Von Jürgen Fritz, Mi. 25. Nov 2020, Titelbild: RKI-Screenshot
Noch nie sind in Deutschland innerhalb von sieben Tagen so viele COVID-19-Todesfälle registriert worden wie jetzt; laut RKI mehr als 1.650, laut Worldometer sogar über 1.700. Über 9 Prozent aller Menschen, die in den letzten sieben Tagen in Deutschland starben, starben infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2, Tendenz weiter steigend. Insgesamt dürfte die Marke von 15.000 Toten heute bereits überschritten werden.
Die täglichen Neuinfektionen nehmen nicht weiter zu, fallen aber auch nicht
Zunächst die gute Nachricht. Die Zahl der registrierten täglichen Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 steigt seit dem 7./8. November kaum noch an. Es kommen also nicht jeden Tag immer noch mehr Neuinfizierte dazu, sondern diese Zahl ist seither relativ konstant bei ca. 18.000 bis 19.000 pro Tag im Sieben-Tages-Mittel. Erstens konnte also der exponentielle Anstieg gebrochen werden, ja sogar zweitens der Anstieg überhaupt. Was aber bislang nicht erreicht wurde, ist ein Rückgang der registrierten täglichen Neuinfektionen.
Die Ankündigung des Wellenbrecher-Shutdowns und dann der Beschluss desselben am 28. Oktober scheinen also zu wirken, aber sie wirken nicht stark genug.
Die Mobilität der Bürger geht noch nicht stark genug zurück
Dies lässt sich auch an der Änderung der Mobilität, die im Sieben-Tags-Mittel bis zum 22. November aber nur um gut 10 Prozent unter das Vorjahresniveau zurückging. Im August, September, bis in den Oktober hinein war die Mobilität nach dem starken Rückgang im März, April, Mai sogar auf ein höheres Niveau als 2019 gestiegen. Der jetzige Mobilitätsrückgang der Bevölkerung, so meine Vermutung, wird nicht ausreichen, um die Neuinfektionen nicht nur in ihrem exponentiellen Anstieg völlig zu stoppen, sondern auch deutlich abzusenken.
Die Zahl der COVID-19-Patienten, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, steigt nicht mehr exponentiell, aber sie steigt weiter
Und dies sind die Folgen. Wir sehen hier, dass die Zahl der mit SARS-CoV-2 Infizierten, die in unseren Kliniken intensivmedizinisch behandelt werden müssen, in den letzten zwei Monaten von ca. 200 bis 300 auf nun über 3.700 angestiegen ist. 3.700, auch 4.000 und mehr verkraftet unser Gesundheitssystem normalerweise, wenn ich richtig informiert bin. Das Besorgniserregende ist hier mehr, dass die Zahl der Menschen, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, immer weiter ansteigt. Gestern meldete die Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin bereits 3.770 Fälle. Diese Zahl steigt also weiter.
Wir müssen davon ausgehen, dass von 3.770 Menschen, die gerade in intensivmedizinischer Behandlung sind, weitere Tausende sterben werden. Steigt die Zahl der Intensivpatienten deutlich an, dann steigen unwillkürlich auch die Todesfallzahlen weiter.
Letzte Woche registrierte das RKI 1.565 COVID-19-Todesfälle, den zweithöchsten Wert überhaupt
In der letzten Kalenderwoche (KW 47: 16.11. bis 22.11.2020) wurden dem RKI 1.565 COVID-19-Todesfälle gemeldet. Das war der zweithöchste Wert überhaupt. Nur in der KW 16, vom 13. bis 19. April starben einmal mehr Menschen an COVID-19, nämlich ca. 1.600.
Die letzten sieben Tage starben in Deutschland ca. 1.700 Menschen infolge der Infektion mit SARS-CoV-2
Doch die täglichen Todesfallzahlen steigen diese Woche weiter an, wie wir hier sehen können:
Gestern wurden dem RKI 410 COVID-19-Todesfälle gemeldet, mehr als je zuvor an einem Tag. Und auch das Sieben-Tages-Mittel steigt auf einen neuen Rekordwert von ca. 240 (laut RKI 236, laut Worldometer bereits auf 245). Das heißt, im Moment sterben ca. 1.700 Menschen pro Woche an COVID-19, Tendenz weiter steigend.
Das bedeutet: Über 9 Prozent, mehr als jeder Elfte, der die letzten sieben Tage starb, starb infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2; Tendenz weiter steigend. Hier die aktuelle Grafik von Worldometer, das in aller Regel aktuellere Zahlen hat als das RKI:
Die Menschen, die die letzten sieben Tage an COVID-19 starben, haben sich ca. drei bis vier Wochen zuvor infiziert
Dabei gilt: Wenn sich jemand angesteckt hat, treten die ersten Symptome meist erst nach ca. fünf bis sechs Tagen auf. Vorher merken die Infizierten gar nichts, sind aber nach drei bis fünf Tagen am ansteckendsten für andere, also in den Tagen vor Symptombeginn. Und bei denjenigen, bei denen die Erkrankung einen so schweren Verlauf nimmt, dass sie daran versterben, tritt der Tod meist ca. zwei bis drei Wochen nach Symptombeginn, also drei bis vier Wochen nach der Ansteckung ein.
Die Menschen, die in den letzten sieben Tagen an COVID-19 gestorben sind, haben sich also ca. drei bis vier Wochen zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert. Wenn jetzt im Moment die Todesfallzahlen so sehr in die Höhe gehen, so zeigt dies, wie hoch die Ansteckungen drei bis vier Wochen zuvor waren.
Fazit
Wir sind derzeit, sowohl was die Zahl der intensivmedizinisch zu betreuenden Patienten als auch was die Todesfälle pro Tag und pro Woche anbelangt, auf dem höchsten Stand, den wir jemals hatten, Tendenz jeweils weiter steigend. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen steigt zwar seit Anfang November nicht weiter an, aber sie fällt auch nicht merklich. Eine Verlängerung des Wellenbrecher-Shutdowns und eventuell auch eine Verschärfung bis eine Woche vor Weihnachten scheint daher unvermeidlich und sehr wahrscheinlich.
P.S. vom 26.11.2020
Wie gestern vorausgesagt, stieg die Zahl der COVID-19-Todesfälle in Deutschland nun auf über 15.000, sogar über 15.100.

RKI-Screenshot
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