Von Jürgen Fritz, Do. 03. Sep 2020, Titelbild: phoenix-Screenshot
Bei 40 Prozent stand die CDU Mitte April in NRW. Damit lag sie über den bundesweiten Werten der Union. Doch während CDU/CSU bis Ende August nur ca. 1,5 Punkte verloren haben, sackte die von Ministerpräsident Armin Laschet angeführte NRW-CDU in den letzten viereinhalb Monaten um volle 6 Punkte ein auf nun 34 Prozent. Das heißt, sie verlor 15 von 100 Anhängern.
Nur gut 19 Prozent der Unions-Anhänger halten Laschet als Kanzlerkandidat für geeignet
Armin Laschet würde schrecklich gerne CDU-Vorsitzender und Bundeskanzler werden. Sein Problem: Die große Mehrheit der Deutschen will Letzteres nicht und sogar die meisten Unions-Anhänger trauen dem NRW-Ministerpräsidenten, der im Zuge der Corona-Krise immer wieder keine sehr gute Figur machte, dieses hohe Amt nicht wirklich zu.
Inzwischen halten laut Civey (Stand: 03.09.2020) nur noch ca. 19,4 Prozent der CDU-/CSU-Anhänger Armin Laschet für einen geeigneten Kanzlerkandidaten der Union. Rund 66 Prozent halten den NRW-Ministerpräsidenten hierfür für ungeeignet. Hier sieht man die für ihn so negative Entwicklung von Januar bis zum 19.08.2020, die sich seither sogar noch fortsetzte:
Nun zeigte sich Laschet die letzten Tage trotz dieser seit Monaten katastrophalen Werte gleichwohl optimistisch, dass er die Wahl zum CDU-Vorsitzenden gegen seine Kontrahenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen gewinnen werde. Für die Delegierten gebe es „mit Blick auf unsere Chancen bei der Bundestagswahl ein wichtiges Kriterium: Wer der Kandidaten hat schon mal eine Wahl erfolgreich bestritten und gewonnen?“. Als Ministerpräsident eines großen Landes bringe er viel praktische Regierungserfahrung mit. Doch wie steht es mit dieser Regierungserfahrung und seinen Erfolgen in NRW tatsächlich?
CDU verliert seit April 6 Punkte, das sind 15 von 100 ihrer Anhänger
Und dies färbt offensichtlich auch auf die Wahlbereitschaft der Bürger aus. Mitte April wollten die Nordrhein-Westfalen noch zu 40 Prozent die CDU wählen, Ende August nur noch 34 Prozent (in Klammern die Veränderungen gegenüber April):
- CDU: 34 % (– 6)
- Grüne: 22 % (+2)
- SPD: 21 % (+2)
- AfD: 7 % (+1)
- FDP: 7 %
- LINKE: 4 %
- Sonstige: 5 % (+1)
Die CDU hat zwei Punkte an die Grünen und an die SPD abgegeben und jeweils einen Punkt an die AfD und die sonstigen Parteien. Mit 34 Prozent läge sie zwar immer noch knapp über ihrem Wahlergebnis bei den Landtagswahlen im Mai 2017 von 33 Prozent. Während die Union bundesweit seit ihrem Höhepunkt Mitte April (ca. 38,2 Prozent im Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute) nur ca. 1,5 Punkte verlor (auf ca. 36,8 Prozent) fiel die Laschet-CDU in NRW um volle 6 Punkte, also um das Vierfache. Die CDU verlor in NRW in nur viereinhalb Monaten 15 von 100 ihrer Anhänger. Doch das ist noch nicht alles.
FDP verliert seit der Landtagswahl vier von neun ihren Wählern, Schwarz-Gelb ohne Mehrheit in der Bevölkerung
Denn der Koalitionspartner der CDU, die FDP fiel seit der Landtagswahl im Mai 2017 von 12,6 auf 7 Prozent. Damit verlor die mitregierende FDP sage und schreibe vier von neun ihren Wählern. Ein desaströses Ergebnis für die Freien Demokraten. Und die CDU kann dieses Verluste der FDP inzwischen nicht mehr auffangen.
