Warum so viele den Ernst der Lage bei der Corona-Pandemie unterschätzen

Von Jürgen Fritz, So. 29. Mär 2020, Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons

„The greatest shortcoming of the human race is our inability to understand the exponential function“ (Die größte Schwäche der Menschheit ist ihre Unfähigkeit, die Exponentialfunktion zu verstehen), meinte der 2013 verstorbene Physiker Albert Allen Bartlett. Und in der Tat sind wir von der Evolution wohl nicht mit der Fähigkeit ausgestattet, uns exponentielles Wachstum vorstellen zu können. Liegt hierin vielleicht begründet, dass so viele nicht wirklich erfassen, inwieweit die Corona-Pandemie tatsächlich eine reale, ernsthafte Gefahr darstellt?

Wer gewinnt den Wettlauf: A oder B?

Stellen Sie sich bitte folgendes vor: Zwei Personen, nennen wir sie A und B, gehen jeweils 30 Schritte weit. A macht sehr große, gleichmäßige Schritte von ein Meter Länge, jede Schrittlänge also immer exakt gleich. B aber trägt magische Stiefel, die es ihm erlauben, jeden Schritt doppelt so lang zu machen wie den vorangegangenen. Dafür aber fängt er mit ganz winzigen Schritten an, von zunächst einem Zentimeter, dann zwei, dann vier Zentimeter usw.

Frage: Wer ist nach 30 Schritten weiter A oder B? Schreiben Sie bitte auf, was Sie vermuten. Nachher schauen wir dann. Die Auflösung kommt gleich, aber zunächst möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen.

Die Weizenkornlegende (Reiskornlegende)

Vor langer, langer Zeit war einmal ein indischer Herrscher, der seine Untertanen ständig tyrannisierte und sein Land in Not und Elend stürzte. Doch niemand traute sich, an dem König Kritik zu üben, denn das hätte ihn den Kopf kosten können. Doch eines Tages traute sich ein weiser Mann, den Herrscher auf seine Fehler aufmerksam zu machen, das aber ohne sich dessen Zorn zuzuziehen. Wie gelang ihm das?

Der Gelehrte erfand ein Spiel, welches er Schach nannte. In diesem Spiel kann der König ohne die Hilfe der anderen Figuren kaum etwas erreichen. Er ist zwar die entscheidende Figur, mit dem König steht und fällt quasi die ganze Partie, aber alleine kann er gar nichts bewirken, vor allem nie gewinnen. Der Erfinder unterrichtete den Herrscher in diesem Spiel, was diesen sehr beeindruckte. Ja, er begann dieses Spiel mit der Zeit immer mehr zu lieben und war ganz vernarrt in das Brett, die Figuren darauf und die schier unendlichen Möglichkeiten, die sich mit ihnen ergaben. Denn keine Partie glich der anderen. Schon nach wenigen Zügen entwickelte sich das Spiel immer anders.

Der Herrscher lernte mit der Zeit nicht nur ein guter Schachspieler zu werden, nein er schaffte es auch, die Erkenntnisse, die er dabei gewann, auf das Leben, sein Reich und seine Regentschaft zu übertragen und das zum Wohl all seiner Untertanen.

Eines Tages, es war schon das ein oder andere Jahr vergangen, wollte der König sich bei dem Gelehrten bedanken, der für ihn dieses wunderbare Spiel erfunden, jahrelang mit spielte und ihn damit so viel gelehrt hatte. Er rief ihn zu sich und ließ ihn einen freien Wunsch äußern. Dessen Begehren verwunderte den Herrscher denn aber, so dass er laut lachen musste. „Du kannst alles unter der Sonne haben, was ein Mensch sich nur wünschen kann und willst nicht mehr als das?“ Wieder musste er lachen, war aber zugleich doch ein bisschen erbost, denn dieser Wunsch schien ihm zu gering und der Großzügigkeit eines Herrschers, wie er einer war, nicht würdig. Doch was hatte sich der Weise gewünscht?

