Von Jürgen Fritz, Mo. 07. Dez. 2020, Titelbild: Public domain, via Wikimedia Commons
In Teil eins haben wir gesehen, wer zwischen 1877 und 1929 die Tennisspieler des Jahres und die jeweilige Nr. 2 der Welt waren. Nun zu den nächsten 40 Jahren von 1930 bis 1969, der Zeit in welcher die Profis sich von ihrem Niveau her immer mehr von den Amateuren absetzten, bis dann im April 1968 die großen Turniere auch für professionelle Tennisspieler geöffnet wurden, womit eine ganz neue Ära begann: die Open Era.
Spieler der Jahrzehnts der 1930er Jahre: Ellsworth Vines (& Fred Perry)
1931 war Tilden, wie erwähnt, ins Profi-Lager gewechselt und war auch in diesem Jahr, mit inzwischen 38, der überragende Spieler der Welt. Damit war erstmals ein Profi auf 1 oder 2 im World-Ranking. Tilden tourte dann für 15 Jahre mit anderen Spitzenspielern durch die USA und Europa, die Zuschauer wollten jedoch vor allem ihn spielen sehen. Trotz seines hohen Alters konnte Tilden mit den deutlich jüngeren Spielern und Tennisgrößen der 1930er Jahre noch immer mithalten.
1930: 1. Cochet, 2. Tilden
1931: 1. Tilden, 2. Cochet
1932: 1. Vines, 2. Tilden
1933: 1. Crawford, 2. Perry
1934: 1. Perry, 2. Vines
1935: 1. Perry & Vines
1936: 1. Perry & Vines
1937: 1. Perry & Vines & Budge
1938: 1. Budge, 2. Vines
1939: 1. Budge, 2. Vines
Insgesamt: 1. Vines 4,5 – 2. Perry 3,5 – 3. Budge: 2,5

Fred Perry, Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
Der Engländer Fred Perry (1909-1995) spielte in seiner Jugend zunächst nur Polo und Tischtennis. 1929 wurde Tischtennis-Weltmeister. Unmittelbar danach beendete er seine Tischtenniskarriere und konzentrierte sich von nun an auf Tennis. Bereits im Sommer 1929 qualifizierte er sich für die Teilnahme in Wimbledon. 1934 bis 1936 gewann er dort dreimal hintereinander. Er war der erste Wimbledonsieger, der aus der Arbeiterklasse stammte. Darüber hinaus gewann er auch dreimal die Einzelkonkurrenz bei den US Open sowie je einmal bei den Australian Open und den French Open. Damit war Perry der erste Spieler überhaupt, dem ein sogenannter Karriere-Grand-Slam gelang.

