Von Jürgen Fritz, Do. 24. Sep 2020, Titelbild: WELT-Screenshots
Dorothee Bär (CSU) ist seit 18 Jahren Bundestagsabgeordnete, seit 2018 Staatsministerin und Regierungsbeauftragte für Digitalisierung. Außerdem war sie bisher Mitglied in der Ludwig-Erhard-Stiftung. Das will sie nun aber nicht mehr sein und trat aus Protest gegen den bisherigen Vorsitzenden Roland Tichy zurück, weil in dessen Magazin Sawsan Cheblis G-Punkt Erwähnung fand.
Dorothee Bär kündigt aus Protest gegen Tichys Einblick ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung
Sie habe ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung gekündigt, erklärt die Staatsministerin gegenüber dem Handelsblatt. Grund für diese Entscheidung sei eine Publikation in dem Magazin Tichys Einblick, „die frauenverachtende und in höchstem Ausmaß sexistische Äußerungen gegenüber meiner Kollegin Sawsan Chebli enthält“, so Bär.
Roland Tichy war seit 2014 bis jetzt Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Ludwig-Erhard-Stiftung, der sich der „Förderung freiheitlicher Grundsätze in Politik und Wirtschaft“ verschrieben hat. Außerdem betreibt er seit 2014 den Blog Tichys Einblick, der seit 2016 auch als Monatsmagazin in gedruckter Form erscheint.
Sawsan Mohammed Chebli (SPD), über die sich der Autor Stephan Paetow lustig machte, bezeichnete die Satire in Tichys Einblick am Dienstagvormittag (22.09.2020, 11:02 Uhr) als:
„Ein besonders erbärmliches, aber leider alltägliches Beispiel von Sexismus gegen Frauen in der Politik“.
Unter Sexismus, eine Karte die Chebli besonders gerne spielt, versteht man die Diskriminierung (Benachteiligung oder Herabwürdigung) von Menschen auf der Basis des Geschlechts, insbesondere sexuelle Belästigung, aber auch Geschlechtsvorurteile, die von einem ungleichen sozialen Status von Frauen und Männern ausgehen und sich in Geschlechterstereotypen, Affekten und Verhaltensweisen zeigen. Ob hier ein Fall von Sexismus, also Benachteiligung oder Herabwürdigung auf Grund des Geschlechts vorliegt, dazu gleich mehr.
Dorothee Bär (CSU) antwortete Chebli jedenfalls kaum eine Stunde später auf Twitter:
„Das ist widerlicher Dreck! Wo steht denn so ein Müll?“
Bär empfindet die Veröffentlichung in Tichys Magazin als „frauenverachtend“ und kündigte dann gestern sogleich ihren Rücktritt aus der Ludwig-Erhard-Stiftung an. Im Handelsblatt verkündete sie: „Ludwig Erhards Ansinnen wäre heute sicher nicht die Herabwürdigung von Frauen, sondern das Fördern weiblicher Karrieren.“ Derartige „Ausfälle“ seien „unerträglich und mit den Zielen der Stiftung absolut unvereinbar“.
Stephan Paetow: Sawsans Pluspunkt? Bislang konnte nur der G-Punkt ausgemacht werden
Doch was genau hatte Stephan Paetow, Gründungsmitglied von Focus und lange Jahre dort stellvertretender Chefredakteur, in Tichys Einblick geschrieben? In dem Magazin ist unter Cheblis Bild folgender Text zu lesen:
„Sawsan Chebli will ihren Wirkungskreis in den kommenden Bundestag verlegen. Hierzu benötigt sie jedoch einen Wahlkreis. Deshalb tritt sie gegen den Resignierenden Bürgermeister Müller an, der sich ebenfalls vor der Bedeutungslosigkeit ins Bundesparlament flüchten will. Was spricht für Sawsan? Befreundete Journalistinnen haben bislang nur den G-Punkt als Pluspunkt feststellen können in der Spezialdemokratischen Partei der alten Männer.“
Ob dies ein Fall von „Sexismus“ ist, sprich eine Benachteiligung oder Herabwürdigung auf Grund des Geschlechts, oder einfach eine konkrete, spezifische Kritik an Cheblis Person darstellt, mag ein jeder für sich entscheiden.
Hintergrund des Ganzen: Sawsan Mohammed Chebli, die derzeit noch „Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei“ ist, will im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf für den Bundestag kandidieren. Dort möchte aber auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller antreten. Viele Gespräche hätten ihr gezeigt, dass sie Rückhalt und Unterstützung habe. Es gebe also „keinen Grund für einen Rückzug“.
