Von Jürgen Fritz, Mo. 11 Okt 2021, Titelbild: BR- und phoenix-Screenshot
Die Union erlebte bei der Bundestagswahl einen fürchterlichen Einbruch, erzielte das mit großem Abstand schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. Insbesondere die CDU steht nach der Merkel-Ära vor einer kompletten Erneuerung. Erste Bundesminister haben nun bereits Konsequenzen gezogen und das CDU-Präsidium hat heute einen radikalen Beschluss gefasst.
Julia Klöckner gibt Landesvorsitz in Rheinland-Pfalz ab
24,1 Prozent der gültigen Zweitstimmen. Ein solches CDU/CSU-Ergebnis wäre bis 2015 undenkbar gewesen. Bei der Bundestagswahl 2013 war die Union noch auf 41,5 Prozent gekommen, unter Helmut Kohl teilweise auf fast 49 und unter Konrad Adenauer einmal sogar auf über 50 Prozent der gültigen Zweitstimmen. Davon ist nun also nicht einmal mehr halb so viel geblieben. Die Erschütterungen, die von diesem Wahlergebnis ausgehen, sind enorm. Insbesondere die CDU steht nach der Merkel-Ära vor einer kompletten Erneuerung. Und die ersten merkelgetreuen Bundesministern haben inzwischen auch Konsequenzen gezogen.
So hatte die Bundeslandwirtschaftsministerin und Landesvorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz Julia Klöckner direkt am Montag nach der Bundestagswahl bekannt gegeben, dass sie den Landesparteivorsitz abgeben werde. Klöckner hatte es, wie viele andere CDU-Politiker, nicht geschafft, ihren Wahrkreis zu gewinnen. Die 48-Jährige schaffte es nicht, ihren eigenen Wahlkreis 201: Kreuznach zu gewinnen. Sie verlor dort mit nur 29,1 Prozent der Erststimmen gegen den SPD-Kandidaten, der auf 33 Prozent kam. Klöckner erklärte daraufhin, den CDU-Vorsitz in Rheinland-Pfalz aufzugeben und den Weg für jemanden anders freizumachen. Klöckner hatte den Landesverband seit 2011 geführt. Einen Schritt weiter gehen nun die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
AKK und Altmaier verzichten auf ihre Bundestagsmandate
Annegret Kramp-Karrenbauer, die bis Januar 2021 sogar noch CDU-Bundesvorsitzende war, und Peter Altmaier, seit März 2018 Bundesminister für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel IV, davor (seit Dezember 2013) Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts im Kabinett Merkel III, die bei der Bundestagswahl beide ihren Wahlkreis nicht gewinnen konnten, gaben nun am Samstag bekannt, dass sie auf ihre Bundestagsmandat verzichten werden, welches sie über die Landesliste Saarland sicher hatten. Das hatte Klöckner, die über die Landesliste Rheinland-Pfalz in den Bundestag einzieht, nicht getan. Sie will nach heutigem Stand Bundestagsabgeordnete bleiben.
Kramp-Karrenbauer, die von 2011 bis 2018 saarländische Ministerpräsidentin war, kam in ihrem Wahlkreis in Saarbrücken nur auf 25,1 Prozent der Erststimmen (Personenwahl), Altmaier kam in seinem Wahlkreis Saarlouis nur auf 28,0 Prozent. Damit verlor er gegen Heiko Maas, der in Saarlouis auf 36,7 Prozent der Erststimmen kam. Die beiden langjährigen engen Merkelvertrauten ziehen sich nun also freiwillig aus dem Deutschen Bundestag zurück, machen damit den Weg frei für jüngere CDU-Politiker der saarländischen Landesliste.
Altmaier hofft, dass auch andere Unionspolitiker auf ihr Mandat verzichten werden
Für ihren Rückzug und Mandatsverzicht erhalten AKK und Altmaier Anerkennung. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter, die beiden seien mit ihrer Arbeit und ihrer Haltung „ein Vorbild für die junge Generation“. FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb: „Auf sein Mandat zu verzichten, um inmitten eines schwierigen Umbruchs der eigenen Partei Platz zu machen für jüngere Abgeordnete, zeugt von charakterlicher Größe und innerer Freiheit.“
Heute morgen sagte Altmaier gegenüber BILD TV, er hoffe, dass nach ihm und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer weitere Politiker der Union auf ihr Bundestagsmandat verzichten werden. Wenn eine solche Wahl so krachend verloren gehe, müsse es Konsequenzen geben. Die erforderliche Neuerung sei mit zwei Personen nicht vollzogen. Dabei wies er auf die Bedeutung einer Mitgliederbefragung zur Bestimmung eines neuen Parteivorsitzenden hin: „Es muss möglich sein, in Zukunft vor solchen Entscheidungen auch die Meinung unserer Basis einzuholen, damit man weiß, worüber man entscheidet“, so Altmaier.
Forderungen aus der CDU, das gesamte Parteipräsidium solle zurücktreten
Der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten legte allen Mitgliedern des Parteipräsidiums – Armin Laschet, Paul Ziemiak, Volker Bouffier, Silvia Breher, Julia Klöckner, Jens Spahn, Thomas Strobl, Philipp Murmann, Bernd Althusmann, Monika Grütters, Reiner Haseloff, Michael Kretschmer, Karl-Josef Laumann, Norbert Röttgen, Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Schäuble, Ralph Brinkhaus, Daniel Caspary, Daniel Günther, Tobias Hans und Stefan Hennewig – den Rücktritt nahe.
Der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat heute Nachmittag nun bekannt gegeben, das CDU-Präsidium habe sogar beschlossen, den kompletten CDU-Bundesvorstand (bestehend aus den Mitgliedern des Präsidiums plus weiteren 26 gewählten Mitglieder, insgesamt fast 50 Personen) möglichst noch dieses Jahr neu wählen lassen zu wollen.
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