Friedrich Merz fordert Gerhard Schröder auf, seine Tätigkeit in Russland zu beenden

Von Jürgen Fritz, Mi. 02. Jun 2021, Titelbild: YouTube-BILD-Screenshot

Die erzwungene Landung des Flugzeugs in Minsk, um einen Regimekritiker und seine Freundin zu verhaften, stuft Friedrich Merz als Akt des Staatsterrorismus ein. Lukaschenko und Putin unterdrückten in ihren Ländern nicht nur die Freiheit, sondern gefährdeten auch immer mehr den Frieden in Europa. Gerhard Schröder fordert er auf, seine Tätigkeit in Russland zu beenden. Auch für einen ehemaligen Bundeskanzler gebe es Grenzen des Anstands.

Merz: Ein Akt von Staatsterrorismus

In seiner aktuellen MerzMail geht der CDU-Politiker Friedrich Merz auf die außenpolitischen Entwicklungen der letzten Woche ein. Diese sieht er von zwei Ereignissen geprägt, „deren Tragweite wir noch nicht absehen können, die aber das Potential in sich tragen, die sicherheitspolitische Lage in Europa erheblich zu verschärfen:

Als erstes nennt er „die erzwungene Landung eines zivilen Verkehrsflugzeugs in Minsk, das zwischen zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union im weißrussischen Luftraum unterwegs war, um daraus einen Regimekritiker und seine Freundin zu verhaften“. Dies stuft Merz als „Akt von Staatsterrorismus“ ein, „wie wir ihn in Europa bisher noch nicht gesehen haben“.

Lukaschenko lässt ein Privatflugzeug, in dem sich ein Regimekritiker befindet, über Belarus zwangsweise nach Minsk umleiten und dort landen

Weißrussland (Belarus) hatte am Pfingstsonntag, den 23. Mai, ein Flugzeug der irischen Fluggesellschaft Ryanair auf dem Weg von der griechischen Hauptstadt Athen nach Vilnius in Litauen als es gerade noch über Weißrussland flog,  nach Minsk umgeleitet. Als Grund gab Belarus an, es hätte „eine Bombendrohung“ gegeben. Aus der Schweiz hätte man die Information bekommen, dass sich ein Sprengsatz an Bord des Flugzeugs befinde.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko behauptete er später, er habe ja nur die Menschen im Flugzeug geschützt. Zum Zeitpunkt des Eingriffs befand sich das Flugzeug aber bereits direkt an der Grenze zu Litauen – deutlich näher am Zielort Vilnius als an Minsk, der Hauptstadt von Belarus. Der Flug mit der angeblichen Bombe wurde also nicht verkürzt, sondern durch den Eingriff von Weißrussland sogar noch verlängert. Lukaschenko gab auch zu, dass das Passagierflugzeug „mit Unterstützung eines Kampfjets nach Minsk umgeleitet wurde“, bestritt aber, dass das Flugzeug von dem Kampfjet zur Landung gezwungen worden sei.

Die Anweisung für diese Zwangsumleitung des Flugzeugs soll Lukaschenko selbst erteilt haben. Dabei wurde das Flugzeug von einem bewaffneten weißrussischen Kampfflugzeug des Typs MiG-29 begleitet. Berichten zufolge sollen die weißrussischen Behörden mit dem Abschuss des zivilen Flugzeuges gedroht haben, was von Weißrussland nicht  bestätigt wurde.

Der regimekritische Blogger und seine Lebensgefährtin werden festgenommen und er wahrscheinlich auch gefoltert

Am Flughafen in Minsk wurde dann der im Exil lebende belarussische Blogger, Mitgründer und ehemalige Chefredakteur des Oppositionellen-Netzwerks Nexta Roman Protassewitsch sowie seine russische Lebensgefährtin Sofia Sapega, die sich an Bord der Maschine befanden, wovon Weißrussland offenbar Kenntnis hatte, festgenommen. Die anderen Passagiere konnten dann Stunden später weiterfliegen. Im Gepäck der Passagiere fand sich keinerlei Hinweis auf Sprengstoff.

Später tauchte ein Video von Roman Protassewitsch auf, in dem dieser ein „Geständnis“ ablegt, in dem er zugibt, Massenproteste organisiert zu haben. Dabei wirkt der junge Mann so, als ob er gefoltert worden wäre (mehrere überschminkte Blessuren im Gesicht, nervöse Gestik und Körperspannung etc.).

