Von Jürgen Fritz, Do. 07. Jan 2021, Titelbild: Twitter-Bild von Ashli Babbitt
„Nichts wird uns aufhalten. Sie können es versuchen und versuchen und versuchen. Aber der Sturm ist hier und er wird in weniger als 24 Stunden über (Washington) D.C. hereinbrechen. Dunkelheit zu Licht!“, schrieb Ashli Babbitt vorgestern noch. Doch dann hielt eine Kugel in die Brust die fanatische Trump-Anhängerin gestern doch auf, als sie mit anderen zusammen versuchte, gewaltsam in den Sitzungssaal des Kapitols einzudringen. Wer war diese Frau?
Ashli Babbitt wollte Trump dabei unterstützen, das Wahlergebnis einfach umzudrehen, mit Gewalt
Die 44-jährige Frau lebte in in San Diego, Kalifornien, an der Westküste der USA. Über viertausend Kilometer war sie von dort extra nach Washington D.C., die Hauptstadt der USA im Osten des Landes, angereist, um für Donald Trumps Verbleib im Weißen Haus zu kämpfen, obschon dieser die Präsidentschaftswahl mit 232 zu 306 Wahlmännerstimmen hoch verloren hatte. Doch das kümmerte sie nicht. Diese Niederlage akzeptierte sie genauso wenig wie der Wahlverlierer Donald Trump, der seine fanatischen Anhänger immer und immer wieder aufstachelte, so auch die letzten Tage, als er sie aufrief, von überall nach Washington D.C. zu kommen, um den Druck auf den Kongress zu erhöhen.
Die Kongressabgeordneten sollten das Wahlergebnis nicht bestätigen, sondern einzelne Wahlmännerstimmen zurückweisen, genau so, dass Trump entgegen der tatsächliche Stimmen der Wähler, zum Sieger erklärt werden sollte. Doch sein eigener Vizepräsident und viele andere Republikaner empfanden das als extremen Verfassungsbruch und weigerten sich, dieses faschistoide Trumpsche Spiel mitzuspielen.
Nicht so Ashli Babbitt. Sie wollte Trump genau dabei unterstützen, das Wahlergebnis von über 155 Millionen abgegebenen Stimmen einfach umzudrehen. Mit Gewalt. Mit Druck. Mit Einschüchterung. Einen Sturm wollte sie über Washington D.C. hereinbrechen lassen. Fast 81,3 Millionen Wähler (51,3 Prozent) hatten für den Demokraten Joe Biden gestimmt – 7,06 Millionen mehr als für den bisherigen Präsidenten Donald Trump, der auf gut 74,2 Millionen Stimmen kam (46,8 Prozent), vor allem aber nur 232 von 538 Wahlmännerstimmen errang (43 Prozent).
Die 44-Jährige US Air Force-Veteranin wollte Sturm über die Hauptstadt bringen
Ashli Babbitt war eine Veteranin der US Air Force. In 14 Jahren sei sie viermal zu Einsätzen im Ausland gewesen, sagte ihr Mann gegenüber einem TV-Sender. Vor allem aber war sie eine glühende Patriotin oder Nationalistin. Und eine Anhängerin des Libertarismus. Libertäre lehnen anders als Liberale den Staat weitgehend ab oder wollen diesen so klein als irgend möglich halten. Das geht bei manchen so weit, dass sie die vollständige Abschaffung des Staates fordern.
Ashli Babbitt, darauf deutet einiges hin, vertrat radikale, vielleicht sogar extremistische Positionen. Und sie war offensichtlich bereit, diese mit allen Mitteln durchzusetzen. Sie wollte Sturm übers Land bringen. Vorgestern, ein Tat vor dem Sturm aufs Kapitol schrieb sie:
„Nichts wird uns aufhalten. Sie können es versuchen und versuchen und versuchen. Aber der Sturm ist hier und er wird in weniger als 24 Stunden über (Washington) D.C. hereinbrechen. Dunkelheit zu Licht!“
Von einer Kugel in die Brust getroffen, als sie versuchte, gewaltsam in den Sitzungssaal einzudringen
Ashli Babbitt glaubte all die Lügen und Unwahrheiten, die seit Jahren aus dem Mund des Noch-Präsidenten Donald Trump kamen und noch immer kommen. Insofern ist sie quasi sein Opfer. Aber Ashli Babbitt ist kein unschuldiges Opfer, denn sie wollte diese Lügen und Unwahrheiten glauben. Sie war begierig darauf, solche wieder und wieder zu hören. Und Donald Trump konnte nur Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden, weil es zig Millionnen US-Amerikaner gibt, die all diese Unwahrheiten hören wollen oder sie zumindest nicht nur dulden und hinnehmen, sondern sogar positiv sanktionieren, die diese abgrundtiefe Verlogenheit des Präsidenten belohnen. Ashli Babbitt war eine von Millionen, die Trump gepuscht hat und die umgekehrt ihn puschte. Es war ein Geben und Nehmen, wie immer bei ideologisch Verblendeten, sei es metaphysisch spekulative (religiöse) oder rein weltliche Ideologien.
Gestern traf die 44-jährige, die einen Mann hinterlässt, eine Kugel in die Brust, als sie versuchte, gewaltsam in den Sitzungssaal des Kapitols einzudringen, um die Abgeordneten zu bedrohen. Sie fiel zu Boden und starb später an ihrer schweren Verletzung.
Kurz zuvor teilte Babbitt eine To-Do-Liste mit „Muss-Forderungen“ an die Versammlung des US-Kongresses
Den Schuss hatte ein im Kapitol stationierter Polizist abgegeben, dessen Aufgabe es war, die Abgeordneten zu schützen. Das bestätigte der Chef der Polizei in Washington D.C., Robert Contee, in der Nacht zu Donnerstag. Das sei „ein tragischer Vorfall“ sagte der Polizeichef. „Ich kondoliere der Familie und den Freunden des Opfers,“ sagte Contee, der eine interne Untersuchung des Vorfalles ankündigte. Neben Ashli Babbitt starben drei weitere Menschen, eine Frau und zwei Männer an „unterschiedlichen medizinischen Notfällen“.
Kurz vor dem Sturm auf das Kapitol und dem faschistoiden Angriff auf die Demokratie teilte Babbitt auf Twitter noch eine To-Do-Liste mit „Muss-Forderungen“ an die Versammlung des US-Kongresses. Dabei forderte sie unter anderem den Rücktritt des obersten Bundesrichters John Roberts und den Rücktritt und die anschließende Inhaftierung von Trumps Vizepräsident Mike Pence, der sich Trumps Aufforderung zum Verfassungsbruch widersetzt hatte.
Ashli Babbitt
*
Aktive Unterstützung: Jürgen Fritz Blog (JFB) ist vollkommen unabhängig und kostenfrei (keine Bezahlschranke). Es kostet allerdings Geld, Zeit und viel Arbeit, Artikel auf diesem Niveau regelmäßig und dauerhaft anbieten zu können. Wenn Sie meine Arbeit entsprechend würdigen wollen, so können Sie dies tun per klassischer Überweisung auf:
Jürgen Fritz, IBAN: DE44 5001 0060 0170 9226 04, BIC: PBNKDEFF, Verwendungszweck: JFB. Oder über PayPal – 3 EUR – 5 EUR – 10 EUR – 20 EUR – 50 EUR – 100 EUR