„Ich möchte nur ein paar Weizen-/Reiskörner“

Dieser verlangte nicht mehr als ein paar Weizenkörner. Manche sagen auch es waren Reiskörner, so ganz genau weiß man es nicht mehr, denn es ist schon sehr, sehr lange her, als sich dies zutrug. Sicher ist aber, das wissen wir ganz sicher – seien es nun Weizen- oder Reiskörner gewesen – der Gelehrte wünschte sich für das erste der 64 Felder auf dem Schachbrett ein Korn, für das zweite Feld doppelt so viele, also zwei Körner, für das dritte Feld wiederum doppelt so viele, also vier Weizenkörner usw. „Wenn das dein ganzes Begehren ist, so sei es dir erfüllt“, sagte der König, der über die scheinbare Bescheidenheit des weisen Mannes noch immer sehr erstaunt war und sie nicht so recht einordnen konnte.

ein einziges Reiskorn

Nach einer Woche fragte er nach, ob die Auszahlung des Weizens erfolgt sei, musste aber erfahren, dass alle seine Gelehrten noch immer am Rechnen seien, wie viele Weizenkörner es denn wären. Nach einer weiteren Woche schließlich wurde dem Herrscher endlich mitgeteilt, dass die Forderung des Weisen sämtliche Weizenkörner im Reich bei weitem übersteige und die Forderung daher unerfüllbar sei. „Ja wie viele sind es denn?“ schrie der König. „So viele können es doch unmöglich sein!“

Da sagte ihm der oberste Rechenmeister des Landes die Zahl: „Es sind, mein König, 18.446.744.073.709.551.615 Weizenkörner = 18 Trillionen 446 Billiarden 744 Billionen 73 Milliarden 709 Millionen 551 Tausend und 615 Körner“ ( 264 –1). Nach einer weiteren Woche ununterbrochener Arbeit meldete ihm der Vorsteher der Kornkammer, dass er diese Menge Weizenkörner (oder waren es doch Reiskörner?, egal) im ganzen Reich nicht aufbringen könne.

Was nun?

Somit stellte sich die Frage, wie das Versprechen denn nun eingelöst werden könne, denn der König hatte ja, ohne zu überblicken, was da auf ihn zukam, kurzerhand versprochen, dass der Wunsch gewährt werden solle. Sein Rechenmeister half dem Herrscher schließlich aus dieser peinlichen Verlegenheit, indem er ihm empfahl, er solle den Weisen doch ganz einfach bitten, den Weizen Korn für Korn zählen zu lassen, ob denn auch nichts fehle. Das würde solange dauern, dass keiner es erleben werde, nicht einmal die Kinder die an diesem Tage geboren wurden, ja nicht einmal deren Kinder und Enkel.

Die gesamte Menge Weizen, die sich auf dem Schachbrett befände, hätte bei einer Tausendkornmasse von ca. 50 g, also 0,05 g pro Korn, eine Masse von ca. 922 Milliarden Tonnen. Das entspricht etwa der 1.200-fachen weltweiten jährlichen Weizenernte (2019/2020: 764,5 Mio. t), sprich von dieser Menge könnte man die gesamte Menschheit mehr als 1.200 Jahre lang mit Weizen ernähren.

Würde man diese Menge Weizen heute auf 7,5 Tonner LKW mit einer Länge von 7,5 Metern aufladen und diese alle hintereinander stellen, so käme man auf 122 Milliarden LKWs, um alles zu verladen. Stoßstange an Stoßstange aufgestellt, ergäben diese eine Strecke von ca. 922 Millionen km. 922 Millionen Kilometer entsprechen mehr als 23.000 Erdumrundungen. 23.000 LKWs stünden also nebeneinander und hinter jedem wäre eine Schlange rund um die Erde. Oder aber mehr als sechs Schlangen mit Weizen vollgefüllten LKWs von der Erde zur Sonne (mittlere Entfernung: 149,6 Millionen km). Also quasi ziemlich viel. Oder wenn wir es auf Reiskörner umrechnen:

Reiskörner bedecken ganz Dt.

Doch zurück zu unserem König und dem Schacherfinder. Was haben diese nun getan? Denn der König wollte ja nicht sein Gesicht verlieren, seinen Lehrmeister auch nicht übers Ohr hauen. Die beiden einigten sich schließlich auf eine Ratenzahlung. In diesem Leben musste der König dem Weisen nur die Weizenkörner für die ersten 32 Felder bezahlen (knapp 215 Tonnen, 28 bis 29 LKW-Ladungen). Der Rest wurde auf die nächsten eine Million Leben verteilt. Insofern war es natürlich von Vorteil, dass das Ganze sich in Indien (Reinkarnationslehre) und nicht in Persien oder Arabien zutrug.

