte eine grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen, um „Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden“. Dieses Konzeptpapier wurde vielfach als „Scheidungspapier“ bezeichnet, weil klar war, dass SPD und Grüne dem auf keinen Fall zustimmen und es als Affront ansehen würden. Die FDP forderte eine Entlastung der Unternehmen durch Abschaffung des Solidaritätszuschlags und Senkung der Körperschaftssteuer. Weiterhin wurde eine Abkehr von der Wirtschafts- und Klimapolitik des Ministers Habeck gefordert: „Es hilft dem Klimaschutz nicht, wenn Deutschland als vermeintlicher globaler Vorreiter möglichst schnell und folglich mit vermeidbaren wirtschaftlichen Schäden und politischen Verwerfungen versucht, seine Volkswirtschaft klimaneutral aufzustellen.“

In rot-grünen Kreisen stieß das FDP-Grundsatzpapier auf heftige Kritik, Zustimmung gab es dagegen von Seiten der Union und auch von der Wirtschaft sowie von Wirtschaftswissenschaftlern, beispielsweise Professor Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. An einzelnen Punkten gingen die Meinungen hier zwar auseinander, aber von der Grundrichtung her, da waren sich FDP, CDU/CSU, Wirtschaft und Wissenschaft weitgehend einig, sei dies der richtige Ansatz. In der SPD und bei den Grünen sah man das freilich vollkommen anders und das war der eigentliche Grund für das Ende der Ampel: die völlig unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Das Ampel-Aus

Die Zeichen waren also klar erkennbar auf ein Ende der Ampel gestellt. Es war schon länger erkennbar, dass die FDP die Politik von Scholz und Habeck, der SPD und den Grünen nicht länger mittragen wolle. Nun legte also der Kanzler in der Krisensitzung am 6. November sein Finanz- und Wirtschaftskonzept vor. Ein wichtiger Bestandteil darin war die Aussetzung der Schuldenbremse. Dies stellte Scholz als die Bedingung dar, damit die Koalition weiterarbeiten könne. Scholz forderte den Finanzminister Berichten zufolge ultimativ auf, die Schuldenbremse auszusetzen, was Lindner mit Hinweis auf seinen Amtseid und das Grundgesetz ablehnte.

Da die Differenzen somit offenbar unüberwindbar waren, schlug Lindner vor, gemeinsam und in geordneter Weise Neuwahlen im Frühjahr zu verkünden. Scholz lehnte das ab und gab am Abend in einem als „Wutrede“ bezeichneten eines Bundeskanzlers kaum würdigen Statement bekannt, dass er Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um die Entlassung des Finanzministers bitten würde. Kurz darauf kündigten alle FDP-Bundesminister außer Volker Wissing, der seinen FDP-Austritt ankündigte, ihren Rücktritt aus der Scholz-Regierung an. Damit war die Ampel nach nicht einmal drei Jahren Regierungszeit am Ende.

Das Suchen eines Sündenbocks für das Scheitern der Scholz-Regierung

Für Rot-Grün, ihre Anhänger und die grün-rot-dunkelrot dominierten M-Medien war dies wohl ein geradezu traumatisches Erlebnis. Eine neue rot-grüne Ära über mehrere Legislaturperioden hatte man einleiten wollen und hatte nun nicht einmal eine Legislaturperiode, ja nicht einmal drei Jahre geschafft.

Und was machen Menschen besonders gerne, wenn sie von sich selbst enttäuscht sind, wenn sie extrem versagt haben? Sie suchen sich einen Sündenbock, auf den sie alle Schuld schieben können, um sich selbst dadurch gleichsam reinzuwaschen, sich vor sich selbst und der Außenwelt zu exkulpieren und all diese negativen Emotionen auf einen anderen abladen zu können. Und wer böte sich da mehr an als die in linkspopulistischen, linksradikalen und linksextremen Kreisen ohnehin verhassten Liberalen, die FDP und hier ganz besonders eines ihrer Lieblingsfeindbilder Christian Lindner?

Der FDP-Generalsekretär und der Bundesgeschäftsführer treten zurück

Vorgestern, am 28.11.2024, veröffentlichte die FDP nun ein am 5. November erstelltes Dokument, das sich nach eigenen Angaben damit befasst, wie ein Ausstieg der FDP aus der Scholz-Regierung kommuniziert werden könne. Nach Aussage der FDP wurde das Strategiepapier aus Transparenzgründen veröffentlicht.

