Oscar-Academy forderte Will Smith auf, die Zeremonie zu verlassen, der weigerte sich

Von Jürgen Fritz, Do. 31. Mrz 2022, Titelbild: extratv-Screenshot

Nachdem Will Smith bei der Oscarverleihung auf die Bühne ging und Chris Rock ins Gesicht schlug, hat die Academy ihn aufgefordert, die Zeremonie zu verlassen. Dieser weigerte sich aber. Die Academy räumt ein, Fehler gemacht zu haben, und hat am Mittwoch ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Scharfe Kritik an Smith, der Academy und dem Publikum kommt auch von etlichen Kollegen.

 Die Academy gibt zu, im Falle von Will Smith Fehler gemacht zu haben, sie hatte ihn aufgefordert, die Zeremonie zu verlassen

Ich hatte die Oscar-Academy am Montag schon kritisiert:

„Richtig wäre gewesen, Will Smith mit dem Sicherheitsdienst sofort aus dem Saal zu führen, ihn von der Veranstaltung auszuschließen (Disqualifikation) und ihm keinen Oscar zu verleihen, sondern den Preis für den Besten Hauptdarsteller sofort dem Zweitplatzierten zu verleihen. Das hätte selbst die ATP hinbekommen, die bei Gewalt auf dem Tenniscourt gegen Personen in den letzten Wochen und Monaten mehrfach versagt hat. Die Verantwortlichen für die Oscar-Show haben dagegen völlig versagt.“

Wie nun bekannt wurde, hatte die Academy wohl direkt in der ersten Pause nach dem Gewaltakt von Smith diesen aufgefordert die Veranstaltung zu verlassen, doch der hat sich geweigert, dem nachzukommen. Und man ist sich inzwischen seitens der Academy wohl auch bewusst, hier einen Fehler begangen zu haben, dass man dies nicht per Sicherheitsdienst erzwang. Die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences schreibt:

„Die Dinge haben sich auf eine Art und Weise entwickelt, wie wir sie nicht vorhersehen konnten. Wir wollen zum einen klarstellen, dass Herr Smith gebeten wurde, die Zeremonie zu verlassen, und sich geweigert hat, zum anderen erkennen wir auch an, dass wir die Situation anders handhaben hätten können.“

Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet

Der Vorstand der Oscar-Akademie traf sich am Mittwoch, um ein Disziplinarverfahren gegen Smith einzuleiten. Ihm wird vorgeworfen, gegen die Verhaltensregeln der Organisation verstoßen zu haben, darunter „unangemessener Körperkontakt, beleidigendes oder bedrohliches Verhalten und Beeinträchtigung der Integrität der Academy“. Smith solle „mindestens 15 Tage“ vor einer Abstimmung des Vorstands über mögliche Sanktionen benachrichtigt werden und die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme erhalten.

Als Konsequenz droht ihm eine vorübergehende Sperre, im Extremfall ein Rauswurf aus der Academy. Ein völliger Ausschluss erscheint aber eher als unwahrscheinlich. Ausgeschlossen wurden bislang nur sehr wenige Mitglieder, so zum Beispiel wegen Vergewaltigungsvorwürfen oder Verurteilungen wegen Sexualverbrechen, wie im Falle von Harvey Weinstein, Roman Polanski und Bill Cosby.

Auch dass er seinen Oscar zurückgeben muss, erscheint als unwahrscheinlich. Die Schauspielerin Whoopi Goldberg, die zum Academy-Vorstand gehört, meinte, der Oscar werde Will Smith sicher nicht aberkannt werden, was ich nach wie vor für einen Fehler halte. Man hätte ihm diesen nach dieser Aktion gar nicht erst überreichen dürfen, siehe meine Kritik vom Montag. Mit Disziplinarmaßnahmen muss der Schauspieler aber wohl rechnen. Whoopi Goldberg sprach von scharfen Konsequenzen, die dieser Gewaltakt nach sich ziehen werde.

Smith hat nun die Möglichkeit, sich in einer schriftlichen Stellungnahme zu erklären, bevor der Vorstand, das Board of Governors, am Ostermontag, den 18. April, wieder zusammenkommt und dann wohl eine Entscheidung treffen wird.

Scharfe Kritik an Smith und dem Publikum von Jim Carrey

Immer mehr Schauspieler und Filmschaffende haben inzwischen sehr deutlich gemacht, was sie von dieser Aktion halten. So meldete sich unter anderem Jim Carrey zu Wort. Gegenüber Gayle King von CBS Mornings sagte er: Ich war angewidert von den Standing Ovations. Es fehlt in Hollywood massenhaft an Rückgrat und ich hatte wirklich das Gefühl, dass das ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass wir nicht mehr länger zum coolen Club gehören.“ Smith hätte abgeführt werden müssen.

