Wenn AfD-ler ins TV eingeladen werden

Von Jürgen Fritz, Fr. 25. Jun 2021, Titelbild: ZDF-Screenshot

Ich finde, dass die AfD inzwischen zu einer schrecklichen Partei geworden ist, will diese und ihre Entwicklung in keiner Weise beschönigen, aber etwas anderes fällt mir seit Monaten und Jahren massiv auf, etwas, das sich auf einer anderen Ebene bewegt.

Das Verhältnis aus Fragen zu Sachthemen und kritischen Fragen zur eigenen Partei, die den Befragten in die Defensive drängen

Mein Thema hier ist also nicht, ob die AfD gut oder schlecht ist – ich selbst finde sie inzwischen aus guten Gründen, wie ich meine, schlecht, die anderen Parteien aber auch, natürlich aber nicht alle gleich schlecht. Doch darum geht es mir hier nicht. Das kann ja jeder für sich entscheiden, wie er welche Partei findet, wen er wählen oder auf keinen Fall wählen möchte. Es geht mir hier um etwas anderes, nämlich um den Umgang im deutschen TV mit Parteien allgemein und ob es da sehr gravierende Unterschiede gibt.

Mir fällt nämlich seit langem, gestern Abend erst wieder bei Markus Lanz – für mich noch eine der besten Sendungen nicht nur im ZDF, sondern überhaupt – folgendes immer und immer wieder auf: Bei allen Parteien, auch der Linkspartei mit ihren offiziell als extremistisch, als verfassungsfeindlich eingestuften Strukturen, wie zum Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí, der Kommunistischen Plattform, dem Marxistischen Forum, der Sozialistischen Linken oder dem Geraer Dialog, ist es so, dass sie weit überwiegend zu Sachthemen befragt werden und dann die Gelegenheit bekommen, anhand dieser ihre Sicht der Dinge und ihre Ziele darzulegen, also im Prinzip für sich selbst und ihre Politikvorhaben direkt oder indirekt Werbung zu machen. Nur ab und zu, bei besonderen Anlässen, werden sie nicht zu Sachthemen, sondern zu ihrer Partei und deren Entwicklung befragt, so dass sie nicht Werbung für ihre Politik machen können, sondern in eine defensive Rolle geraten und sich quasi verteidigen müssen.

Doch es gibt unter den Parteien eine große Ausnahme, bei dieser ist es genau umgekehrt: die AfD. Deren Vertreter werden überhaupt meist nur eingeladen, um sie kritisch zu ihrer Partei und deren Entwicklung zu befragen. Und dabei sitzt dann nicht selten direkt daneben eine Journalistin, nicht selten vom SPIEGEL, die sich seit Jahren darauf spezialisiert hat, alles Mögliche bei der AfD aufzudecken und diese in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken, manchmal sachlich und fundiert, manchmal aber auch ganz anders.

Eine Frage der Fairness

Ich bitte, mich richtig zu verstehen, ich finde das grundsätzlich richtig, wenn über innere Strukturen der Parteien, ihre Affären, Intrigen und dergleichen berichtet wird. Darüber soll aufgeklärt werden, was für eine Partei das jeweils ist und wie sie sich die letzten Jahre entwickelt hat. Aber warum wird die AfD fast nur dazu befragt und bekommt nur minimalen Raum, manchmal sogar gar keinen, ihre Positionen zu Sachthemen in Ruhe und mal zwei Minuten am Stück darzulegen?

Alle anderen Parteien aber bekommen diese Gelegenheit dauernd, meist wöchentlich mehrmals, wenn nicht täglich, und werden umgekehrt äußerst selten mit unschönen Dingen in ihrer Partei konfrontiert und dazu befragt, so dass sie in eine Verteidigungsposition geraten, was ja nicht grundsätzlich abzulehnen ist. Beides, das Befragen zu Sachthemen und Fragen zum Zustand der Partei, ist ja doch wichtig, damit die Bürger und Wähler sich von jeder Partei ein Bild machen können, das nicht völlig verzerrt ist durch den- oder diejenigen, die vorgeben, sie würden die Bevölkerung sachlich und halbwegs ausgewogen informieren.

