COVID-19: Zahl der Todesfälle steigt auf über 750.000

Von Jürgen Fritz, Fr. 14. Aug 2020, Titelbild: Worldometer-Screenshot

Ich möchte heute zunächst einmal eine Teil-Entwarnung geben, zugleich aber auch warnen. Wie das? Im folgenden werde ich versuchen aufzuzeigen, dass über eine dreiviertel Million Todesfälle zwar nicht wenig sind, bei ca. 7,8 Milliarden Menschen aber doch bei weitem viel weniger, als es zunächst den Anschein hat. Zugleich möchte ich erläutern, warum umgekehrt kein Anlass besteht zu völliger Sorglosigkeit oder gar der Auffassung, das Ding sei schon gelaufen. Das ist es leider noch nicht. Aber es ist auch weit weniger dramatisch, als wir das vor vier, fünf Monaten befürchten mussten.

Die Zahl der Todesfälle steigt zwar auf über 750.000, aber das exponentielle Wachstum ist weltweit seit Anfang April gebrochen

Betrachten wir zunächst die Zahl der weltweiten COVID-19-Todesfälle. Diese stieg laut Worldometer am Donnerstag, den 13. August 2020 bis 24 Uhr auf 756.719. Das ist sicherlich nicht wenig.

Auch zeigt die Kurve, a) dass keine Abflachung zu erkennen ist. Das heißt, es kommen jeden Tag mehrere tausende neue Todesfälle dazu und das, was täglich dazu kommt, wird nicht merklich weniger, wenn überhaupt. Aber wir sehen auch hier schon, dass b) die Kurve nicht steiler wird. Das heißt, wir haben schon sehr lange kein exponentielles Wachstum mehr, nämlich schon seit mindestens vier Monaten. Das ist enorm wichtig.

Wie wichtig es war, das exponentielle Wachstum zu brechen, erkennen Sie, wenn Sie sich die Kurve von Anfang April (unten) im Vergleich zu der von Mitte August (oben)  anschauen. Bis zum 3. April hatten wir eine tägliche (!) Zunahme der COVID-19-Toten von ca. 12,8 Prozent. Wäre das so weitergegangen hätte bereits bis Ende April weltweit fast 1,6 Millionen Menschen ihr Leben gelassen, bis Ende Mai ca. 66,8 Millionen.

Jeder 10.300ste Erdenbürger starb bisher offiziell an COVID-19

Im Vergleich dazu ist sind über 756.719 Todesfälle natürlich schlimm, aber angesichts von ca. 7,8 Milliarden Menschen doch verhältnismäßig wenig. Um zu verdeutlichen, was dies heißt, eine Veranschaulichung: Pro eine Million Menschen auf der Erde sind bislang – laut den offiziellen Zahlen – ca. 97,1 an COVID-19 verstorben. Anders formuliert: Ca. jeder 10.300ste Erdenbürger ist bis zum 13. August an COVID-19 verstorben.

Bei den offiziellen Zahlen mögen 10 bis 12, vielleicht auch 15 Prozent Fälle dabei sein, die gar nicht ursächlich an der Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, sondern aus anderen Gründen, die aber infiziert waren, positiv getestet wurden und fälschlich in die Todesfallstatistik mit aufgenommen wurden (zu viel gezählte Tote). Davon müssen wir ausgehen.

Umgekehrt fehlen aber a) andere Fälle in den offiziellen Zahlen, die tatsächlich todesursächlich an COVID-19 starben, die aber nie positiv getestet wurden, zum Beispiel viele ältere Menschen, die in einem Alten- oder in einem Pflegeheim starben oder die schlicht zuhause starben (zu wenig gezählte Tote).

Außerdem kommen b) sogenannte Kollateral-Todesfälle hinzu, die nicht direkt an der Infektion mit SARS-Cov-2 starben, sondern als indirekte Folge der Pandemie, weil ihre andere Krankheit zum Beispiel zu spät oder gar nicht mehr behandelt oder operiert wurde oder weil sie Suizid begingen aus einer allgemeinen Depression über den Zustand der Gesellschaft oder wegen Sorgen um ihre ökonomische Existenz usw.

Die Übersterblichkeit dürfte tatsächlich um mindestens 20, vielleicht auch 50 Prozent höher liegen als die offiziellen Todesfallzahlen

Die Übersterblichkeit (Exzessmortalität) liegt in vielen Ländern, wie zum Beispiel den USA oder Brasilien deutlich höher als die offizielle COVID-19-Zahlen. Wir müssen also davon ausgehen, dass die tatsächlichen direkten Todesfälle über den offiziellen Zahlen liegen und auf diese nochmals die Kollateral-Todesfälle hinzu addiert werden müssen.

Gleichwohl spielt auch das nicht die entscheidende Rolle. Gehen wir einmal davon aus, dass die offiziellen Todesfallzahlen nicht nur 20 oder 30 Prozent zu niedrig sind, sondern die tatsächliche Übersterblichkeit, inklusive den Kollateralschäden, sogar um 30 bis 40 Prozent höher ist, so wie in den USA. Laut New York Times starben dort vom 15. März bis zum 1. August 56.000 Menschen mehr  als in den offiziellen COVID-19-Todesfallstatistiken angegeben, nämlich 211.500 statt 155.500. Dies entspricht einem Plus von 36 Prozent, um das die Exzessmortalität über den offiziellen COVID-19-Todesfallzahlen liegt. Die Übersterblichkeit mag in anderen Ländern wahrscheinlich noch mehr über den offiziellen Zahlen liegen, meinetwegen 50 Prozent. Gleichwohl relativiert sich auch das, wenn wir überlegen, was das bedeutet.

