Amthor-Affäre: CDU-Politiker bestreitet Käuflichkeit

Von Jürgen Fritz, Fr. 12. Jun 2020, Titelbild: SPIEGEL-TV-Screenshot

Bis gestern galt er als eine der neuen großen Hoffnungen der CDU. Der 27-Jährige wurde schon als neuer Landesvorsitzender und möglicher Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern gehandelt. Doch nun hat der SPIEGEL heute mittag eine Enthüllungsgeschichte veröffentlicht, die den Jungpolitiker in keinem guten Licht erscheinen lässt. Philipp Amthor hat einen Brief an seinen Parteikollegen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier versendet, in dem er um politische Unterstützung für das Start-up Augustus Intelligence bat. Doch Amthor bekleidet bei dem Unternehmen einen Direktorenposten. Und er erhielt anschließend mehrere tausend Aktienoptionen.

Amthor setzt sich beim Bundeswirtschaftsminister für Augustus Intelligence ein

Die CDU hatte schon immer eine besondere Nähe und ein besonderes Verhältnis zur Wirtschaft und: zum Geld. Die schwarzen Kassen, welche Helmut Kohl in der CDU über ein viertel Jahrhundert führen ließ, und all seine Märchen, wo die Millionen herkommen, werden vielen noch in Erinnerung sein. Etwas Vergleichbares ist dieser Fall nicht, nicht annähernd, das vorweg. Nein, dazwischen liegen Welten. Gleichwohl wirft das, was heute bekannt wurde, kein sehr gutes Licht auf eines der größten Politik-Talente des Landes. Dabei sagten bis gestern noch 44,5 Prozent der Unions-Anhänger, dass sie sich wünschen, der 27-jährige Philipp Amthor sollte insgesamt in der CDU eine größere Rolle spielen.

Philipp Amthor mehr Einfluss in der CDU

Fest steht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt, Amthor, der zweitjüngste Parlamentarier im Deutschen Bundestag, der bis gestern noch haushoher Favorit war, den Landesvorsitz der CDU Mecklenburg-Vorpommern zu übernehmen und nächstes Jahr als CDU-Spitzenkandidat in die Landtagswahl zu gehen, ja vielleicht der mit Abstand jüngste Ministerpräsident Deutschlands zu werden, hat sich politisch für das Unternehmen Augustus Intelligence eingesetzt, wie der SPIEGEL recherchierte (Artikel hinter der Bezahlschranke).

Demnach verfasste Amthor bereits im September 2018 einen Brief an den Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Das Schreiben sei auf dem Briefpapier des Deutschen Bundestags verfasst und es soll, noch bevor es versendet wurde, in dem Unternehmen kursiert sein. Der Entwurf des Schreibens liegt dem SPIEGEL laut eigener Auskunft vor. In dem Brief lobe Amthor das Start-up und bitte Altmaier um politische Unterstützung. Am 2. Oktober 2018 sei das Schreiben dann im Bundeswirtschaftsministerium eingegangen.

Mitarbeiter von Augustus feiern Amthor: „ein geiler Typ“

Soweit so gut. Politikern und Parlamentariern ist es nicht verboten, sich für bestimmte Firmen einzusetzen. Doch jetzt wird es heikel: Amthor bekleidet inzwischen selbst einen Direktorenposten bei Augustus Intelligence. Damit gerät er mindestens in den Verdacht des Lobbyismus, wenn nicht noch mehr als das. Denn es kommt noch härter: Kurz nach seinem Brief habe der damals knapp 26-Jährige mindestens 2.817 Aktienoptionen an der Firma erhalten.

