Von Jürgen Fritz, Mi. 26. Mai 2021, Titelbild: © JFB
Bei der Landtagswahl 2019 landete die AfD in Sachsen mit 27,5 Prozent auf Platz zwei, keine fünf Punkte hinter der CDU und war stärker als Linkspartei, Grüne und SPD zusammen. Bei der letzten Umfrage im Dezember, veröffentlicht am 4. Januar, konnte die AfD diese 27,5 Prozent zwar nicht ganz halten, lag aber mit 26 Prozent immer noch auf Platz zwei. Doch seither verlor die CDU zehn Punkte (!) und liegt nun hinter der AfD.
Die CDU verliert immer weiter an Wählern: aus der Alleinregierung wird eine schwarz-rote, dann schwarz-gelbe, schließlich eine Kenia-Koalition
Mit knapp 4,1 Millionen Einwohnern ist Sachsen das bevölkerungsreichste neue Bundesland im Osten Deutschlands. Nur sechs der 16 Bundesländer haben mehr Einwohner. Seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 hat die CDU im Freistaat Sachsen immer regiert und hat immer den Ministerpräsidenten gestellt. Aus jeder Landtagswahl ist sie klar als stärkste Partei hervorgegangen. In den 1990er Jahren holte Kurt Biedenkopf sogar dreimal eine überragende absolute Mehrheit der Stimmen mit Werten von 54 bis 58 Prozent. 2002 gab Biedenkopf dann sein Amt an Georg Milbradt ab. Der holte 2004 noch etwas über 41 Prozent und bildete dann mit der 9,8 Prozent-SPD eine schwarz-rote Regierungskoalition. Die NPD war damals mit über 9 Prozent in den sächsischen Landtag eingezogen.
2008 trat dann Milbradt zurück und übergab das das Amt des Ministerpräsidenten an Stanislaw Tillich. Der holte 2009 für die CDU über 40 Prozent und regierte nun mit einer schwarz-gelben Koalition. Da die FDP bei der Landtagswahl 2014 fürchterlich einbrach, von 10 auf 3,8 Prozent fiel, damit aus dem Landtag flog, ging Tillich nun wieder eine Koalition mit der SPD ein. Erstmals war die CDU unter 40 Prozent gefallen, war jetzt nur noch auf 39 Prozent gekommen.
Nachdem die CDU bei der Bundestagswahl 2017 in Sachsen nicht mal 27 Prozent geholt hatte, trat nun auch Tillich zurück und übergab das Amt Michael Kretschmer. Mit Kretschmer fiel die CDU bei der Landtagswahl 2019 von 39 auf gut 32 Prozent. Auch der Koalitionspartner SPD verlor massiv, fiel auf 7,7 Prozent. Damit hatte Schwarz-Rot keine Mehrheit mehr im Parlament und es brauchte einen dritten Koalitionspartner. Erstmals wurde nun zusammen mit den Grünen eine sogenannte Kenia-Koalition (Schwarz-Grün-Rot) gebildet. Die FDP war erneut an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Selbst eine Kenia-Koalition hätte nun keine Mehrheit mehr
Doch inzwischen hätte laut der neuesten Erhebung von INSA (1.000 vom 18.05. bis 25.05.2021 per Telefon und per Online-Panel Befragte) auch Schwarz-Grün-Rot keine Mehrheit mehr. CDU, Grüne und SPD kämen demnach gerade noch auf 43 Prozent der Stimmen, bräuchten aber für eine Mehrheit der Sitze mindestens 46 Prozent: (100 Prozent – 8 Prozent für sonstige Parteien) geteilt durch 2.
Seit der Landtagswahl am 1. September 2019 hat vor allem die CDU, die einstige 58 Prozent-Partei, weiter massiv an Stimmen verloren. Hier die Gewinne und Verluste seit der letzten Landtagswahl zum heutigen Stand:
- FDP: + 7,5 %
- GRÜNE: + 4,4 %
- LINKE: + 0,6 %
- Sonstige: – 1,2 %
- AfD: – 1,5 %
- SPD: – 1,7 %
- CDU: – 8,1 %
Man sieht hier deutlich, es ist nicht die zunehmende Stärke der AfD, dass diese nun auf Platz eins liegt in Sachsen, sondern es ist die Schwäche der CDU, von der nicht die AfD profitiert, sondern vor allem die FDP und auch die Grünen.
Die CDU verliert in den letzten fünf Monaten 10 Prozentpunkte, fällt unter 25 Prozent
Genau dies zeigt sich auch, wenn wir die Entwicklung seit Dezember/Januar betrachten. Die letzte Befragung wurde in Sachsen ebenfalls von INSA in der ersten Dezemberhälfte (01.12. bis 15.12.2020) durchgeführt und dann erst am 4. Januar 2021 veröffentlicht. In den letzten fünf Monaten sehen wir fast die gleiche Entwicklung: Die CDU verliert in diesen fünf Monaten sogar 10 Prozentpunkte, die FDP legte 7 zu, die Grünen 3:
- AfD: 26 %
- CDU: 24 % (– 10)
- GRÜNE: 13 % (+3)
- FDP: 12 % (+7)
- LINKE: 11 %
- SPD: 6 % (–1)
- Sonstige: 8 % (+1)

(c) JFB
Das Ministerpräsidentenamt dürfte der CDU gleichwohl sicher sein, da niemand mit der AfD koalieren will, aber ein Wählerschwund von fast 60 Prozent ist mehr als bedenklich
Weil aber keine andere Partei mit der AfD koalieren möchte, hat diese keinerlei Machtoptionen im Hinblick auf eine Regierungsbeteiligung oder gar im Hinblick darauf, mit ihrem Höcke-nahen Landesvorsitzenden Jörg Urban den Ministerpräsidenten stellen zu können. Die CDU dürfte dieses Amt daher auch dann behalten, wenn sie bei der nächsten Landtagswahl 2024 nur auf 24 Prozent käme. INSA-Chef Hermann Binkert dazu: „Da die AfD keine Koalitionspartner hat, kann ohne und gegen die Union nicht regiert werden.“
Knapp reichen würde es mit einem solchen Ergebnis, wie es derzeit heraus käme, zum Beispiel für eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP. Jamaika kämen laut INSA derzeit auf ca. 49 Prozent, hätten also wegen der 8 Prozent für sonstige Parteien, die es nicht in den Landtag schaffen werden, eine Mehrheit der Sitze, wofür etwas über 46 Prozent reichen würden. Gleichwohl muss diese Entwicklung – von 58,1 Prozent 1994 auf 24 Prozent in 2021 – die CDU mehr als besorgen. Denn seither gingen mehr als die Hälfte, ja fast sechs von zehn CDU-Wählern verloren.
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