Putin diffamiert die ukrainische Regierung als „Bande von Drogensüchtigen und Neonazis“

Von Jürgen Fritz, Sa. 26. Feb 2022, Titelbild: WELT-Screenshot

In einer an die ukrainischen Streitkräfte gerichteten Rede, die im russischen TV übertragen wurde, forderte Putin die ukrainische Armee zu einem Putsch auf. Sie sollten die Macht in Kiew übernehmen und den mit 73 Prozent der Stimmen gewählten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seine Regierung stürzen. Dann wurde Putin derart ausfällig, dass man seinen Ohren kaum traute.

Putin ruft die ukrainische Armee zum Putsch auf und beschimpft die ukrainische Regierung als „Bande von Rauschgiftsüchtigen und Neonazis“

„Nehmt die Macht in Eure Hände“, sagte Putin am Freitag an das ukrainische Heer gerichtet. „Mir scheint, Verhandlungen zwischen Euch und uns wären einfacher“. Putin spricht dem unabhängigen Land Ukraine das Recht auf Eigenstaatlichkeit und Souveränität ab, will es entweder völlig zerstören und der Russischen Föderation einverleiben oder aber eine von Moskau aus kontrollierten Marionetten-Regierung installieren, die dem Kreml hörig ist.

Wie verrückt nicht nur diese Putin-Rede ist, aber diese ganz besonders, zeigt sich unter anderem daran, dass er die jetzige durch freie Wahlen ins Amt gekommen ukrainische Regierung als „Marionetten-Regierung“ des Westens, bezeichnete, die er „entnazifizieren“ wolle, während es in Russland schon lange keine freie Wahlen mehr gibt und Putin sich selbst quasi zum Herrscher auf Lebenszeit installierte (bis 2036, da wäre er über 35 Jahre im Amt und 84 Jahre alt).

Dann aber wurde der russische Despot regelrecht ausfällig. Die Mitglieder der ukrainischen Regierung bezeichnete er als „Bande von Rauschgiftsüchtigen und Neonazis“ sowie als „Terroristen“. Dabei ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein russischsprechender Jude.

Selenskyj: „Wie kann ich ein Nazi sein?“

Nur wenige Stunden, bevor Putin den Überfall auf die Ukraine anordnete, wandte Wolodymyr Selenskyj sich per TV-Ansprache direkt an die russischen Bürger. Auf Russisch – seiner Muttersprache! – sagte Selenskyj:

„Man sagt Ihnen, wir [Ukrainer] seien Nazis. Aber kann ein Volk, das mehr als acht Millionen Menschen im Kampf gegen den Nationalsozialismus verloren hat, den Nationalsozialismus unterstützen? Wie kann ich ein Nazi sein? Erklären Sie das mal meinem Großvater, der den ganzen Krieg in der Infanterie der sowjetischen Armee mitgekämpft hat und als Oberst in einer unabhängigen Ukraine gestorben ist.“

Selenskyj entstammt selbst einer jüdischen Familie. Drei Brüder seines Großvaters wurden im Holocaust ermordet. In seiner Ansprache richtete er sich direkt and die russische Bevölkerung:

„Wofür kämpfen Sie und mit wem? Viele von Ihnen sind in der Ukraine gewesen. Viele von Ihnen haben Familie in der Ukraine. Einige haben an ukrainischen Universitäten studiert. Andere waren mit Ukrainern befreundet. Sie kennen unseren Charakter. Sie kennen unser Volk. Sie kennen unsere Grundsätze.“

Der ukrainische Präsident appellierte an die Russen, auf die Vernunft zu setzen. Bislang jedoch vollkommen vergeblich.

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