Ellsworth Vines, Author unknown (Fairfax), Public domain, via Wikimedia Commons
Der US-Amerikaner Ellsworth Vines (1911- 1994), mit 1,89 m sehr groß und extrem schlank gewachsen, galt als eines der größten Talente, die der Tennissport je sah, zugleich aber auch als recht faul und schnell gelangweilt. Bereits mit knapp 20 Jahren gewann er 1931 die amerikanischen Meisterschaften, die heutigen US Open. 1932 dann sowohl Wimbledon als auch die US-Meisterschaften und wechselte dann Ende 1933 nach dem Davis Cup-Sieg mit den USA mit nur 22 Jahren gleich zu den Profis. In seiner ersten World Series Tour 1934 besiegte Vines gleich den 41-jährigen Bill Tilden.
Mitte der 1930er Jahre galt Vines an seinen guten Tagen als unschlagbar, hatte aber nicht die gleiche Konstanz wie der spielschwächere Perry und dann Ende der 1930er Don Budge, der ihn als Nr. 1 ablöste. Im April 1940 spielte Vines im Alter von nur 28 Jahren sein letztes professionelles Tennisturnier. Seine körperlichen Probleme, sein Wunsch, das Familienleben zu genießen, sein Verlust der Weltkrone und vor allem seine zunehmende Leidenschaft für Golf trieben ihn dazu, sich vom Tennis zurückzuziehen. Er wurde nun Golfprofi und gewann auch hier mehrere Turniere.
Spieler der Jahrzehnts der 1940er Jahre: Bobby Riggs (& Don Budge)
1940: 1. Budge, 2. Perry
1941: 1. Perry & Riggs
1942: 1. Budge, 2. Riggs & Kovacs
1943: Zweiter Weltkrieg
1944: Zweiter Weltkrieg
1945: 1. Riggs, 2. Budge
1946: 1. Riggs, 2. Budge
1947: 1. Riggs, 2. Kramer & Kovacs & Budge
1948: 1. Kramer, 2. Riggs
1949: 1. Kramer, 2. Gonzales
Insgesamt: 1. Riggs 4,5 – 2. Budge 3,17 – 3. Kramer 2,17
Der US-Amerikaner Don Budge (1915-2000) war der Sohn eines schottischen Einwanderers und ehemaligen Fußballspielers. Als Jugendlicher betrieb er viele Sportarten, bevor er beim Tennis hängen blieb. Budge war mit ca. 1,85 Meter groß und schlank gewachsen. Seine Körpergröße befähigte ihn zu einem der kräftigsten Aufschläge im Tennis. Berühmt war auch seine Rückhand, meist mit Topspin gespielt, die zusammen mit der von Ken Rosewall lange Zeit als die beste, die es je gab, galt. Don Budge war der erste Tennisspieler, dem ein Grand Slam gelang, also in einem Jahr alle vier Grand-Slam-Turniere im Einzel zu gewinnen. Außerdem war er der bis heute Einzige, der aus sechs Grand-Slam-Turnieren hintereinander als Sieger hervorging. Ein weiterer Rekord ist seine Siegesquote bei Grand-Slam-Turnieren von 63 Matches gewann er 58 (92 Prozent).
Von 1938 bis 1942 dominierte Don Budge das Herrentennis. Nach dem Gewinn des Grand Slam 1938 wechselte er zu den Profis und spielte meist direkte Duelle gegen die besten Spieler seiner Zeit. 1939 schlug er die bis dahin beiden besten Tennisprofis Ellsworth Vines und Fred Perry 21:18 und 18:11. 1941 besiegte er den 48-jährigen Bill Tilden mit 51:7. Im Zweiten Weltkrieg war Budge für die US Air Force im Einsatz und erlitt eine Schulterverletzung, die ihn fortan beim Tennis etwas behinderte. 1945 bis 1947 gehörte er aber noch immer zu den zwei, drei Besten der Welt. Don Budge spielte noch bis Mitte der 1950er Jahre erfolgreich auf der Profitour und gilt als einer der fünfzehnt bis zwanzig besten Spieler aller Zeiten. Im Dezember 1999 wurde der 84-jährige Budge bei einem Autounfall schwer verletzt, erlitt innere Verletzungen. Von diesem Unfall erholte er sich nicht mehr. Er starb im Januar 2000 in einem Pflegeheim.

Bobby Riggs, Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
Der US-Amerikaner Bobby Riggs (1918-1995) gewann bereits mit 21 Jahren sowohl das Herreneinzel in Wimbledon als auch die U.S. National Championships (heute US Open) 1939. Nachdem er die US Meisterschaften 1941 erneut gewonnen hatte, wechselte er Ende 1941 ins Profilager und galt nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1947 als der beste Spieler der Welt.

Billy Jean King und Bobby Riggs, Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
1973, Riggs war jetzt bereits 55 Jahre alt, trat er in einem berühmten Battle of the Sexes, der auch als Spielfilm verfilmt wurde, gegen die ein viertel Jahrhundert jüngeren, damals zwei besten Frauen der Welt an. Seine erste Gegnerin war im Mai 1973 die damalige Nummer 1 im Frauentennis, die 30-jährige Margaret Court. Riggs gewann klar, deklassierte Court mit 6:2 und 6:1. Das Macht ging als das „Muttertagsmassaker“ in die Geschichte ein.
Die zweite Gegnerin, die sich über Monate sträubte, war Billie Jean King. King war 1972 von der Zeitschrift Sports Illustrated gerade zur Sportlerin des Jahres gewählt worden. Sie war es es auch, die 1973 in London die heutige WTA gründete. In dem Schaukampf besiegte die 29-Jährige vor 30.492 Zuschauern (der zweitgrößten Kulisse, die je ein Tennisspiel bis dahin hatte) den 55-jährigen Bobby Riggs. Später gab es Hinweise und Gerüchte, dass Riggs das zweite Duell – ganz im Gegensatz zum ersten Match gegen die bessere Spielerin – absichtlich verlor, um Spielschulden zu begleichen. Riggs war bekannt als Filou und für seine starke Neigung zu Wetten, wie auch seine Wettschulden. Er starb 1995 im Alter von 77 Jahren an Krebs.
Spieler der Jahrzehnts der 1950er Jahre: Pancho Gonzales
1950: 1. Kramer und Segura
1951: 1. Kramer, 2. Segura und Kovacs
1952: 1. Gonzales und Segura
1953: 1. Kramer und Sedgman
1954: 1. Gonzales, 2. Sedgman und Segura
1955: 1. Gonzales, 2. Segura und Trabert
1956: 1. Gonzales, 2. Sedgman, Trabert und Hoad
1957: 1. Gonzales, 2. Rosewall
1958: 1. Gonzales, 2. Hoad
1959: 1. Gonzales und Hoad
Insgesamt: 1. Gonzales 6,5 – 2. Kramer 2,5

