Zverev fliegt in Miami gleich im ersten Match aus dem Turnier

Von Jürgen Fritz, Sa. 27. Mrz 2021, Titelbild: ATP Tennis TV-Screenshot

Er ging als einer der vier Top-Favoriten auf den Turniersieg in die Miami Open 2021, das mit einem 96er Feld fünftgrößte Turnier der Welt. Alexander Zverev wurde an Position 3 gesetzt. Nach seinem beeindruckenden Sieg in Acapulco (D) letzten Samstag durfte man sich Hoffnungen machen, dass der Deutsche auch in Miami (C) weit kommen könnte. Doch weit gefehlt. Gleich in seinem ersten Match gegen die 83 der Welt flog Zverev aus dem Turnier.

Was für eine Chance für Zverev auf einen Master 1000-Titel!

Aus Alexander Zverev wird man einfach nicht klug. 2017 und 2018 stürmte er mit 20, 21 Jahren in die absolute Weltspitze, siegte bei drei Master 1000-Turnieren (C) und Ende 2018 sogar bei den ATP Finals (B), schlug dort im Endspiel völlig überraschend Novak Djokovic. In der Weltrangliste war Zverev damals zeitweise bereits die Nr. 3. Doch ab 2019 gewann er nie wieder ein größeres Turnier, oberhalb der E-Kategorie (ATP 250). Er spielte zwar letztes Jahr wieder richtig gut, jetzt endlich auch bei den ganz großen, den vier Grand Slam-Turnieren, erreichte 2020 in Melbourne das Halbfinale und in New York das erste A-Endspiel seiner Karriere, aber er gewann kein einziges größeres Turnier mehr. Bis letzte Woche. Letzten Samstag schlug er im Finale des D-Turniers von Acapulco seinen Angstgegner, den Weltranglistenfünften Stefanos Tsitsipas. Erster Turniersieg bei einem ATP 500-Event, ja überhaupt bei einem Turnier oberhalb der E-Kategorie seit 2018. Klasse!

Nun hatte er in Miami Gelegenheit nachzulegen. Erstes Masters 1000-Tournament des Jahres. Fünf Top-Ten-Spieler haben abgesagt, was völlig ungewöhnlich ist für ein C-Turnier. Events in dieser Kategorie spielen normalerweise fast alle Spitzenspieler. Dieses Jahr fehlen aber die beiden Masters 1000-Könige Djokovic (36 C-Titel) und Nadal (35 C-Titel), außerdem der Weltranglistenvierte Dominic Thiem, der 28-fache Masters 1000-Sieger Roger Federer und auch der Weltranglistenzehnte Berrettini. Was für eine Chance für Medvedev, Zverev auf ihren vierten C-Titel und für Rublev und Tsitsipas auf ihren ersten!

Medvedev legt glänzend vor und Zverev scheitert gleich in seinem ersten Match

Daniil Medvedev legte gestern vor, machte mit seinem Gegner Yen-Hsun Lu, der Nr. 1.020 im ATP Ranking, kurzen Prozess, fegte diesen in 56 Minuten (!) mit 6:2, 6:2 vom Platz. Dann kam Alexander Zverev. Sein Gegner: der 21-jährige Finne Emil Ruusuvuori, die Nr. 83 der Welt. Zverev ist die Nr. 7. Und was macht der frischgebackene Acapulco-Champion? Er gewinnt den ersten Durchgang 6:1. Der Satz war wohl nicht so deutlich, wie das Ergebnis klingt, aber man dachte, Zverev zieht gegenüber Medvedev – der wäre sein möglicher Halbfinal-Gegner gewesen – nach, gewinnt zwar nicht so rasant wie dieser, aber doch ohne große Probleme. Doch dann kommt alles anders.

Zverev verliert den zweiten Satz gegen die Nr. 83 mit 3:6. Jetzt muss er über drei Sätze gehen, denkt man. Zu dem Zeitpunkt sind schon 1,5 Stunden gespielt. Das kostet gleich in der 64er Runde viel zu viel Energie. Aber dann kommt es noch schlimmer. Zverev verliert den dritten Satz mit 1:6. Damit ist der an Drei Gesetzte, einer der vier Top-Favoriten auf den Turniersieg bei den Miami Open, dem größten Turnier der Welt nach den vier Grand Slam-Events (96er Hauptfeld) gleich in seinem ersten Match ausgeschieden.

