Hammerurteil: Facebook-Gemeinschaftsstandards sind unwirksam!

Ein Gastbeitrag von Christian Stahl, So. 10. Juni 2018

Der Internetgigant Facebook meint, mit seinen Kunden in Deutschland verfahren zu können, wie er wolle, dass er Nutzungsbedingungen nach Gusto formulieren, diese in keiner Weise transparent sein müssten und er sie zudem auch noch vollkommen willkürlich auslegen könne, ganz wie ihm beliebt. Höchste Zeit, Herr Zuckerberg und denen, die hinter ihm stehen, klar zu machen, dass es mit den rechtswidrigen Zensurorgien bald ein Ende haben wird, meint Rechtsanwalt Dr. Christian Stahl und lässt dem erneut Taten folgen.

Willkürliche Sperrungen darf es nicht geben

Nach dem Landgericht Frankfurt am Main und dem Landgericht Essen hat nun auch das Landgericht Mosbach (Baden-Württemberg) einem Verfügungsantrag unserer Kanzlei REPGOW zu großen Teilen stattgegeben (Beschluss vom 01.06.2018 – Az. 1 O 108/18). Die Vorsitzende Richterin ließ es sich nicht nehmen, Facebook auf zwölf Seiten einiges ins Stammbuch zu schreiben. Der bedeutsamste Teil: Die Facebook-Gemeinschaftsstandards sind unwirksam!

Der Fall war typisch für die Facebook-Zensur. Nach dem aufsehenerregenden  Polizeieinsatz in Ellwangen kommentierte ein Facebooknutzer den Vorfall – erregt und unhöflich, aber eben auf den Vorfall bezogen. Es kam, wie es kommen musste: irgendein Zensor bei Facebook witterte “Hassrede”, löschte den Beitrag und sperrte den Nutzer gleich für 30 Tage.

Deutsche Gerichte stellen einige grundsätzliche Dinge klar

Das LG Mosbach nutzte den Fall, um – ebenso wie das LG Frankfurt am Main – einige grundlegende Fragen zu klären:

  • Zwischen Facebook und dem Nutzer besteht ein echter Austauschvertrag, kein Schenkungsverhältnis.
  • Ein “Hausrecht” besteht nur im Rahmen von Nutzungsbedingungen, die ihrerseits mit deutschem Recht vereinbar sein müssen. Willkürliche Sperrungen darf es nicht geben, Facebook muss sich an das eigene Regelwerk halten.

Fb-Gemeinschaftsstandards verstoßen gegen das Transparenzgebot

Und dann kommt die entscheidende Passage der Entscheidung: Die Gemeinschaftsstandards verstoßen gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB und sind damit unwirksam:

“Gemessen hieran ist der Löschungs- und Sperrvorbehalt der Antragsgegnerin bezogen auf sogenannte Hassbotschaften intransparent. Der Vorbehalt kommt laut den Gemeinschaftsstandards schon dann zum Tragen, wenn Personen aufgrund Rasse, Ethnizität, nationaler Herkunft usw. direkt angegriffen werden. Eine Definition eines direkten Angriffs läßt sich den Gemeinschaftsstandards nicht entnehmen.

Der direkte Angriff umfasst bei seiner Auslegung sowohl Schmähkritik als auch Formalbeleidigungen bis zu strafrechtlich relevante Verhaltensweisen, aber auch zulässige, pointiert und zugespitzt formulierte Kritik, die noch zulässig ist. 

Auch unter Berücksichtigung potentieller Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte verbleibt der Antragsgegnerin damit ein unangemessen großer Spielraum bei der Bewertung als sogenannte Hassbotschaften, so dass für den Nutzer nicht hinreichend deutlich erkennbar wird, was noch erlaubt ist und wann der Betreiber Inhalte sanktionieren kann.”

Und damit war die Äußerung des Facebooknutzers im konkreten Fall nur noch an deutschen Gesetzen zu messen. Wir bei REPGOW sind stolz darauf, die Zensurorgie bei Facebook beenden zu helfen!

Nachbemerkung von Jürgen Fritz

Großes Kompliment und vielen Dank an Dr. Christian Stahl, der sich immer wieder für die Meinungsfreiheit einsetzt und der auch mich in meinem Prozess gegen Facebook vor dem Landgericht Hamburg rechtlich vertritt. Einen solch engagierten und zugleich kompetenten und fairen Anwalt habe ich noch nie erlebt.

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Der Text erschien zuerst auf der Internetseite der Kanzlei REPGOW. Er erscheint hier mit freundlicher Genehmigung vom Inhaber der Kanzlei Dr. Christian Stahl.

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Titelbild: Pixabay, CC0 Creative Commons

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