Dabei war man sich innerhalb des Unternehmens wohl sehr bewusst, welchen Wert Amthor für Augustus Intelligence darstellte: Es soll interne Kommunikation aus der Firma schon von Mitte 2018 vorliegen, in der es heißt: dieser Politiker werde „gut für uns“ sein. Für seinen Brief an Altmaier feierten Mitarbeiter Amthor: Er sei „ein geiler Typ“ und: „wir müssen uns echt bei ihm bedanken“. Zwei Monate später besuchten Augustus-Manager gemeinsam mit Amthor zweimal den damaligen Parlamentarischen Staatssekretär beim Wirtschaftsminister, Christian Hirte. Kurzum, Amthor scheint sich massiv für das Start-up-Unternehmen eingesetzt zu haben.

Ferner behauptet der SPIEGEL, dass Unterlagen über Reisen und Aufenthalte in teuren Hotels vorlägen, die Amthor mit Augustus-Mitarbeitern unternommen habe. Auf SPIEGEL-Anfrage, wer die Kosten für Reise, Unterkunft und Champagner übernommen habe, soll weder Amthor noch Augustus sich zu konkreten Fragen geäußert haben.

Amthor: „Ich bin nicht käuflich“, aber „es war ein Fehler“

Gegenüber FOCUS Online hat Amthor aber inzwischen eine Stellungnahme abgegeben. Er sagt, er habe seine Nebentätigkeit für das US-amerikanische Unternehmen der Bundestagsverwaltung bei Aufnahme im vergangenen Jahr offiziell angezeigt. Er sei „nicht käuflich“. Gleichwohl habe er sich politisch angreifbar gemacht und könne die Kritik nachvollziehen. Amthor wörtlich gegenüber dem FOCUS: „Es war ein Fehler“.

Sein Engagement für das Unternehmen entspreche rückblickend nicht seinen „eigenen Ansprüchen an die Wahrnehmung meiner politischen Aufgaben“. Dieses Kapitel sei ihm „eine Lehre“. Deshalb habe er die Konsequenzen daraus gezogen und seine Nebentätigkeit beendet. Auch zu den Aktienoptionen hat er sich dezidiert geäußert: Anteilsoptionen des Unternehmens habe ich nie ausgeübt und bereits zurückgegeben. Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land.“

Bereits im März 2020 hatte der SPIEGEL berichtet, dass Philipp Amthor bei Augustus Intelligence als Direktor beschäftigt seit. Dieser habe damals aber beschwichtigend über sein Bundestagsbüro ausrichten lassen: „Es handelt sich dabei um eine nicht-exekutive Funktion, mit der sich kein regelmäßiger Arbeitsaufwand verbindet.“ Doch daran gibt es jetzt wohl erhebliche Zweifel, ob das wirklich so stimmt. Denn interne Chats, E-Mails und Fotos würden laut dem SPIEGEL belegen, dass Amthor mehrfach geschäftliche Termine für Augustus wahrgenommen habe.

Mit von der Partie bei Augustus Intelligence: Maaßen und die andere frühere große Hoffnung der Union Karl-Theodor zu Guttenberg

Und noch ein weiterer Verdacht steht im Raum: Augustus habe möglicherweise Schmiergelder in China bezahlen wollen. Auch das gehe aus der internen Kommunikation des Unternehmens hervor, so die Recherchen des SPIEGEL. Man brauche „ein wenig Cash“, hieße es dort, rund eine bis fünf Millionen Euro, „um entsprechende Türen in China zu öffnen“. Im cc dieser Mail findet sich wiederum ein Name: Philipp Amthor.

Die Firma Augustus Intelligence sei von zwei Deutschen gegründet worden. Um sich herum hätten die Firmengründer „eine Gruppe von konservativen Männern geschart“. Dazu hätten gehört: der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und der frühere BND-Chef August Hanning. Die andere frühere große Hoffnung der Union, der Ex-Verteidigungsminister und Doktor-Arbeit-Plagiator Karl-Theodor zu Guttenberg sei als Teilhaber bei Augustus eingestiegen und dann sogar Präsident der Firma geworden.

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Zum Verhältnis der Union zur Wirtschaft und zum Geld: Helmut Kohl und der Bimbes: Die schwarzen Kassen der CDU

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