Von Weizsäcker in Berlin während eines Vortrages erstochen: erste Details

Von Jürgen Fritz, Mi. 20. Nov 2019, Update: 21.25 Uhr, Titelbild: WELT-Screenshot

Fritz von Weizsäcker, der 59-jährige Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, ist gestern Abend während eines Vortrags in einer Berliner Klinik, in welcher er als Chefarzt tätig war, erstochen worden. Er erlag noch am Tatort seinen schweren Verletzungen. Ein Polizist, der als Zuhörer privat bei dem Vortrag zugegen war und dazwischen gehen wollte, wurde schwer verletzt.

Chefarzt in eigener Klinik während eines Vortrags erstochen

Richard von Weizsäcker war von 1981 bis 1984 Regierender Bürgermeister von Berlin, von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Am 31. Januar 2015 verstarb er im Alter von 94 Jahren. Zusammen mit Marianne von Kretschmann, die er 1953 heiratete, hatte er vier Kinder. Das jüngste davon war sein Sohn Fritz von Weizsäcker. Dieser war Professor für Innere Medizin und seit dem 1. Juli 2005 Chefarzt der Inneren Abteilung der Schlosspark-Klinik Berlin.

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WELT-Screenshot: Fritz von Weizsäcker

Gestern Abend hielt er dort, wie schon oft zuvor, in den Klinikräumen einen Vortrag der sich an interessierte medizinische Laien wendete, die etwas über Erkrankungen, deren Diagnose und Therapiemöglichkeiten erfahren möchten. Das Thema war dieses Mal „Fettleber – (K)ein Grund zur Sorge?“. Bei dem Vortrag waren etwa 15 Gäste plus  Klinikpersonal anwesend. Dabei kam es zu einem schrecklichen Verbrechen, das im Moment alle ratlos macht.

Nachdem Professor von Weizsäcker schon fast eine Stunde gesprochen hatte, sprang kurz vor 19 Uhr plötzlich und völlig unvermittelt ein Mann auf und stürmte bewaffnet mit einem Messer auf den Vortragenden los. Ein Polizist, der sich privat unter den Zuhörern befand, versuchte noch, den Angreifer aufzuhalten. Doch vergeblich. Er wurde selbst schwer verletzt und konnte die Attacke auf den Referenten nicht verhindern. Dieser wurde durch den Messerangriff so schwer verletzt, dass er innerhalb kürzester Zeit noch am Tatort verstarb.

Um 18.59 Uhr ging bei Feuerwehr und Polizei der Notruf ein. Rettungssanitäter und ein Notarzt eilten sofort zu Hilfe. Diese konnten dem schwer verletzten Mediziner aber nicht mehr helfen. Die Reanimationsversuche des Notarztes konnten nichts mehr ausrichten. Der 59-jährige Chefarzt stirbt in seiner eigenen Klinik, er kann nicht mehr gerettet werden.

Der Tatverdächtige ist ein Mann, Jahrgang 1962, mit deutscher Staatsangehörigkeit

Mehrere von den etwa 20 Leuten im Publikum halfen dann laut Polizei, den Täter festzuhalten und ihn der Polizei zu übergeben. Diese konnte den Mann dann noch vor Ort festnehmen und ermittelt nun in einer Mordkommission zu den Hintergründen.

Bei dem Festgenommenen soll es sich um einen 56- oder 57-Jährigen (Jg. 1962) mit deutscher Staatsangehörigkeit handeln. Das teilte die Polizei am Mittwochmorgen auf Anfrage verschiedener Medien mit. Der Verdächtige sei vorher nicht polizeibekannt und auch kein Patient der Klinik gewesen. Laut einem Bericht des Tagesspiegel wurde er in Berlin geboren, lebt aber in Koblenz und heißt Gregor S.

