Der letzte Bundestagswahltrend vor Laschet

Von Jürgen Fritz, So. 17. Jan 2021, Titelbild: © JFB

Knapp tausend Delegierte wählten gestern entgegen der Neigung von 17 Millionen Unionsanhängern und völlig entgegen dem Wunsch der 400.000 CDU-Mitglieder ausgerechnet den zum CDU-Bundesvorsitzenden, den Parteibasis und Wähler am wenigsten wollten. Interessant wird sein, wie sich dies in den kommenden Umfragen und Wahlen niederschlägt. Hier der Stand aller Befragungen, die vom 29. Dezember bis zum 14. Januar durchgeführt wurden.

So hätten die Deutschen unmittelbar vor der Wahl Laschets zum CDU-Vorsitzenden bei Bundestagswahlen votiert

Vom 29.12.2020 bis zum 14.01.2021 (Do.) wurden von sieben der acht großen Umfrage-Institute Befragungen der Wahlberechtigten durchgeführt, ausgewertet und veröffentlicht, wie diese im Falle von Bundestagswahlen derzeit votieren würden. Damit liegen hier recht verlässliche Zahlen vor, wie der Stand unmittelbar vor der Wahl Laschets zum CDU-Bundesvorsitzenden am 16.01.2021 (Sa.) war.

Angegeben ist für jede Partei der Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute,  die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen repräsentative Erhebungen durchführten. Dies waren insgesamt sieben. Aufgeführt ist für jede Partei der niedrigste und der höchste Wert dieser sieben einbezogenen Institute (für jedes Meinungsforschungs-Institut wurde jeweils nur die neueste Umfrage herangezogen) sowie fettgedruckt das arithmetische Wahl-O-Matrix-Mittel aller sieben Werte:

  1. CDU/CSU: 35 – 37 % ==> 36,1 %
  2. GRÜNE: 1821 % ==> 19,0 %
  3. SPD: 1416 % ==> 14,9 %
  4. AfD: 810 % ==> 9,6 %
  5. LINKE: 79 % ==> 8,0 %
  6. FDP: 57,5 % ==> 6,5 %
  7. Sonstige: 57 % ==> 5,9 %

(c) JFB

Erläuterung: Diese Werte sind so zu verstehen, dass es für jede Partei bzw. für jede Bundestagsfraktion ein Fenster gibt, innerhalb dessen sie derzeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit läge. Die aufgeführten Zahlen stellen die Mitte dieses Fensters dar. Kleine Abweichungen von dieser Fenster-Mitte von ein bis zwei Prozent sind also jeweils in beide Richtungen möglich, bei größeren Parteien auch drei Prozent, wobei die Wahrscheinlichkeit, je weiter man sich von der Mitte des Fensters weg bewegt, immer mehr abnimmt und zwar drastisch. Abweichungen von fünf bis zehn Prozent sind daher nahezu ausgeschlossen. Dies läge weit außerhalb des Fensters.

Union über 36 Prozent

Die Union bewegte sich neun Monate lang ununterbrochen im Bereich von 35 bis 38 Prozent, Anfang bis Mitte Januar über 36 Prozent und damit weit vor allen anderen. Die Grünen konnten zwar ihre Werte von über 20 Prozent, 2019 kurzfristig sogar über 25 Prozent nicht halten, bewegten sich aber recht stabil bei Werten von 16 bis fast 20 Prozent, zum Stand Mitte Januar bei 19 Prozent. Die SPD schaffte es seit mehr als zwei Jahren nicht, deutlich über 15 Prozent zu klettern, fiel Anfang 2021 nun sogar wieder unter die 15 Prozent-Marke. Die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz wirkt vor diesem Hintergrund fast schon ein wenig absurd.

Die AfD bewegte sich seit neun Monaten um die 10 Prozent. Klar über diesen Wert kam sie seit April 2020 nie wieder. In den letzten Wochen lag sie sogar regelmäßig im einstelligen Bereich. Die Linke bewegte sich seit neun Monaten auf konstantem, für sie eher niedrigem Niveau von ca. 8 Prozent, teilweise sogar etwas darunter. Die FDP konnte sich dagegen seit September, Oktober, als sie mehrfach die 5 Prozent kratzte, wieder etwas erholen und bewegte sich seit ein, zwei Monaten wieder klar im Bereich von 6 bis 7 Prozent.

Mögliche Regierungskoalitionen

Für eine Mehrheit der Sitze im Bundestag wären mit diesen Ergebnissen zum Stand Mitte Januar (wegen der 5,9 Prozent für sonstige Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, nicht über 50, sondern) ca. 47 Prozent der Stimmen notwendig. Folgende Koalitionen wären zu erwarten gewesen:

  • SchwarzGrün: 55,1 %
  • SchwarzRot: 51,0 %
  • SchwarzGelb: 42,6 %
  • GrünRotDunkelrot: 41,9 %
  • GrünRotGelb (Ampel): 40,4 %

Zum Stand 15. Januar hätten also sowohl Schwarz-Grün als auch Schwarz-Rot deutlich über 47 Prozent der Stimmen und damit eine klare Mehrheit der Sitze im Parlament gehabt. Mit der FDP zusammen hätte es für die Union dagegen nicht gereicht für eine Mehrheit. Noch weniger Chancen hätten von den Grünen angeführte Regierungskoalitionen gehabt. Dies galt sowohl für Grüne + SPD + Linkspartei (Grün-Rot-Dunkelrot) als auch für eine Ampelkoalition aus den Grünen + SPD + FDP.

Die Erhebungen dieser Institute wurden ausgewertet

Die sieben Institute, die (bezogen auf den mittleren Tag der Befragung) in den letzten drei Wochen, ja sogar alle im neuen Jahr, Erhebungen durchführten, welche ausgewertet wurden, waren:

  • GMS, mittlerer Tag der Befragung: 01.01.2021 (29.12. bis 04.01.), telefonische Befragung von 1.004 zufällig ausgewählten Personen
  • YouGov, mittlerer Tag der Befragung: 02.01.2021 (30.12. bis 05.01.), internetbasierte Befragung von 1.588 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Infratest dimap (ARD-Deutschlandtrend), mittlerer Tag der Befragung: 05.01.2021 (04.01. bis 06.01.), telefonische Befragung von 1.520 zufällig ausgewählten Personen
  • Forsa (RTL/ntv-Trendbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 06.01.2021 (04.01. bis 08.01.), telefonische Befragung von 2.503 zufällig ausgewählten Personen
  • Kantar (BILD am Sonntag), mittlerer Tag der Befragung: 09.01.2021 (05.01. bis 13.01.), telefonische Befragung von 2.398 zufällig ausgewählten Personen
  • INSA (BILD), mittlerer Tag der Befragung: 09./10.01.2021 (08.01. bis 11.01.), internetbasierte Befragung von 2.042 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Forschungsgruppe Wahlen (ZDF-Politbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 13.01.2021 (12.01. bis 14.01.), telefonische Befragung von 1.262 zufällig ausgewählten Personen

Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool (von JFB gegründet), hat damit eine recht breite Datenbasis von insgesamt 12.317 Befragten.

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