Angenommen die tatsächlichen Todesfälle wären inklusive nicht erkannter direkter COVID-19-Toter und inklusive der indirekten Todesfälle (Kollateralfälle) um 50 Prozent höher, so wären das zum Stand 13. August statt 756.719 etwa 1,135 Millionen Tote. Das ist viel, ja, und jeder einzelne Mensch, der direkt oder indirekt an dieser Pandemie stirbt, ist natürlich einer zu viel. Setzen wir aber 1,135 Millionen in Relation zu ca. 7,8 Milliarden Menschen, so wären selbst das gerade 0,0146 Prozent bzw. 146 Tote pro eine Million Menschen.

6.000 Todesfälle pro Tag wären ca. 2,2 Millionen Tote pro Jahr = 0,03 Prozent der Erdbevölkerung

Die Zahl der weltweiten Toten wird sicherlich bis zum Ende der Pandemie in die Millionen gehen. Im März und April war aber zu befürchten, dass es im Worst Case in die zig, wenn nicht hunderte Millionen Tote gehen könnte. Davon sind wir weit entfernt und dieses Szenarium erscheint derzeit nicht mehr zu befürchten. Betrachten wir dazu die täglichen Todesfallzahlen:

Auch hier sehen wir: Das exponentielle Wachstum wurde Anfang April gebrochen. Bis dahin ging die Kurve steil nach oben, jeden Woche starben deutlich mehr Menschen als in der Woche zuvor. Mitte April war dann der Höhepunkt erreicht mit über 7.000 Toten pro Tag im Sieben-Tage-Durchschnitt (braune Linie). Dann ging die Zahl der täglichen Todesfälle bis Ende Mai auf ca. 4.100 im Schnitt herunter und steigt seither wieder an auf aktuell 5.934 Todesfälle pro Tag im Sieben-Tages-Schnitt weltweit.

In den letzten fünf Monaten starben ca. 750.000 Menschen an den Folgen der Infektion mit SARS-CoV-2, also ca. 150.000 pro Monat, ca. 5.000 pro Tag. Inzwischen liegen wir wieder über diesem Schnitt, bei fast 6.000 Todesfälle pro Tag. Die Kurve steigt zwar langsam an, aber sie explodiert nicht. Selbst wenn wir 6.000 Todesfälle pro Tag auf ein Jahr hochrechnen, so kommen wir dann auf ca. 2,2 Millionen Tote in einem Jahr und das weltweit. Bei 7,8 Milliarden Menschen entspricht dies ca. jedem 3.550stem. Das heißt, von 3.550 würden 3.549, das sind über 99,97 Prozent überleben.

Das soll nicht heißen, dass man diese Pandemie nicht ernst nehmen soll. Und ich halte den vorsichtigen Kurs der Bundesregierung unter der Kanzlerin Merkel, bei all ihren katastrophalen Fehlern, die diese insbesondere seit 2015 machte, und den Kurs der bayerischen Landesregierung unter Markus Söder nach wie vor für richtig. Die Hygienmaßnahmen sollten unbedingt konsequent eingehalten werden, bei Reisen ist Vorsicht geboten, Masken sollten überall, wo sie sinnvoll und notwendig sind, getragen werden. Wenn wir das alles tun, hat Deutschland und hat Europa und haben weite Teile der Welt aber gute Chancen mit einem blauen Auge davon zu kommen.

Die Pandemie scheint nicht so gefährlich, wie zu befürchten war, nehmen Sie aber bitte gleichwohl Rücksicht auf ihre Mitmenschen

Deutschland ist bislang mit nicht einmal 9.300 Todesfällen, 111 pro eine Million, im Vergleich zu anderen Ländern, wie Belgien (854 Tote pro Million Einwohner), Peru (777), Spanien (612), Großbritannien (609), Italien (583), Schweden (571), Chile (538), USA (514), Brasilien (496), Frankreich (465) oder Mexiko (426) sehr glimpflich davon gekommen. Wir sollten versuchen, dass dies auch so bleibt.

Nochmals, jeder Mensch, auch die 85- und 90-Jährigen, soll geschützt werden. Keiner soll preisgegeben werden. Die Gesellschaft hat hier eine Gesamtverantwortung, gerade auch für die Menschen, die auf Grund ihres Alters respektive wegen Vorerkrankungen zu den besonderen Risikogruppen gehören. Es wäre unsolidarisch zu sagen „Ich gehöre ja nicht zu den Risikogruppen, also ist mir egal, wenn die sich anstecken und einige dann halt sterben“. Die Sache ist auch höchstwahrscheinlich noch lange nicht gelaufen. SARS-CoV-2 kann jederzeit auch in der Breite wieder zurückkommen, was wir in Ländern, wie beispielsweise Spanien derzeit gerade sehen. Aber die Gefahr, dass sehr, sehr viele Menschen sterben, scheint aus jetziger Sicht doch deutlich geringer als dies im März, April zu befürchten war.

Bleiben Sie bitte gleichwohl vorsichtig und nehmen Sie bitte Rücksicht auf Ihre Mitmenschen. Auch wenn es vielleicht nur relativ wenige sein werden, die daran sterben, jedes Menschenleben, das so mit relativ geringem Aufwand geschützt werden kann, hat es verdient, geschützt zu werden. Und denken Sie bitte auch an die Langzeitfolgen bei denen, die die Infektion überleben, die aber zu der Minderheit gehören, bei denen die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt und bei denen dauerhaft gesundheitliche Schäden zurückbleiben.

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