Von Jürgen Fritz, Fr. 26. Feb 2021, Titelbild: © JFB
16 Tage noch bis zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Seit 2016 regiert dort Rot-Gelb-Grün unter der Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Nach neuen Umfragen könnte die SPD erstmals seit 34 Jahren hinter die CDU zurückfallen. Die Grünen dagegen werden ihr Ergebnis von 2016 wohl mehr als verdoppeln, ziehen wahrscheinlich an FDP und AfD vorbei, welche fast ein Drittel ihrer Stimmen zu verlieren droht.
1991 hat die SPD das bis dahin klassische CDU-Land übernommen und seither nicht mehr hergegeben
Von 1947 bis 1987 war Rheinland-Pfalz klassisches CDU-Land. Von 1971 bis 1983 holte die Christliche Demokratische Union – von 1969 bis 1976 mit dem Ministerpräsidenten Helmut Kohl – sogar über 50 Prozent der Stimmen. Das änderte sich ab 1991 nachhaltig. Die CDU fiel nun erstmals seit 40 Jahren und das dauerhaft unter 40 Prozent, 2006 dann erstmals unter 35 Prozent. Im Gegenzug stieg die SPD 1991 erstmals überhaupt in den Bereich von 45 Prozent, was sie bis 2006 mehrmals wiederholte. Bei den beiden letzten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz 2011 und 2016 lag sie immerhin noch um die 36 Prozent, was angesichts der allgemeinen Schwäche der SPD, die auf Bundesebene nur noch bei 20 bis 25 Prozent stand, ein ausgesprochen gutes Ergebnis war.
Seit mehr als acht Jahren ist Malu Dreyer Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, nachdem sie das Amt im Januar 2013 von Kurt Beck übernommen hatte. Unter Beck war sie zuvor fast elf Jahre lang Landesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie. Dreyer gilt als eines der letzten Zugpferde der SPD. Die inzwischen 60-Jährige war nach dem Rücktritt von Andrea Nahles von Juni bis Dezember 2019 kommissarische Bundesvorsitzende der SPD.
Marie Luise Anna Dreyer, wie sie richtig heißt, regierte 2013 bis 2016 zunächst in einer rot-grünen Koalition, seit Mai 2016 steht sie an der Spitze des ersten rot-gelb-grünen Regierungskabinetts des Landes. Unter ihr kam es also zur ersten Ampelkoalition aus SPD, FDP und den Grünen, nachdem Rot-Grün 2016 seine Mehrheit nicht behaupten konnte.
Seit Juni 2018 liegt die CDU in allen Umfragen vor der SPD
Nun wurden diese Woche zwei Umfragen von INSA für die BILD und Infratest dimap für den SWR veröffentlicht, die beide zu dem Ergebnis kommen, dass die SPD hinter der CDU liegt.
Arithmetisches Mittel aus INSA und Infratest dimap und Gewinne/Verluste gegenüber der Landtagswahl 2016
- CDU: 32 % ==> + 0,2
- SPD: 30,5 % ==> − 5,7
- GRÜNE: 12 % ==> + 6,7
- AfD: 9 % ==> − 3,6
- FDP: 6,5 % ==> + 0,3
- LINKE: 3 % ==> + 0,2
- Sonstige: 7 % ==> + 2,0

(c) JFB
Die 17 Umfragen davor seit Juni 2018 kamen alle zu dem gleichen Ergebnis: CDU auf 1, SPD nur noch auf 2. Sollte dies auch das Ergebnis bei der Wahl am 14. März sein, so würde die CDU die SPD erstmals seit 34 Jahren in Rheinland-Pfalz wieder überholen. Und dies würde bezüglich der Regierungsbildung nicht wenige Fragen aufwerfen.