Die Tatwaffe war den Angaben zufolge ein Messer. Der Mann wurde wohl in der Nacht noch verhört. Er soll heute einem Haftrichter vorgeführt werden. Weitere Angaben zur Identität und zum Motiv der Tat wurden noch nicht gemacht. Die Polizei ermittele laut der Sprecherin in alle Richtungen. Beamte sollen demnach auch die Familie Weizsäckers dazu befragen, ob es eine Bedrohungslage gegeben haben könnte.

Polizist außer Lebensgefahr

Laut B.Z. soll der Mann aus Rheinland-Pfalz sein. Noch in der Nacht wurde seine Wohnung durchsucht, ohne dass dort etwas Auffälliges gefunden worden sei. Er soll auch etwas zu seinem Motiv gesagt haben. Da er aber psychisch auffällig sei, wäre unklar, inwieweit seine Aussagen als zutreffend eingestuft werden können. Heute Nachmittag soll der Täter einem Psychiater vorgestellt werden, anschließend dem Haftrichter. Der werde sich entscheiden, ob er in die U-Haft oder in den Maßregelvollzug kommt.

Bei dem Polizisten, der versucht hatte, den Täter aufzuhalten und dabei schwer verletzt wurde, handelt es sich um einen 33 Jahre alten Angehörigen des Berliner LKA, der die Veranstaltung privat besucht hatte. Er wurde in ein anderes Krankenhaus gebracht und dort operiert und ist inzwischen auf jeden Fall außer Lebensgefahr, wie eine Sprecherin der Berliner Polizei am Mittwochmorgen mitteilte. Er erlitt Schnittverletzungen sowohl an den Händen, als auch am Oberkörper. Im Laufe des Vormittags sollen weitere Informationen zum Ablauf des Geschehens bekanntgegeben werden.

Update: Zum Motiv des Täters

Die Staatsanwaltschaft sieht das Motiv in der „wohl wahnbedingten allgemeinen Abneigung des Beschuldigten gegen die Familie des Getöteten“. Wegen der „akuten psychischen Erkrankung“ des Beschuldigten wolle sie eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragen, wie der Tagesspiegel berichtet.

Laut dem Spiegel habe der Beschuldigte seine Abneigung mit der Rolle Richard von Weizsäckers, dem Vater des Getöteten, beim Chemiekonzern Boehringer Ingelheim begründet. Richard von Weizsäcker sei als Geschäftsführer des Konzerns in den Sechzigerjahren dafür verantwortlich gewesen, dass das Unternehmen tödliche Giftstoffe für den Vietnamkrieg geliefert habe. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft wollte den Inhalt der Aussage weder bestätigen noch dementieren.

Der 57-Jährige hat laut Polizei und Staatsanswaltschaft angegeben, die Tat geplant zu haben. Im Internet sei er auf den Vortrag in der Schlosspark-Klinik gestoßen. Am Dienstag sei er dann mit der Bahn zu der Veranstaltung gefahren. Zuvor habe er noch in Rheinland-Pfalz ein Messer gekauft.

Die Tatvorwürfe lauten daher Mord und versuchter Mord, weil der Mann auch den 33-jährigen Polizisten, der ihn zu überwältigen versuchte, schwer verletzte.

Reaktionen auf das schreckliche Verbrechen

🖤Mein Freund Fritz von Weizsäcker wurde heute Abend in Berlin erstochen. Ein passionierter Arzt und feiner Mensch. Neulich noch war er bei uns zuhause zum Grillen. Ich bin fassungslos und muss meine Trauer teilen. Einmal mehr fragt man sich, in welcher Welt wir leben. CL“, schrieb heute Nacht Christian Lindner, der mit dem Ermordeten befreundet war:

Lindner

Der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker hat seinen getöteten Cousin Fritz mit warmen Worten gewürdigt. „Ich fand ihn ganz wunderbar“, sagte von Weizsäcker am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Ich habe ihn ungewöhnlich lieb gehabt.“

 Fritz von Weizsäcker bei Vortrag in Berliner Klinik erstochen

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