Von Jürgen Fritz, So. 30. Jun 2019
Morgen beginnen die Wimbledon Championships, das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt, welches seit 1877 ausgetragen wird. Im Herreneinzel dominieren hier seit 2003 drei Spieler, die 14 der letzten 16 Wimbledon-Titel holten: Federer 8, Djokovic 4 und Nadal 2 (Murray ebenfalls 2). Doch wer sind dieses Jahr die Favoriten auf den Turniersieg?
Djokovic, Federer und Nadal auf 1, 2 und 3 gesetzt
Auf den Positionen 1, 2 und 3 in diesem Jahr gesetzt sind: Djokovic, Federer und Nadal, die auch in der aktuellen 52-Wochen-Weltrangliste auf 1 bis 3 stehen; ebenso im 2019er Ranking seit dem 1. Januar. Sollte einer von den dreien Wimbledon gewinnen, hat er auch sehr gute Chancen, Spieler des Jahres 2019 zu werden. Die Australian Open im Januar gewann Djokovic, die French Open Anfang Juni Nadal und Federer bringt es bisher als einziger auf drei Turniersiege in 2019.
Wimbledon ist das einzige Turnier, das in der Setzliste etwas von der Weltrangliste abweicht. Die Engländer gewichten zusätzlich zu dieser die Erfolge auf Rasen in den letzten beiden Jahren. Daher ist Federer, der Rasenspezialist, der in der Weltrangliste auf 3 steht, vor Nadal auf 2 gesetzt. Und so funktioniert die Setzliste in Wimbledon: Es werden folgende drei Zahlen aufaddiert, wobei der Stichtag der Montag vor Turnierbeginn, dieses Jahr also der 24. Juni 2019, ist:
- a) alle Weltranglistenpunkte vom Stand 24.06.2019, also die Ergebnisse auf allen Belägen der letzten 52 Wochen (bei allen anderen Turnieren zählt nur das), plus
- b) alle Weltranglistenpunkte, die in den vergangenen 12 Monaten auf Rasen erzielt wurden; das heißt, die Rasenturniere der letzten 52 Wochen werden doppelt gezählt, da sie ja schon in (a) enthalten sind, plus
- c) 75 Prozent der Punkte für das beste Resultat auf Rasen in den davor liegenden zwölf Monaten. Hiervon profitiert am meisten Roger Federer, der 2017 in Wimbledon gewann, wofür er 2.000 Punkte erhielt, wovon 75 Prozent, also 1.500 Punkte mit einfließen. Diese Punkte fehlen in der 52-Wochen-Weltrangliste in (a) ja längst.
Die ersten 16 der Setzliste
Dadurch kommt es zu folgenden leichten Verschiebungen. Gesetzt sind insgesamt 32 der 128 Spieler im Hauptfeld, die in frühestens ab der dritten Runde aufeinander treffen können, die Nr. 1 und die Nr. 2 erst im Finale. Hier die ersten 16 Gesetzten:
- Novak Djokovic (ATP 1)
- Roger Federer (ATP 3)
- Rafael Nadal (ATP 2)
- Kevin Anderson (ATP 8)
- Dominic Thiem (ATP 4)
- Alexander Zverev (ATP 5)
- Stefanos Tsitsipas (ATP 6)
- Kei Nishikori (ATP 7)
- John Isner (ATP 12)
- Karen Khachanov (ATP 9)
- Daniil Medvedev (ATP 13)
- Fabio Fognini (ATP 10)
- Marin Cilic (ATP 18)
- Borna Coric (ATP 14)
- Milos Raonic (ATP 17)
- Gael Monfils (ATP 15)
Die beiden Oldies, Federer (37,8) und Nadal (33) sind beide in der unteren Hälfte des Tableaus, könnten also im Halbfinale aufeinander treffen und der Sieger dann im Endspiel auf Djokovic (32,1), der ganz oben auf 1 gesetzt ist.
Top-Favoriten auf den Turniersieg
Im letzten Jahr war übrigens der Höhepunkt des Turniers das unglaublich hochklassige Halbfinale zwischen Djokovic und Nadal, das der Serbe nach 5:15 h mit 10:8 im fünften Satz für sich entscheiden konnte, was dann am Jahresende auch entscheidend war für den Titel Spieler des Jahres. Denn im Endspiel hatte Djokovic mit dem 2,03 m-Mann Kevin Anderson keinerlei Probleme, gegen den er in 2:19 h glatt in 3:0 Sätzen mit 6:2, 6:2, 7:6 gewann.
Federer, der die Wimbledon Championships 2017 zum achten Mal für sich entscheiden konnte (einmaliger Rekord), schied letztes Jahr etwas überraschend im Viertelfinale gegen Anderson nach 4:14 h mit 11:13 im fünften Satz aus. Und nun raten Sie, wer dieses Jahr die drei Top-Favoriten sind.
- Djokovic: ca. 44 % Gewinnwahrscheinlichkeit (Wettquote: 1:2,25)
- Federer: ca. 25 % (1:4)
- Nadal: ca.14 % (1:7).
Sollten die Big Three, die 14 der letzten 16 Wimbledon-Titel holen konnten, dieses Jahr alle drei schwächeln, dann werden den drei Youngstars die größten Chancen auf den Turniersieg eingeräumt :
4. Tsitsipas (20,8): ca. 5 % (1:19)
5. Zverev (22,1): ca. 3 – 4 % (1:26)
6. Auger-Aliassime (18,8): ca. 3 – 4 % (1:26).
Wenn Sie also einen Euro auf den Deutschen Alexander Zverev setzen und er gewinnt die Herreneinzelkonkurrenz tatsächlich, bekommen Sie 26 Euro zurück, bei Djokovic dagegen nur 2,25 Euro.
Es gibt noch immer keinen Grand Slam-Sieger, der nach 1988 geboren wurde
Und so könnten die Viertelfinale (fünfte Runde) aussehen, wenn die Favoriten nicht in den ersten drei, vier Runden ausscheiden:
- Djokovic oder Auger-Aliassime – Tsitsipas
- Raonic oder Anderson – Alexander Zverev
- Thiem – Cilic, Kyrgios oder Nadal
- Nishikori oder Isner – Federer
Und übrigens, die 1990er Jahre haben bislang keinen einzigen Spieler hervorgebracht, der auch nur ein Grand Slam-Turnier für sich entscheiden konnte. Nicht einen! Extremer noch: Es gibt keinen Spieler, der nach 1988 geboren wurde, der einen A-Einzeltitel erringen konnte. Der beiden derzeit jüngsten Grand Slam-Champions sind Marin Cilic und Juan Martin del Potro, beide Jahrgang Sept. 1988, also beide 30,7 Jahre alt, die jeweils einmal die US Open gewinnen konnten. Alle anderen großen Titel gingen an Spieler, die vor 1988 geboren wurden. Etwas Vergleichbares gab es meines Wissens niemals in der Geschichte des Tennissports.
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