Pancho Gonzales (rechts) zusammen mit Pancho Segura, Henk Lindeboom/ Anefo, CC0, via Wikimedia Commons
Die Eltern von Pancho Gonzales (1928-1995) emigrierten am Anfang des 20. Jahrhunderts von Mexiko in die USA. Als er 12 Jahre alt war, bekam er von seiner Mutter einen 51-Cent-Schläger geschenkt. Er erhielt Tennisanalysen von seinem Freund Chuck Pate, brachte sich das Spiel aber vor allem selbst bei, indem er andere Spieler auf den öffentlichen Plätzen im nahe gelegenen Exposition Park in Los Angeles beobachtete. Ohne Unterstützung der weißen Oberklasse, die den Tennissport in den 1940er Jahren in Los Angeles dominierte, schaffte er es ganz nach oben. Als unbekannter 20-jähriger Nachwuchsspieler gewann er 1948 die US-Meisterschaften (heute US Open) in Forest Hills. 1949 konnte er diesen Triumph wiederholen und wechselte dann sofort, nach seinen zwei Grand Slam-Titeln, mit nur 21 Jahren ins Profilager. Daher taucht Gonzales in keiner Rangliste der erfolgreichsten Grand Slam-Sieger auf.
Gonzales war mit fast 1,90 m sehr groß gewachsen, bewegte sich aber unglaublich geschmeidig. Tony Trabert, der Gonzales nicht mochte und von ihm schwer geschlagen wurde, sagte über ihn gegenüber der Los Angeles Times: „Gonzales ist der größte natürliche Athlet, den das Tennis je gekannt hat. Die Art und Weise, wie er seinen 6-Fuss-3-Zoll (1,90 m) über den Platz bewegen kann, ist fast unglaublich. Er ist wie eine große Katze… Panchos Reflexe und Reaktionen sind gottgegebene Talente.“
Auf der spielstärkeren Profi-Tour tat der 21-Jährige aber zunächst sehr schwer, wurde von Kramer, der damaligen Nr. 1 im Tennis, 1050 noch deklassiert. In den Folgejahren wurde er aber zunehmend stärker und 1952 erstmals als Nr. 1 der Welt zusammen mit Segura gelistet. Ab 1954 bis 1960 beherrschte er dann das Herrentennis, wie zuvor nur Bill Tilden in den 1920ern. Jack Kramer, der langjährige Tennis-Promoter, schrieb, Laver, der überragende Spieler der zweiten Hälfte der 1960er, sei zwar „Ende der 1960er Jahre für ein oder zwei Jahre absolut unschlagbar“ gewesen, aber man könne einen „sorgfältigen Vergleich“ zwischen Laver und dem etwas älteren Gonzales anstellen (dieser war 10 Jahre und 3 Monate älter als Laver), und Kramer sei „überzeugt, dass Gonzales Laver regelmäßig hätte schlagen können“.
Wie stark Gonzales war, zeigt auch dies: Im Januar 1970, vier Monate vor Gonzales‘ 42. Geburtstag, zehn bis 15 Jahre nach dessen Glanzzeit, schlug dieser den 31-jährigen Rod Laver, der zu dem Zeitpunkt die Nr. 1 der Welt war, im Madison Square Garden in New York vor 14.761 Zuschauern in fünf Sätzen. Und gegen den sechseinhalb Jahre jüngeren Ken Rosewall hatte Gonzales eine Matchbilanz von ingesamt 116 zu 86 (gut 57 zu knapp 43 Prozent). Pancho Gonzales war ohne Zweifel einer der fünf bis zehn besten Spieler aller Zeiten, doch leider taucht er in vielen Übersichten kaum auf, weil er durch seinen frühen Wechsel zu den Profis mehr als 18 Jahre keine Grand Slam-Turniere spielen konnte.
Spieler des Jahrzehnts der 1960er Jahre: Ken Rosewall und Rod Laver
1960: 1. Gonzales und Rosewall
1961: 1. Rosewall, 2. Gonzales
1962: 1. Rosewall, 2. Hoad
1963: 1. Rosewall, 2. Laver
1964: 1. Rosewall und Laver
1965: 1. Laver, 2. Rosewall
1966: 1. Laver, 2. Rosewall
1967: 1. Laver, 2. Rosewall
1968: 1. Laver, 2. Ashe
1969: 1. Laver, 2. Roche
Insgesamt: 1. Rosewall: 6,3 – 2. Laver 6,25 – 3. Gonzales 1,8