Es geht mir also nur um die Gewichtung, um die Relation, um das jeweilige Verhältnis zwischen Fragen und Antworten zu Sachthemen einerseits und Fragen und Antworten zur eigenen Partei und Fehlentwicklungen in dieser. Genau diese Frage und diese Beobachtung scheint mir aber auf etwas anderes hinzudeuten, was sehr tiefe Fragen aufwirft: Wo bleibt da die Fairness und Gerechtigkeit im Agieren der TV-Macher?

Und im Hörfunk und der Presse ist es ja fast durchgehend genau das Gleiche. Und eine zweite Frage, die sich anschließt, lautet: Was für eine Moral verbirgt sich hinter diesem Agieren, das so etwas wie Fairness offensichtlich vollkommen auszublenden vermag? Gilt hier der Grundsatz „Der Zweck heiligt die Mittel“ oder was steckt da dahinter?

Der nicht nur gegensätzliche, sondern konträre Umgang mit einer anderen Partei

Es gibt übrigens eine andere Partei, bei der ist es genau umgekehrt, quasi um 180 Grad gedreht respektive genau gespiegelt. Die wird sogar nicht nur kaum kritisch zu sich selbst befragt und bekommt nicht nur ständig eine Plattform geboten, um ihre Positionen zu Sachthemen weitgehend ungestört und ohne allzu kritische Nachfragen darzustellen, nein, die wird sogar von diesen Journalisten gegen kritische Fragen und gegen Aufklärung von anderen (Bloggern, Privatpersonen) geschützt, exkulpiert, ja fast möchte man sagen protegiert.

Bei ProSieben – die Privatsender sind da durchaus nicht besser – brachte es eine Dame (Katrin Bauerfeind), die man die grüne Kanzlerkandidatin interviewen ließ, sogar fertig, bei manchen Antworten von Annalena Baerbock, die ihr besonders gut gefielen, vollkommen flache Antworten übrigens, wie in kleines Kind zu kichern, offensichtlich einfach weil Baerbocks politische Richtung genau der ihren entsprach, was sie sichtlich glücklich machte, wie ein Kind das zu Weihnachten genau das geschenkt bekommt, was es sich gewünscht hat. Und am Ende des Interviews klatschten sogar beide, der Herr und die Dame von ProSieben (Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke), Baerbock zu. Nun gut.

Das wäre ja alles gar nicht so schlimm, wenn es wenigstens einen halbwegs gleichgewichtigen Gegenpart gäbe, wenn ProSieben auch andere Mitarbeiter hätte, die gänzlich andere Interviews führen, oder wenn es andere Sender gäbe, die eine andere Richtung vertreten. Aber wo gibt es den oder die? Noch besser wäre natürlich, wenn alle professioneller, sachlicher, fairer und gerechter, ausgewogener, nicht völlig einseitig agieren würden, sich nicht mit einer Partei gemein machen würden.

Die Unverfrorenheit, sich dieses Sich-mit-den-Grünen-gemein-machen auch noch von allen Bürgern zwangsweise bezahlen zu lassen

Im Falle der öffentlich-rechtlichen TV- und auch Hörfunksender macht man ähnliches wie bei Pro7, natürlich nicht ganz so offensichtlich, sondern subtiler und raffinierter, sogar mit dem Geld, das man, nicht nur von den Wählern und Anhängern dieser einer Partei freiwillig bekommt, sondern das man allen Bürgern zwangsweise wegnimmt und mit den Staatsgewalten eintreiben lässt. Ja man bekommt inzwischen fast den Eindruck, die Staatsgewalten und staatlichen Institutionen, insbesondere der unfassbar mächtige öffentlich-rechtliche Rundfunk mit einem Jahresbudget von 8 Milliarden Euro!, werden dazu benutzt, um diese eine Partei zu protegieren, die andere aber radikal zu bekämpfen, fast so, als hätten die Anhänger dieser einer Partei diese Institution quasi weitgehend gekapert.

Und wieder stellt sich die Frage: Was für eine Moral haben diese Leute, die so etwas tun, die nicht primär berichten und analysieren, informieren und aufklären, sondern protegieren, manipulieren, lenken, sich gemein machen mit einer Partei und sich dies von den Anhängern der anderen auch noch per Zwang bezahlen lassen, offensichtlich ohne dabei irgendwelche Skrupel zu haben? Was für Menschen sind das?

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