Von Jürgen Fritz, Mi. 06. Jan 2021, Titelbild: WELT-Screenshot
Gestern kamen die Ministerpräsidenten aller Bundesländer wieder zusammen, um mit der Kanzlerin und den wichtigsten Bundesministern über die Verlängerung der Corona-Maßnahmen zu beraten. Doch bereits am Montag startete Bundesfinanzminister, Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz wegen des Impfdesasters einen Frontalangriff auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und indirekt auch gegen Merkel.
Fragen des Finanzministers an den Gesundheitsminister wie in einem Untersuchungsausschuss
Auf geballten vier Din-A4-Seiten stellt Scholz seinen Kollegen in Bezug auf das deutsche Impfdebakel zur Rede. Scholz fordert mit dem Papier im Namen aller SPD-geführten Länder völlige Transparenz über die Vorgänge bei der Europäischen Kommission (EU). Man bitte um möglichst zeitnahe Antwort. Zuvor hatten Europaabgeordnete bereits auf Offenlegung der EU-Verträge für Impfstoffe gedrängt. Dieser Vorgang ist zugleich ein Frontalangriff auf die Kanzlerin, die Spahn dazu drängte, die Impstoffbeschaffung an die EU abzutreten, von der bekannt ist, wie fähig oder unfähig sie in solchen Dingen ist.
Während in Deutschland jede Woche tausende Menschen qualvoll ersticken, ist Deutschland nicht einmal in der Lage seine Über-80-Jährigen und andere Hochrisikogruppen zügig zu impfen, nicht nur, aber auch weil es Merkel wichtiger war, dass die EU über Deutschland stehen muss.
Damit scheint nun sogar für die SPD, die ja sonst eigentlich die EU-hörige und wenig Deutschland-affine Partei ist, der Bogen überspannt. In Art und Tonfall sei „dieser Fragenkatalog“ von Scholz und der SPD „wie ein Untersuchungsausschuss!“, zitiert die BILD einen führenden Unions-Politiker. Einen solchen hatte auch der SPD-Politiker Florian Post gefordert und inzwischen gibt es die ersten Meldungen, dass auch die FDP das Thema Untersuchungsausschuss ins Spiel bringt.
Fragen, deren Beantwortung für Spahn peinlich werden könnte
In dem vierseitigen Papier, das 24 Fragen und 48 Unterpunkte umfasst, fragt Olaf Scholz unter anderem:
- „Warum hat die EU-Kommission so wenig Impfdosen vorbestellt?“
- Warum schlug die EU höhere Lieferangebote von Biontech und Moderna aus?
- „Warum wurden nicht Teile der von der EU nicht in Anspruch genommenen Dosen… für Deutschland bestellt?“
- „Andere Industrieländer haben deutlich höhere Impfdosen in Relation zur Bevölkerung bestellt. Kanada etwa hat sich so viel Impfstoff … gesichert, dass jeder Einwohner bei erfolgreicher Entwicklung aller Impfstoffkandidaten fünf Mal geimpft werden könnte“.
- „Spielte es eine Rolle, dass es sich bei Moderna um einen rein US-amerikanischen Impfstoff handelt?“
- Warum wurde nicht frühzeitig „auf die EU-Kommission eingewirkt“, mehr zu bestellen?, fragte Scholz.
- „Hat die Bundesregierung über die EU hinaus mit Biontech und Moderna bilateral über Zukäufe von Impfdosen verhandelt?“
- „Warum sind die vereinbarten Mengen der bilateralen Vereinbarungen mit Biontech und Moderna nicht höher?“
Scholz forderte Spahn auf, die Fragen so schnell wie möglich zu beantworten. Dabei kommt es zu einem bemerkenswerten Vorgang. Ausgerechnet die SPD, die sonst von Deutschland und Deutschen so wenig wie möglich wissen will, zieht nun die nationale Karte und das gegen die CDU.
