London-Attentäter: verurteilter Terrorist, der acht Jahre früher aus Haft entlassen wurde

Von Jürgen Fritz, Sa. 30. Nov 2019, Korrektur 30. Nov. 2019, Titelbild: West Midlands Police

Wieder wurden in London zwei Menschen durch Messerstiche ermordet. Mindestens drei weitere, die im Krankenhaus liegen, wurden verletzt. Wieder ist der Täter ein muslimischer Terrorist, nämlich der 28-jährige Usman Khan. Doch nun kommt der eigentliche Skandal: Usman Khan, den man als hochgefährlich einschätzte (!), wurde Ende 2010 verhaftet, dann eben wegen dieser enormen Gefährlichkeit zunächst zu einer zeitlich nicht begrenzten Gefängnisstrafe verurteilt, die aber später auf 16 Jahre reduziert wurde. Doch man entließ ihn nicht erst nach 16, sondern bereits nach acht Jahren auf Bewährung. Und man schob ihn nicht ab, sondern steckte ihn in ein „Rehabilitierungs-Programm“, also ob er je Teil der zivilisierten, liberalen Welt gewesen wäre.

3. Juni 2017: acht Tote, mindestens 48 zum Teil schwer Verletzte

Erinnern wir uns zurück, 3. Juni 2017, ein Tag vor Pfingsten: Drei muslimische Attentäter rasen auf der London Bridge mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge auf der Brücke. Fünf bis sechs Fußgänger werden erfasst, drei von ihnen erleiden tödliche Verletzungen. Dann fahren sie weiter in ein nahe gelegenes Marktviertel namens Borough Market, wo sich unzählige Passanten aufhalten. Dort springen sie aus aus dem Fahrzeug, bewaffnet mit langen Messern respektive Macheten und machen Jagd auf wehrlose Menschen. Ihr Ziel: so viele wie möglich abstechen oder ihnen, wenn möglich, die Kehle durchschneiden.

Wahllos stechen sie auf Menschen ein. Jeder, der ihnen vor die Klinge kommt, muss um sein Leben fürchten. Ein 47-jähriger Fußballfan des Londoner Fußballclubs FC Millwall stellt sich in einem Pub den Macheten-Männern todesmutig entgegen und schafft es tatsächlich, sie aus der Kneipe zu vertreiben, ermöglicht dadurch anderen Gästen die Flucht, denen er womöglich das Leben rettet. Den „Islam, Islam“-Rufen entgegnete er: „Fuck you, I’m Millwall!“ („Fickt euch, ich bin Millwall!“). Doch dieser mutige Mann muss acht Machetenhiebe einstecken, wird erheblich verletzt und muss später operiert werden.

Doch so glimpflich geht es nicht für alle aus. Fünf Personen fügen die Attentäter mit ihren Langmessern oder Macheten so schwere Verletzungen zu, dass sie an den Verletzungen sterben. Laut Augenzeugenberichten werden drei Menschen die Kehlen durchgeschnitten. Mindestens 48 weitere Personen werden teilweise schwer verletzt, darunter ein Polizist, bis endlich andere Polizisten diesen Spuk mitten in London beenden und alle drei muslimische Terroristen erschießen. Diese sollen „Dies ist für Allah“ und „Islam, Islam“ gerufen haben. Insgesamt töteten die Islam-Gläubigen bzw. Allah-Anhänger acht Menschen.

Am 5./6. Juni 2017 veröffentlichte die Polizei Namen und Fotos der drei Attentäter. Demnach handelte es sich um den in Pakistan geborenen 27-jährigen Briten Khuram Shazad Butt, den 30-jährigen Rachid Redouane und den 22-jährigen Youssef Zaghba. Dieser besaß die italienische und die marokkanische Staatsbürgerschaft. Einige Tage nach dem Anschlag wurde bekannt, dass die Attentäter versucht hatten, einen 7,5-Tonnen-LKW für ihre Tat online zu mieten, waren aber zum Glück an der Zahlungsabwicklung gescheitert. Nach den muslimischen Terroranschlägen in London am 22. März 2017 und in Manchester am 22. Mai 2017 war dies der dritte in Großbritannien innerhalb von 73 Tagen. Zu allen drei Anschlägen bekannte sich der Islamische Staat.