Gewinne und Verluste seit der Landtagswahl im Mail 2017:
- Grüne: + 15,6 %
- CDU: + 1 %
- Sonstige: + 0,3 %
- AfD: – 0,4 %
- Linke: – 0,9 %
- FDP: – 5,6 %
- SPD: – 10,2 %
21 Prozent, zwei Punkte mehr als im April, aber immer noch ein Minus von über 10 Punkten seit der Landtagswahl sind natürlich vor allem auch für die SPD ein miserables Zwischenergebnis. Bei der Wahl 2012 kam die „Sozialdemokraten“ in NRW noch auf über 39 Prozent. Seither haben sie fast die Hälfte ihre Anhänger verloren. Von ihren Glanzzeiten 1985 und 1990, als die SPD in ihrer Hochburg NRW auf über 50 bzw. sogar über 52 Prozent kam, ganz zu schweigen.
Der große Gewinner, mit einem Plus von mehr als 15 Punkten, wären im Moment die Grünen, die von 6,4 auf um die 22 Prozent und Platz zwei emporschießen könnten. Schlecht sieht es dagegen für die jetzige Regierung in Düsseldorf auf.
Während die CDU die schweren Verluste der FDP im April noch voll auffangen und sogar leicht überkompensieren konnte, gelingt dies nun nicht mehr. Schwarz-Gelb käme in NRW im Moment laut Infratest nur noch auf ca. 41 Prozent. Grüne, SPD und AfD, die drei Oppositionsparteien im Landtag, könnten dagegen ca. 48 Prozent einfahren. Das heißt, die Laschet-CDU und Stamp-FDP haben keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens. Wie kommt das? Warum kann die CDU die Verluste der FDP nicht mehr kompenieren?
Laschet landet im Ministerpräsidenten-Vergleich auf dem vorletzten Platz
Ende August gaben 52 Prozent der befragten Wahlberechtigten in NRW an, dass sie mit der Arbeit ihres Ministerpräsidenten zufrieden seien (bei 41 Prozent Unzufriedenen). Das ist zwar immerhin mehr als Anfang Juni, als es sogar nur noch 46 zu 45 Prozent waren, aber deutlich weniger als noch Mitte April. Vor viereinhalb Monaten kam Armin Laschet in NRW auf 65 Prozent zufriedene Wahlberechtigte und nur 30 Prozent Unzufriedene. 65 Prozent war für Laschet ein Spitzenwert. Aber selbst das war im Vergleich zu anderen Bundesländern und Landesregierungen ein bestenfalls mittelmäßiges, wenn nicht sogar unterdurchschnittliches Ergebnis. Und inzwischen liegt Laschet fast ganz am Ende.
Im Vergleich der Ministerpräsidenten schneidet Laschet – sehr vorsichtig formuliert – nicht gerade gut ab. Zwar sind die verschiedenen Umfragen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemacht worden, manche sind schon einige Monate alt, gleichwohl geben diese Zahlen doch klare Hinweise. Den absoluten Spitzenwert erreicht der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder in einer Umfrage aus dem Juli mit 87 Prozent.
Wie zufrieden sind die Bürger mit ihrem jeweiligen Regierungschef auf Landesebene?
- Markus Söder (CSU, Bayern im Juli): 87 %
- Winfried Kretschmann (Grüne, Baden-Württemberg im April): 78 %
- Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt im Juni): 76 %
- Malu Dreyer (SPD, Rheinland-Pfalz im April): 73 %
- Manuela Schwesig (SPD, in Mecklenburg-Vorpommern im Juni): 70 %
- Volker Bouffier (CDU, Hessen im Mai): 69 %
- Peter Ttschentscher (SPD, Hamburg im Februar): 67 %
- Bodo Ramelow (Die Linke, Thüringen im August): 66 %
Der Verweis auf die praktische Regierungserfahrung und die Erfolge als Landesvorsitzender könnte sich als Bumerang erweisen
Von den anderen Bundesländern liegen von Infratest dimap keine Werte aus den letzten Monaten vor, aber diese Zahlen zeigen: Selbst mit seinen 65 Prozent Zustimmung, die Laschet einmal erzielte, wäre er nicht in der oberen Hälfte, sondern in der unteren Hälfte gelandet. Inzwischen liegt er aber nur noch bei 52 Prozent Zustimmung. Und das ist im Vergleich zu seinen Kollegen ein äußerst schwacher Wert. Schlechter als Laschet schnitt nur Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) im April mit 51 Prozent Zustimmung ab.
- Armin Laschet (CDU, NRW im August): 52 %
- Michael Müller (SPD, Berlin im April): 51 %
Das Pfund, das Laschet in die Waagschale werfen, um nicht zu sagen, mit dem er wuchern möchte, verblasst angesichts all dieser Zahlen also mehr und mehr, ja erweist sich eher als ein Bumerang.
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