Broder for President: Die Gerichtskomödie Kaddor gegen Broder

Von Uta Ogilvie und Michael Werner, Mi. 15. Mai 2019

Es war emotional am Montag in Duisburg. Als Henryk M. Broder den Gerichtssaal verließ, riefen seine Fans laut „Broder for President“ und applaudierten. Sie alle waren dem öffentlichen Aufruf des Publizisten gefolgt, um 12:00 Uhr – oder wie er es formulierte: High Noon – seiner Verhandlung vorm Duisburger Amtsgericht beizuwohnen. Uta Ogilvie und Michael Werner waren vor Ort und berichten, wie der Matador nach der Verhandlung in Empfang genommen wurde.

Broder soll gesagt haben, Kaddor habe „einen an der Klatsche“

Der Vorwurf: Broder habe die muslimische Religionslehrerin Lamya Kaddor mit der Aussage beleidigt, sie habe „einen an der Klatsche“. Diese Äußerung soll Broder gegenüber einem Journalisten der Jungen Freiheit getätigt haben, der ihn damit in einem Artikel besagter Zeitschrift zitierte.

Anlass für Broders angebliche Beleidigung war, dass Kaddor ihn zuvor für einen Shitstorm verantwortlich gemacht hatte, der jetzt schon ein paar Jahre zurückliegt. Den Ärger hatte sich die Religionslehrerin eingehandelt, als sie 2016 ein Buch veröffentlichte, in welchem sie unter anderem konstatierte, nicht nur Einwanderer hätten eine Bringschuld, sondern auch die deutsche Mehrheitsbevölkerung müsse sich einbringen, wenn es um die Integration von Flüchtlingen gehe.

Das kam wohl nicht bei allen gut an. Für die eingegangenen Drohbriefe machte Kaddor aber nicht bloß – wie es vernünftig gewesen wäre – die Absender dieser Briefe verantwortlich, sondern überdies Publizisten aus der alternativen Presselandschaft wie Henryk M. Broder und Roland Tichy. Diese hätten sie „zum Abschuss freigegeben“, so Kaddor.

Lamya Kaddor fühlt sich von über 100 Personen „beleidigt“ und hatte gegen alle Strafanzeige erstattet

Übrigens: Hätte sich Broder wirklich mit den fraglichen Worten zu Kaddor geäußert wären, wären diese laut Aussage von Broders Anwalt, Joachim Steinhöfel, durch das Recht auf Gegenschlag und auf Meinungsfreiheit gedeckt. Zudem müsse sich Kaddor als Person des öffentlichen Lebens mehr gefallen lassen als Otto-Normalbürger.

Trotzdem erstattete Frau Kaddor Strafanzeige. Notabene: Broder ist nicht der einzige, gegen den sie juristisch vorgeht – weitere 106 Personen sind betroffen. Sie haben richtig gelesen: Lamya Kaddor fühlte sich von 107 verschiedenen Personen „beleidigt“ und hat gegen alle diese Strafanzeige erstattet. Und die Staatsanwaltschaft meinte zumindest in diesem Fall tatsächlich ein öffentlichen Interesse zu erkennen und verwies Kaddor nicht auf den sonst bei Beleidigungen meist üblichen Weg der Privatklage. Auch eine Methode, die nordrhein-westfälische Justiz zu beschäftigen respektive zu blockieren. Derart planlos, wie die Verhandlung verlief, könnte man das zumindest annehmen.

So wurde insgesamt drei Mal ein neuer Verhandlungssaal festgelegt. In der vergangenen Woche hieß es auf Auskunft des Gerichts noch, man werde sich in Saal 88 einfinden. Eventuell war die Zahl zu heikel, am Montag versammelte man sich jedenfalls zunächst in einem anderen, größeren Saal, nur um dann festzustellen, dass auch dieser aufgrund des hohen Besucherandrangs deutlich unterdimensioniert war. Broders Fanbase ist wirklich stabil.