29. November 2019: Zwei Tote, mindestens drei Verletzte

Keine zweieinhalb Jahre später. Wieder die London Bridge. Wieder ein muslimischer Terrorist. Wieder ein Messerangriff. Wieder gibt es mitten in London Tote und Verletzte.

Ein mit zwei Messern bewaffneter Mann greift gestern auf der London Bridge wahllos Passanten an. Mit seinem Messer verletzt er einen Mann und eine Frau so schwer, dass sie beide im Krankenhaus ihren Verletzungen erliegen. Weitere Personen werden verletzt. Drei Menschen, ein Mann und zwei Frauen liegen noch im Krankenhaus.

Wieder trägt der Angreifer die Attrappe einer Bombenweste um seinen Leib geschnürt. Zum Glück kann dieser Mann relativ schnell gestellt werden. Es kommt zu einer Rangelei zunächst mit Zivilisten, die wieder todesmutig diesen Attentäter zu stoppen versuchen, obschon sie nicht wissen können, dass der Sprengstroffgürtel nur eine Attrappe ist!

Dann wird der Terrorist von Polizisten, die befürchten, dass es echter Sprengstoff ist und der am Boden Liegende Attentäter sie zünden möchte, erschossen.

Der Täter: 2012 zu einer zunächst zeitlich nicht begrenzten, dann 16-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt

Inzwischen steht fest, wer für das gestrige Attentat verantwortlich ist. Laut Polizei handelt es sich um den 28-jährigen Usman Khan. Dieser wurde Ende 2010 verhaftet und 2012 verurteilt zu einer zunächst “indeterminate detention”, also zu zeitlich nicht beschränkter Inhaftierung, um die Öffentlichkeit vor ihm zu schützen. 2013 wurde die Strafe von einem Berufungsgericht auf 16 Jahre reduziert, von denen mindestens acht Jahre zu verbüßen seien.

Wie der Guardian berichtet, war Usman Khan in das Vorhaben verwickelt, die Londoner Börse, Big Ben, Westminster Abbey und bekannte britische Persönlichkeiten mit Rohrbomben anzugreifen. 2010 hatte eine neunköpfige Gruppe geplant, in der Vorweihnachtszeit Paketbomben zu verschicken. Zu diesem Zweck führten sie eine handschriftliche Todesliste, auf welcher auch der damalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson zu finden war.

Welche Rolle Usman Khan ganz konkret bei den Vorbereitungen spielte, ist unklar. Die muslimische Terrorgruppe hatte sich auf jeden Fall nach späteren Aussagen vor Gericht al-Kaida zum Vorbild genommen. Die Mitglieder waren über das Internet in Kontakt und trafen sich in Parks. Doch die Anti-Terror-Polizei konnte das Komplott zum Glück dank Abhörmaßnahmen aufdecken und nahm die Terroristen fest, noch bevor sie ihr Vorhaben konkretisieren und in die Tat umsetzen konnten.

Im Dezember 2010, als die muslimische Terrorgruppe die Verschickung der Paketbomben plante, war Usman Khan erst 19 Jahre alt. Er war der Jüngste der neun Terroristen. In dem späteren Prozess wurde er für so gefährlich eingeschätzt, dass er zunächst zu einer zeitlich nicht begrenzten Gefängnisstrafe verurteilt, was dann später, wie erwähnt, auf eine maximale Dauer von 16 Jahren reduziert wurde. Dabei erwähnte der Richter in der Urteilsbegründung sogar noch, dass Usman Khan Pläne hatte, im Januar 2011 das Land in Richtung Kashmir (Grenzregion zwischen Indien, China und Pakistan) zu verlassen. Dort, auf dem Land seiner Familie, wollte Khan ein „Trainingscamp für Terroristen“ errichten.

