Wie verlässlich und machtvoll sind Umfrageergebnisse?

Von Jürgen Fritz

Viele Bürger sind bezüglich Umfragewerten inzwischen äußerst misstrauisch. Manche glauben diesen sogar gar nicht mehr. Doch Vorsicht, man sollte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wie verlässlich sind Umfrageergebnisse also tatsächlich? Enthalten sie nicht nur einige statistische Fehler, sondern auch manipulative Verzerrungen und wenn ja in welchem Umfang? Vor allem aber: Welcher Machtfaktor liegt in Umfragen? Dazu ein paar kurze Erläuterungen.

Statistische Fehler plus kleine Manipulationen

Eine rein statistische Fehlerquelle haben wir bei Umfragen immer und je kleiner die Gruppe desto größer die Verfälschung. Deswegen ergeben Umfragen mit weniger als 1.000 Personen kaum Sinn. Bei 2.000 Befragten werden die Fehler kleiner, bei 5.000 noch kleiner, bei 10.000 Personen sind sie nur noch minimal. Aber Umfragen mit 10.000 oder gar zigtausend Befragten wären meist viel zu teuer, zumal wenn man weiß, dass die Fehler schon bei 2.000 Personen relativ gering sind.

Was nun aber bei den Umfragewerten zusätzlich bedacht werden muss: Jedes Institut hat eigene Formeln, wie es Korrekturfaktoren einrechnet, weil z.B. die Mann-Frau-Verteilung bei den Befragten anders war als in der Gesamtbevölkerung oder die Altersverteilung oder die Verteilung Nord-Süd, Ost-West, Land-Stadt usw. usf. Und hier sind kleine Manipulationsmöglichkeiten gegeben, die auch genutzt werden. Bei Allensbach und Forsa können Sie mit nahezu hundert Prozent Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass z.B. die AfD-Werte niemals höher angegeben werden als sie tatsächlich sind, sondern immer niedriger (Allensbach „liebt“ die FDP, Forsa liebt die SPD, noch mehr aber Merkel).

Größenordnung der Manipulationen

Diese Manipulationen gehen aber nur begrenzt. Ich habe selbst kurze Zeit als Mathematiker für eine Unternehmensberatung gearbeitet, die mathematische Gutachten erstellte, weiß also recht gut, wie und wo man etwas an bestimmten Stellschrauben drehen kann, um das Endergebnis ein wenig in die gewünschte Richtung beeinflussen kann.

Wenn beispielsweise INSA die aktuelle Stärke der AfD mit 15 Prozent ermittelt, kann Allensbach nicht 9 Prozent vortäuschen, weil dann das Renommee von Allensbach schnell völlig dahin wäre, wenn sie bei Wahlen regelmäßig völlig daneben liegen. Ohne Renommee kommen aber kaum noch Aufträge rein. Das kann sich kein Unternehmen leisten.

Die Manipulationen dürften also meist im Bereich von 1 bis 2, maximal 3 Punkten liegen. Mehr fällt auf. Nimmt man dann 6, 7 oder sogar 10 Institute und berechnet wiederum den Durchschnitt, dann minimieren sich Manipulationen bspw. von Allensbach und Forsa. Übrig bleiben dann im arithmetischen Mittel vielleicht noch ein bis zwei Prozentpunkte Verfälschung – maximal!, meist weniger (0,X %-Bereich).

Genauigkeit und Macht der Umfragewerte

Die Umfragewerte geben schon sehr gute Richtwerte. Man muss sie nur zu lesen wissen und die statistischen Fehler und die kleinen Manipulationen mit einrechnen. Hier ganz konkret: Wenn Forsa die AfD aktuell mit 13 Prozent angibt und INSA mit 15 Prozent, dann liegt sie mit Sicherheit nicht unter 13 Prozent und höchstwahrscheinlich eher bei 15 als 13, also über 14 Prozent, vielleicht sogar minimal über dem INSA-Wert, z.B. bei 15,5 oder 16 Prozent.

Und was weithin unterschätzt wird, ist, welche Macht in Umfragewerten liegt. Alle Politiker dieses Planeten sind darauf angewiesen, große Teile des Volkes hinter sich zu bringen. Nicht einmal die schlimmsten Tyrannen können gegen das gesamte Volk regieren. In Demokratien ist diese Abhängigkeit noch größer. Daher die ständige Manipulation des Demos, vor allem über die Massenmedien, inzwischen aber auch die Gier nach weitgehender Kontrolle der elektronischen Kommunikationsplattformen („soziale Medien“). Die Umfragen geben den handelnden Politikern enorm wichtige Rückmeldungen, wie ihr Agieren vom Demos aufgenommen wird. Daher kann man Politiker sogar nur mit Umfragewerten stürzen, die zeigen, wie das Volk aktuell tickt. Denn keine Partei hat Lust, sehenden Auges in das nächste Wahldebakel zu schliddern.

Und das erklärt dann auch, warum Umfragewerte überhaupt manipuliert werden. Wären sie völlig belanglos, gäbe es wohl kaum einen Grund, sie zu manipulieren. Hinzu kommt die verstärkende Wirkung von Umfragen. Wenn eine Partei ohnehin schon Auf- oder Abtrieb hat, dann wird dieser durch die Veröffentlichung des aktuellen Stimmungsbildes und des wahrscheinlichen Wahlverhaltens nochmals verstärkt. Daher die Manipulationen, die sich aber – und das ist die Schlüsselbotschaft dieses Artikels – nur in einem engen Rahmen bewegen können, um überhaupt wirken zu können. Denn ohne Glaubwürdigkeit klappt die Manipulation nicht.

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Titebild: Pixabay, CC0 Creative Commons

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7 Antworten auf „Wie verlässlich und machtvoll sind Umfrageergebnisse?

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  2. Furor teutonicus

    Das ist eine sehr schwierige Frage. Wenn man Umfragen glaubt, setzt es ja voraus, dass man an den Wahrheitsgehalt der Institute glaubt. Glaubt man das jeder vor dem Gesetz gleich behandelt wird? glaubt man das in unserem Land Recht und Gesetz herrscht? glaubt man das Institute seriös sind? oder ist es noch so, dass der Auftraggeber bestimmt was hinten herauskommen soll. Kann es sein, das Umfrageinstitute die Umfragewerte der AFD in die Höhe puschen, um der SPD zu zeigen, macht ja keine grosse Koalition? Glaubt man an die richtige Auszählung bei den Wahlen, wenn man doch wissen muss, dass Medien und Kartellparteien alles tun um die AFD nicht noch grösser werden zu lassen? Zumindest wissen wir, dass Medien extrem gegen die AFD agieren. Wer ist der wichtigere Faktor? bestimmt die Politik über die Medien oder ist es nicht umgekehrt? der Politiker braucht ja eine gute Presse um beliebt zu werden. Also wer bestimmt hier eigentlich?

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