Ken Rosewall, Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
Ken Rosewall (*1934) wurde in eine Familie von australischen Tennisspielern hineingeboren, die eigene Tennisplätze besaß. Mit gerade 18 Jahren gewann er bei den Amateuren bereits die australischen und die französischen Meisterschaften direkt nacheinander. Nach zwei weiteren Grand Slam-Siegen 1955 und 1956 wechselte er mit nur 22 Jahren bereits zu den Profis. In einer Serie von Spielen gegen den damals besten Spieler der Welt, Pancho Gonzales, wurde er mit 26:51 deutlich geschlagen.
In den 1960ern, als Gonzales sich teilweise etwas vom Tennis zurückzog und Rod Laver noch nicht auf dem Höhepunkt seines Könnens war, war Rosewall klar der beste Tennisspieler der Welt. Vor allem blieb er frei von schweren Verletzungen, so dass er länger als fast jeder andere in der Weltspitze mitspielen konnte. Der 33 jährige Rosewall war auch der erste Sieger eines Grand Slam-Turniers in der Open Era bei den French Open 1968, als erstmals auch Profis zum Turnier zugelassen waren. Er, der die Australian Open 1953 mit 18 Jahren zum ersten Mal gewonnen hatte, erreichte dort selbst 1977 mit 42 Jahren noch das Halbfinale, spielte also ein viertel Jahrhundert in der Weltspitze.

Rod Laver, Evers, Joost / Anefo, CC0, via Wikimedia Commons
Der Australier Rod Laver (*1938) war 1962 erst der zweite Spieler nach Donald Budge, der – zunächst als Amateur – alle vier Grand Slam-Turniere in einer Saison gewinnen konnte. 1969 gelang ihm dann dieses Kunststück als einzigem überhaupt sogar nochmals, nun aber unter völlig anderen Bedingungen, nämlich in der Open Era, das heißt unter Einschluss der weltbesten Profi-Spieler. Insbesondere durch diese Erfolge gilt Laver neben Bill Tilden, Pancho Gonzales, Ken Rosewall, Pete Sampras, Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Đoković als einer der besten Spieler aller Zeiten.
In seiner 23 Jahre umspannenden Karriere erzielte Laver einen Rekord von rund 200 Einzeltiteln, die in offiziellen ATP-Statistiken aber nur zu einem Teil gewertet werden. Von Mitte bis Ende der 1960er war er klar der beste Spieler der Welt. Nach 1969 erreichte Laver, der noch bis 1977 durchaus auf sehr hohem Niveau spielte und auch noch Turniere gewann, bei den vier Grand Slam-Turnieren aber nur noch einmal ein Viertelfinale. Sein Licht leuchtete quasi sogar noch deutlich heller als das von Rosewall, dafür aber nicht so lange.
Ausblick
Teil eins betrachtete die Zeit von Renshaw bis Tilden (1877 bis 1929), in Teil drei (Am Ende gewinnt immer Pete) wird es um die Jahre 1970 bis 1999 gehen und Teil vier (Das Dreigestirn Federer, Nadal, Djkovic) schließt die Reihe ab mit den Jahren 2000 bis 2020.
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