Was unterscheidet eine Exponentialfunktion von einer Potenzfunktion

So nun zur Auflösung des Rätsels vom Anfang. Sie erinnern sich, Person A machte 30 Schritte zu je einem Meter, B dagegen fing mit einem winzig kleinen Schritt von 1 cm an, verdoppelt dann jeweils den nächsten. Wie weit kommen nun also beide nach 30 Schritten? Im Falle von A ist die Rechnung ganz einfach: 30 x 1 m = 30 m. Doch wie sieht es im Falle von B aus mit seinen Siebenmeilenstiefeln? Bei ihm sehen die einzelnen Schrittlängen wie folgt aus:

1 cm – 2 cm – 4 cm – 8 cm – 16 cm … usw.

Und für den zurückgelegten Weg gilt somit:

1 cm – 3 cm – 7 cm – 15 cm – 31 cm … usw.

Womit wir es hier zu tun haben, ist eine Exponentialfunktion der Form 2x – 1. Wenn Sie für x eins einsetzen, erhalten Sie den zurückgelegten Weg nach jedem Schritt:

x = 1: y = 21 – 1 = 2 – 1 = 1.

Wenn Sie für x 2 einsetzen, erhalten Sie:

x = 2: y = 22 – 1 = 4 – 1 = 3.

Für x = 3 gilt:

x = 3: y = 23 – 1 = 8 – 1 = 7.

Allgemein hat eine Exponentialfunktion folgende Form: y = ax oder statt y sagt man oft auch f(x) = ax.

f(x) heißt der Funktionswert von x, a die Basis und die Hochzahl, hier x, heißt der Exponent. Und weil die Variable x hier im Exponenten steht, sprechen wir von Exponentialfunktionen. Hier sieht man sehr schön den Unterschied zur Potenzfunktion:

Potenz-Exponential-Funktion

Im Gegensatz zu Potenzfunktionen, bei denen die Basis die Variable und die Hochzahl fest vorgegeben ist, ist bei Exponentialfunktionen die Hochzahl des Potenzausdrucks die Variable x und die Basis ist fest vorgegeben, in dem Beispiel mit 2.

Warum sind Exponentialfunktionen so wichtig?

Exponentialfunktionen haben in den Naturwissenschaften, gerade bei der mathematischen Beschreibung von Wachstumsvorgängen, eine herausragende Bedeutung. Man spricht hier vom exponentiellen Wachstum, welches in der Natur oft vorkommt. So zum Beispiel beim Wachstum von Mikroorganismen wie Bakterien, Krebszellen oder eben Viren. Aber auch bei der Entwicklung der Weltbevölkerung sehen wir ein exponentielles Wachstum. Das war übrigens das Spezialgebiet von Albert Allen Bartlett aus unserem Eingangszitat.

Auch beim Zinzeszins arbeitet quasi die exponentielle Wachstumsdynamik. Die Zinzeszinsformel lautet hier:

Zinseszinsformel

mit Kn = Endkapital inkl. Zins und Zinzeszins nach n Jahren, K= angelegtes Anfangskapital, p = Zinssatz in Prozent und n = Anzahl der Jahre.

Kn entspricht also unserem y oder f(x), (1 + p/100) entspricht der Basis a und n entspricht unserer Variablen x. Auch bei der Zinseszinsrechnung ist wie bei den natürlichen Wachstumsvorgängen also die Variable die Zeit. Mit der Zeit kommt es bei exponentiellem Wachstum also zu enorm ansteigenden Werten, einmal von Kapital, in der Natur zum Beispiel von Mikroorganismen, etwa Viren.

Wenn eine Person sich mit einem Virus (oder auch einem anderen Krankheitserreger) infiziert und jeder Infizierte im Schnitt zwei oder drei andere ansteckt, dann haben wir es mit einem exponentiellen Wachstum zu tun: y = awobei die Variable x hier die Zeit ist, soll heißen: die Anzahl der Infizierten wächst mit der Zeit exponentiell an. 