Michael Müller hatte bereits im Januar bekanntgegeben, nicht noch einmal für den SPD-Landesvorsitz antreten zu wollen. Mitte August sagte er dann, er wolle in Charlottenburg-Wilmersdorf für den Bundestag kandidieren. Chebli selbst ist Mitglied im Ortsverein Ku’damm, der zum Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf gehört. Müller ist dagegen in Tempelhof zu Hause. Für den Wahlkreis Tempelhof-Schönberg will allerdings Juso-Chef Kevin Kühnert bei der Bundestagswahl antreten. Dieses Schauspiel hatte Stephan Paetow auf seinem Blog bereits am 21. August wie folgt satirisch kommentiert:
»Das Sommerhaus der SPD-Stars
WIRD TWITTER-PERLA MIT GOLDROLEX RAUSGEWÄHLT?
SAWSAN CHEBLI-DRAMA IM SPD-REALITY-FORMAT
Was bisher geschah: Bundesministerin Franziska Giffey hat trotz Schummeldoktor schnell begriffen, dass es nach Adam Riese in den nächsten zwanzig Jahre keinen SPD-Bundesminister mehr geben wird und folgte daher gern dem Ruf der heimischen Berliner SPD, neue Regierende Bürgermeisterin zu werden. Den Genossen war dort schon lange klar, dass mit dem amtierenden Resignierenden Michael Murks-Müller kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Aber wohin mit ihm?
Also er, sagte Murks-Müller, der offensichtlich nicht so helle wie Franzi ist, könne sich gut vorstellen, Bundesbauminister zu werden (wohl wegen des genialen Flughafen-Baus). Aber dazu müsste er in den Bundestag. Wozu er wiederum einen Wahlbezirk braucht, der ihn aufstellt. Und selbst wenn er erwartungsgemäß verliert, könnte er über die Landesliste in den Bundestag einrücken. Müller kommt aus Berlin-Tempelhof. Damit hätte er also einen Wahlkreis.
Hätte, hätte, Fahrradkette. Längst hatte Callcenter-Kevin, die Wühlmaus, die Genossen in Tempelhof mit deutlichen Hinweisen auf Müller als Berlins Biggest Loser geschickt intrigiert und sich selber als Kandidat aufs Schild heben lassen. „Asozial“ schimpften Freunde von Müller so sozialdemokratisch wie vergebens.
Also überredete Müller Parteifreunde des Nachbar-Wahlkreises Charlottenburg-Wilmersdorf, ihn als Kandidaten aufzustellen. Und damit beginnt die neueste Folge.
Und jetzt „live“: Über Charlottenburg-Wilmersdorf will auch Sawsan Mohammed Chebli, die SPD-Twitter-Perla mit der goldenen Rolex, für den Bundestag kandidieren. Und damit tritt die Staatssekretärin für allerlei spezialdemokratischen Unsinn gegen ihren Noch-Chef Müller an.
Nun könnte Chebli Erfolge für sich sprechen lassen, Stallgeruch oder innerparteiliche Netzwerke. Den Stallgeruch (staatenlose Tochter zweier Palästinenser, geboren und aufgewachsen in Moabit mit zwölf Geschwistern in einer Drei-Zimmer-Wohnung), der Spezialdemokraten wohlige Schauer über den Rücken laufen lassen sollte, hat Sawsan mit Designerkleidchen und Goldrolex aber wegparfümiert. Erfolge hat sie keine vorzuweisen. Nur einen Trumpf kann Müller nicht kontern: dass sie ein Määäädchen ist. Deshalb müht sich auch Geschlechtsgenossin Anke Myrrhe im Tagesspiegel, den G-Punkt als Pluspunkt herauszuarbeiten.«
Soweit Stephan Paetow. Wie gesagt, ob das ein Fall von „Sexismus“ ist oder ob Chebli hier wieder einmal die womöglich einzige Trumphkarte zieht, über welche sie zu verfügen glaubt und von der sie meint, diese würde immer stechen, mag ein jeder für sich entscheiden.
Roland Tichy gibt den Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung ab
Wie heute bekannt wurde, wird sich Roland Tichy im Oktober nicht mehr zur Wiederwahl stellen und gibt somit, auf Grund des Drucks der von verschiedener Seite auf ihn ausgeübt wurde, die Leitung der Ludwig-Erhard-Stiftung ab.
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