Von Jürgen Fritz, Di. 22. Sep 2020, Titelbild: Tennis TV-Screenshot
Novak Djokovic hat eine Mission: Er will der größte Tennisspieler aller Zeiten werden. Und er rückt diesem Ziel immer näher. Mit seinem Sieg gestern im Finale von Rom gewann er nicht nur dieses B-Turnier zum fünften Mal, sondern errang zugleich seinen 36. Titel bei einem Masters 1000-Tournament. Weltrekord! Doch das ist noch nicht alles.
Fünfter Sieg in Rom, 36. Triumph bei einem Masters 1000-Turnier
Novak Djokovic hat es geschafft. In seinem zehnten Endspiel beim Sandplatzturnier in Rom gewann er nach 2008, 2011, 2014 und 2015 dort seinen fünften Titel. In knapp zwei Stunden (1:53 h) besiegte er den tapfer sich wehrenden Diego Schwartzman, der in der Weltrangliste von 15 auf 13 steigt, mit 7:5, 6:3. Schwartzman hatte am Samstagabend im Viertelfinale sensationell den neunmaligen Rom-Champion Rafael Nadal ausgeschaltet und im Halbfinale am Sonntagabend in 3:15 h den Kanadier Denis Shapavalov, die neue Nr. 10 der Welt (bisher die 14), förmlich nieder gerungen.
Djokovics fünfter Rom-Titel ist zugleich sein 36. Triumph bei einem B-Turnier der Masters 1000 Serie. Den Rekord hielten Djokovic und Nadal bisher zusammen mit 35 Siegen bei der seit 1990 von der ATP ausgetragenen Super-9-Turnierserie. Zudem gewann der Serbe auch fünfmal die ATP Finals (B+), das fünftwichtigste Turnier der Welt. Hier liegt nur Federer mit sechs ATP Finals-Titeln vor ihm.
Deutlicher wichtiger sind aber natürlich die Grand Slam-Siege (A). Diese vier von der ITF ausgetragenen Major-Turniere werden seit 1877 (Wimbledon), 1881 (US Open), 1891 (French Open) bzw. 1905 (Australian Open) gespielt. Hier liegen nur noch Federer mit 20 und Nadal mit 19 Grand Slam-Titeln im Herreneinzel vor Djokovic mit 17 (vor Sampras mit 14), der mit dieser Zahl noch lange nicht zufrieden ist. Sein Ziel werden in dieser wichtigsten aller Rubriken die 21 sein.
287. Woche auf Position 1 in der Weltrangliste – Nur Federer war länger die Nr. 1
Außerdem führt Nole diese Woche zum 287. Mal die seit August 1973 geführte Weltrangliste an. Hier liegt jetzt nur noch einer vor ihm: der bislang Größte aller Zeiten Roger Federer mit 310 Wochen. Den großen Pete Sampras, der alles überragende Spieler der 1990er, ließ Djokovic nunmehr hinter sich. Außerdem dürfte er das Jahr zum sechsten Mal als die Nr. 1 der Welt abschließen und damit auch diesen Rekord von Sampras einstellen. Federer und Nadal gelang dies je fünfmal, wobei Nadal zusätzlich sechsmal am Jahresende die Nr. 2 war und Federer sogar 15 mal am Jahresende unter den Top-Drei: fünfmal auf 1, sechsmal auf 2 und viermal auf 3.
Die Tennisspieler mit den meisten Wochen auf Platz 1 der Weltrangliste:
- Roger Federer (Schweiz): Der überragende Spieler des Jahrzehnts der 2000er (vor Nadal) führte die Weltrangliste zwischen Februar 2004 und Juni 2018 insgesamt 310 Wochen, über 5,9 Jahre an. Federer war aber nicht nur die meisten Wochen auf Platz 1, sondern auch am längsten in der absoluten Weltspitze: Sage und schreibe 15 mal stand er am Jahresende unter den ersten Drei und war im Juni 2018, mehr als 14 Jahre nachdem er erstmals ganz oben stand, nochmals die Nr. 1 der Welt.
- Novak Djokovic (Serbien): Der Spieler des Jahrzehnts der 2010er (knapp vor Nadal) war zwischen Juli 2011 und heute, September 2020, insgesamt 287 Wochen = 5,5 Jahre ganz vorne. Außerdem stand er dreimal am Jahresende auf 2 und viermal auf 3 (2007 bis 2010 immer hinter Federer und Nadal bzw. Nadal und Federer).
- Pete Sampras (USA): Der überragende Spieler des Jahrzehnts der 1990er (vor Agassi) war zwischen April 1993 und Nov. 2000 insgesamt 286 Wochen = 5,5 Jahre auf Platz 1 der Weltrangliste.
- Ivan Lendl (Tschechoslowakei/USA): Der knapp vor McEnroe Spieler des Jahrzehnts der 1980er führte die Rangliste zwischen Februar 1983 und August 1990 insgesamt 270 Wochen = 5,2 Jahre an.