SPD-Politiker: Merkel und Spahn haben die Impfstoff-Beschaffung den Dilettanten um EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen anvertraut
Dabei legt der SPD-Rechtsexperte Florian Post noch einen drauf:
„Frau Merkel und Herr Spahn haben in ihrem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Doch beide haben die Impfstoff-Beschaffung den Dilettanten um EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen anvertraut. Unter deren Versagen leidet nun die europäische Idee und Hunderttausende Alte und Pfleger in Deutschland, die auf ihren Impfstoff warten.“
Das sind mehr als scharfe Worte gegen die Kanzlerin und ihren Gesundheitsminister, dessen Liste der Fehler und Versäumnisse in dieser Pandemie immer länger wird. Wenngleich hier erwähnt werden muss, dass es wohl eher Spahn war, der sich frühzeitig initiativ um die Impstoffbeschaffung kümmern wollte, und es die Kanzlerin war, die ihm auftrug, dies an die EU zu delegieren. Das Ergebnis sehen wir nun.
Bis einschließlich Montag, den 4. Januar hatte Deutschland lediglich 0,38 Prozent der Bevölkerung einmal geimpft. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde es über 10 Jahre dauern, bis 80 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft sind. Das heißt, das Tempo muss mindestens verzehnfacht werden. Andere Länder sind hier teilweise tatsächlich zehn-, zwanzig oder im Falle Israels mehr als 40 mal so schnell:
Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss werden laut
Vieles deutet hier im Moment tatsächlich auf ein weiteres Versagen des Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn (CDU) hin, der zugleich zum Team von Armin Laschet in der Frage des CDU-Vorsitzes gehört und in dessen Licht der NRW-Ministerpräsident sich eigentlich sonnen wollte, um auch ein paar Strahlen abzubekommen.
Es gibt aber eben auch Hinweise, dass es die Kanzlerin Angela Merkel war, die in dieser Pandemie bisher eigentlich mit die beste Figur von allen abgab, die Gefahr, die von diesem neuartigen Virus ausgeht, früher erkannte als fast alle anderen Spitzenpolitiker. Dass nun ausgerechnet sie, der doch bewusst sein musste, um wie viele Menschenleben es hier geht, Spahn anwies, die wichtigste Waffe im Kampf gegen diese Pandemie ausgerechnet an die EU abzugeben, von der jeder weiß, wie langsam die Mühlen dort mahlen, ist sehr schwer nachvollziehbar, ja grob fahrlässig der eigenen Bevölkerung gegenüber.
Und in kam einem anderen Land wird derzeit so gestorben wie in Deutschland. Wir liegen seit zwei Tagen wieder weltweit auf Platz zwei, direkt hinter den USA, was die Zahl der täglichen Corona-Toten anbelangt, wenn man es auf die Bevölkerungsgröße umrechnet sogar vor den USA. Die letzten drei Wochen wurden dem RKI trotz Meldeverzug wegen Heiligabend, Weihnachten, Silvester und Neujahr jede Woche um die viertausend COVID-Todesfälle gemeldet und diese Woche sogar fast zweitausend (1.963) in nur zwei Tagen. Derzeit sterben nun im Sieben-Tage-Schnitt 4.000 bis 5.000 Menschen in unserem Land an COVID-19. Und Deutschland bekommt es nicht einmal hin, die Über-80-Jährigen und andere Hochrisikogruppen zu impfen. Dies muss wohl als Skandal bezeichnet werden.
Dementsprechend sagt der SPD-Rechtsexperte Florian Post: „Dieser Skandal“ müsse „in Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im EU-Parlament aufgeklärt werden.“
Vieles deutet auf schwere Versäumnisse von Spahn und Merkel hin
Weitere Angriffe kamen vom SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Und auch der Erste Bürger meister der Freien und Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), kritisierte, dass Hamburg nicht genug Impfstoff bekommen habe, weil man ja auch das Umland mitversorgen müsse.
Bei diesen ganz ungewöhnlich scharfen Attacken des eigenen Koalitionspartners mag sicher auch die in gut acht Monaten anstehende Bundestagswahl eine Rolle spielen sowie der Frust, dass die Union und die Unionspolitiker in der Bevölkerung seit Beginn der Coronakrise in der Bevölkerung so beliebt sind, während die SPD, die ja mitregiert, davon kaum profitieren kann. Dies ist sicherlich ein Aspekt. Aber darauf kann das Ganze nicht reduziert werden. Vielmehr spricht die bisher bekannte Indizienlage eindeutig gegen Spahn und vielleicht noch mehr gegen Merkel, deren nicht zum ersten Mal sichtbare antideutschen Reflexe und die antinationalistische Ideologie wohl triumphierte über jede Vernunft, über jede Sorgfalt, über jede Vor- und Umsicht und jede Verantwortung den eigenen Bürgern gegenüber.
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