Theoretische und praktische Philosophie: das Richtige meinen und das Richtige wollen

Von Jürgen Fritz, Di. 07. Dez 2021, Titelbild: Gordon Johnson, Pixabay, CC0 Creative Commons

Der Sinn der theoretischen Philosophie besteht letztlich darin, die Welt der Dinge und die Welt der Gedanken, damit auch sich selbst besser zu verstehen. Der Sinn der praktischen Philosophie, insbesondere der Ethik, ist es letztlich, ein besserer Mensch zu werden und damit auch mitzuhelfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Theoretische und praktische Philosophie

„The meaning of the world is the separation of wish and fact. Wish is a force as applied to thinking beings, to realize something. A fulfilled wish is a union of wish and fact. The meaning of the whole world is the separation and the union of fact and wish.“

„Der Sinn der Welt ist die Trennung von Wunsch und Tatsache (beim Erkennen, JF). Der Wunsch ist eine Kraft, die auf denkende Wesen ausgeübt wird, um etwas zu verwirklichen. Ein erfüllter Wunsch ist eine Vereinigung von Wunsch und Tatsache. Der Sinn der ganzen Welt ist die Trennung (im Erkennen, JF) und die Vereinigung (im Handeln, JF) von Tatsache und Wunsch“,

schrieb der vielleicht größte Logiker des 20. Jahrhunderts Kurt Gödel.

Das Ziel der theoretischen Philosophie ist es mitzuhelfen, das Richtige über das Sein der Welt zu meinen (Wort-auf-Welt-Ausrichtung bzw. Gedanke-auf-Welt-Ausrichtung), zu glauben, dass etwas der Fall ist, also die Wirklichkeit in ihrem jetzigen Zustand und in ihren zeitlosen, universalen Gesetzmäßigkeiten immer mehr und tiefer zu erkennen und zu verstehen.

Das Ziel der praktischen Philosophie ist es mitzuhelfen, das Richtige zu wünschen, das Gute oder das Bessere zu wollen (Welt-auf-Wort-Ausrichtung bzw. Welt-auf-Gedanke-Ausrichtung) respektive das Gute und das Bessere zu erkennen und aufzuzeigen, damit es dann im Idealfall gewünscht und gewollt wird.

Hier haben wir also eine Zukunftsausrichtung in Bezug auf das eigene Sein und das Sein der Welt. Praktische Philosophie ist also auf Veränderung von sich selbst und der Welt, ist auf Handeln ausgerichtet (griechisch πρᾶξις = prâxis = ‚Tat, Handlung, Verrichtung‘). Um sich selbst und die Welt möglichst effektiv verändern zu können, ist es von Vorteil, sich selbst und die Welt, insbesondere deren Gesetzmäßigkeiten möglichst genau zu erfassen und zu verstehen. Wer an einer Maschine herumdreht, deren Funktionsweise er gar nicht verstanden hat, kann leicht alles noch verschlimmern, statt es zu verbessern. Fehlvorstellungen bezüglich des Seins sind oft auch kontraproduktiv für das Wünschen, Wollen, Handeln und für die Zielerreichung.

Insofern könnte man sagen, die theoretische Philosophie, die auf das richtige Meinen, dass etwas der Fall ist, abzielt (Erkennen und Verstehen des Seins), ist die Basis, ist das Grundlegendere, auf dem die praktische Philosophie, die auf das das richtige Wünschen und Wollen abzielt, dass etwas der Fall sein soll, aufbaut.

Präzises Denken und Sprechen

Zum besseren Verstehen der Dinge und Gedanken, damit auch von sich selbst, gehört es zu lernen, präzise zu denken und präziser zu sprechen. Diese beiden Dinge gehören irgendwie zueinander, hängen miteinander zusammen, wenngleich hier keine strenge eins-zu-eins Korrelation besteht.

Jemand, der sehr präzise denken kann, muss nicht ständig auch sehr präzise sprechen. Er kann sich aus bestimmten Gründen manchmal auch bewusst einer mehrdeutigen Sprache bedienen, so zum Beispiel wenn er dichterisch, wenn er metaphorisch oder in Tropen sprechen und dabei gezielt verschiedene Ebenen zugleich anschlagen und zum Schwingen bringen will. Oder wenn er bewusst mit der Sprache spielt. Manchmal ist man auch schlicht schludrig im Sprechen (und Denken), kann dann aber gegebenenfalls präzisieren, wenn nötig. Umgekehrt dürfte es kaum möglich sein, präzise zu sprechen, wenn man nicht präzise denken kann. Dieses dürfte wohl eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung dafür sein, dass man ständig präzise spricht. Das dürfte in etwa die Verbindung zwischen beidem sein, daher keine eins-zu-eins Korrelation, aber ein innerer, logischer Zusammenhang.

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