Hendrik Streeck räumt mit Thesen von „Querdenkern“ und Impfgegnern auf

Von Jürgen Fritz, Mo. 21. Sep 2020, Titelbild: phoenix-Screenshot

Impfgegner und Corona-Extremverharmloser berufen sich gerne auf bestimmte Mediziner, so auf den Virologen Hendrik Streeck. Doch was genau denkt und sagt dieser über das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2? In einem Interview mit DW räumt Streeck mit einigen Thesen von Verschwörungsgläubigen, Querdenkern und Impfgegnern auf.

SARS-CoV-2 ist mindestens viermal gefährlicher als eine saisonale Grippe

Impfgegner und Corona-Extremverharmloser berufen sich gerne auf bestimmte Mediziner, die sie meist eher unkritisch, manchmal auch selektiv zur Kenntnis nehmen, je nachdem ob ihnen einzelne Aussagen in ihr vorgefertigtes, wenig reflektiertes, bisweilen von Verschwörungsmythen und Klassenkampfparolen geprägtes Konstrukt hineinpasst oder nicht. Unter anderem berufen sie sich gerne auf einen der führenden Virologen: Professor Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik in Bonn. Doch was genau denkt und sagt dieser? In einem Interview mit der Deutschen Welle räumt der Virologe mit einigen Thesen von Verschwörungsgläubigen, “Querdenkern“ und Impfgegnern auf.

These 1: Das Virus wäre gar nicht so gefährlich, die Gefahr werde von Medien, Politikern und Wissenschaftlern aufgebauscht.

Dazu Hendrik Streeck: „Das stimmt nicht! Alle Studien, die bisher durchgeführt wurden, sowohl die Studien in den USA, die ja eine relativ niedrige Sterblichkeit suggerieren, als auch die anderen Studien, die eine sehr hohe Sterblichkeit suggerieren, zeigen eindeutig, dass es eine höhere Sterblichkeit hat als die saisonale Grippe.“ Seine Arbeitsgruppe habe im Kreis Heinsberg selber herausgefunden, dass das Virus „mindestens viermal gefährlicher ist als eine saisonale Grippe“.

Dabei geht Streeck von einer Letalität von ca. 0,3 bis 0,45 Prozent aus. Vieles deutet aber daraufhin, dass sie zwischen 0,3 und bis 1 Prozent liegen dürfte, unter Umständen also mehr als doppelt so hoch, wie von Streecks Arbeitsgruppe ermittelt.

Impfungen greifen nicht in die menschliche DNA ein

These 2: Es gäbe so viele Großdemonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Danach habe es aber keine Ausbrüche gegeben.

Dazu Streeck: Da diese Demonstration draußen stattgefunden haben, sei die Übertragungswahrscheinlichkeit erst mal geringer als in Innenräumen. Außerdem sei es sehr schwer nachzuvollziehen, ob bei einer Demonstration, die zum Beispiel in Berlin stattgefunden habe und von wo auch viele der Teilnehmer in verschiedene Städte gefahren seien, ob es dort in den Städten dann einen Ausbruch gegeben habe. Leichter seien solche Sachen dann nachzuvollziehen, wenn nur Teilnehmer aus einem Ort anwesend gewesen sind.

These 3: Diese Impfungen wären höchst gefährlich und würden unsere DNA angreifen. Außerdem wolle ja nur die Pharmaindustrie dran verdienen.

Dazu Streeck: „Beide Thesen sind eindeutig falsch.“ Eine Impfung greife nicht in das humane Genom, also in die DNA ein. Auch die RNA-Impfstoffe funktioniere ja so, dass davon Proteine generiert werden. „Wir haben selber nicht die Enzyme in unserem Körper, das von der RNA wieder DNA wird. Das können nur bestimmte Retroviren.“ Daher könne eine Impfung nicht in die DNA eingreifen.

Natürlich verdiene die Pharmaindustrie auch an Impfstoffen. Was die Krankenkassen jedes Jahr für Impfstoffe ausgeben, sei aber nur 0,3 Prozent des Budgets im Vergleich zu dem, was für Medikamente ausgegeben werde. „Das Budget ist einen Impfstoff ist also wirklich sehr gering.“ Außerdem müsse eine Pharmaindustrie auch daran verdienen. Ohne diese Gelder könnte sie solche Impfstoffentwicklungen ja gar nicht machen.

Junge, fitte Menschen sind zwar deutlich weniger gefährdet, aber auch sie können schwer erkranken und an COVID-19 sterben

These 4: Das Virus sei bereits so oft mutiert, da bringe eine Impfung gar nichts. Oder man müsste sich jedes Jahr wie bei der Grippe neu impfen lassen.

Dazu Streeck: „Das kann man gar nicht sagen.“ Richtig sei, dass das Virus mutiert. Aber die Mutationsrate sei nicht so eine starke wie bei der Grippe. Ob ein Impfstoff am Ende wirkt und wie häufig man sich impfen lassen muss, „das können wir noch gar nicht sagen, weil es noch keinen Impfstoff gibt“.

These 5„Selbst wenn ich mich anstecke: Ich bin jung und fit. Wenn überhaupt, kriege ich nur milde Symptome.“

Dazu Streeck: Nach der Statistik sei es richtig, dass junge und fitte Menschen keine oder nur milde Symptome haben. Wenn man sich auf die Statistik berufe, habe man also Recht. „Es kann aber immer sein, dass auch junge Menschen und fitte Menschen sehr schwere Symptome haben oder sogar daran versterben. Das haben eben auch mehrere Fälle bereits gezeigt.“

Hinweis: Hier können Sie das komplette Interview nachlesen: Virologe Streeck entkräftet Verschwörungstheorien.

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