So wird die Landtagswahl in Baden-Württemberg ausgehen

Von Jürgen Fritz, So. 14. März 2021, Titelbild: © JFB

Baden-Württemberg wählt heute seinen Landtag neu. Mit 11,1 Millionen Einwohnern ist BW nach NRW und Bayern das bevölkerungsreichste Bundesland mit mehr Bürgern als Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Bremen zusammen. Wie werden die 7,7 Millionen wahlberechtigen Baden-Württemberger heute entscheiden? Hier die Sonntagmorgen-Prognose von Wahl-O-Matrix.

Neues historische Hoch für die Grünen und neue historische Tiefpunkte für CDU und SPD sowie deutliche Verluste für die AfD

Die Grünen mit ihrem äußerst beliebten Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann konnten 2016 mit 30,3 Prozent ihr bestes Ergebnis aller Zeiten erzielen und zogen erstmals an der CDU vorbei. Meine Prognose: Die Grünen werden nochmals ca. 3 Punkte zulegen und noch klarer als erste und stärkste Kraft aus dieser Wahl hervorgehen. Winfried Kretschmann bleibt Ministerpräsident, die Frage wird nur sein, mit wem Die Grünen die nächsten Jahre zusammen regieren werden, wieder mit der CDU oder mit einem oder zwei kleinen Partnern

Die CDU, die 58 Jahre lang die baden-württembergische Landesregierung anführte und mit Gebhard Müller (1953-1958), Kurt Georg Kiesinger (1958-1966), Hans Filbinger (1966-1978), Lothar Späth (1978-1991), Erwin Teufel (1991-2005), Günther Oettinger (2005-2010) und Stefan Mappus (2010-2011) bis 2011 immer den Ministerpräsidenten stellte, die 2016 mit 27,0 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung des Bundeslandes erzielte, wird diesen Wert nochmals um ca. 3 bis 4 Punkte unterschreiten und einen neuen historischen Tiefpunkt erreichen. Sie wird anschließend hoffen, dass Kretschmann und Die Grünen sie wenigsten wieder mit in die Regierung holen.

Die AfD, die in Baden-Württemberg einen überdurchschnittlichen Zuspruch erfährt, wird halbwegs mit einem blauen Auge davon kommen, wird aber rund 3 Punkte, also etwa ein Fünftel ihrer Wähler verlieren. Ohne die Maskenaffäre der CDU wäre die Verluste wohl noch etwas höher ausgefallen. Von der Schwäche der CDU werden vor allem die FDP und die AfD profitieren, welche knapp vor SPD und FDP auf dem dritten Platz landen dürfte.

Die SPD, die wie die CDU 2016 ihr schlechtestes Ergebnis ever erzielte und gerade noch auf 12,7 Prozent kam, wird nicht einmal dieses miserablen Wert halten können, sondern nochmal etwa 2 Punkte verlieren. Es ist nicht einmal sicher, ob es für den vierten Platz reicht. Sie könnte sogar von der FDP überholt werden. Die beiden lagen die letzten Tage vor der Wahl ganz dicht beieinander.

Denn die FDP, die 2016 mit 8,3 Prozent bereits ein ordentliches Ergebnis erzielte, wird heute eine ihrer erfolgreichsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg bestreiten seit den 1970er Jahren. Sie wird auf jeden Fall zulegen, wahrscheinlich um die 2 Punkte, vielleicht sogar etwas mehr. Damit wird sie ganz nah an die SPD herankommen, könnte diese eventuell sogar überholen.

Die Linke, die die letzten 15 Jahren immer bei ca. 3 Prozent lag, hat auch dieses Mal keine Chance, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen und wird erneut nicht in den Landtag einziehen. Eventuell kann sie ca. einen halben Punkt zulegen, was aber letztlich ohne großen Belang sein wird.

Die sonstigen Parteien (Freie Wähler, ÖDP, NPD, Piraten, Tierschutzpartei etc.) werden dagegen deutlich zulegen um ca. 2 bis 3 Punkte von 3,7 auf jetzt etwa 6,5 Prozent.

Wahl-O-Matrix-Prognose vom Sonntagmorgen

Auf diese Werte plus minus ein bis zwei, bei größeren Parteien maximal drei Prozent werden die Parteien laut meiner Prognose kommen. Außerdem angegeben die Gewinne und Verluste gegenüber der letzten Landtagswahl im März 2016.