Was haben Viren mit exponentiellem Wachstum zu tun

YouTube-Screenshot, Prof. Dr. Edmund Weitz (Mathematiker)

So, nun aber zurück zu unserer Ausgangsfrage, wer weiter kommt nach 30 Schritten, Läufer A oder Läufer B. Warum spielt es hier so eine große Rolle, dass es sich um eine Expontialfunktion handelt?

Lineare, Potenz- und Exponentialfunktion im Vergleich

Nehmen wir als Beispiel, um die unterschiedliche Entwicklung zu verdeutlichen folgende drei Funktionen

  • die lineare Funktion y = 100 x (so marschiert Läufer A)
  • dann die Potenzfunktion y = x2  und schließlich
  • die Expontialfunktion y = 2x (so kommt Läufer B voran)

und setzen  für x der Reihe nach 1, 2, 3 usw. zunächst bis 20 ein, so erhalten wir für y (oder f(x)) folgende Werte, links diejenigen für die lineare Funktion, in der Mitte die Werte für die Potenz-, rechts für die Exponentialfunktion:

  1. y = 100 bzw. 1 bzw. 2
  2. y = 200 bzw. 4 bzw. 4
  3. y = 300 bzw. 9 bzw. 8
  4. y = 400 bzw. 16 bzw. 16
  5. y = 500 bzw. 25 bzw. 32
  6. y = 600 bzw. 36 bzw. 64
  7. y = 700 bzw. 49 bzw. 128
  8. y = 800 bzw. 64 bzw. 256
  9. y = 900 bzw. 81 bzw. 512
  10. y = 1.000 bzw. 100 bzw. 1.024
  11. y = 1.100 bzw. 121 bzw. 2.048
  12. y = 1.200 bzw. 144 bzw. 4.096
  13. y = 1.300 bzw. 169 bzw. 8.192
  14. y = 1.400 bzw. 196 bzw. 16.384
  15. y = 1.500 bzw. 225 bzw. 32.768
  16. y = 1.600 bzw. 256 bzw. 65.536
  17. y = 1.700 bzw. 289 bzw. 131.072
  18. y = 1.800 bzw. 324 bzw. 262.144
  19. y = 1.900 bzw. 361 bzw. 524.288
  20. y = 2.000 bzw. 400 bzw. 1.048.576

Wir sehen hier:

  • die Potenzfunktion kann die lineare Funktion bei so einem hohen Vorfaktor von 100 nicht einholen,
  • wie schnell sich die Werte der Potenz- und der Exponentialfunktion auseinander entwickeln. Beide liegen anfangs weit hinter der linearen Funktion mit dem Faktor 100. Bei x = 10, hat die Exponentialfunktion die lineare Funktion trotz des großen Vorfaktors aber bereits überholt und setzt sich dann tatsächlich in Siebenmeilenstiefeln von ihr ab, geht mit der Zeit quasi durch die Decke.

Bei x = 30 sehen die Werte dann übrigens wie folgt aus:

30. y = 3.000 bzw. 900 bzw. 1.073.741.824 (1,07 Milliarden)

Läufer A kommt 30 Meter weit, Läufer B kommt weiter als von Frankfurt nach Tokio

Und jetzt können wir auch die Frage beantworten, wie weit Läufer B in unserem Ausgangsbeispiel nach 30 Schritten gekommen ist. Nach einem Schritt legte er 1 cm zurück, nach zwei Schritten 3 cm (+2), nach drei Schritten 7 cm (+4), nach vier Schritten 15 cm (+8) usw. Hier die Werte im Vergleich zum Läufer A.