Kritiker werfen Belarus einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr vor. Die EU hat wegen der Aktion neue Sanktionen gegen den Machtapparat in Belarus auf den Weg gebracht, insbesondere ein Flugverbot für Fluggesellschaften der Ex-Sowjetrepublik. Außerdem fordert sie die Freilassung von Protassewitsch und dessen Freundin.

Der weißrussische Tyrann gerät nun immer mehr unter Druck westlicher Sanktionen, kann sich aber weiter auf die Unterstützung aus Moskau verlassen. Kremlchef Wladimir Putin sicherte Lukaschenko bis Ende Juni einen weiteren Kredit von 500 Millionen US-Dollar (410 Millionen Euro) zu. Die ehemalige Sowjetrepublik hat gegenüber Moskau jetzt schon jetzt Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe. Lukaschenko, der jede Oppositionsbewegung in Weißrussland mit brutaler Gewalt unterdrückt, dabei offensichtlich auch vor Folterungen nicht zurückschreckt, erhält aber weiter volle Rückendeckung von Putin. Doch zurück zu Friedrich Merz und seiner aktuellen MerzMail.

Merz: Aus Lukaschenko und Putin sind zwei Despoten geworden

Als zweites einschneidendes Ereignis der letzten Woche nennt Merz das von der russischen Regierung ausgesprochene Betätigungsverbot für drei deutsche Organisation, die im deutsch-russischen Dialog aktiv und auch Teil des Petersberger Dialogs waren. Dies zerstöre die letzte bestehende Plattform eines regelmäßigen politischen Meinungsaustausches mit Russland. Und dann findet Merz klare und deutliche Worte Richtung Minsk und Moskau:

„Wenn sich die beiden Präsidenten aus Weißrussland und aus der Russischen Föderation, Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin, in der nächsten Woche in Moskau treffen, dann sehen wir dort die beiden Machthaber, die mit einer immer weiter gesteigerten Skrupellosigkeit die Freiheit in ihren Ländern unterdrücken und den Frieden in Europa von Woche zu Woche mehr gefährden. Aus zwei autokratisch regierenden Präsidenten sind zwei Despoten geworden, die sich nur noch mit Wahlbetrug, enthemmter Gewalt der Sicherheitsapparate und Massenverhaftungen an der Regierung halten können.“

Europa müsse geschlossen, klar und eindeutig reagieren, man müsse nicht alles hinnehmen

Für den Westen, vor allem für die Mitglieder der Europäischen Union, stelle sich daher die Frage, „wie wir mit solchen Regimen umgehen, wie wir angemessen auf Ereignisse wie in dieser Woche reagieren.“ Und Merz macht deutlich:

„Respekt verschaffen werden wir uns gegenüber Lukaschenko und Putin nur, wenn wir Europäer geschlossen, klar und eindeutig reagieren. Jede Reaktion muss demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien genügen, uns steht daher nur ein wesentlich kleineres Arsenal an Mitteln zur Verfügung.“

Gezielte Desinformation von deutschem Boden aus, wie sie in großem Umfang durch einen Ableger des russischen Staatsfernsehens Russia Today in Berlin gegenwärtig aufgebaut werde, müssten wir aber nicht hinnehmen. Vermögenswerte von russischen und weißrussischen Oligarchen, die im freien Teil Europas gern alle Annehmlichkeiten des Lebens in Anspruch nähmen, könnten eingefroren werden, ebenso die Einreisegenehmigungen zu Shoppingtouren und in die Urlaubsdomizile.

Auch für einen ehemaligen deutschen Bundeskanzler gebe es Grenzen des Anstands

Wirtschaftssanktionen mögen begrenzte Wirkungen haben“, so Merz weiter, „aber sie bleiben ein Instrument der Außenpolitik, und das müssen auch die Vertreter unserer Wirtschaft akzeptieren, die im Interesse ihrer Auslandsgeschäfte zu den Vorgängen in diesen Ländern lieber schweigen“.

Und dann spricht Friedrich Merz am Ende direkt Altkanzler Gerhard Schröder an: „Die Ereignisse der letzten Tage sollten Gerhard Schröder nun endgültig dazu veranlassen, seine berufliche Tätigkeit in Russland zu beenden. Auch für einen ehemaligen deutschen Bundeskanzler gibt es Grenzen des Anstands, die er nicht überschreiten sollte.“

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