„Ich hätte gleich am nächsten Morgen verkündet, dass ich Will auf 200 Millionen verklage, denn dieses Video wird für immer da sein, es wird allgegenwärtig sein“, so Carrey. Man könne aus dem Publikum etwas rufen, wenn einem etwas nicht passe, oder darüber twittern, aber man habe nie das Recht, auf die Bühne zu gehen und jemanden ins Gesicht zu schlagen, weil der Worte benutzt habe.

Drehbuchautor Doug Ellin: Smith ist ein klassischer Narzisst, ein anderer, weniger Berühmterer wäre sofort weggebracht worden

Doug Ellin, der Schöpfer der Hitserie Entourage, hat ebenfalls eine ganz klare Meinung zu dem Vorfall. Im Gespräch mit dem US-Promiportal TMZ nannte der Drehbuchautor Smith einen „klassischen Narzissten“. Ellin finde nicht, dass der Comedian etwas falsch gemacht habe. „Chris Rock hat einfach seinen Job gemacht, ob man seinen Witz mochte oder nicht.“ Er glaube auch nicht, dass der Moderator von Jada Pinkett Smiths Leiden an der Autoimmunkrankheit Alopezie überhaupt gewusst habe. In Bezug auf Will Smith sagte er: „Er braucht Hilfe. Wenn du in der größten Nacht deiner Karriere bei den Oscars so außer Kontrolle gerätst, stimmt etwas nicht.“ 

Auch an der Reaktion der Academy und den anderen Prominenten übte Doug Ellin scharfe Kritik. Es sei „schrecklich“, dass sie „da saßen“ und nichts getan hätten. Minuten später haben sie Will Smith dann auch noch „stehende Ovationen“ gegeben. „Das Ganze ist entsetzlich für mich!“, so Ellin. Dass der Hollywood-Star die Veranstaltung nicht umgehend verlassen musste, sei dem Umstand geschuldet, dass es „eine ausgemachte Sache war, dass er den Oscar gewinnt“. Hätte jemand, der weniger berühmt ist, jemanden im Live-Fernsehen geschlagen, wie „ein Kameramann oder ein Maskenbildner, hätten sie ihn sofort verhaftet oder von dort weggebracht.“

Und die Dankesrede von Smith sei „noch schlimmer“ gewesen als die Tätlichkeit. „Dieser Bullshit über ‚Ich bin ein Beschützer und ein Liebhaber von Menschen‘ … Chris Rock stand mit den Händen hinter dem Rücken da und ein Typ, der doppelt so groß ist wie er, schlägt ihm bei den Oscars ins Gesicht!“ Tragisch sei auch, dass andere Dankesreden, die unmittelbar nach dem Vorfall gehalten wurden, sofort in Vergessenheit geraten seien. Es seien mehreren erstaunliche und großartigen Rede gehalten worden, doch daran denke nun niemand mehr.

Aktive Gewalt und Liebe passen nicht zusammen

Die Journalistin und Autorin Maria Shriver, Nichte des US-Präsidenten John F. Kennedy, äußerte sich ebenfalls sehr negativ über die Dankesrede von Smith, in welcher er behauptete, „ein Gefäß der Liebe“ sein zu wollen: „Wir sollten niemals an einen Ort kommen, an dem wir sitzen und zusehen, wie ein Filmstar jemanden im globalen Fernsehen schlägt, und dann einen Moment später stehende Ovationen bekommt, während er über Liebe spricht“, schrieb Shriver auf Twitter.

Und die Schauspielerin Mandy Moore, die ihrem Ex Ryan Adams häusliche Gewalt vorwirft, reagierte regelrecht schockiert auf den Vorfall. In ihren Instagram-Storys teilte sie zwei Zitate, denen sie zustimmte.

Gewalt ist niemals ein Liebesbeweis. Das ist eine tödliche Idee, die häusliche (und jede) Gewalt viel zu lange angeheizt und entschuldigt hat. Denkt bitte genau über diese Einstellung nach.“

Und:

„‚Liebe bringt dich dazu, einige verrückte Dinge zu tun‘, ist wirklich toxischer Bullshit und ich hoffe, dass keine Kinder, die das sehen, etwas von ihm lernen.“

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