CDU: gute Chancen, die SPD als stärkste Kraft abzulösen, aber keine guten Aussichten, den Ministerpräsidentenposten zurückzuerobern
Denn wenn wir davon ausgehen, dass Die Linke und die Freien Wähler, die laut INSA und Infratest dimap derzeit bei ca. 3 bis 4 Prozent liegen und bei den 7 Prozent für die sonstigen Parteien enthalten sind, es beide nicht schaffen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, die FDP aber schon, dann wären ca. 45 Prozent der Stimmen notwendig für eine Mehrheit der Sitze im Landtag. Auf 45 Prozent kämen mit einem solchen Ergebnis wie oben abgebildet aber weder Rot-Grün (ca. 42,5 %) oder Schwarz-Gelb (ca. 38,5 %).
Mit der AfD wird aber niemand koalieren wollen. Somit wird sich die Frage stellen, schwenkt die FDP wieder in Richtung Ampelkoalition oder die Grünen in Richtung Jamaika (Schwarz-Grün-Gelb). Letzteres ist wohl eher unwahrscheinlich, während es von allen drei jetzigen Koalitionspartnern, SPD, Grüne und auch FDP, Signale zu geben scheint, dass man die Ampel fortsetzen wolle, so sie wieder eine Mehrheit bekommen sollte.
Dafür spräche auch, dass Rot-Grün sogar gestärkt aus der Wahl hervorgehen könnte, da die Grünen die starken Verluste der SPD sogar zu überkompensieren scheinen. Die Grünen werden dem allgemeinen Bundestrend entsprechend auf jeden Fall deutlich zulegen gegenüber 2016 und ihr damaliges Ergebnis (5,3 %) wahrscheinlich mehr als verdoppeln.
Der CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf wird es also unter Umständen nicht reichen, wenn sie erstmals seit 34 Jahren an der SPD vorbeizieht. Um die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer abzulösen, müsste Rot-Grün-Gelb wahrscheinlich auf um oder sogar unter 45 Prozent gedrückt werden, liegt aber laut den beiden aktuellen Umfragen eher bei 49 Prozent. Baldauf ist seit 2001 im Mainzer Landtag und gehört seit 15 Jahren zum Bundesvorstand der CDU.
Die Wähler fänden Rot-Grün am besten, Jamaika am wenigsten gut
Bei den Wählern fände eine neuerliche rot-grün-gelbe Koalition eher geringen Zuspruch. Laut einer Erhebung von Forschungsgruppe Wahlen von Anfang Februar bewerten nur 30 Prozent eine Ampelkoalition positiv, 45 Prozent aber negativ. Den größten Zuspruch hätte Rot-Grün.
Welche Regierungskoalition würden sich die Wähler in Rheinland-Pfalz am ehesten wünschen?
- Rot-Grün: 40 % gut, 35 % schlecht
- Schwarz-Grün: 37 % gut, 37 % schlecht
- Rot-Grün-Gelb (Ampel): 30 % gut, 45 % schlecht
- Schwarz-Grün-Gelb (Jamaika): 26 % gut, 46 % schlecht
AfD droht drei von zehn Wählern zu verlieren
Für die AfD könnte diese Wahl übrigens ernüchternd werden. Vor fünf Jahren lag sie in Rheinland-Pfalz genau wie eineinhalb Jahre später bei der Bundestagswahl bei 12,6 Prozent. Laut den aktuellen Erhebungen von INSA und Infratest müssten die AfD damit rechnen, in den einstelligen Bereich von ca. 9 Prozent zu fallen. Damit würde sich fast drei von zehn Wählern verlieren. Forschungsgruppe Wahlen kam sogar eher auf einen Wert von 7 statt 9 Prozent.
Zeitgleich zur Landtagswahl im bevölkerungsmäßig sechstgrößten Bundesland Rheinland-Pfalz mit ca. 4,1 Millionen Einwohnern findet am 14. März auch die Landtagswahl im bevölkerungsmäßig drittgrößten Bundesland Baden-Württemberg mit ca. 11,1 Millionen Bewohnern statt. Diese beiden wichtigen Landtagswahlen sind der Auftakt im Superwahljahr 2021 mit sechs Landtagwahlen (Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März, Sachsen-Anhalt am 6. Juni, Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern am 26. September) plus der Bundestagswahl am 26. September.
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