Gestern, am 29.11.2024, trat Bijan Djir-Sarai als Generalsekretär der FDP zurück. Er begründete dies damit, dass er unwissentlich falsche Informationen zu einem ihm unbekannten internen Dokument weitergegeben habe, und entschuldigte sich dafür. Auch der Bundesgeschäftsführer der FDP, Carsten Reymann, der Autor des Papiers, ist anschließend zurückgetreten.

Rot-Grün, ihre Anhänger und die grün-rot-dunkelrot dominierten M-Medien versuchen, die FDP weiter zu beschädigen

Rot-Grün, ihre Anhänger und die grün-rot-dunkelrot dominierten M-Medien versuchen nun, den Druck auf die FDP immer weiter zu verstärken, hoffen wohl, dass sie auch Lindner stürzen und die FDP noch weiter beschädigen können, zum Einen um wie oben beschrieben ihre eigenen negativen Emotionen und die Enttäuschung über das eigene Versagen auf die FDP weg zu kanalisieren (Sündenbockfunktion), zum anderen um auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Wähler von sich, der eigenen Regierungsarbeit und dem katastrophalen Zustand, in dem Deutschland, insbesondere die deutsche Wirtschaft sich aktuell befindet, weg zu lenken.

Mit Hilfe von DIE ZEIT, SZ, SPIEGEL, STERN, t-online, Deutschlandfunk, Frankfurter Rundschau etc. und natürlich ARD und ZDF scheint das auch ganz gut zu gelingen.

Hier ein paar andere Stimmen

Joachim Steinhöfel, Rechtsanwalt und Publizist: „Man kann sicher vieles an der FDP und ihrem Personal kritisieren. Aber dass eine Partei angesichts des katastrophalen Zustands der Ampel strategische Überlegungen zum Ausstieg anstellt, ist zwingend und bei rot-grün genauso geschehen. Was für ein groteskes Affentheater. #Dday“

Marco Junk, Gründer, Unternehmer, Anwalt, FDP: „Die Tagesthemen arbeiten sich verbissen am D-Day-Wording ab, fanden in den letzten Monaten aber nicht 10 Prozent dieser journalistischen Energie für die größte Wirtschaftskrise seit Bestehen der BRD. Bemerkenswerte Bigotterie.“

sparbuchfeinde: „Deutschland ist seit zwei Jahren in der Rezession, täglich werden irgendwo neue Stellen gestrichen, die Innenministerin warnt vor Weihnachtsmärkten, unser Rentensystem kollabiert. Und die Medien spielen FDP D-Day hoch und runter. Wir verlieren den Fokus auf das Wesentliche.“

Don Alphonso (Rainer Meyer, Pseudonym Don Alphonso), Journalist und Blogger: „Ich denke im Gegensatz zu vielen Journalisten, dass die Wahl von Ferda Ataman, das Kuschen vor Lauterbach, das Selbstbestimmungsrecht und das Gebäudeenergiegesetz der FDP deutlich mehr als der D-Day geschadet haben.“

Philipp Karrenstein, Unternehmer: „‚Geheimpapier‘: Dass die SPD aus D-Day, interner Abstimmung der FDP und dem Koalitionsbruch einen Skandal machen möchte? Geschenkt. Geheim war daran aber nichts. Die FDP hat seit September offen kommuniziert, was sie erwartet, damit es weitergeht.“

Ulf Poschardt, Chefredakteur von WELT-N24: „Dass das 👇🏼 nicht das Hauptthema in den Medien ist, sondern diese lächerliche D-Day-Geschichte der FDP zeigt einmal mehr: der deutsche Journalismus ist in einem Ausmaß rotgrün geprägt, es ist absolut grandios.“ Poschardt verweist auf eine Nachricht von WELT-Reporter Tim Röhn, der schreibt: „Im Blick auf die erst bestrittene & nun belegte Beeinflussung des RKI behauptet Karl Lauterbach, der Corona-Expertenrat habe geraten, das Risiko nicht von ’sehr hoch‘ auf ‚hoch‘ herabzusetzen. ER-Mitglieder, mit denen ich sprach, erinnern sich nicht. Erklärungsbedürftig.“

Mario Lochner, Beststeller-Autor: „Die ‚D-Day‘-Affäre der FDP ist peinlich, die Kommunikation eine Katastrophe – und ich kapiere beim besten Willen nicht, warum man diese Koalition nicht einfach straight beendet hat. Aber der Abbruch war trotzdem richtig und einen Wirtschaftsminister, der fallende Inflation für sinkende Preise hält, finde ich gefährlicher als Niveaulosigkeit.“

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