  1. GRÜNE: 33,0 % ==> + 2,7
  2. CDU: 23,5 % ==> − 3,5
  3. AfD: 12 % ==> − 3,1
  4. SPD: 11,0 % ==> − 1,7
  5. FDP: 10,5 % ==> + 2,2
  6. LINKE: 3,5 % ==> + 0,6
  7. Sonstige: 6,5 % ==> + 2,8
Prognose-2021-03-14

(c) JFB

Erläuterung: Diese Werte sind so zu verstehen, dass es für jede Partei ein Fenster gibt, innerhalb dessen sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit liegen wird. Die aufgeführten Zahlen stellen die Mitte dieses Fensters dar. Kleine Abweichungen von dieser Fenster-Mitte von ein bis zwei Prozent sind also jeweils in beide Richtungen möglich, bei größeren Parteien auch drei Prozent, wobei die Wahrscheinlichkeit, je weiter man sich von der Mitte des Fensters weg bewegt, immer mehr abnimmt und zwar drastisch. Abweichungen von fünf bis zehn Prozent sind daher nahezu ausgeschlossen. Dies läge weit außerhalb des Fensters.

Grün-Rot ganz dicht an einer Mehrheit der Sitze im Landtag dran, Kretschmann wird auf jeden Fall weiter MP bleiben

Da Die Linke mit ca. 3,5 Prozent kaum Aussichten hat, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, ebenso all die Klein- und Kleinstparteien mit zusammen ca. 6,5 Prozent, werden insgesamt ca. 10 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen im Landtag nicht abgebildet sein. Somit werden ca. 45 Prozent der Stimmen reichen für eine Mehrheit der Sitze im Parlament.

Grün-Rot kommen nach der Wahl-O-Matrix-Prognose zusammen auf etwa 44 Prozent. Diese Prognose ist aber selbstverständlich nicht exakt. Das heißt, Die Grünen und die SPD haben heute eine Chance, die Mehrheit der Sitze im Landtag zu erreichen und könnten damit eine rot-grüne statt einer rot-schwarzen Landesregierung zu stellen.

Sollte es für Rot-Grün nicht ganz reichen, hätte der amtierende Ministerpräsident und Spitzenkandidat der Grünen Winfried Kretschmann auch die Möglichkeit, die FDP als dritten Partner einer grünen Ampel (Grüne-SPD-FDP) mit ins Boot zu holen. Kretschmann wird also auf jeden Fall freie Wahl haben, mit wem er weiter regieren möchte.

Schwarz-Rot-Gelb könnte zwar auf knapp über 45 Prozent kommen und hätte dann eine Mehrheit im Landtag, aber eine Landesregierung ohne die Grünen wäre den Wählern, deren Votum dann ja quasi völlig missachtet würde, kaum vermittelbar und käme der Mehrheit wie ein Hohn vor, wenn die Grünen so klar die Nummer eins sind und sogar noch zulegen können. Insgesamt lässt sich schon jetzt am Sonntagmorgen festhalten:

Diese Landtagswahl wird vor allem eine Personenwahl sein

Die Grünen profitieren in Baden-Württemberg ganz enorm von der immensen Beliebtheit ihres Ministerpräsidenten. Laut Wahlkreisprognose käme Kretschmann bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten auf fast 65 Prozent.

Direktwahl MP-WK

Wahlkreisprognose

Infratest dimap kam mit 65 Prozent für Kretschmann und nur 17 Prozent (jeder Sechste) für die derzeitige CDU-Bildungsministerin Susanne Eisenmann zu ähnlichen Werten und Forschungsgruppe Wahlen kam sogar auf 70 Prozent für Kretschmann und ganze 11 Prozent für Eisenmann. Noch frappierender: Forschungsgruppe Wahlen kam zu dem Ergebnis, dass sogar 59 Prozent der CDU-Wähler Kretschmann als Ministerpräsidenten behalten wollen. Dies zeigt, dass die Landtagswahl in Baden-Württemberg ähnlich wie auch in Rheinland-Pfalz, aber noch stärker als dort, eine Personenwahl sein wird, bei welcher der Kretschmann-Joker zieht.

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