Von Jürgen Fritz, Mi. 05. Mai 2021, Titelbild: Tumisu, Pixabay, CC0 Creative Commons
Fürs Erste wäre schon einmal viel gewonnen, wenn in der Breite verstanden würde, dass „sind gleich“ kein zwei-, sondern ein dreistelliger Prädikator ist, der drei Nominatoren erfordert, und Sätze wie „A und B sind gleich“ oder „Alle Menschen sind gleich“ daher ohne Sinn, sprich nicht wahrheitsfähig sind, ebenso wie ein Satz der Gestalt „42 ist größer“ ohne Sinngehalt ist.
Warum sind solche Sätze ohne Sinngehalt?
Weil hier die Semantik, die Bedeutung und die sprachlogische Struktur der Ausdrücke, hier der Prädikatoren nicht erfasst wurde. Denn „ist größer“ ist kein ein-, sondern ein zweistelliger Prädikator, der einen zweiten Nominator erfordert, damit eine sinnvolle Aussage, damit ein wahrheitsfähiger Satz entstehen kann. Ob ein solcher Satz wahr oder falsch ist, kann man nur entscheiden, wenn eine Vergleichszahl angegeben ist, zum Beispiel „42 ist größer als 31“ (wahr) oder „42 ist größer als 64“ (falsch).
Und ob A und B gleich sind, kann nur entschieden werden, wenn der Bezugspunkt C als dritter Nominator, als Tertium comparationis (das Dritte des Vergleiches) angegeben ist: „A und B sind gleich in Bezug auf C“, zum Beispiel „Die beiden Augen der Frau sind gleich weit von der Nasenwurzel entfernt“ oder „Die beiden Augen der Frau sind gleich groß“ oder „Die beiden Augen der Frau haben die gleiche Form“ oder „Die beiden Augen der Frau haben die gleiche Farbe“ oder allgemein „A und B sind gleich groß“ oder „A und B sind gleich teuer“ oder „A und B sind gleich gut“ oder „A und B haben die gleichen Rechte“ = „A und B sind gleich in Bezug auf ihre Rechte“ (Menschenrechte: alle Menschen, Bürgerrechte: alle Staatsbürger dieses Staates).
Bei Menschenrechten kann für A und B jeder einzelne Mensch als Nominator eingesetzt werden und es entsteht immer ein wahrer Satz, bei Bürgerrechten kann jeder einzelne Staatsbürger eingesetzt werden und es entsteht immer ein wahrer Satz. Setzt man an einer Stelle etwas anderes ein, entsteht ein falscher Satz.
„haben gleiche Rechte“ bedeutet nicht „sind gleich wertvoll“
Als nächstes wäre viel gewonnen, wenn verstanden würde, dass „haben gleiche Rechte“ nicht identisch ist mit „sind gleich wertvoll“ – eines der häufigsten Missverständnisse. Eine solche Behauptung („gleich wertvoll“) findet sich weder in den Menschenrechtsdeklarationen noch in unserem Grundgesetz. Und das aus gutem Grund.
Zum Wesen des Vergleichens, was bei dieser Aktivität, bei dieser Methode eigentlich genau geschieht, siehe hier: Das Wesen des Vergleichens.
Literaturempfehlungen
- Axel Bühler: Einführung in die Logik – Argumentation und Folgerung, Alber Kolleg Philosophie, 1. Aufl. 2000, EUR 24,00; eine der didaktisch besten Einführungen, wenn nicht die beste überhaupt. Sehr verständlich und weniger formal als andere.
- Wolfgang Detel: Grundkurs Philosophie, Band 1: Logik, Reclam, 4. Aufl. 2014, EUR 6,00; sehr knappe, eher formale und preisgünstige, aber dennoch gute, anspruchsvollere und empfehlenswerte Einführung.
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