Von Jürgen Fritz, Di. 02. Apr 2019
Da Facebook immer wieder Postings von mir meines Erachtens eindeutig rechtswidrig löschte und mich zunächst für einen, dann drei und sieben Tage, schließlich ab dem vierten Mal für 30 Tage sperrte, mithin die vertraglich vereinbarte Gegenleistung verweigerte, schaltete ich bereits im August 2017 Dr. Christian Stahl, den Inhaber der Kanzlei REPGOW, ein, um den Sachverhalt rechtlich prüfen zu lassen. Anschließend reichten wir Klage beim Landgericht Hamburg gegen Facebook ein. Ende März 2019 sollte jetzt endlich das Urteil verkündet werden. Hier ein kurzer Bericht über den aktuellen Stand.
Der Weg bis zur Hauptverhandlung
Das Verfahren zog sich von Anfang an in die Länge. Anfang Januar 2018 stand dann fest, dass das Landgericht Hamburg meine Klage annahm. Das Gericht gab damit zu erkennen, dass es sich für sachlich (Streitwert!), örtlich (Handlungsort) und international (Facebook Irland) zuständig hält, was nicht ganz trivial ist, denn Facebook hätte natürlich lieber, ich müsste in Irland klagen, wo Facebook Europe seinen Hauptsitz hat.
Da sich das Verfahren über viele, viele Monate hinzog, kam es aber immer wieder zu neuen Löschungen und Sperrungen, so dass wir die Klage immer wieder erweitern mussten auf dann insgesamt sechs Fälle. Anfang 2019 kam es dann endlich zur Hauptverhandlung (die Klage wurde 2017 eingereicht). Bis dahin hatte Facebook mich aber auch nach der Klageeinreichung immer wieder aufs Neue unseres Erachtens ganz eindeutig rechtswidrig gesperrt, weshalb die genannten Klageerweiterungen notwendig wurden, was dann den Prozess wieder hinauszog.
Die Hauptverhandlung
Kurz vor der Hauptverhandlung wurde der Fall einem sehr jungen Richter zugeteilt, der alleine darüber entscheiden soll. Normalerweise hätte vor der Kammer (drei Richtern) verhandelt werden sollen. Der Jungrichter bekam die Akten wohl erst wenige Tage vor dem Termin zugeteilt. Dementsprechend war er vorbereitet. Er hatte zwar das meiste gelesen (mehrere hundert Seiten Klageschrift, Erwiderung, Erwiderung auf die Erwiderung etc.), war aber nach meinem Eindruck nicht tief genug im Thema drin. Er wirkte ausgesprochen höflich und fair.
In der Verhandlung ließ er sowohl den Anwalt von Facebook als auch Dr. Stahl und mich persönlich ausführlich zu Wort kommen. Er selbst konnte aber irgendwie nicht sehr viel sagen. Er hörte mehr zu als er gesprochen hätte, was aber kein schlechtes Zeichen sein muss. Dann sagte er, er wollte bis Ende März Zeit haben, um sich tiefer einzuarbeiten, wirklich alles aufmerksam zu lesen, sich noch tiefer einzuarbeiten und dann ein Urteil zu verkünden.
Verschiebung der Urteilsverkündung
Nun hat er Ende März verkündet, dass er aus internen Gründen nochmals zwei Monate benötigt und die Urteilsverkündung auf Ende Mai verschoben. Bis dahin läuft die Klage schon über eineinhalb Jahre und wer verliert, wird wahrscheinlich in die nächste Instanz gehen, also vors Oberlandesgericht. Anschließend könnte es noch vor den Bundesgerichtshof gehen. Sprich, der Prozess kann sich nochmals Jahre hinziehen, bis in der letzten Instanz ein Urteil gefallen ist, das dann nicht mehr anfechtbar sein wird.
In dieser Zeit kann Facebook mich immer wieder aufs Neue rechtswidrig sperren. Dagegen kann ich dann zwar auch wieder klagen, aber so baut sich eine enorme Lawine an Klagen auf, die man kaum noch zu überblicken vermag. Facebook war sogar so dreist, mich während des Gerichtsverfahrens erneut für 30 Tage zu sperren und das für ein uraltes Posting, das ca. ein Jahr zurücklag und für welches ich damals schon gesperrt worden war. Die gleiche „Tat“ wurde also doppelt bestraft. Auf all meine Beschwerden dagegen reagierte Facebook nicht und sperrte dann sogar das Mitteilungsfeld (über drei Wochen lang bekam ich immer die Meldung „Versuche es später nochmal“), so dass ich Facebook gar nicht mehr anschreiben konnte, um auf diesen Umstand hinzuweisen, dass ich hierfür schon gesperrt worden war und es absurd ist, nochmals wegen des gleichen, uralten Postings zu sperren, dass irgendwo noch in einer Gruppe zu finden war.
Alles genau so gewollt oder sogar so gefordert, um Kritiker auszuschalten?
All das lässt unsere Bundesregierung zu, macht Facebook, Twitter & Co. keinerlei Vorgaben, dass diese eine entsprechendes Beschwerdemanagement aufbauen müssen, um gegen rechtswidrige Sperrungen vorgehen zu können. Es gibt auch keine staatliche Stelle, bei der man sich beschweren könnte, wenn hier Rechtsbrüche von elektronischen Kommunikationsplattformen gegen einen begangen werden, wo solche Rechtsbrüche von unabhängiger Stelle direkt überprüft werden könnten. Wer gegen solch unrechtmäßiges Agieren vorgehen will, der muss vor Gericht ziehen, was fast alle abschreckt, da hierdurch enorme Kosten entstehen, mithin ein hohes Kostenrisiko.
Fazit: Welche Schlüsse sind daraus wohl zu ziehen? Vielleicht dass dies alles genau so gewollt ist, um Kritiker systematisch auszuschalten und mundtot zu machen? Das überlasse ich Ihrem Urteil. Was eine Facebook-Insiderin, die mehrere Monate in einem Löschzentrum gearbeitet hat, schon 2017 berichtete, lässt auf jeden Fall tief blicken. Also warten wir erstmal das Gerichtsurteil Ende Mai ab. Aber dieser Kampf wird wohl noch viel länger gehen. Es ist ein Kampf mit völlig ungleichen Waffen.
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Titelbild: YouTube-Screenshot von Mark Zuckerberg
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