- Jimmy Connors (USA): Der zusammen mit Borg erfolgreichste Spieler der 1970er und frühen 1980er war zwischen Juli 1974 und Juli 1983 insgesamt 268 Wochen = 5,1 Jahre auf eins gelistet, wobei die Rangliste in den ersten Jahre noch nicht so ausgefeilt war wie heute. Viele sahen in manchen Wochen, Monaten und Jahren Borg eher vor Connors, doch das damalige Punktesystem kam zu einem anderen Ergebnis.
- Rafael Nadal (Spanien): Zwischen August 2008 und Februar 2020 war Rafa insgesamt die 209 Wochen = 4 Jahre die Nr. 1 der Welt. Damit führte Nadal die Weltrangliste als einziger in drei verschiedenen Dekaden, den 2000ern, den 2010ern und den 2020ern, an. In drei Dekaden ganz oben zu stehen, schaffte kein anderer Spieler seit es den Tennissport gibt, also seit über 140 Jahren.
- John McEnroe (USA): Der nach Lendl erfolgreichste Spieler der 1980er und in der ersten Hälfte der 1980er überragende Spieler stand zwischen März 1980 und September 1985 insgesamt 170 Wochen = 3,25 Jahre ganz oben.
- Björn Borg (Schweden): Der überragende Spieler der späten 1970er Jahre war zwischen August 1977 und August 1981 insgesamt 109 Wochen = 2,1 Jahre die Nr. 1 der Weltrangliste.
Djokovic will die 21 bei den Major-Titeln
Das wichtigste Kriterium von allen ist aber, wenn es um die Frage geht, wer der größte Spieler aller Zeiten ist, sicherlich, wie viele Major-Titel (A) man in seiner Karriere erringen konnte. Hier liegt Djokovic hinter Federer und Nadal noch auf Rang drei der ewigen Bestenliste.
Die meisten Grand Slam-Titel im Herreneinzel:
- Roger Federer: 20
- Rafael Nadal: 19
- Novak Djokovic: 17
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Pete Sampras: 14
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(Roy Emmerson: 12, alle als Amateur ohne Konkurrenz der damals besseren, nicht spielberechtigten Profis)
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Rod Laver: 11
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Björn Borg: 11
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Bill Tilden: 10
Nun wird Djokovic ab nächster Woche bei den French Open (A), dem letzten Grand Slam-Turnier in 2020, das wegen der COVID-19-Pandemie um vier Monate verschoben wurde, angreifen und versuchen, seinen 18. Major-Titel einzufahren. Hier machte er bereits eine Kampfansage an Rafa, den größten Sandspieler aller Zeiten, der dieses Turnier sage und schreibe zwölfmal für sich entscheiden konnte: Dieser sei zwar Favorit für die French Open, er sei dieses Jahr aber „beatable“ (besiegbar).
Die Favoriten auf den Turniersieg bei den French Open
Die Bedingungen, unter denen Nadal gegen Schwartzman gespielt habe, ein schwerer Boden mit wenig Sprungkraft, feucht, Nachtsession, das werde es auch in Paris geben (da die French Open dieses Jahr nicht im warmen Mai/Juni, sondern im September/Oktober gespielt werden). Er, Djokovic, sei sich ziemlich sicher, dass Rafa ein hohes Sprungverhalten der Bälle präferiere. Nadal möge die heißen, warmen und schnellen Bedingungen, wo er seinen Spin sehr gut ausnutzen könne. Daher werde es dieses Jahr interessant werden bei den French Open. Obwohl Nadal der Favorit Nr. 1 sei, glaube er, dass es dort Spieler geben werden, die gegen ihn gewinnen können. Soweit der Rom-Sieger Novak Djokovic. Und wie sehen es die Buchmacher?
So viel erhält man als Siegprämie, wenn man 100 Euro auf den jeweiligen Spieler als Turniersieger setzt:
- Rafael Nadal (2): 191
- Novak Djokovic (1): 400
- Dominic Thiem (3): 400
- Stefanos Tsitsipas (6): 2.100
- Alexander Zverev (7): 2.600
- Daniil Medvedev (5): 2.600
Diese sechs Spieler dürften den Turniersieg unter sich ausmachen, wobei Nadal, Djokovic und Thiem die drei Top-Favoriten und wohl auch derzeit besten Sandspieler der Welt sind. Der noch verletzte Roger Federer (4), Roland-Garros-Sieger von 2009, wird in Paris, das am kommenden Sonntag beginnt und über 15 Tage gespielt wird, nicht antreten.
Es bleibt spannend, 2020 und wohl auch 2021, wenn Federer nach seinen Knieoperationen mit inzwischen 39 Jahren zurückkehren und insbesondere in Wimbledon versuchen wird, in diesen Kampf um die ewige Krone auch nochmals einzugreifen.
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