Nach einem Schritt: 1 m bzw. 1 cm
Nach 2 Schritten: 2 m bzw. 3 cm
Nach 3 Schritten: 3 m bzw. 7 cm
Nach 4 Schritten: 4 m bzw. 15 cm
Nach 5 Schritten: 5 m bzw. 31 cm
Nach 6 Schritten: 6 m bzw. 63 cm
Nach 7 Schritten: 7 m bzw. 1,27 m
Nach 8 Schritten: 8 m bzw. 2,55 m
Nach 9 Schritten: 9 m bzw. 5,11 m
Nach 10 Schritten: 10 m bzw. 10,23 m

Schon nach dem zehnten Schritt hat der Läufer B also den Läufer A überholt. Wer hätte das gedacht, bei den winzigen Schritten mit nur ein, zwei Zentimeter, mit denen er begann und anfangs scheinbar einen aussichtslosen Rückstand hatte? Doch dann geht es erst richtig los:

Nach 11 Schritten: 11 m bzw. 20,47 m
Nach 12 Schritten: 12 m bzw. 40,95 m
Nach 13 Schritten: 13 m bzw. 81,91 m
Nach 14 Schritten: 14 m bzw. 163,83 m
Nach 15 Schritten:
15 m bzw. 327,67 m

usw. Nach weiteren 5 Schritten dann:

Nach 20 Schritten: 20 m bzw. 10.485,75 m = 10,48575 km

Nach 20 von 30 Schritten ist B, der mit einem Ein-Zentimeter-Schrittchen begann, also schon über zehn Kilometer weit. Und es folgen ja noch zehn weitere Schritte, jeder doppelt so lang wie der vorangegangene:

Nach 25 Schritten: 25 m bzw. 335,54432 km

Und nach dem letzten Schritt kommen wir zu folgendem Endergebnis:

Nach 30 Schritten: 30 m bzw. 10.737,41823 km

Läufer A ist also mit seinen wirklich großen 30 Ein-Meter-Schritten immerhin 30 Meter weit gekommen. Nun ja, das war klar und ist eine durchaus beachtliche Leistung. Läufer B aber ist mit seinen 30 Schritten über 10.737 km weit gekommen. Das ist weiter als von Hamburg nach Hollywood, weiter als von Frankfurt nach Tokio. B schafft es also mit nur 30 Schritten locker bis zu den Olympischen Spielen, die übrigens vor dem immens schnellen Coronavirus flüchtend auf 2021 verschoben wurden.

Exponentielles Wachstum (2)

Fazit

Menschen, das haben Sie gerade selbst eindrucksvoll erlebt, sind sensationell schlecht darin, exponentielle Entwicklungen kognitiv zu erfassen. Das gilt übrigens auch für so manche Mediziner und ehemalige SPD-Politiker, Gesundheitsamtsleiter und ehemalige Bundestagsabgeordnete, oder Lungenfachärzte, die dann Filme im Internet verbreiten, nachdem sie zuvor auf die ersten zwei Schritte der Läufer A und B oder die ersten zwei, drei Felder auf dem Schachbrett gestarrt haben und dann sagen: „Also ich kann da nicht erkennen, dass B weit kommen kann. Der ist ja erst bei 3 Zentimeter, A aber schon bei 2 Meter. Das ist doch viel mehr!“ Oder: „Was? So wenig Weizenkörner will der haben? Hahaha!“ 

Wir können das von Natur aus nicht, exponentielle Wachstumsdynamiken einschätzen. Wir haben hierfür keine natürliche Intuition. Wir haben uns Werkzeuge geschaffen, zuallererst natürlich die Mathematik, um solche Dinge einschätzen und vorausberechnen zu können. Wir haben graphische Darstellungen entwickelt, die dieses exploxionsartige Wachstum in Schaubildern aufzeigen, so dass man sehen kann, wie die Kurve einer Exponentialfunktion nach rechts immer steiler wird, bis sie schließlich irgendwann fast senkrecht nach oben geht. Hier mit umgekehrten Farben: die lineare Funktion rot, die Exponentialfunktion grün:

Exponentielles Wachstum

Aber was das wirklich bedeutet, geht nicht in unsere Köpfe. Wir alle sind ein bisschen wie der König in der Weizenkornlegende. Die meisten zumindest.

Vertiefung

Wer das Thema vertiefen möchte, dem sei das Video des Mathematikers Prof. Dr. Edmund Weitz von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg empfohlen, der die mathematischen Zusammenhänge sehr gut erklärt.

Ansonsten Ihnen einen schönen Sonntag, bleiben Sie gesund und passen Sie gut auf sich auf. Und bitte keine Verschwörungsmythen verbreiten!

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