Staatsanwaltschaft blamiert sich, weil sie gar keinen Beweis für Broders Aussage vorlegen konnte

Doch trotz des spontanen Wechsels in den großen Schwurgerichtssaal fanden selbst darin nicht alle Interessenten Platz. Immerhin: Lange musste keiner auf das Ergebnis der Verhandlung warten, denn anders als Broder und sein Anwalt Steinhöfel war man auf seiten der Staatsanwaltschaft schlecht vorbereitet.

Alles, was die Staatsanwaltschaft als möglichen Beweis für die Äußerung Broders vorzubringen hatte, war besagter Artikel in der Jungen Freiheit. Einen Zeitungsartikel als einzigen Beweis dafür, dass das darin Geschriebene auch tatsächlich so gesagt wurde, betrachtete Steinhöfel jedoch als äußerst dünn, denn, wie Broder anmerkte: „Wer glaubt schon alles, was in der Zeitung steht?“ Dieser Ansicht schloss sich auch die Vorsitzende Richterin an, woraufhin der Prozess ergebnislos vertagt wurde.

Bevor es zu einer Fortsetzung kommt, muss erst der Autor der JF ausfindig gemacht und als Zeuge geladen und vernommen werden. Dieser hat jedoch als Journalist ein Zeugnisverweigerungsrecht – seine Quellen sind geschützt. Steinhöfel und Broder gehen daher beide davon aus, dass das Verfahren eingestellt wird.

Immerhin: Dank der schlechten bzw. fehlenden Vorbereitung der Anklagevertreterin war die ganze Veranstaltung schnell vorbei – nach kaum 15 Minuten. Frau Kaddor, die als Zeugin der Anklage geladen war, war während der Verhandlung übrigens nicht im Saal anwesend.

Ein schönes Beispiel, wie wenig eine frühmittelalterliche orientalische Kultur mit der westlichen Moderne und ihrer Kultur kompatibel ist

Eine Frage bleibt: Hat Frau Kaddor Recht mit dem, was sie in ihrem Buch sagt – also, dass die Deutschen eine Bringschuld haben, wenn es um die Integration geht? Und wenn ja, ist das überhaupt möglich? Wohl eher nicht.

Dazu muss man wissen: Die muslimische Welt ist viel stärker von einer Scham- und Ehrenkultur geprägt. Kaddors Klagefeuer ist bestes Beispiel dafür, dass das Wohlgefühl für einen Muslim von seiner Ehre abhängt. Dieses Ehrgefühl ist auf die Außenwelt ausgerichtet (extrinsisch).  Wer sich schämt, macht die Person oder den Umstand verantwortlich, der das Schamgefühl ausgelöst hat, was Selbstreflexion und Verhaltensänderung erschwert.

Europa hingegen ist stärker geprägt von der Schuldkultur. Wichtiger ist hier das eigene Gewissen (intrinsisch) und weniger, was andere denken. Man schämt sich weniger schnell vor anderen und wenn doch, geht man zunächst einmal mit sich selbst ins Gericht. Das hätte auch Frau Kaddor besser mal getan, denn so hätte sie dem Duisburger Amtsgericht viel wertvolle Zeit und dem Steuerzahler eine Menge an Kosten erspart. Ein schönes Beispiel übrigens, wie wenig eine frühmittelalterliche orientalische Kultur mit der westlichen Moderne und ihrer Kultur kompatibel ist.

Broder und sein Anwalt Steinhöfel berichten von der Justizposse

Auch Studio 47 berichtet über den Prozess

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Zu den Autoren: Uta Ogilivie, Jg. 1976, wurde Anfang 2018 bekannt als Initiatorin der Merkel-Muss-Weg-Demo in Hamburg. Neben ihren Aktivitäten auf Facebook und Twitter schreibt sie Artikel für diverse Publikationen und hält Vorträge. Michael Werner, Jg. 1968, ist Libertärer, Unternehmer in der Musik-, Unterhaltungs- und Veranstaltungsbranche, Musiker und Komponist.

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Titelbild: © Uta Ogilivie und Michael Werner

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