Nach nur acht Jahren aus Gefängnis entlassen

Und jetzt halten Sie sich bitte fest: 1. Der Berufungsrichter verfügte 2013, dass die zeitlich nicht begrenzte Freiheitsstrafe maximal 16 Jahre betragen dürfe und – hört, hört! –  davon mindestens acht Jahre absitzen müsse. Acht von 16 Jahren, das sind gerade mal 50 Prozent! Warum nicht gleich zu 30 Jahren verurteilen und verlangen, dass davon mindestens drei zu verbüßen seien? So kann ein Staat sich natürlich auch lächerlich machen. Es kommt aber noch härter.

2. Die Haftzeit bis zum Prozess wurde dem Angeklagten und dann Verurteilten angerechnet, so dass die acht Jahre schon ab Ende 2010 zu laufen begannen. Neil Basu, der Chef der britischen Anti-Terror-Polizei, sagte in einem Statement, dass Usman Khan bereits im Dezember 2018 – also sobald das Minimum, nämlich die Hälfte der 16 Jahre abgelaufen waren – auf Bewährung frei kam.

3. Und er wurde nicht abgeschoben, sondern es wurde lediglich die Auflage verhängt, dass er eine elektronische Fußfessel zu tragen habe, wie die Times of London angibt. Außerdem musst er an einem Rehabiliationsprogramm für Ex-Häftlinge teilnehmen.

Wie naiv und realitätsfern kann man sein, jemanden „rehabilitieren“ zu wollen, der niemals Teil einer liberalen Gesellschaft war?

Neil Basu, der Chef der britischen Anti-Terror-Polizei, teilte ferner mit, dass der Attentäter noch gestern, am Tag des Terroranschlags, an einem „Rehabiliationsprogramm für Ex-Häftlinge“ teilgenommen habe. Dabei handle es sich um eine „Learning together“ („Gemeinsam lernen“) genannte Veranstaltung zur Wiedereingliederung von verurteilten Straftätern. Diese fand in einem denkmalgeschützten Gebäude, der Fishmongers’ Hall, statt, das direkt an die London Bridge grenzt.

Rehabilitierung besagt, jemanden wiedereinzugliedern in die Gesellschaft, setzt mithin voraus, dass dieser schon einmal ein integriertes Gesellschaftsmitglied war und nur vorübergehend vom rechten Weg abkam. Dass dies für Menschen, die niemals Teil einer liberalen Gesellschaft waren, ein völlig untaugliches Instrument darstellt, haben leider sehr viele, insbesondere europäische Richter, noch immer nicht begriffen,

Usman Khan habe, wie die Times of London berichtet, gestern an einer morgendlichen Sitzung teilgenommen, an der auch Akademiker und Juristen dabei waren. Veranstalter dieser „Rehabilitierungsprogramms“ ist die Cambridge-Universität. Während einer späteren Sitzung soll Khan dann vor anderen Ex-Häftlingen gedroht haben, das Gebäude in die Luft zu sprengen. Anschließend sei auf die Straße gestürmt und zur Brücke gelaufen. Um 13.58 Uhr Ortszeit stach er dann auf den ersten Menschen ein.

Boris Johnson: Es ist sehr wichtig, dass wir angemessenen Strafen für gefährliche Kriminelle durchsetzen, besonders für Terroristen

Der 24-jährige Wartungsarbeiter Jamie Bakhit wurde hierbei Zeuge, wie Usman Khan nachdem er auf mehrere Menschen eingestochen hatte, zu Boden gerissen wurde. Gegenüber der Nachrichtenagentur PA sagte er: „Einige der Männer, die auf ihm lagen, sagten der Polizei, dass sie ehemalige Häftlinge seien. Einer von ihnen sprach mit mir direkt und gab an, dass er zusammen mit dem Täter im Gefängnis saß.“

Bevor diese neuen Details bekannt wurden, hatte Premierminister Boris Johnson in einem Statement bereits anklingen lassen, dass der Attentäter von der London Bridge polizeibekannt war. Es sei „ein Fehler, schweren und gewalttätigen Kriminellen zu erlauben, vorzeitig aus dem Gefängnis zu kommen“, sagte der Premierminister. „Es ist sehr wichtig, dass wir solche Gepflogenheiten hinter uns lassen und dass wir die angemessenen Strafen für gefährliche Kriminelle durchsetzen, besonders für Terroristen.“

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