Damit ist für Medvedev die Bahn frei bis ins Endspiel, wenn er in Normalform spielt

Alexander Zverev bleibt eine Wundertüte. Er ist ohne Zweifel seit Jahren eines der größten Talente der Welt im Herrentennis. Seit fast vier Jahren gehört er schon zur Weltspitze, hat sich in den Top-Ten ganz fest etabliert. Schon 2017 und 2018 hat er gezeigt, dass er größere und auch große Turniere gewinnen kann. Aber irgendwie kommt nie der ganz große Durchbruch. Ja, er kann jetzt mit fast 24 nicht mal die Erfolge aus diesen zwei Jahren wiederholen. Sehr seltsam.

Daniil Medvedev, der große Turnierfavorit, hat jetzt in der oberen Hälfte quasi freie Bahn bis ins Endspiel, zumal auch noch der an 8 gesetzte David Goffin und der an 9 gesetzte Grigor Dimitrov gleich in der 64er-Runde völlig glanzlos ausgeschieden sind. Spielt Medvedev in Normalform, ist in der gesamten oberen Hälfte niemand mehr, der ihm gefährlich werden könnte.

Tsitsipas und Rublev steigen heute ins Turnier ein

In der unteren Hälfte des Tableaus greifen heute die zwei weiteren Turnierfavoriten Andrey Rublev, an 4 gesetzt, bei den Buchmachern als 2 gehandelt, und Tsitsipas, genau umgekehrt an 2 gesetzt und vor Turnierbeginn an 4 gehandelt, ins Geschehen ein. Außerdem Aslan Karatsev, der 27-jährige Russe, der wohl gefährlichste Außenseiter in Miami, der dieses Jahr wie aus dem Nichts in die Weltspitze nach oben schoss, seit Februar von 114 auf 27 kletterte, mit klarem Potential für die Top-Ten.

Im zweiten Viertel oben, das nach dem Ausscheiden von Zverev quasi frei geworden ist für die anderen, könnte vielleicht eine Chance sein für den 19-jährige Jannik Sinner, den besten Teenager der Welt. Sinner hat Ende 2020 und Anfang 2021 bereits zwei E-Turniere (ATP 250) für sich entscheiden können. Sein Potential ist gewaltig! Ob er schon so weit ist, bei diesem wichtigen C-Turnier bis ins Halbfinale vorzudringen, wird man sehen müssen. Wenn er gut in Form ist, ist es ihm zuzutrauen. Ich würde es dem jungen Italiener auf jeden Fall gönnen.

Mögliche Viertelfinale

Nachdem Ausscheiden von Zverev, Goffin und Dimitrov (alle im zweiten Viertel) könnten es in den Viertelfinals nach heutigem Stand zu folgenden Paarungen kommen, so nicht noch mehr Favoriten vorzeitig ausscheiden:

  1. Medvedev – Bautista Agut / Auger Aliassime
  2. Sinner / Khachanvov – Fritz / Bublik
  3. Schwartzman / Karatsev – Rublev
  4. Shapovalov / Raonic – Tsitsipas

Highlights aus der Begegnung Zverev – Ruusuvuori

*

Aktive Unterstützung: Jürgen Fritz Blog (JFB) ist vollkommen unabhängig und kostenfrei (keine Bezahlschranke). Es kostet allerdings Geld, Zeit und viel Arbeit, Artikel auf diesem Niveau regelmäßig und dauerhaft anbieten zu können. Wenn Sie meine Arbeit entsprechend würdigen wollen, so können Sie dies tun per klassischer Überweisung auf:

Jürgen Fritz, IBAN: DE44 5001 0060 0170 9226 04, BIC: PBNKDEFF, Verwendungszweck: JFB. Oder über PayPal – 3 EUR – 5 EUR – 10 EUR – 20 EUR – 50 EUR – 100 EUR